Juden in der AfD
Juden in der AfD (JAfD) ist eine am 7. Oktober 2018 in Wiesbaden offiziell gegründete Vereinigung jüdischer Politfunktionäre in der Alternative für Deutschland. Die Gründung selbst und die begleitenden Kommentare von Parteifunktionären stellen einen wesentlichen Schritt der AfD zu einer neuen BRD-Blockpartei dar.
Inhaltsverzeichnis
Gründung
Der Verein besteht aus zunächst 24 Mitgliedern, hat seinen Sitz in Berlin[1] und besteht überwiegend aus Rußlandjuden.[2] Als Initiator der Gruppierung gilt Emanuel Krauskopf, Ex-Jusos und SPD-Mitglied, dessen Familie aus Lodsch stammt.[3] Als Aufnahmekriterien gab der Verein bekannt: Wer „ethnisch zum Judentum“ gehöre und sich dessen „bewußt“ sei, könne in die Gruppe aufgenommen werden. Es sei aber auch möglich, zum Judentum überzutreten. Über eine Aufnahme entscheide der Vereinsvorstand. Vorsitzende der JAfD ist Vera Kosova. Sie ist Ärztin, in Baden-Württemberg ansässig, Sprecherin des AfD Kreisverbandes Esslingen und mittlerweile in den Landesvorstand der AfD Baden-Württemberg aufgerückt.[4][5] Sie kam mit ihrer Familie im Alter von 15 Jahren aus Usbekistan in die Bundesrepublik Deutschland.[6] Stellvertretende Vorsitzende sind Wolfgang Fuhl, Ex-Jusos-Mitglied, sowie Artur Abramovych, Sohn ukrainischer Juden von der AfD Bamberg.[2] Fuhl, der einen Parteiausschluß von Björn Höcke befürworten würde („Mir wäre lieber, der wäre nicht in der Partei“)[7] , tritt gerne als Verfechter zionistischer Positionen auf, wobei er gerne an die „historische Verantwortung Deutschlands für Israel“ erinnert und die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch das BRD-Regime fordert.
- „Jerusalem ist die Hauptstadt von Israel! Israel ist ein souveräner Staat und Israel hat immer erklärt: Jerusalem ist die Hauptstadt von Israel. Die Palästinenser, organisiert in Organisationen, leben in einem autonomen, von der UN geschaffen [sic!] Gebiet. Oder Klartext: Palästina ist kein Staat! Deutschland trägt eine historische Verantwortung für Israel und hat dies immer betont [...] Für Deutschland ist es äußerst sinnvoll, hier Frieden und Ruhe zu schaffen, und dieser besteht unter anderem in der Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt Israels“.[8]
Bei der Gründungsveranstaltung bekannte Fuhl, daß er nichts gegen die Segnung der Gruppe durch einen Rabbiner einzuwenden hätte. Dann nutzte er die öffentliche Aufmerksamkeit und kritisierte die Absicht der AfD, die als religiöse Handlung verbrämte orientalische Tierquälerei des Schächtens abzuschaffen, wobei er wieder moralische Belehrungen an die AfD richtete:
- „Das Schächtverbot ist ein Problem. Aber in der Schweiz haben jüdische Gemeinden trotz Schächtverbot überlebt, in Deutschland wurden sie vernichtet“.[2]
In einer Grundsatzerklärung nannte die Gruppe zwei Ereignisse für die Gründung: Zum einen eine „unkontrollierte Masseneinwanderung“ junger Männer aus dem „islamischen Kulturkreis“ mit einer „antisemitischen Sozialisation“ sowie die „Zerstörung der traditionellen, monogamen Familie“ durch Gender-Mainstreaming und Frühsexualisierung.[1]
Bekannte Gäste der Gründungsveranstaltung waren Beatrix von Storch und Erika Steinbach als Vertreterin der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung.[9]
Reaktionen
Vertreter der BRD-Blockparteien sowie 17 Judenorganisationen, darunter der Zentralrat der Juden in Deutschland, kritisierten die Gründung scharf. Trotz des Anbiederungskurses an die Juden stellte der ZdJ klar, daß es sich bei der AfD um eine „rassistische und antisemitische Partei“ handeln würde. Zudem bekannten die Zentralratsjuden, daß die Mohammedaner keine Feinde der Juden sind.[10] Dalia Grinfeld, Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD) gründete den Hashtag #AfNee und verkündete „Diese Alternative ist nicht koscher“.[11]
Stephan Harbarth, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, bezeichnete die Gründung als Heuchelei und gab als Begründung ein verfälschtes Zitat von Alexander Gauland an: „Wer den Holocaust einen Vogelschiss in der deutschen Geschichte nennt, bekämpft nicht den Antisemitismus, sondern verhöhnt dessen Opfer, und er steht ganz sicher nicht an der Seite der Jüdinnen und Juden“.[1] Gauland hatte allerdings die zwölf Jahre des Nationalsozialismus einen Vogelschiß der deutschen Geschichte genannt, nicht den Holocaust.[12]
Grußworte sendeten Jörg Meuthen und die Junge Alternative.[9] Petr Bystron sprach der Vereinsgründung sogar historische Bedeutung zu:
- „Das, was Sie hier heute vollbracht haben, hat historische Bedeutung. Allein die Existenz ihrer Vereinigung ist eine Ohrfeige ins Gesicht aller Lügner und Heuchler, die ständig versuchen, uns von der AfD nur in die Nähe des Antisemitismus zu rücken“.
