Nationale Minderheiten in Deutschland

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Sprachkarte um 1900 herum.
Nationale Minderheiten im heutigen Österreich: Slowenen, Kroaten, Ungarn, Ladiner und Italiener. Die Österreicher werden augrund ihres Dialektes als Baiern bezeichnet, die Alemannen sind ebenso ein deutscher Stamm.

In Deutschland bildeten sich aufgrund der geschichtlichen Verläufe immer wieder Minderheiten, die bis heute im deutschen Lebensraum ansässig sind. Dieser Artikel stellt eine Zusammenstellung der bedeutendsten Minderheiten in Deutschland dar.

Durch die Annexionen durch Rußland, die Tschechei und Polen sind die Deutschen heute in dem ihnen gehörendem Gebiet östlich der Oder-Neiße-Linie und jenseits des Böhmerwaldes zu einer Minderheit im eigenen Land geworden. Das gleiche gilt für Elsaß-Lothringen, wenn auch das deutsche Volkselement dort noch deutlich stärker vorhanden ist.

Auf nationale Minderheiten in den Niederlanden, die noch zum deutschen Sprachraum gehören, jedoch eine eigene Schriftsprache entwickelt haben, wird im Artikel über nationale Minderheiten in den Niederlanden näher eingegangen.

Kriterien für den Status als nationale Minderheit

Es ist leicht einzusehen, daß nicht jede ethnische oder kulturelle Minderheit automatisch Minderheitenrechte, etwa zweisprachige Schulen und Straßenschilder, einfordern kann. Manche können es mit Recht, andere nicht. Fragt man sich nach den Unterschieden, stößt man vor allem auf fünf Punkte, die erfüllt sein müssen, wenn Minderheitenrechte ohne größere Verwerfungen vergeben werden sollen. Folgende Kriterien müssen zur Bestimmung als nationale Minderheit in Deutschland erfüllt sein:

  1. Die Angehörigen sind deutsche Staatsangehörige.
  2. Sie unterscheiden sich vom Mehrheitsvolk durch eigene Sprache, Kultur und Geschichte, also durch eine eigene Identität.
  3. Sie wollen diese Identität bewahren.
  4. Sie sind traditionell in Deutschland heimisch.
  5. Sie leben hier in angestammten Siedlungsgebieten.[1]

Erläuterung

  1. Die Minderheit muß sich zum Staat und zur Verfassungsordnung, in denen sie lebt, vorbehaltlos bekennen. Ist das nicht so, schafft man sich eine permanente Opposition im eigenen Land, mit der kein Staat auf Dauer leben kann.
  2. Die zu schützende Minderheitskultur muß mit der Mehrheitskultur „kompatibel“ sein, beide müssen friedlich nebeneinander leben können, ohne daß es im Alltag zu größeren Konflikten kommt.
  3. Die Minderheit muß lokal begrenzt sein. Sonst entsteht ein sprachlicher und kultureller Flickenteppich, der zu einer Spaltung des ganzen Landes führen kann. Für eine demokratische Gesellschaft wäre das höchst bedrohlich, weil dann der öffentliche Diskurs durch die Sprachbarriere in mehrere Teile zerfiele. Lebt die Minderheit aber relativ abgeschlossen und ist in ihrer Region eine klare Mehrheit, dann führt sie ihren eigenen Diskurs, und die Geschlossenheit der Demokratie bleibt einigermaßen bewahrt.
  4. Die Minderheit muß zahlenmäßig klein sein und auch klein bleiben, weil eine Mehrheit, die spürt, daß ihr Mehrheitsstatus bedroht ist, weniger Toleranz übt und dann Konflikte vorprogrammiert sind. Zudem braucht eine große Minderheit auch eine angemessene politische Repräsentation. Es steht zu erwarten, daß sie eigene Parteien formiert, so daß zum üblichen politischen Spektrum eine ethnische Dimension hinzukommt. Bleibt die Minderheit klein, gibt es also nur eine kleine Minderheitenpartei, so ist das verschmerzbar. Ist sie groß, so akzeptiert man, daß ein erheblicher Teil der Bevölkerung nicht nach politischen, sondern nach ethnischen Gesichtspunkten abstimmt – was einer Demokratie nur schaden kann, weil dann die Herkunft und nicht mehr Programm und Leistung eines Politikers zum entscheidenden Kriterium wird.
  5. Die Minderheit muß „alteingesessen“ sein. Sonst könnte bei zu erwartender größerer Arbeitsmigration mindestens innerhalb Europas jede polnische, portugiesische oder sonstige Gemeinde in einer deutschen Großstadt für sich Minderheitenrechte reklamieren mit dem Ergebnis einer regelrechten Balkanisierung.[2]

