Unternehmen „Merkur“
Unternehmen „Merkur“ (auch: Luftlandeschlacht um Kreta) war der Deckname für die deutsche präventivkriegstaktisch begründete Luftlandeoperation auf Kreta vom 20. Mai bis zum 1. Juni 1941 während des Zweiten Weltkrieges. Sie war in der Kriegsgeschichte die erste große militärische Operation dieser Art. Nach der Einnahme Griechenlands im Verlauf des Balkanfeldzuges 1941 wurde die von alliierten Truppen verteidigte Insel Kreta durch die deutsche Wehrmacht erobert und blieb bis 1945 besetzt.
Inhaltsverzeichnis
Lagebild
Schon Ende April 1941 wußten die Engländer, daß die deutsche Luftwaffe die Eroberung Kretas vorbereitet. Sie hatten schon den Funkverkehr des Gegners entschlüsselt. Um gegen die an allen Fronten erfolgreich vorrückende Wehrmacht endlich einen Sieg zu erringen, befahl Churchill die Insel zu halten.
- „Wenn auch die Engländer aus Griechenland vertrieben waren, so waren sie doch entschlossen, in Kreta zu bleiben. Seine strategisch beherrschende Lage im Mittelmeer ließ das Kriegskabinett den Entschluß fassen, es unter allen Umständen zu halten.“[2]
Der Großteil der australischen, englischen, griechischen (hier auch Milizverbände und Zivilisten) und neuseeländischen Truppen standen schon zuvor auf dem Festland im „Kampf“ und ließen bei ihrer Flucht schwere Waffen, Transport- und Nachrichtentechnik zurück. Ersatz aus Palästina oder Ägypten konnte bei der deutschen Luftherrschaft nur bedingt bei Nacht angelandet werden. Auf deutscher Seite übernahm die Luftflotte 4 die Planungsleitung für die Schlacht aller drei Dimensionen[3] und damit die Koordination von Heeres-, Kriegsmarine- und Luftwaffenverbänden.
Auf deutscher Seite war ein schneller und kontrollierter Angriff von Gebirgs- und Fallschirmjägern vorgesehen. Diese waren gut ausgebildet und besaßen aufgrund ihrer ausschließlich leichten Ausrüstung zwar nur eine geringe absolute Feuerkraft, jedoch bedingt durch ihre hohe Mobilität und Motivation sowie ihren ausgeprägten Korps- und Kampfgeist einen hohen Einsatzwert.
Die Deutschen verfügten über 15.000 Fallschirmjäger der 7. Flieger-Division, die nach der Eroberung eines Flugfeldes von etwa 14.000 Gebirgsjägern der 5. Gebirgs-Division und 700 Kradschützen der 5. Panzerdivision durch Lufttransporte unterstützt werden sollten. Weitere Verstärkung sollte dann auch über See angelandet werden. Dazu kam Unterstützung von 46 Kampf- und 16 Jagdflugzeugen der Italiener von den Dodekanes.
Für die Überführung dieser Kräfte nach Kreta war Generalmajor Rudolf Konrad verantwortlich, der zehn Kampfgruppen zur besonderen Verwendung (z. b. V.) mit 550 Transportmaschinen Ju 52 und 60 Lastenseglern zur Verfügung hatte. Das zur Sicherung und Unterstützung eingeplante VIII. Fliegerkorps hatte 280 Bomber, 150 Sturzkampfbomber, 180 Jagdflugzeuge und 40 Aufklärer zur Verfügung. Zur See war die Kriegsmarine mit zwei Dampferstaffeln und zwei Motorseglerstaffeln beteiligt. Die Sicherung erfolgte durch die italienische Marine (Kapitän zur See Peccori-Giraldi) mit zwei Zerstörern und zwölf Torpedobooten, mehreren U-Booten, Schnellbooten und Minensuchern.
Der deutsche Militär-Nachrichtendienst Abwehr unterschätzte die tatsächliche Anzahl feindlicher Soldaten auf Kreta erheblich und war der Ansicht, auf der Insel seien maximal 15.000 britische Soldaten und nur wenige griechische Truppen stationiert. Die Bevölkerung Kretas sei den Deutschen wohlgesinnt. Dort befänden sich viele antimonarchische Kräfte, welche die alte griechische Regierung abgelehnt hätten. Die Aufklärung der 12. Armee ging zwar von mehr Truppen aus, unterschätzte aber die tatsächlichen Zahlen ebenfalls.
Nach dem gelungenen Abschluß des Unternehmens Merkur sah die Wehrmachtführung eine weitere Verwendung der Luftlandetruppen während des in Vorbereitung befindlichen Rußlandfeldzuges vor. Zu diesem Zweck sollte die 7. Fliegerdivision auf die drei Heeresgruppen Nord, Mitte und Süd aufgeteilt und punktuell im Bedarfsfalle während des Vormarsches eingesetzt werden.
