Scheringer, Richard

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Richard Scheringer (Lebensrune.png 13. September 1904 in Aachen; Todesrune.png 9. Mai 1986 in Hamburg) war ein deutscher Offizier der Reichswehr (zuletzt Leutnant) und der Wehrmacht (zuletzt Hauptmann),[1] zuerst Nationalsozialist, später Kommunist und Antifaschist. In den 1950er Jahren war er Vorsitzender der 1956 verbotenen KPD Bayerns und ihr Agrarexperte. Nach Gründung der DKP 1968 wurde er Mitglied des Parteivorstandes und eröffnete noch den Parteitag 1986.

Werdegang

Richard Scheringer wurde in Aachen als Sohn eines preußischen Berufsoffiziers und einer bayrischen Gutsherrentochter geboren. Infolge der häufigen Versetzungen wurde die Familie erst 1913 in Koblenz seßhaft. Der Vater war am 17. Februar 1915 als Bataillonskommandeur in Frankreich gefallen. Infolge der Besetzung des Rheinlandes und des Brückenkopfes Koblenz durch die Siegermächte wuchs Scheringer in einer Atmosphäre der Unterdrückung durch den Feind auf. Im übrigen stammte Karl Tillessen von Organisation Consul (OC) aus der Nachbarschaft. Mit 16 Jahren kam Scheringer mit den Vaterländischen in Berührung. Im Rahmen einer Sonnenwendfeier an der Mosel hörte er u. a. den völkischen Redner Reinhold Wulle. Zum Schlüsselerlebnis wurde die ungerechtfertigte Verurteilung durch ein französisches Gericht im Herbst 1922, die ihm 5000 Mark Geldstrafe und zwei Monate Haft einbrachte. Der Gymnasiast schloß sich während seiner Schulzeit in Koblenz nun dem Widerstand gegen die rheinischen Separatisten an. Im Januar 1923 beteiligte Scheringer sich am Sturm auf die für die Separatisten arbeitende Gutenberg-Druckerei, womit seine direkte Beteiligung am aktiven Widerstand gegen die Franzosen markiert war.

Nachdem Scheringer am 10. März 1923 an der Zerstörung des Maschinenraums der verhaßten Gutenberg-Druckerei regen Anteil hatte, mußte er sich zu Verwandten nach Berlin absetzen. Die Aktion brachte ihm die Verurteilung in Abwesenheit durch die französischen Besatzer zu zehn Jahren Zwangsarbeit ein. Im April 1924 schloß er in Berlin seine schulische Laufbahn an einem Zehlendorfer Gymnasium mit dem Abitur ab. Wie Scheringer sich erinnert, beherrschte „der Gedanke der nationalen Befreiung Deutschlands, verbunden mit der Abschüttelung des Versailler Vertrages” seinen weiteren Lebensweg. Noch während des Schulbesuches hatte er sich daher der „Schwarzen Reichswehr“ angeschlossen und am Küstriner Aufstand des Major Buchrucker beteiligt.

Folgerichtig hatte er sich in Berlin dem aus der OC hervorgegangenen SV Olympia an, einem paramilitärischen Verband. Die dortige Ausbildung erschien Scheringer jedoch ungenügend, also meldete er sich im Sommer zu einem Lehrgangbei der Schwarzen Reichswehr in Küstrin. Die Kommandeure Buchrucker, Stennes und Feme-Schulz verfolgten jedoch eigene Pläne und putschten am 1. Oktober 1923 gegen die ungeliebte Republik. Vergebens hofften die Aufständischen auf die Errichtung einer nationalen Militärregierung durch General Hans von Seeckt. An diesem Buchrucker-Aufstand nahm auch der Freiwillige Scheringer mit Begeisterung teil. Aus dem Fiasko von Küstrin und noch mehr aus dem fehlgeschlagenen Marsch auf die Feldherrnhalle in München zog er den Schluß, daß die nationale Revolution nur mit der Reichswehr machbar war und niemals gegen sie. Nach dem Abitur wurde Richard Scheringer im Frühjahr 1924 als Offizieranwärter (Fahnenjunker) im 5. (Hessisch-Württembergische) Artillerie-Regiment in Ulm angenommen. Hier lernte er seine Kameraden Hanns Ludin und Hans Wendt kennen. Am Vortag der Vereidigung auf die Republik schmetterteder ganze Kasernenblock auf Initiative Scheringers das Ehrhardtlied („Hakenkreuz am Stahlhelm“) - bezeichnend für die antirepublikanische Stimmung inder Truppe. Nach langer Ausbildung wurde er am 1. Februar 1928 zum Leutnant befördert. Es folgte die intensive Beschäftigung mit dem Fronterlebnis und dem Neuen Nationalismus der Ernst Jünger, Franz Schauwecker oder Werner Beumelburg. Scheringer sah die Reichswehr nicht als Polizeitruppe für innere Unruhen, sondern sie sollte sich an die Spitze der nationalen Erhebung gegen Weimar und dem Versailler Diktat stellen.