Geschichte

Während der Zeit des Deutschen Kaiserreiches machte sich das Problem der nationalen Minderheiten am stärksten bemerkbar. Die Minderheiten waren zwar deutsche Staatsbürger (und somit auch wahlberechtigt) und konnten ihre Sprache sowie Kultur bewahren, die Reichspolitik sah jedoch eine Germanisierung vor, wenn man diese auch nicht radikal durchsetzte. Betroffen war dabei vor allem der Osten des Reiches, da etwa die Provinz Posen, die Preußen ein Jahrhundert zuvor nach der Polnischen Teilung in Besitz nahm, starke polnische Minderheiten besaß und diese sich mit ihrer polnischen Heimat und nicht mit dem deutschen Staat assoziierten.

Entgegen der allgemeinen Vorstellung kam es während der Zeit des Nationalsozialismus zu keinen Diskriminierungen, Vertreibungen oder gar Ermorderung von Minderheiten im Reichsgebiet. Die in Mitteldeutschland ansässigen Sorben etwa, die als „Slawen“ nach NS-Sicht als rassisch minderwertig galten, konnten während dieser Zeit ihre Gottesdienste – auch während des Krieges – in ihrer Muttersprache abhalten, ohne daß von seiten der nationalsozialistischen Regierung interveniert worden wäre.[3] Lediglich die Juden waren in dieser Zeit einer starken Verfolgung ausgesetzt, da man sie als Zerstörer des deutschen Volkstums sah und daher entsprechend bekämpfte.

Minderheiten

Dänische Minderheit

Im Norden Deutschlands, im nördlichen Schleswig-Holstein, befinden sich einige Dänen, die dort schon seit längerem leben. Da sie von der Bundesrepublik Deutschland offiziell als Minderheit anerkannt werden, besitzen sie gewisse Sonderrechte, so entfällt für sie etwa bei den Wahlen die Fünf-Prozent-Hürde.

Französische Minderheit

Französische Minderheiten fanden sich in Deutschland mit der Gründung des Deutschen Kaiserreiches im wiedererlangten Gebiet Elsaß-Lothringen, wo sich durch die lange Zugehörigkeit zu Frankreich eine große Zahl von Franzosen angesiedelt hatte. Die einheimische deutsche Bevölkerung wurde zwar nicht vertrieben, seit das Gebiet seit 1945 wieder von Frankreich annektiert wurde, sind die Deutschen dort jedoch in der Minderheit.

Friesische Minderheit

Die Friesen, ein germanischer Stamm, sind im Norden Deutschlands beheimatet, ebenso in den Niederlanden und in beiden Ländern als Minderheit anerkannt.

Italienische Minderheit

In der Republik Österreich leben in Südtirol einige Italiener, da das Gebiet seit dem Ersten Weltkrieg von Italien annektiert ist. Da man von seiten der deutschen Bevölkerung in dem Gebiet einen immer größer werdenen Zuzug von Italienern befürchtet, will man dort nun Maßnahmen ergreifen.

In der Bundesrepublik Deutschland leben derzeit ebenso einige Italiener, da diese in den 1950er Jahren verstärkt als Gastarbeiter kamen. Im Gegensatz zu den sogenannten Welschtirolern stellen diese aber keine Minderheit im rechtlichen Sinne dar, sondern sind lediglich Zuwanderer.

Litauische Minderheiten

Bis 1945 gab es im nördöstlichen Ostpreußen, dem Memelgebiet und Umgebung, litauische Minderheiten, inzwischen ist das Gebiet jedoch so gut wie deutschenfrei.