Operationsverlauf
Hauptquartiere und Luftstreitkräfte
- XI. Fliegerkorps unter Generalmajor Kurt Student
- Kampfgeschwader z. b. V. 1 (Geschwaderkommodore Oberst Fritz Morzik)
- Kampfgeschwader z. b. V. 2 (Geschwaderkommodore Oberst Rüdiger von Heyking)
- Kampfgeschwader z. b. V. 3 (Geschwaderkommodore Oberst U. Bucholz)
- 22. (Luftlande) Infanterie-Division (General Hans Graf von Sponeck)
- VIII. Fliegerkorps unter General der Flieger Freiherr Wolfram von Richthofen
- Kampfgeschwader 2 (General-Major H. Rieckhoff)
- Jadgeschwader 77 (Major B. Woldenga)
- Lehrgeschwader 1 (Oberst F-K. Knust)
- Sturzkampfgeschwader 1 (Oberst-Lt.Walter Hagen)
- Sturzkampfgeschwader 2 (Oberst-Lt. O. Dinort; u. a. mit Dietrich Pekrun)
- Sturzkampfgeschwader 77 (Major Clemens Graf von Schönborn-Wiesentheid)
- Zerstörergeschwader 26 (Oberst J. Schalk)
- Luftflotte 4 unter General der Flieger Alexander Löhr
Geplante Gliederung der Landungskräfte, 20. Mai 1941
- Gruppe West (erste Welle) unter Generalmajor Meindl mit Angriffsziel Maleme
- Am 21. Mai 1941 sprang Oberst Hermann-Bernhard Ramcke mit 550 Mann des ersten Landungstages, die am Vortag nicht mehr hatten transportiert werden können, ab und übernahm das Luftlande-Sturm-Regiment 1 und die Gruppe West, da Generalmajor Meindl am 20. Mai 1941 schwer verwundet worden war.[4]
- Regimentsstab (Major Franz Braun; 20. Mai 1941)[5]
- Bataillonsstab I./Luftlande-Sturm-Regiment (Major Koch; verwundet)
- Stoßtrupp Brücke bei Maleme (Oberleutnante Martin Schächter und Horst Trebes)
- 3./Luftlande-Sturm-Regiment (Oberleutnant v. Plessen)
- 4./Luftlande-Sturm-Regiment (Hauptmann Sarazin)
- II./Luftlande-Sturm-Regiment (Major Edgar Stentzler)
- III./Luftlande-Sturm-Regiment (Major Otto Scherber; 20. Mai 1941)[6]
- IV./Luftlande-Sturm-Regiment (Hauptmann Gericke)
- 16. Kompanie Sturmpioniere (Oberleutnant Hoefeld)
- Bataillonsarzt: Stabsarzt Theophil Diehm
- 3./Fallschirm-Fla-MG-Bataillon (Oberleutnant Theuerling)
- 1./Fallschirm-Artillerie-Abteilung (Hauptmann Schramm)
- 1. Zug/Fallschirm-Sanitäts-Abteilung (Oberarzt Dr. Dietzel)
- Gruppe Mitte/Zentrum (erste Welle) unter Generalleutnant Süßmann mit den Angriffszielen Chania, Rethymno, das Dorf Suda und die Suda-Bucht
- Divisionsstab 7. Flieger-Division (Generalleutnant Süßmann, 20. Mai 1941;[7] Oberst Sturm übernimmt die 7. Flieger-Division)
- 1./Luftlande-Sturm-Regiment (Oberleutnant Genz)
- 2./Luftlande-Sturm-Regiment (Hauptmann Gustav Altmann)
- Stab/Fallschirm-Jäger-Regiment 3 (Oberst Heidrich; Adjutant Oberleutnant Heckel)
- I./Fallschirm-Jäger-Regiment 3 (Hauptmann Freiherr von der Heydte)
- II.Fallschirm-Jäger-Regiment 3 (Major Helmut Derpa; 22. Mai 1941)[8]
- III./Fallschirm-Jäger-Regiment 3 (Major Heilmann)
- 3./Fallschirm-MG-Bataillon 7 (Hauptmann Schmidt; u. a. mit Zugführer Hans Dietel)
- Zug/Fallschirm-Panzerjäger-Abteilung 7
- Fallschirm-Pionier-Bataillon 7 Dessau-Kochstedt ohne 3. Kompanie (Major Liebach)
- Zug/1./Fallschirm-Sanitäts-Abteilung 7 (Stabsarzt Dr. Mallison)
- Zug/2./Fallschirm-Sanitäts-Abteilung 7
- Gruppe Mitte/Zentrum (zweite Welle)
- Stab/Fallschirm-Jäger-Regiment 2 (Oberst Sturm; Adjudant Major Schulz)
- Stabskompanie unter Hauptmann Hugo Paul
- I./Fallschirm-Jäger-Regiment 2 (Major Hans Kroh)
- 1.–4. Kompanie
- III./Fallschirm-Jäger-Regiment 2 (Hauptmann Ludwig Wiedemann)
- 9.–12. Kompanie
- zusätzlich die 13. (Infanteriegeschütz-)Kompanie und die 14. (Panzerjäger-)Kompanie
- Gruppe Ost (zweite Welle) unter Generalmajor Ringel mit den Angriffszielen Stadt und Flugplatz Heraklion
- Stab/Fallschirm-Jäger-Regiment 1 (Oberst Bräuer; Adjutant Hauptmann Rau)
- I./Fallschirm-Jäger-Regiment 1 (Major Walther)
- II./Fallschirm-Jäger-Regiment 1 (Hauptmann Walter Burckhardt)
- III./Fallschirm-Jäger-Regiment 1 (Major Karl-Lothar Schulz)
- II./Fallschirm-Jäger-Regiment 2 (Hauptmann Schirmer; erst seit dem 26. April Bataillonsführer, da Major Erich Pietzonka im Kampf um Korinth verwundet wurde)
- 2./Fallschirm-Sanitäts-Abteilung (Stabsarzt Dr. Langemeyer)
- 5. Gebirgs-Division (Luft- und Seelandungen ab dem Nachmittag 21. Mai 1941)
- Regimentskommandeur (Gebirgsjäger-Regiment 85) Oberst August Krakau (mit drei Bataillonen)
- Regimentskommandeur (Gebirgsjäger-Regiment 100) Oberst Willibald Utz (mit drei Bataillonen)
- Regimentskommandeur (Gebirgsjäger-Regiment 141) Oberst Maximilian Jais (mit drei Bataillonen)
- Regimentskommandeur Oberstleutnant Wittmann (Gebirgs-Artillerie-Regiment 95) (mit vier Abteilungen)