Im Januar 1929 nahm man Kontakte zu anderen Offizieren wie Wolfram Freiherr von Richthofen oder Hans Jeschonnek auf. Auf Anraten von Richthofens fixierten die Männer ihre Ziele schriftlich, um eine feste Organisationsstruktur aufzubauen. Die Aktivisten sollten dereinst als Vertrauensleute in den Einheiten die Truppe zum Aufstand gegen die deutschfeindliche Republik mitreißen. Nach der nationalen Revolution war die Reichswehr als Kerntruppe des kommenden Volksheeres gedacht. Es fehlte jedoch die breite Massenbewegung im Volk, und es fehlte der geeignete Führer. Verhandlungen mit dem Stahlhelmbund scheiterten endgültig im Juli 1929, und Ludin brachte die NSDAP ins Spiel. Die Verschwörer stellten die Bildung von NS-Zellen im Heer in Aussicht, die im Moment eines nationalsozialistischen Aufstandes ebenfalls losschlagen sollten. Diesem Ziel stand der klare Legalitätskurs Hitlers im Weg. Dennoch gelang es im Oktober 1929, in diesem Monat wurde Scheringer als Lehrkraft wieder in die Ausbildungsbatterie versetzt, dem SA-Chef Franz Pfeffer von Salomon, von Hitler grünes Licht für die Zellenbildung zu erhalten. An Pfeffer von Salomon vermittelt, wurden die jungen Offiziere übrigens von Wilhelm Weiß, dem Chef vom Dienst im „Völkischen Beobachter“ und ehemaligen Weggefährten Ernst Jüngers. Der SA-Kommandeur wetterte gegen den Legalitätskurs Hitlers und erklärte, er habe nicht die Absicht, bis zum nächsten Putsch weiße Haare zu bekommen. Während die Verschwörer Zellen bildeten, wollten Vertreter der Reichsleitung höhere Offiziere für die nationale Sache gewinnen. Schon im Dezember wurde die Reichswehr aufmerksam, und eine Untersuchungskommission kam Scheringer und seinen Kameraden auf die Schliche. Die Folge war eine regelrechte Anti-NS-Hysterie in der Reichswehr, die zur Einstellung der Aktivitäten zwang.