Kaschubische Minderheit

In Teilen Hinterpommerns sowie Westpreußens sind die Kaschuben beheimatet. Die Zahl der Kaschuben in Westpreußen wurde um 1919 mit 110.000 angegeben.[4] Auch unter der noch anhaltenden polnischen Herrschaft konnten diese ihr Volkstum bewahren.

Polnische Minderheit

Da das Königreich Preußen im 18. Jahrhundert Gebiete bekam, die früher zu Polen gehörten, fanden sich zur Zeit des deutschen Kaiserreiches im Osten Deutschlands. Vor allem in der preußischen Provinz Posen und im südlichen Ostpreußen (Masuren) gab es polnische Minderheiten. Diese wurden vom Gesetz her nicht benachteiligt, der deutsche Staat war jedoch an deren Assimilierung an die deutsche Kultur und Sprache interessiert. Da sich Polen nach dem Zweiten Weltkrieg ein großes Stück Land von Deutschland zusammenraubte, wurden die Deutschen im Osten ihres Landes durch Vertreibung und Ermordung selbst zu einer Minderheit. Heute leben in der Bundesrepublik, vor allem im Raum Brandenburg, polnische Minderheiten, die für sich jedoch mehr Rechte fordern. Der polnische Staat verlangt zudem, daß die BRD die in ihrem Gebiet lebenden Polen auch offiziell als Minderheit anerkennt, was bisher jedoch nicht erfolgte. Tatsächlich sind Polen, deren Königreich übrigens von Deutschen gegründet wurde, aber nur mehr oder weniger slawisierte Germanen. Die Archäologie kann recht sicher belegen, daß die Entwicklung von Polen bereits seit dem 3. Jahrtausend v. d. Z. eng mit Germanien verknüpft war. Das hat sich prinzipiell nie geändert.

Die seit dem Deutschen Kaiserreich im Ruhrgebiet seßhaften Polen, die sogenannten Ruhrpolen, welche sich später mit der deutschen Bevölkerung vermischten, hingegen sind nicht als Bestandteil der polnischen Minderheit zu sehen, da es sich um zugewanderte Gastarbeiter handelte und das Ruhrgebiet kein polnischer Siedlungsraum war.

Rätoromanische Minderheit

Die Rätoromanen, eine romanische Volksgruppe hat ihren Lebensraum im östlichen deutschsprachigen Gebiet der Schweiz, vor allem im Kanton Graubünden. Trotz ihrer vergleichsweise sehr geringen Zahl werden sie nicht als Minderheit bezeichnet, da Italier, Deutsche, Franzosen und Rätoromanen gleichermaßen als Staatsvolk der Schweiz gesehen werden.

Sorbische Minderheit

In dem zur Bundesrepublik Deutschland gehörendem Teil der Lausitz lebt die Sorbisch sprechende Minderheit der Wenden. In einigen Orten ist sorbisch als zweite Amtssprache anerkannt. Deshalb wurden Ortsbezeichnung, Sraßenschilder usw. in dieser Region sowohl deutsch als auch sorbisch beschriftet.

Tschechische Minderheit

Da das Gebiet Böhmen und Mähren, in dem das Volk der Tschechen beheimatet ist, lange Zeit Bestandteil des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation war und von 1815 bis 1866 auch Teil des Deutschen Bundes war, könnte man die Tschechen als eine Minderheit in Deutschland bezeichnen, die über mehrere Hundert Jahre ihren angestammten Lebensraum behielten. Tatsächlich sind Tschechen aber mehr oder weniger slawisierte Germanen, die spätestens seit dem Jahr 6 n. d. Z. nachweislich auch in Böhmen und Mähren ansässig sind. Die Archäologie kann recht sicher belegen, daß die Entwicklung von Mähren und Böhmen bereits seit der Bronzezeit eng mit Germanien verknüpft war. Dies hat sich prinzipiell nie geändert.