- Bataillonskommandeur Major Bindermann (Gebirgs-Panzerjäger-Abteilung 95)
- Bataillonskommandeur Major Castell (Gebirgs-Aufklärungs-Abteilung 95)
- Bataillonskommandeur Major Schaette (Gebirgs-Pionier-Bataillon 95)
- Bataillonskommandeur Major Nolte (Gebirgs-Nachrichten-Abteilung 95)
- Seetransportstaffeln (19. bis 22. Mai 1941)
- 3. Kompanie/Fallschirm-Pionier-Bataillon 7 (Leutnant Häffner)
- Fallschirm-Artillerie-Abteilung 7 (Major Bode)
- Hauptteile Fallschirm-Panzerjäger-Abteilung 7 (Hauptmann Schmitz)
- Teile Fallschirm-MG-Bataillon 7 (Hauptmann Schulz)
- Teile Fallschirm-Fla-MG-Bataillon 7 (Hauptmann Baier)
- 8. Kompanie/Fallschirmjäger-Regiment 3
- verstärktes III. Bataillon des Gebirgsjäger-Regimentes 100 (Landung geplant für den Morgen des 20. Mai)
- verstärktes II. Bataillon des Gebirgsjäger-Regimentes 85 (Landung geplant für den Morgen des 20. Mai)
Fehlplanungen und Fehleinschätzungen
Deutschland
Sowohl die Angreifer als auch die Besatzer machten Fehler und schätzen die Lage teilweise falsch ein. Z. B. hätte man bei einer Gesamtfläche Kretas von rund 8.300 km² zur Landungsoperation einige weitgehend feindfreie Reviere als Landezonen auswählen können. Militärtaktisch durchaus riskant waren die von Kurt Student (XI. Flieger-Korps) geleiteten Landungen gegen die von den Briten mit schweren Waffen gesicherten Flugplätze.
Students Ölflecktaktik bestand darin, möglichst breitgestreute, zeitgleiche und vor allem zielnahe Angriffe gegen möglichst viele Orte durchzuführen, um den Moment der Überraschung strategisch auszunutzen. Dabei wurden auf deutscher Seite schwerere Waffen getrennt von den Soldaten abgesetzt. Erschwerend war, daß die Fallschirmjäger manchmal für Stunden nur mit wenig Munition ausgerüstet waren. Oftmals waren sie sogar nur mit leichten Waffen oder gar nur der Dienstpistole bewaffnet.
Des weiteren waren Kleidung und Nahrung noch aus dem Norwegenfeldzug und für das fast tropische Wetter schlecht geeignet. Zudem fehlte eine ausreichende Anzahl von Funkgeräten, welche zwischenzeitlich vielfach auf den Weg an nördlich gelegene Kriegsfronten geschickt worden waren. Insofern war die Kommunikationsfähigkeit deutlich eingeschränkt. Die Feindstärke der Inselbesatzer wurde auf 15.000 Mann geschätzt, anstatt gemäß anderer Empfehlungen eine feindliche Besatzung von rund 40.000 Mann anzusetzen. Hinsichtlich der überwiegend guten Erfahrungen auf dem griechischen Festland erwies sich eine im Vorfeld angenommene Deutschfreundlichkeit der Bevölkerung im Nachhinein als weitgehend übertrieben.
Großbritannien
Auf englischer Seite wußte der Inselkommandant Bernard Freyberg nichts von der gelungenen Entschlüsselung des Funkverkehrs und glaubte den Agentengeschichten vom geplanten deutschen Angriff nicht ganz. Er bereitete seine akklimatisierten Truppen auf eine Seelandung vor, ein Luftlandesturmangriff erschien ihm unmöglich. Die deutsche Seite leitete den Kampf über die Luftflotte 4 einheitlich und ortsnah von Athen aus, die englische Seite über die Oberkommandos von Heer, Luftwaffe und Kriegsmarine durch die entsprechenden Ministerien im Kriegskabinett von London aus, und Churchills Einmischung von Kairo aus war für das britische Oberkommando hinderlich.
Die Kämpfe
Die von Freyberg eingesetzten Kommandeure waren vielfach befähigt genug selbständig zu handeln, die am entscheidenden Abschnitt Malame eingesetzten Hargest und Puttick als Politiker und Veteran des Stellungskrieges im Ersten Weltkrieg waren mit einem Bewegungskampf überfordert. Bei Chania, Irakleion und Rethymnon mußten die überlebenden deutschen Fallschirmjäger der ersten Landungswelle, bis zu ¾ der Einheiten waren schon in der Luft oder kurz danach am Boden neutralisiert worden, daher auch gleich zur Verteidigung übergehen. Bei Maleme konnten dagegen Verbände des Luftlande-Sturm-Regiments 1 mit Rudolf Witzig aus unbesetztem Gelände zum Angriff übergehen und nach der Räumung der Höhe 107 den auf Weisung aus Kairo unzerstörten Flugplatz erobern. Insgesamt waren die deutschen Verbände auf der Insel zahlenmäßig weit unterlegen. Doch war der Gegner weder vom Ausbildungsstand her noch wegen der deutschen Luftüberlegenheit in der Lage, seine Truppen zu Schwerpunktangriffen zusammenzufassen. Viele der vom Festland geflüchteten britischen Truppen waren die Besatzungen zurückgelassener schwerer Waffen und hatten kaum Infanteriewaffen zur Verfügung.