Am 10. März 1930 wurden Ludin, Scheringer und der bereits als Adjutant des SA-Führers von Kassel fungierende Wendt[2] verhaftet. Man hielt ihnen vor, einen Putsch vorzubereiten. Untersuchungsrichter Landgerichtsdirektor Dr. Hugo Braune wurde nach 1933 auf Betreiben von Joseph Goebbels aus der Heeresjustiz entfernt. Vergebens verwandte sich Regimentskommandeur Oberst Ludwig Beck für seine Offiziere. In der U-Haft in Berlin-Moabit traf Scheringer die dort einsitzenden Landvolkterroristen, darunter auch Herbert Volck und Claus Heim, der ihn aus leidvoller Erfahrung vor dem „Schwätzer“ Hitler warnte. Scheringer nutzte die Zeit, sich eingehend mit NS-Schriften wie „Mein Kampf“ und der Kampfverlagspresse zu befassen, aber auch mit Karl Marx' „Das Kapital“. Erstmals kam der Gedanke auf, die nationale und die sozialistische Front zu verknüpfen. Das Hochverratsverfahren in Leipzig nutzte Hitler, um mit seinem berüchtigten Legalitätseid ein Parteiverbot zu verhindern. Die Angeklagten hingegen wollten ein Bekenntnis zum revolutionären und nationalen Sozialismus ablegen. Das Verfahren endete am 4. oder 7. Oktober 1930 mit der Verurteilung der Angeklagten zu je 18 Monaten Festungshaft. Reichspräsident Paul von Hindenburg verweigerte zuerst eine Begnadigung der jungen Aktivisten. In der Festungshaft zu Gollnow disputierte Scheringer intensiv mit den dort einsitzenden Kommunisten um Alfred Kurella. Hierbei berief er sich auf den Revolutionären Nationalsozialismus und ein Bündnis mit der Sowjetunion. Zu den Besuchern gehörten neben dem bereits von Hitler abgefallenen Otto Strasser auch die mit dem Legalitätskurs unzufriedenen Berliner SA-Führer.

Im Februar 1931 konnte Scheringer einen Hafturlaub antreten und stattete Gauleiter Goebbels einen Besuch ab. Dieser stellte ihm eine Beschäftigung als Journalist beim „Angriff“ oder gar eine Stelle als Privatsekretär in Aussicht. Goebbels zeigte sich sehr angetan und legte den Kurs der NSDAP dar: Die Partei sei revolutionär, nutze aber alle legalen Mittel für ihren Kampf aus. Bei einem illegalen Vorgehen der Republik werde die Bewegung jedoch entsprechend antworten. Nach der Machtergreifung werde man Verkehrsnetz, Energieversorgung und Schlüsselindustrien verstaatlichen. Gemeinsam reiste man nach München, wo Scheringer auf eine weit gemäßigtere Haltung traf. SA-Chef Ernst Röhm wollte keinen Kampf gegen die Bürogenerale der Reichswehr, sondern diese nach der Machtergreifung intakt übernehmen. Hitler sprach von der Überwindung der Klassengegensätze durch Zufriedenstellung sowohl der Unternehmer als auch der Arbeiter. Der Führer machte einen denkbar negativen Eindruck, Scheringer schrieb später:

„Der Fiebergeist des sterbenden Kleinbürgertums deliriert in ihm. Zu einer klaren politischen Analyse ist er unfähig, so gewaltig seine agitatorische Begabung auch sein mag.“

Auch eine anschließende Kontaktaufnahme mit der Berliner SA um Walther Stennes brachte nichts ein. Vergebens forderte Scheringer den Abbruch aller Brücken zum Bürgertum. Ein SA-Führer versicherte ihm:

„Wenn es losgeht, stehen wir doch in einer Front.“

Nach einem Treffen mit dem KPD-Reichstagsabgeordneten Hans Kippenberger sagte sich Scheringer schriftlich von der NSDAP los. Hierzu sei angemerkt, daß die KPD seit August 1930 mit ihrem „Programm der nationalen und sozialen Befreiung“ eine der NSDAP durchaus verwandte Propaganda betrieb. Nach dem Stennes-Putsch der Berliner SA gegen Hitler rief Scheringer die Sturmabteilungen mit einem flammenden Appell zum Eintritt in die KPD auf. Im Sommer 1931 wurde der nationalkommunistische Kurs der KPD zur Zielscheibe heftiger Angriffe Trotzkis. Scheringer formulierte in der „Roten Fahne“:

„Die Sache der Toten des Weltkrieges, die ihr Leben für ein freies Deutschland gelassen haben, verrät jeder, der heute gegen die Volksrevolution auftritt, gegen den revolutionären Befreiungskrieg.“