Das Bundesvorstandsmitglied der Gruppierung Christen in der AfD, Joachim Kuhs[13], sprach von einem echten „Glücksfall für die Partei“. Mit den Juden in der AfD nehme man den gegnerischen Parteien das Spielzeug der Nazikeule weg. Uwe Witt, Sprecher der Alternativen Mitte, ließ mitteilen, daß man die Entwicklung außerordentlich begrüße.[6]
Kritik aus den Reihen der AfD kam nur von den beiden AfD-Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon und Stefan Räpple aus Baden-Württemberg. Gedeon stellte klar, daß die Vereinigung im günstigsten Fall überflüßig wie ein Kropf sei, jedoch im ungünstigsten Fall eine zionistische Lobbyorganisation darstellen würde, die den Interessen Deutschlands und der Deutschen zuwider läuft.
Räpple ergänzte: „Ich stehe voll und ganz hinter den Äußerungen von Herrn Gedeon“. Es könne nicht darum gehen, in der AfD immer neue Partikularinteressen zu verfolgen, so Räpple weiter und fügte hinzu:
- „Die zionistische Ideologie, also die Durchsetzung israelischer Interessen auf deutschem Boden, lehne ich ab. Es geht mir um deutsche Interessen, nicht um israelische“.
Meuthen stellte sich sofort auf die Seite der Juden, kritisierte Gedeon scharf und bedauerte, daß es bisher nicht gelungen ist, Gedeons Parteimitgliedschaft gänzlich zu beenden.[14] Marc Jongen begrüßte die Vereinsgründung und regte an, ein erneutes Parteiausschlußverfahren gegen Gedeon anzustrengen.[15] Der Theologe und AfD-Landtagsabgeordnete Daniel Rottmann, der bereits im Juni 2016 mit einem „I love Israel-Hemd“ im Landtag von Baden-Württemberg aufgetreten war[16] , kritisierte Räpple und warf ihm Sachunkenntnis vor.[14]
Der Bundestagsabgeordnete Volker Münz, Sprecher der Christen in der AfD, stellte klar, wem die AfD spätestens ab jetzt zu dienen habe:
- „Die AfD ist die politische Schutzmacht der Juden in Deutschland.“[2]
Sonstiges
Es scheint, als würden die politischen Scheingefechte der AfD langsam ein Ende finden. Unmittelbar nach der Gründung äußerte sich Beatrix von Storch auf die Frage, was sie von einer mohammedanischen Gruppierung in der AfD halten würde, wie folgt:
- „Wenn es den Wunsch danach gibt, dann mögen sie sich gründen“.
Die AfD sei eine Partei für Religionsfreiheit. Zudem gebe es viele integrierte Muslime und Migranten „bei uns“ in der Gesellschaft, die in der AfD willkommen seien. Diese Mitglieder sollten allerdings vorher der Islamisierung abschwören.[17] Hier sei noch mal daran erinnert, daß Götz Kubitschek und Ellen Kositza die Mitgliedschaft in der AfD verweigert wurde.[18]
Auffällig war zudem, daß Alexander Gauland in zeitlicher Nähe zur Gründung bekanntgab, er strebe eine Koalition mit der CDU an. [19] Noch im Februar 2018 hatte er die CDU als „nur noch leere Hülle“ bezeichnet.[20]
Georg Pazderski vom AfD-Bundesvorstand arbeitet schon länger an möglichen CDU/AfD-Koalitionen; ein entsprechendes Arbeitspapier erschien auf der Patriotischen Plattform.[21] Mit der Gründung der JAfD erklärte Pazderski, die als „Alternative für Deutschland“ angetretene AfD solle dafür sogar als Juniorpartner zur Verfügung stehen.[22]
Bereits einen Tag nach der Landtagswahl 2018 in Bayern beschloß der AfD-Bundesvorstand folgerichtig und einstimmig, ein erneutes Parteiausschlußverfahren gegen Wolfgang Gedeon einzuleiten.[23]
Netzwerkpflege in Israel
Reisen der Gruppenmitglieder nach Israel finanzieren die AfD-Mitglieder und Förderer. Die Aufenthalte dort dienen der Vorbereitung politischer und finanzieller Unterstützung israelischer Anliegen und Siedlungspolitik.[24]
Bruderorganisation in der SPD
Im April 2007 wurde ein Arbeitskreis Jüdischer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten (AJS) gegründet, er ist ein Arbeitskreis innerhalb der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Der seinerzeitige Generalsekretär der SPD Hubertus Heil hatte damals ähnliche Worte an die Gründer gerichtet wie 2018 hohe AfD-Funktionäre an die Juden in der AfD, er sagte: „Ich freue mich, dass Juden und Jüdinnen mit dem neuen Arbeitskreis nun auch institutionell in der SPD ihr Engagement zeigen. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit.“
Verweise
- Englischsprachig
- Kyle Hunt: Germany’s AfD Is so Based That It Was Endorsed by a Former Israeli General & Mossad Chief!, Renegade Tribune, 15. November 2019