Die deutschen Truppen mußten wegen der nicht genügenden Anzahl Transportflugzeuge in zwei Hauptwellen angelandet werden. Zwischen der ersten Welle am 20. Mai im Westen der Insel ab 7.00 Uhr und der zweiten Welle im Zentrum der Nordküste, statt 13.00 Uhr erst ab 16.00 bzw. 17.30 Uhr, standen langwieriges Betanken aus Fässern und verstaubte Landebahnen. Die zweite Welle setzte ohne Koordinierung und Schlachtfliegerunterstützung, die planmäßig um 15.00 Uhr die Angriffsräume bombardierten, die Fallschirmjäger über einen Zeitraum von zwei Stunden in das Abwehrfeuer des Gegners ab. Da nicht genug Flugzeuge vorhanden waren (innerhalb kurzer Zeit waren mehr als 150 Maschinen Ju 52 während der Kampfhandlungen ausgefallen), wurden Teile der Kampfgruppen erst am frühen Morgen und eine zweite Welle am späten Nachmittag des 21. Mai 1941 über Kreta abgesetzt.
Nach der Eroberung des Flugplatzes von Maleme durch die Fallschirmjäger konnten ab dem 21. Mai nachmittags die Gebirgsjäger eingeflogen und, trotz hoher Verluste durch Angriffe der Royal Navy, angelandet werden. In einem Bericht der Kretakämpfe werden die Landungen der Gebirgsjäger wie folgt beschrieben:
- „Die Gebirgsjäger stiegen in die hitzeflirrenden Maschinen. Je sechs in zwei Reihen einander gegenüber. Die Hitze in den Maschinen betrug bis zu 60 °. Jemand schlug die Schiebetür der vordersten Ju 52 zu. Die zwölf Männer in der Ju waren allein. Motoren brüllten auf. Die Maschinen starteten, hoben ab und schwebten der See entgegen. .... Als die Maschinen aus dem Tiefflug emporzogen, weil südlich ein langgezogener Wall aus Felsen auftauchte, da wußten die Gebirgsjäger: das ist Kreta. Unter den Gebirgsjägern war wieder Land. ... Dann tauchte linkerhand unter ihnen eine rötliche Fläche auf, wie ein Tennisplatz anzusehen: Malemes. Dort sollten sie landen. ‚Fertigmachen!‘ Mit einer Steilkurve stieß die Maschine herunter. ‚Festhalten!‘ brüllte einer, und dann setzten die Motoren aus. Der Boden kam näher, ein paar hüpfende Sprünge und dann ein harter Ruck. ‚Raus, Männer!‘ brüllte die Stimme des Bataillonskommandeurs. Die Schiebetür rollte zurück, eine dichte Staubwolke empfing die herausspringenden Gebirgsjäger. Und auf einmal prasselte es in den Flugzeugrumpf hinein. MG-Salven krachten, Seitenleitwerk und Rumpf der Maschine wurde von Löchern durchsteppt. Granaten krachten in den Platz hinein. Jaulend zogen andere über die Köpfe der Männer hinweg, die im Laufschritt über das Feld stürmten. Sie liefen beinahe in eine andere landende Ju 52 hinein, die eben rechts von ihnen aufsetzte und eine dunkelrote Schleppe aus Flammen hinter sich herzog. Und während das rotlodernde Phantom vorbeirollte, sprangen schon Männer aus den offenen Türen heraus, überschlugen sich, kamen wieder hoch und dann knallte die Ju 52 am Platzrande auseinander. Die Überlebenden aber rannten, rannten, rannten. Einige erreichten den Straßendamm mit seinen Agaven- und Kakteendickichten und waren gerettet.“[9]
In der Nacht zum 22. Mai wurde ein aus Piräus in Richtung Kreta ausgelaufener erster deutscher Geleitzug (Oberleutnant zur See Albert Oesterlin✠), bestehend aus kleinen Dampfern und Motorseglern und mit über 2.300 Gebirgsjägern an Bord, durch die britische Force D (Konteradmiral Glennie) gestellt, der über drei Kreuzer (Ajax, Dido, Orion) und vier Zerstörer (Hasty, Hereward, Janus, Kimberley) verfügte. Nur das entschlossene Eingreifen des italienischen Torpedobootes Lupo unter Francesco Mimbelli war dafür verantwortlich, daß der Konvoi vor der völligen Vernichtung bewahrt blieb und sich auflösen konnte. Trotzdem fanden, je nach Quelle, rund 300 bis 800 deutsche Soldaten und zwei italienische Matrosen den Tod, die HMS Orion verlor ebenfalls zwei Besatzungsmitglieder. Ein zweiter deutscher Geleitzug mit 4.000 Gebirgsjägern wurde bei Tagesanbruch durch vier Kreuzer und drei Zerstörer der Force C (Konteradmiral King) entdeckt. Jedoch erschien die deutsche Luftwaffe rechtzeitig; zusammen mit dem sichernden Torpedoboot Sagittario konnte der Konvoi erfolgreich verteidigt werden, lediglich zwei Segler wurden versenkt.
Auch wenn die Insel nach den Kämpfen um die damalige Hauptstadt Chania 25. und 26. Mai, der Vernichtung des südwestlich von Chania gelegenen Befestigungen am 27. Mai und dem Beginn der gegnerischen Evakuierung am 28. Mai erst am 1. Juli endgültig erobert wurde, war die Schlacht damit schon entschieden. Die schon vorher mit ihrer Kriegsmarine (Torpedoboote) aktiven Italiener landeten am 28. Mai in Ostkreta.
Im weiteren Verlauf der Kämpfe bewies die deutsche Luftwaffe ihre Schlagkraft sowohl beim Zermürben der gegnerischen Heeresverbände wie auch beim Niederkämpfen der Royal Navy (alleine am 22. Mai 1941 verloren die Briten zwei Kreuzer und einen Zerstörer durch u. a. Gerhard Brenner✠, ebenfalls wurden mehrere Schiffe schwer beschädigt, darunter das Schlachtschiff HMS Valiant).
