Kolbe, Georg
Georg Kolbe ( 15. April 1877 in Waldheim (Sachsen); 20. November 1947 in Berlin) war ein deutscher Bildhauer und Medailleur.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Kolbe, das vierte von sechs Kindern, wurde als Sohn eines Malermeisters geboren, wirkte ab 1903 in Berlin und wurde Mitglied der Berliner Sezession. Im Ersten Weltkrieg diente Kolbe freiwillig als Kraft- bzw. Offiziersfahrer an der Ostfront. 1915 machte er dann eine Ausbildung zum Flugzeugführer bei der Fliegertruppe des Kaiserlichen Heeres, wurde aber entgegen seiner Hoffnungen nicht als Flieger eingesetzt. Es folgte dann die Berufung nach Konstantinopel, wo sein Freund Richard von Kühlmann Botschafter war. Der nach dem Tod von Hans Freiherr von Wangenheim amtierende Botschafter Richard von Kühlmann kannte und schätzte den Bildhauer, der bereits für einen deutsch-belgischen Soldatenfriedhof in Belgien eine Reliefplastik geschaffen hatte.
So beantragte von Kühlmann die Versetzung von Kolbe nach Konstantinopel in einem Brief an Kriegsminister Hermann von Stein, was aus einem Brief des Kriegsministers an Wilhelm von Bode hervorgeht. Mitte Mai 1917 traf Kolbe in Konstantinopel ein und wohnte fortan im Gebäude der Botschaft in Pera. Kolbes Arbeit war allerdings nicht nur auf die Schaffung eines Denkmals beschränkt, sondern er war auch am architektonischen Entwurf der Friedhofsanlage beteiligt. Allerdings schien er noch mehr Zeit für künstlerische Entwürfe von Büsten und der Ausgestaltung des Botschaftsgebäude in Pera verwendet zu haben.
Kolbe konnte sich dort frei bewegen und verkehrte mit Diplomaten und hohen Offizieren. 1918 wurde er Professor (Professortitel vom Preußischen Kultusministerium) an der Berliner Akademie der Künste und im August 1918 konnte er einen Heimaturlaub nehmen. Im Januar 1919 kehrte er nach beinahe zwei Jahren nach Deutschland zurück. 1927 erhielt Kolbe die Ehrendoktorwürde der Universität Marburg. 1932 reiste Kolbe nach Moskau.
1934 schuf Kolbe ein Kriegerdenkmal für Stralsund mit seinem Entwurf eines Mannes mittleren Alters, der ein überdimensionales Schwert an einen jüngeren über der Aufschrift „Ihr seid nicht umsonst gestorben” übergibt. Im August 1934 unterzeichnete Kolbe den „Aufruf der Kulturschaffenden“ zwecks Vereinigung des Reichspräsidenten- und Kanzleramts. Er war letzter Präsident des Deutschen Künstlerbundes bevor dieser 1936 in die Reichskulturkammer überführt wurde.
Kolbe nahm von 1937 bis 1944 regelmäßig mit Skulpturen an der Großen Deutschen Kunstausstellung im Haus der Deutschen Kunst in München teil. Der Bildhauer erfuhr Ehrungen wie die Verleihung des Goethepreises der Stadt Frankfurt 1936 und 1942 der Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft. Mit zwei Statuen war er auf dem Reichssportfeld (heute Olympiagelände, Berlin) vertreten, einige Bronzen führte er für Wehrmachtskasernen aus und schuf 1939 im Auftrag der deutsch-spanischen Wirtschaftsoganisation Hisma eine Portraitbüste des spanischen Führers Franco, die Adolf Hitler im gleichen Jahr zum Geburtstag überreicht wurde. Dieser bedankte sich „herzlich für die von Georg Kolbe geschaffene Bronzebüste des Generalissimus Franco“. 1944, in der Endphase des Zweiten Weltkriegs, wurde Kolbe in die Sonderliste der wichtigsten bildenden Künstler aufgenommen.
Bei Kolbe wurde 1939 Blasenkrebs diagnostiziert. Die Operation durch Ferdinand Sauerbruch schien erfolgreich zu sein. 1943 wurde das Atelierhaus bei einem Fliegerangriff beschädigt.
Nachkriegszeit
In einer Notunterkunft in Schlesien untergekommen, wurde Kolbe 1945 nach Restdeutschland vertrieben. Zunehmende Erblindung und der erneute Ausbruch des Krebsleidens erschwerten die letzte Lebensphase.
Tod
Der Künstler Professor Kolbe starb im Alter von 70 Jahren im St. Hedwig-Krankenhaus in Berlin.[1] Seine geliebte Frau Benjamine ( 1881), geb. van der Meer de Walcheren (∞ 1902), eine Freundin der Familie der Nachfahren Richard Wagners in Bayreuth, war ihm schon am 7. Februar 1927 vorausgegangen.
Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)
- 1918 Professortitel vom Preußischen Kultusministerium
- 1927 Ehrendoktorwürde der Universität Marburg
- Ehrenkreuz des Weltkrieges
Werke (Auswahl)
Georg Kolbe hat annähernd 1000 verschiedene Plastiken geschaffen, von denen eine beachtliche Zahl nicht erhalten ist. Die Zahl der Zeichnungen übersteigt 2000 Blätter. Kolbes Werke sind einem weiten Kreis zugänglich, weil sie in den Museen Europas, der VSA und in Rußland vertreten sind. Sein Marktwert auf dem Kunstmarkt ist hoch; für seine Skulpturen wurden bis zu 1,2 Millionen US-Dollar bezahlt.
- 1902: Frauenbildnis (Dresden)
- um 1911: Bildnis Viola Tegtmeyer. Büste in Bronze. Behnhaus, Lübeck
- 1912: Die Tänzerin (Nationalgalerie, Berlin)
- 1912: Die Bachnymphe (Bonn-Bad Godesberg, Redoutenpark)[2]
- 1913: Heine-Denkmal (Taunus-Anlage, Frankfurt am Main)
- 1913/1919: Der Tänzer, Hamburger Kunsthalle
- 1917/1918: Kriegerdenkmal für die Begräbnisstätte im Botschaftspark von Therabia (heute: Tarabya) auf der europäischen Seite von Istanbul, Türkei. Aus einem fünf Tonnen schweren hellen Muschelkalkblock gestaltete Kolbe einen Engel, auf dessen Knien ein Krieger sein Leben aushaucht.
- 1921: Assunta
- 1924: Die Verkündung in den Bürgergärten in Lübeck, der Entwurf des Denkmals für gefallene Buchhändler des Ersten Weltkriegs in Leipzig.
- 1925: Der Morgen und Der Abend, Ceciliengärten, Berlin. Die Statue Der Morgen stand 1929 im Deutschen Pavillon auf der damaligen Weltausstellung in Barcelona
- 1926: Kriegerdenkmal 1914–1918 in Buchschlag bei Frankfurt am Main
- 1926–1930: Große Nacht, Hamburger Kunsthalle. Bronzeguss.
- 1926–1947: Beethoven-Denkmal in Frankfurt am Main
- 1927: Zwei Skulpturen Badende Frauen (Paar) aus Muschelkalk flankieren den Eingang zur Spielwiese des Hamburger Stadtparks und den Beginn der Achse von der Hindenburgstraße zum Stadtparksee.
- 1930: Rathenau-Brunnen im Volkspark Rehberge in Berlin
- 1931–1933: Aufsteigender Jüngling, eigentlich als Heine-Denkmal gedacht, im Ehrenhof, Düsseldorf.
- 1933, 1935: Zehnkampfmann und Ruhender Athlet auf dem Olympiagelände Berlin
- Selbsbildnis
- 1936: Großer Wächter, überlebensgroße Bronze für eine Kaserne in Lüdenscheid, heute dort in der Innenstadt
- 1945: Der Befreite
Darüber hinaus rund 200 Porträts, darunter Henry van de Velde (1913); Harry Graf Kessler (1916); Friedrich Ebert (1925); Edith von Schrenck (1929); Ferruccio Busoni (1925); Gret Palucca (1925); Max Slevogt (1926); Hans Prinzhorn (1933); Max Liebermann (1929), Selbstbildnis (1925 und 1934).
Bildergalerie
Ruhender Athlet, Reichssportfeld
Ein Engel oder eine Walküre, einen sterbenden Krieger in den Armen haltend: Das zentrale Gefallenendenkmal auf der Deutschen Kriegsgräberstätte Tarabya, die letzte Ruhestätte deutscher Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg in Istanbul, gestaltet von Georg Kolbe 1917
„Flieger-Schule“, originale Lithographie von Georg Kolbe und ein Gedicht von Georg Herwegh in „Kriegszeit“, Nr. 25 vom 3. Februar 1915
Portraitbüste des Generalmajors Otto von Lossow (1917)
Siehe auch
- Deutsche Bildhauerkunst
- Deutsche Kunst
- Kunst im Nationalsozialismus
- Sonderliste der unersetzlichen Künstler
Literatur
- Rudolf G. Binding: Georg Kolbe, Kunstbücher des Volkes – Band 2, 1933
- Wilhelm Pinder: Georg Kolbe. Werke der letzten Jahre, Rembrandt Verlag, Berlin 1937
- Georg Kolbe - Auf Wegen der Kunst. Schriften - Skizzen - Plastiken. Aus dem Nachlaß zusammengestellt von der Georg Kolbe-Stiftung Berlin. Mit einer Einleitung von Ivo Beucker; Konrad Lemmer Verlag 1949