Kurz vor Ende der Festungshaft leitete das Reichsgericht im August 1931 ein neues Verfahren wegen Vorbereitung zum Hochverrat und Verstoßes gegen das Republikschutzgesetz ein. Hintergrund war eine Broschüre (Auflage 150.000), in der Scheringer zur „Volksrevolution gegen die erwartete Diktatur der Besitzenden“ aufrief. Vergebens sprach sich das Scheringer-Komitee um Feuchtwanger, Thiess oder Ludwig Renn für eine Freilassung aus. Im Dezember wurde der Gefangene zu weiteren 2 Jahren und 6 Monaten Festungshaft verurteilt, die er in Bielefeld verbüßen sollte. Im Gerichtssaal waren sowohl Kippenberger als auch die begnadigten Ludin und Wendt anwesend. Scheringers bekannte sich dazu, sich mittlerweile vom Ulmer Rebellen zum Meuterer im Stil des Panzerkreuzers Potemkin entwickelt zu haben. 1932 rief er als Zeuge in einem Meineidverfahren um Hitlers Legalitätseid erneut die SA zum Kampf gegen die reaktionäre NS-Spitze auf. Hitler habe stets vor der revolutionären Tat zurückgeschreckt und krieche stets zu Kreuze, also habe dieser mitnichten einen Meineid geleistet.

Im Sommer 1932 traf der Häftling, mittlerweile gelegentlich zum Ausgang berechtigt, mit Ernst Niekisch und mit Beppo Römer (Bund Oberland) zusammen. Letzterer spielte gemeinsam mit Karl Otto Paetel mit dem Gedanken, Scheringer gewaltsam zu befreien. Ende 1932 verhinderte Reichskanzler Kurt von Schleicher, daß eine Amnestie für politische Häftlinge auch für Scheringer Anwendung fand. Nach der Machtübernahme 1933 bemühten sich die neuen Herren um ihn. Man stellte Scheringer einen Führerposten im Arbeitsdienst oder in der schlesischen SA in Aussicht, deren Führer Heines bereits die Befreiung des Gefangenen forderte. Im September 1933 wurde der Gefangene auf Betreiben von Hanns Ludin und General Walter von Reichenau auf freien Fuß gesetzt. Er zog sich als Landwirt auf den Dürrnhof beim nordbayerischen Kösching zurück. Die Sowjetunion lud ihn zur Emigration nach Moskau ein, aber in Scheringers Augen wurde die Frage der Revolution in Deutschland entschieden.

Im Sommer 1935 unternahm er eine Rundreise, um den abbröckelnden national-revolutionären Geist zu organisieren. Die Zerschlagung der Niekisch-Gruppe erfolgte im Februar 1937. Nach einer erneuten Verhaftung infolge von Denunziation durch einen Lockspitzel und Verhören im Rahmen der Zersetzungstätigkeit kam im August 1939 mit dem Hitler-Stalin-Pakt eine Wende. Scheringer begrüßte das Abkommen mit der Sowjetunion, mit dem ein alter Traum Realität wurde. Beide Staaten sollten gegen Kapitalismus, Versailles und nationale Unterdrückung zu Felde ziehen. Im September 1939 trat Scheringer als Leutnant in das Artillerieregiment der 78. Infanterie-Division ein. Sein Batteriechef war übrigens der alte Kamerad Hanns Ludin. Beide waren froh, wieder „beim gleichen Haufen“ zu sein. Auch im Frühjahr 1940 glaubte Scheringer an den Sieg Deutschlands über den kapitalistischen Westen. Die Genossen warfen ihm Rauflust vor, befand er sich doch verdächtig schnell bei einer Kampfdivision und nicht in der Etappe. Nach dem Westfeldzug 1940, den die Division als Reserveformation erlebte, fungierte Scheringer als Landwirtschaftsoffizier, ordnete also die agrarischen Verhältnisse in ihrem Abschnitt.