Die deutschen Bodentruppen zeigten die Überlegenheit der Auftragstaktik gegenüber der gegnerischen Befehlstaktik. Die Verbände aus Gebirgs- und Fallschirmjägern bewiesen den hohen Gefechtswert von Elite und Korpsgeist gegen einen der Zahl nach überlegenen Gegner.
Stärke und Verluste
Kreta wurde letztendlich durch eine äußerst risiko- und verlustreiche Landung der 5. Gebirgsdivision unter Generalmajor Julius Ringel gewonnen. Am 20. Mai 1941 sprangen von den insgesamt 15.000 Fallschirmjägern der 7. Fliegerdivision rund 2.000 Fallschirmjäger in die „Hölle Kretas“ und in den Tod. Durch die Operationsidee – „Sprung und Sturmlandung mit dem Lastensegler in den Feind“ – landeten sie im Abwehrfeuer des Gegners, oftmals nur mit einer Pistole bewaffnet. Dazu nochmals 1.759 vermißte und rund 2.000 Verwundete – das war das Ende, der „Tod als Luftlandewaffe“.
Die britischen Truppen einschließlich Australier, Neuseeländer und Griechen (insgesamt an die 61.000 Verteidiger) mußten mit über 4.000 Gefallenen und Verwundeten ebenfalls einen hohen Zoll zahlen, schmerzlich waren sicherlich auch die von den Deutschen gemachten ca. 20.000 Kriegsgefangenen.
Deutsche
- Stärke 22.040 Soldaten, zuzüglich Jagd- und Kampffliegerunterstützung
- 29.000 deutsche Soldaten (15.000 Fallschirmjäger, 14.000 Gebirgsjäger) warteten auf dem Festland auf den Einsatz, insgesamt konnten im Verlauf des gesamten Unternehmens jedoch nur 22.040 gelandet werden, in den ersten Tagen kämpften gar nur wenige Tausend deutsche Fallschirmjäger gegen eine große zahlenmäßige Übermacht.
- 1.915 Gefallene
- 1.759 Vermißte (vermutlich zum großen Teil gefallen, viele Leichen deutscher Soldaten verschwanden, wurden verbrannt oder wurden, nach Flugzeugabschuß oder Schiffsversenkung, vom Mittelmeer verschluckt)
- 2.004 Verwundete[10]
Briten, Australier, Neuseeländer und Griechen
- Stärke mindestens 61.800[11]
- 5.300 Garnisonsbesatzung auf Kreta (nach anderen Quellen bestand die Besatzung aus 15.000 Mann), dazu 31.200 evakuierte Briten und 25.000 Griechen vom griechischen Festland übersetzt
- 4.123 Gefallene
- Verwundete (große unbekannte Zahl, die meisten konnten von der Royal Navy ausgeschifft werden, eine Zählung daher unmöglich)
- 17.479 Kriegsgefangene
Greueltaten an Deutschen
Während der blutigen Kämpfe um Kreta kam es zu Kriegsverbrechen. Deutsche Fallschirmjäger, die bei der Landung verletzt wurden oder sich in ihre Fangleinen verhedderten, wurden nicht selten von griechische Zivilisten (Männer, Frauen, Kinder, Priester, Mönche und gar Nonnen)[12] mit Messern erstochen oder mit Knüppeln und Steinen totgeschlagen.[13] Mit den erbeuteten Waffen schossen Partisanen auf noch in der Luft schwebende deutsche Springer.
Dazu eine Meldung des Oberkommando der Wehrmacht (OKW) am 30. Mai 1941:
- „Bei den Kämpfen auf Kreta sind deutsche Soldaten nach ihrer Verwundung in so tierischer Weise verstümmelt worden, wie es im Verlaufe dieses Krieges bisher nur im Feldzug gegen Polen vorgekommen ist. Die deutsche Wehrmacht wird mit allen Mitteln dafür Sorge tragen, daß die Anständigkeit und Ritterlichkeit des Kampfes gewahrt bleibt. Mit dem härtesten Strafgericht wird sie daher die für diese barbarischen Verstümmelungen verantwortliche Truppe oder die schuldigen Einwohner treffen.“
Gefangengenommene deutsche Fallschirmjäger wurden ebenfalls von kretischen Partisanen (Freischärler) zahlreich auf bestialische Weise ermordet. Schuld waren die Briten, die die kretische Bevölkerung gegen die Deutschen aufgehetzt hatten und gefangengenommene Deutsche teilweise an die Griechen auslieferten.[14]
Die britische Propaganda hatte schon im Vorfeld zu der Landung auf Kreta behauptet, die Deutschen hätten auf dem griechischen Festland Kriegsverbrechen begangen. Tatsächlich wurden die einrückenden deutschen Truppen von den stolzen aber meist deutschfreundlichen Griechen distanziert aber höflich empfangen. Nur zwei Griechen, bei denen es sich um kommunistische Terroristen und Partisanen handelte, wurden 34 Tage nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Athen in Abwesenheit zum Tode verurteilt, nachdem sie eine deutsche Reichsfahne heruntergerissen hatten.[15]
- „Wir haben uns damals von den Engländern gegen die Deutschen aufhetzen lassen. Tausende von unseren Soldaten wurden von den Briten zum Einsatz gegen die Deutschen gezwungen. Wie viele unserer besten sind gefallen. Außerdem wurden die Fähigkeiten unserer Partisanen von den Briten nur benutzt, um die eigenen Leute zu schonen. Die Deutschen dagegen haben wir nicht nur als unsere Gegner, sondern auch als tapfere, anständige Soldaten erlebt. Mein Vater hat einmal drei Deutsche, welche vor den Engländern auf der Flucht waren, mehrere Tage bei sich versteckt gehalten. Wenn man derzeit auch nicht darüber spricht, glauben Sie es mir: Die Deutschen haben noch viele Freunde in der Welt. Auch unter uns Griechen.“[16]
Britische Offiziere, die nach der Gefangennahme auf Kreta befragt wurden, warum sie Verbrechen an deutschen Kriegsgefangenen zugelassen hatten, sagten: „Es ist eben Krieg“. Es gab aber auch eine andere Seite. In einem Kriegsgefangenenlager traten mutige britische Offiziere mit gezogenem Revolver kretischen Partisanen entgegen, die deutsche Gefangene lynchen wollten. Kurz darauf trafen deutsche Fallschirmjäger ein und befreiten ihre Kameraden.