Ab 1919 war die Zahl der Tschechen in den deutsch besiedelten Gebieten, d. h. im Sudetenland, äußerst gering. Mit der Bildung des Protektorats Böhmen und Mähren geriet der rein tschechisch besiedelte Teil (die Rest-Tschechei) wieder in den deutschen Machtbereich. Die offizielle Geschichtsschreibung weiß zu berichten, daß es dort zu einer „Endlösung der Tschechenfrage“ kommen sollte, indem man die Tschechen ausrottet und ihr Land germanisiert. Dies entspricht nicht den Tatsachen. Die Tschechen hatten jedoch im Gegensatz zu anderen Völkern in von Deutschland besetzten Gebieten eine Sonderstellung, was vor allem tschechischen Arbeitskräften zugute kam, die im Altreich arbeiteten. Von Sklavenarbeit kann daher nicht die Rede sein. Durch die familienfreundlichen Arbeitsregelungen für die Tschechen kam es unter deutscher Besatzung sogar zu einem Ansteigen der Geburtenrate.[5]

Mit dem Kriegsende wurde das Protektorat wieder aufgelöst. Durch die Vertreibungen der Deutschen ist die tschechische Minderheit im Sudetenland ab 1945 zur deutlichen Mehrheit geworden und ist es heute immer noch. In der Bundesrepublik Deutschland sowie der Republik Österreich leben so wenige Tschechen, daß heute nicht von einer Minderheit gesprochen werden kann.

Ungarische Minderheit

Ungarische Minderheiten finden sich vor allem im Bundesland Burgenland, da dieses an der Grenze zu Ungarn liegt und während der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie zum ungarischen Teil des Riesenreiches gehörte.

Einwanderergruppen

Arabische Einwanderer

Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen auch viele Araber in die Bundesrepublik, ihre heutige Anzahl beträgt wahrscheinlich ca. 300.000. Da jedoch Libanesen sowie Palästinenser nicht mitgezählt werden und viele Araber auch einen bundesdeutschen Paß besitzen, könnte ihre Gesamtzahl um einiges höher sein als angenommen.

Juden

Hauptartikel: Judenfrage

Kurdische Einwanderer

Nach dem Zweiten Weltkrieg wanderten auch viele Kurden als Arbeitskräfte in die Bundesrepublik ein. Da es jedoch keinen kurdischen Staat gibt, sondern die Kurden auf mehrere Staaten im Nahen Osten verteilt sind, tauchen sie in der Statistiken nicht auf, sondern zählen als türkische, irakische usw. Zuwanderer. Die Anzahl der derzeit in der Bundesrepublik lebenden Kurden wird auf zwischen 500.000 und 800.000 geschätzt.

Türkische Einwanderer

Hauptartikel: Türken in der BRD

Die größte anerkannte Gruppe der in der BRD lebenden Minderheiten stellen die Türken dar, die oftmals eine große Belastung für die Gesellschaft sind. Viele Türken haben auch einen BRD-Personalausweis, sogenannte Deutschtürken, die sich jedoch meist als Türken und nicht als Angehörige des deutschen Volkes fühlen. Die türkische Minderheit ist – wie auch die Araber – nicht geographisch auf ein Gebiet konzentriert, sondern bundesweit verstreut – vor allem in deutschen Großstädten wie Berlin sind sie besonders zahlreich vertreten. In einigen Stadtvierteln, die man als Meidezonen bezeichnet, stellen sie sogar die Mehrheit dar. Es ist zu befürchten, daß die Situation sich noch verschlechtern und das türkische Element immer stärker in der Bundesrepublik werden wird. Thilo Sarrazin sprach diesbezüglich sogar davon, daß die Türken – wie zuvor den Kosovo in Serbien – auch die Bundesrepublik auf Dauer durch höhere Geburtenraten erobern werden.

Fußnoten

  1. Antwort der deutschen Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS zur Förderung deutscher Minderheiten in Osteuropa seit 1991/1992 vom 6. September 2000
  2. Christian Roth: Das Recht der Mehrheit, Akademische Blätter
  3. Der Große Wendig, Band 1, S. 378 (Beitrag 85)
  4. Helmuth Bohlmann: Polen und der Nationalstaatsgedanke, in Wille zum Reich, Folge 6, S. 58
  5. Wolf Oschlies: „Zwangsarbeiter“ oder „Reichsbürger“, Preußische Allgemeine Zeitung, 6. Juli 2009, S. 10