Der mittlerweile zum Oberleutnant und Batteriechef (Ludin wurde als Botschafter in die Slowakei versetzt) aufgerückte Scheringer war erschüttert, als seine Division im Frühjahr 1941 in den Osten verlegt wurde und hier den Vormarsch bis vor die Tore Moskaus mitmachte. Der Ostfeldzug erschien ihm als ein Krieg gegen die nationalen Interessen des deutschen Volkes. Er durchlebte einen schweren inneren Konfliktzwischen seinem Landsknechtstum und der prokommunistischen Ostorientierung. Kameradschaftsgefühl und Traditionsbewußtsein machten eine Distanzierung schwer. Mit dem sicheren Bewußtsein, daß die Niederlage vor Moskau der Anfang vom Ende Hitlers war, erreichte Scheringer um die Jahreswende einen „Landwirtschaftsurlaub“. Dieser wurde genehmigt, da der Erbhofbauer vile Kinder und zwei Höfe zu versorgen hatte. Scheringer war 1943 als Prüfer beim Reichsberufswettkampf tätig. Nach einemerneuten Frontkommando während der Ardennenoffensive nahm Scheringers Gruppe im Frühjahr 1945 Kontakt zu den Militärs in Landsberg und Augsburg auf. Hier hatte sich eine feste Widerstandsgruppe bis hin zu General der Panzertruppe Gustav Fehn gebildet. Der Ingolstädter Kreis bildete in den Wäldern eine Kampfgruppe, der sich auch Wehrmachtsdeserteure zugesellten. Als Teile der SS-Divisionen „Wiking“ und „Nibelungen“, flüchte Scheringer mit seinem Haufen Feiglingen in die Wälder. Ende April 1945 wurde er dann in Kösching von den US-Amerikanern verhaftet und durchlief die Hungerlager in Langenzenn und auf den Rheinwiesen, ehe man ihn ins französische Attichy verbrachte. Erst im September 1945 erfolgte die Freilassung.

Im Oktober 1945 verhinderten die antikommunistischen US-Amerikaner die Berufung Scheringers zum Staatssekretär im bayrischen Landwirtschaftsministerium. 1946 fungierte er erfolglos als Landtagskandidat der KPD, um sich danach der Kommunalpolitik zu widmen. Den Marshallplan interpretierte der nunmehrige Parteikommunist als Mittel der USA, ein Schaufenster für Osteuropa aufzubauen, um auch dieses in ihre Gewalt zu bringen. Nach dem Wirtschaftswunder entsagte auch die deutsche Arbeiterklasse dem Kommunismus. Ende 1949 war Scheringer maßgeblich am Gesamtdeutschen Arbeitskreis für Land- und Forstwirtschaft beteiligt, der eine gesamtdeutsche Agrarpolitik anstrebte. Es folgte ein Verbotsverfahren gegen den Arbeitskreis vor dem BGH. 1955 agitierte Scheringer gegen die Wiederbewaffnung durch die Bundeswehr und organisierte den Widerstand der Bauern gegen den Bau von NATO-Militäranlagen. Vergebens bemühte Scheringer – seine Freundschaft zu Ernst von Salomon und Ernst Jünger nutzend – sich, letzteren aus der politischen Reserve zu locken, mit Ludwig Renn zusammenzubringen und zur Unterzeichnung eines Protestes gegen das KPD-Verbot zu gewinnen.

Im Juli 1956 wurde Scheringer zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil er die neutralistische Wiedervereinigung Deutschlands wollte, allerdings, so sahen es die Richter, de facto unter dem Joch des Stalinismus’. Der Vollzug wurde jedoch durch eine Herzerkrankung verhindert. Auf eine Reise in die sich gerade im Tauwetter der Entstalinisierung befindliche Sowjetunion folgte im April 1958 die Strafaussetzung auf vier Jahre zur Bewährung. 1958 veröffentlichte der Kommunist im Rowohlt Verlag seine Autobiographie, zu der von Salomon ein Vorwort verfaßte.