Am 31. Mai 1941 erließ der tief betroffene General Student einen Befehl über Vergeltungsmaßnahmen:
- „Es kommt nun darauf an, alle Maßnahmen mit größter Beschleunigung durchzuführen, unter Beiseitelassung aller Formalien und unter bewußter Ausschaltung von besonderen Gerichten. Bei der ganzen Sachlage ist dies Sache der Truppe und nicht von ordentlichen Gerichten. Sie kommen für Bestien und Mörder nicht in Frage.“
Die Fallschirmjäger und Gebirgsjäger kannten gegen Partisanen (Irregulären) und Terrorbanden keine Gnade. Während der Kämpfe wurden bewaffnete Zivilisten (zuweilen in erbeuteten Fallschirmjägeruniformen, von den Fallschirmjägern, hinsichtlich der vorangestellten Erfahrungen, sofort erschossen.[17] Dies entsprach dem Völker- und Kriegsrecht.[18] Für die ermordeten deutschen Soldaten, deren Leichen oft noch zusätzlich geschändet worden waren, stellte man Gedenktafeln auf, z. B. wurde vor dem Dorfeingang zu Kanades eine Gedenktafel mit folgender Aufschrift in griechischer und deutscher Sprache errichtet: „Zerstört als Vergeltungsmaßnahme für die bestialische Ermordung eines Zuges von Fallschirmjägern und eines Pionierhalbzuges aus dem Hinterhalt durch bewaffnete Männer und Frauen.“
Auszug aus dem Gefechtsbericht von Generalmajor Julius Ringel vom 4. Juni 1941 bezüglich der unvorstellbaren Greueltaten der Kreter an deutsche Soldaten:
- „Mittlerweile war die Gruppe „Schaette“ (Gebirgs-Pionier-Bataillon 95) in Ausführung ihres Auftrages bei Kastelli mit Freischärlern, die teils in deutschen Fallschirmjägeruniformen kämpften, in Feindberührung getreten […] Ein zäher und verbissener Kampf, […] an dem sich sogar Frauen und Kinder beteiligten. Es wird schärfstens durchgegriffen! Nachdem die Greueltaten […] bekannt geworden waren, befahl die Division, für jeden getöteten oder verwundeten deutschen Soldaten 10 Kreter zu erschießen, Gehöfte und Dörfer, aus denen deutsche Soldaten beschossen wurden, niederzubrennen, in allen Orten Geiseln sicherzustellen. […]“
Ritterkreuze für Gebirgsjäger
Für ihren heldenhaften Einsatz während des Griechenlandfeldzuges erhielten 12 Gebirgsjäger das Ritterkreuz; zwei für die Kämpfe an der Metaxas-Linie im April 1941, zehn für das Unternehmen „Merkur“:
- Max Burghartswieser, Stoßtruppführer 7./GebJägRgt 100
- Albin Esch, Major III./GebJägRgt 85
- Albert Gaum, Hauptmann 11./ GebJägRgt 100
- Franz Gnaden, Major I./GebJägRgt 85
- August Krakau, Oberst GebJägRgt 85
- Franz Pfeiffer, Hauptmann 15./GebJägRgt 100
- Heribert Raithel, Hauptmann II./GebArtlRgt 95 (Metaxas-Linie)
- Julius Ringel, Generalmajor 5. GebDiv
- Johann Sandner, Gruppenführer 11./ GebJägRgt 100 (Metaxas-Linie)
- Max-Günther Schrank, Oberstleutnant I./GebJägRgt 100
- Otto Schury, Major II./GebJägRgt 100
- Egon Teeck, Major II./GebJägRgt 85
- Willibald Utz, Oberst GebJägRgt 100
- August Wittmann, Oberstleutnant GebArtlRgt 95
Als Kriegspfarrer nach Kreta
„Als Kriegspfarrer nach Kreta“ ist eine Schilderung über das Unternehmen „Merkur“ von Monsignore Johann Georg Schmutz (1908–2002), der im Zweiten Weltkrieg mit der 6. Gebirgs-Division an der Kriegsfront war:
- „Am 29. Mai 1941 befahl der Divisionskommandeur, General Schörner, uns beiden Kriegspfarrern der 6. Gebirgsdivision, sofort nach Kreta zu fliegen. Das I./Gebirgs-Jäger-Regiment 141 unter Major Förster war in einen Hinterhalt der Briten geraten und hatte innerhalb von zwei Stunden über 160 Mann an Verlusten erlitten. Der General stellte uns eine Ju 52 und ein Krad mit Beiwagen und Fahrer zur Verfügung. Wir sollten nach Kreta fliegen, um nach noch nicht geborgenen Toten und Verwundeten zu sehen, denn als Divisionspfarrer waren wir auch gleichzeitig Gräberoffiziere. Wir flogen vom Behelfsflugplatz Megara ab. Beim Anflug auf den Flugplatz Maleme (Kreta) machte ich eine Farbaufnahme aus der Ju hinunter auf den Platz. Man sah noch die Staubwolken der gerade vorher gelandeten Maschinen. Die schmale Start- und Landebahn war eingerahmt von einer großen Anzahl abgeschossener oder zu Bruch gegangener Ju 52. Insgesamt gingen über 200 Maschinen verloren. Die Besatzungen der Jus hatten schwere Tage hinter sich. Sie flogen seit dem 20. Mai täglich mehrmals und wußten nie, ob sie nicht selbst Opfer dieses gewaltigen Einsatzes wurden. Dies war eine dauernde physische und psychische Belastung für das gesamte fliegende Personal, von dem das letzte gefordert wurde. Unser Pilot, der natürlich wußte, wer wir waren, fragte mich, ob ich bereit sei, ihm die Beichte abzunehmen. Da ich bei solchen Einsätzen immer das Allerheiligste bei mir trug, um Verwundeten und Sterbenden beizustehen, begaben wir uns in eine abgeschossene Ju. Dort kniete der Pilot auf dem Boden der Maschine, wir beteten zusammen und ich konnte ihm die Heilige Kommunion reichen. Aus Dankbarkeit hat er mich dann nach dem Einsatz über Italien und die Alpen bis nach Hildesheim in den Urlaub geflogen! Auf Kreta waren unsere Gebirgstruppen noch voll im Einsatz, um die letzten Briten von der Insel zu vertreiben. Wir fanden Unterkunft bei Fallschirmpionieren und begannen, Gefallene zu suchen und zu beerdigen. Die Fallschirmjäger hingen zum Teil noch in ihren Fallschirmen in den Olivenbäumen. Im hohen Gras dieser Olivenhaine lagen gefallene Gebirgsjäger und Engländer. Für die Suche und die Beerdigung waren keine eigenen Kräfte verfügbar. Pfarrer Scherrer, der evangelische Geistliche und ich begaben uns daher ins Lager der britischen Kriegsgefangenen und baten die Lagerleitung um Unterstützung. Ein englischer Offizier und 10 Mann erklärten sich bereit, freiwillig mitzuhelfen. Im Lager der Griechen holten wir uns weitere 60 Gefangene, die ebenfalls zum Suchen eingesetzt wurden. Wir beiden Pfarrer, unser Fahrer und die Engländer übernahmen das Kommando der Suche. Da nun schon über eine Woche seit dem ersten Angriff auf Kreta vorüber war, wurde die Arbeit für alle fast unerträglich. Die Hitze hatte ihre Wirkung getan. Da wir aber nicht nur beerdigen, sondern auch die Toten identifizieren wollten, war dies noch schwerer. Die Engländer halfen sich mit Gasmasken. War ein Grab fertig, hielten wir jeweils eine kleine Totenfeier. Wir taten es für unsere Kameraden, der englische Offizier für die britischen Gefallenen. Bei unserer Suchaktion hatten wir noch 29 gefallene Gebirgsjäger und Fallschirmjäger und 11 Engländer gefunden. Die Mehrzahl unserer Toten war von der Truppe selbst beerdigt worden. Nach unserer Rückkehr nach Athen flog Pfarrer Scherrer noch einmal nach Kreta, um eine Bestandsaufnahme aller Gräber zu machen, darüber gab es einen Bericht von uns an die Armee. Als der Verband der Kriegsgräberfürsorge in Kassel am 28. September 1975 den Soldatenfriedhof in Athen einweihte, bat er uns beide Pfarrer, die Einweihung vorzunehmen. Mit einigen Worten, die ich damals sagte, möchte ich diesen kleinen Bericht beschließen: Eine Beerdigung in Athen während des Kreta-Einsatzes ist mir unvergeßlich geblieben. Mit den ersten Maschinen, die Verwundete von Kreta nach Athen zurückflogen, kam auch ein junger Fallschirmjäger an, der aber noch auf dem Flug gestorben war. Die Kameraden brachten ihn statt ins Lazarett hierher auf den Friedhof. Er hatte wenig in seiner Fallschirmkombination bei sich, doch in einem kleinen Tagebuch brachte er gleichsam sein Leben mit. Darin hatte er alles bis zum Abflug genau aufgeschrieben, was geschah, vor allem seine Gedanken und Empfindungen. Es war durch all die letzten Vorbereitungen zum Flug in den Kampf die bange Frage spürbar: Was wird? Wie werden wir bestehen? Wie werde ich bestehen? Das Tagebuch habe ich dann seiner Mutter gesandt. Geblieben sind bis heute die Fragen und Ängste des jungen Mannes. So wie er, ist jeder der hier ruht den eigenen schweren Weg durch Not und Tod, durch Opfer und Schmerzen gegangen. Es gibt kein Massenschicksal des Todes, es gibt nur den Einzeltod und das Einzelschicksal. Und nur einer kann die letzte Antwort auf die Fragen geben, die den jungen Fallschirmjäger quälten: Gott!“
Bildergalerie
Kampfhandlungen im Bild
Fallschirmtruppen der Luftwaffe bei der Landung auf Kreta. Die britischen Truppen, überrascht von der schonungslosen und draufgängerischen Art und Weise der Landung sowie der Kampfstärke der Landetruppen, begannen die Gleiter sowie die ausbootenden Soldaten der Luftlande-Sturmeinheiten mit Granatwerfern unter Feuer zu nehmen.
Gebirgsjäger werden mit zivilen Booten angelandet. Teile der Konvois hatten nur geringen Schutz durch italienische Marine und deutsche Luftwaffe und dementsprechende Verluste auf See, andere wurden in letzter Sekunde von eingreifenden Stukas auf englische Zerstörer gerettet.
Fallschirmjäger haben eine Höhe besetzt. Das Höhenprofil der Insel geht bis auf 2.500 Meter.
Viele Fallschirmjäger wurden noch im Schweben bzw. an den Bäumen hängend oder einzeln von Partisanen und aufgewiegelte Zivilisten angegriffen und ermordet.