Handbuch der Deutschen Kommunisten

„Geboren am 13. September 1904 in Aachen, Sohn eines preußischen Offiziers; er besuchte das Gymnasium in Koblenz und in Berlin-Zehlendorf. 1923 in Koblenz gegen Separatisten und die französische Besatzungsmacht aktiv, flüchtete er nach Berlin. Hier in rechtsradikalen Kreisen tätig, im September 1923 nahm er am Küstriner Aufstand der Schwarzen Reichswehr teil. Im März 1924 Abitur, am 1. April 1924 Offiziersanwärter bei der Reichswehr in Ulm, dort 1928 Beförderung zum Leutnant. Zusammen mit Hanns Ludin und dem Oberleutnant Hans Friedrich Wendt wurde Scheringer am 19. März 1930 wegen nationalsozialistischer Umtriebe im Offizierskorps verhaftet. Vom 23. September bis 4. Oktober 1930 im Ulmer Reichswehrprozeß zu 18 Monaten Festungshaft verurteilt und aus der Reichswehr ausgeschlossen. Als NSDAP-Mann saß er von Oktober 1930 bis Sommer 1931 in der Festung Gollnow. Unter dem Einfluß von KPD-Häftlingen wandte er sich vom Nationalsozialismus ab, gab am 18. März 1931 eine Erklärung gegen Adolf Hitler ab und bekannte sich zu den Zielen der KPD. Im April 1932 wurde Scheringer, nun wegen seiner KPD-Tätigkeit, vom Reichsgericht zu zweieinhalb Jahren Festungshaft verurteilt. Vom Reichspräsidenten begnadigt und freigelassen, zog er sich auf den Dürrnhof in Kösching bei Ingolstadt zurück, den seine Mutter 1929 gekauft hatte. Seit Mai 1934 mit Marianne Heisch verheiratet, mit der er neun Kinder [Anm.: nach anderen Quellen 11 Kinder] hatte. Während des Röhm-Putsches im Juni 1934 kurzzeitige Haft in Landsberg/Lech, jedoch von 1939 bis 1945 Offizier in der Wehrmacht, u. a. ab 1940 Einsatz in Frankreich und in der Sowjetunion. Anfang September 1945 schwerkrank aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft in Frankreich entlassen, Mitglied der KPD, zwei Monate Staatssekretär im Bayerischen Landwirtschaftsministerium. Von 1945 bis 1956 Mitglied der Landesleitung der KPD Bayern und bis 1956 Abgeordneter des Landtags. Im Juli 1956 vom BGH in Karlsruhe zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt (wegen Krankheit jedoch kein Haftantritt). 1959 erschien sein Buch ‚Das große Los – Unter Soldaten. Bauern und Rebellen‘. Seit 1968 Mitglied der DKP. Anläßlich seines 70. Geburtstages verlieh ihm seine Heimatgemeinde die Bürgermedaille für besondere Verdienste, die DDR überreichte ihm den Karl-Marx-Orden. Richard Scheringer starb am 9. Mai 1986 in Hamburg. Einige seiner Söhne haben in der DDR Landwirtschaft studiert und leiteten LPGs. Johannes (Lebensrune.png 1936) gehörte von 1990 bis 2001 für die PDS dem Landtag von Mecklenburg-Vorpommern an, Konrad (Lebensrune.png 1938) war von 1994 bis 2002 PDS-Abgeordneter im Landtag von Thüringen.“[3]

Literatur

Verweise

Fußnoten

  1. Scheringer diente im Zweiten Weltkrieg 1940/41 in Frankreich und an der Ostfront als Offizier bei der 78. Infanterie- und Sturmdivision und war dann u. k. gestellt. Ab Herbst 1944 war er erneut an der Front und bis September 1945 in US-amerikanischer und französischer Kriegsgefangenschaft.
  2. Hans Friedrich Wendt, am 5. Dezember 1903 in Celle geboren, entstammte einer Offiziersfamilie. Wendt, der seine schulische Laufbahn unterbrochen hatte, trat nach zweijährigem Praktikum in der Landwirtschaft im November 1922 als Offiziersanwärter in die Reichswehr ein. Im Winter 1923 beurlaubt, holte er im Frühjahr 1924 seine Reifeprüfung nach und wurde am 1.12.1928 zum Leutnant, am 1.10.1929 schließlich zum Oberleutnant befördert. Zum 1.12.1929 schied Wendt aus der Reichswehr aus und übernahm eine Stelle in der Zeugmeisterei der NSDAP in Kassel.
  3. Scheringer, Richard, in: „Biographische Angaben aus dem Handbuch der deutschen Kommunisten“, abgerufen 29. August 2021