Glückliche Fallschirmjäger (zum Teil mit Tropenhelm) nach der Eroberung Kaneas (Chania) auf Kreta
Nachwirken und spätere Versäumnisse
Die acht Tage dauernden Kämpfe kosteten die Wehrmacht 3.700 Gefallene und Vermißte und über 2.000 Verwundete. Nach dem Kretaeinsatz erfolgte kein großer Luftsturmeinsatz der Fallschirmjäger mehr. Die von General Student geforderte Eroberung Zyperns kam nicht zur Durchführung. Auch die geplante Eroberung von Malta (Unternehmen „Herkules“ im Juni 1942) wurde aufgegeben, obwohl Italien mit einer Fallschirm- und einer Luftlandedivision an dem Unternehmen hätte teilnehmen können. Der nicht erfolgte Einsatz der Fallschirmtruppe während des Irak-Aufstandes im Frühjahr 1941 hatte folgenschwere strategische Auswirkungen.
- „Die Deutschen haben zu diesem Zeitpunkt tatsächlich eine Luftlandetruppe zur Verfügung gehabt, durch die sie sich in den Besitz Syriens, des Irak und Persiens mit ihren kostbaren Petroleumfeldern hätten setzen können. Hitlers Hand hätte sich weit in Richtung Indien ausstrecken und sich Japan entgegenstrecken können.“ — Winston Churchill
Zweifelsfrei hätten die Fallschirmjäger bei der geplanten Eroberung der sowjetischen Erdölfelder bei Baku während des Ostfeldzuges (1942) und beim Durchbruch durch die El Alamein-Linie (1942) eine entscheidende Rolle spielen können. Gelände, Umstand und die fehlende Kommunikation z. B. in dem sowjetischen Riesenreich waren optimal für Luftlandeunternehmen geeignet. Die großen Möglichkeiten der Fallschirm- und Luftlandetruppe wurden jedoch hinsichtlich der großen Verluste auf Kreta von der Führung nicht genutzt. Verdeckte Einsätze nach Fallschirmsprung führten Sondereinheiten der Division Brandenburg durch. Die nächste Luftlandeoperation von Fallschirmjägern nach Fallschirmsprung erfolgte erst 1943 während des Unternehmens „Leopard“ der Kampfgruppe Müller auf der Insel Leros und 1944 durch SS-Fallschirmjäger beim Unternehmen „Rösselsprung“. Das Unternehmen „Herkules“ zur Eroberung von Malta im Verbund mit italienischen Luftlandetruppen wurde abgesagt. Die letzte Luftlandeoperation war während der Ardennenoffensive das Unternehmen „Stößer“.
Die deutsche Luftlandung auf Kreta erregte nichtsdestoweniger weltweit großes Aufsehen. Die Briten und die Amerikaner verstärkten ihre Luftlandetruppen nach deutschem Vorbild. Eine Gruppe deutscher Kretakämpfer leistete Hilfe beim Aufbau der japanischen Luftlandetruppe. Die japanische Armee setzte 1942 bei der Eroberung von Borneo und Sumatra 350 von Deutschen ausgebildete Fallschirmjäger ein.[19]
Siehe auch
- Auf Kreta im Sturm und im Regen
- Fallschirmjäger-Denkmal auf Kreta
- Ärmelband „Kreta“
- Heldentod der Gebrüder von Blücher
- Unternehmen „Weserübung“
- Bewertung der Armeen
Literatur
- Wie ein Hornissenschwarm – Deutsche Fallschirmjäger bahnten der Eroberung Kretas den Weg, in: Der Adler, Heft 13, 24. Juni 1941
- OKW (Hg.): Von den Karawanken bis Kreta. 1941. S. 105–128
- Hauptmann Piehl: Ganze Männer – Vom Leben und Erleben der deutschen Fallschirmjäger, mit einem Geleitwort des Kommandierenden Generals des XI. Fliegerkorps General der Flieger Student, Verlagshaus Bong & Co. (1942)
- Kurt Student (Hg.): Kreta – Sieg der Kühnsten. Vom Heldenkampf der Fallschirmjäger, Bildband, mit einem Geleitwort Hermann Görings, Steirische Verlagsanstalt, Graz 1942
- Nachdruck: Verlag für Geschichtliche Dokumentation, Hamburg 1981
- Bathe/Glodschey: Der Kampf um den Balkan – Chronik des jugoslawischen und griechischen Feldzugs. 1942. S. 253–287
- Arnold D. Harvey / Franz Uhle-Wettler: Kreta und Arnheim. Die größten Luftlandeoperationen des Zweiten Weltkriegs. (Klappentext)
- Heinz Richter: Operation Merkur – Die Eroberung der Insel Kreta im Mai 1941. In: Militärgeschichte. Heft 2. 2011. S. 16–21
- Jörg Hormann: Kreta 1941 – Erbitterter Kampf um die Mittelmeerinsel. In: Clausewitz – Das Magazin für Militärgeschichte. Heft 5. 2012. S. 32–39
Verweise
- Sieg, Zäsur und Tragödie, Junge Freiheit
- Das Ehrenmal der ehemaligen Fallschirmjäger am Auersberg in Gniebing bei Feldbach
- Generalmajor Sandy Thomas behauptet 2011, die Unfähigkeit der Neuseeländer hätte die Niederlage auf Kreta verursacht.
- Gefallenendenkmäler: Maleme, Kreta
- Fallschirmjägerbataillon 273 gedenkt der Gefallenen
Filme
- Dokumentation der Luftwaffe: KRETA – Ein Heldenlied unserer Zeit (Prädikat: wertvoll!)
- Dokumentation (1941): Der Fall Kretas
Fußnoten
Besonders lesenswerte Artikel sind außergewöhnlich gelungen und umfassend. Verbesserungen und Erweiterungen sind dennoch gern gesehen. Umfangreichere strukturelle und inhaltliche Änderungen sollten zuvor diskutiert werden. |