Martinek, Robert
Robert Martinek ( 2. Februar 1889 in Gratzen, Kreis Kaplitz, Böhmen; gefallen 28. Juni 1944 an der Beresina in Weißruthenien)[1] war ein deutscher Offizier der Gemeinsamen Armee, der k. u. k. Armee, der Deutschösterreichischen Volkswehr, des Bundesheeres und der Wehrmacht, zuletzt General der Artillerie des Heeres und Eichenlaubträger im Zweiten Weltkrieg, der eine Reihe von Erfindungen auf artilleristischem Gebiet machte (u. a. neue Meß- und Schießverfahren sowie das Gleichrichter-System „Martinek“).
Martinek, der seine Truppen mit großem persönlichem Einsatz und großer Tapferkeit an der Front führte, besaß aufgrund seiner mathematischen und technischen Begabung ein bedeutendes artilleristisches Können und dank seiner langen Tätigkeit in der militärischen Ausbildung hohe Qualitäten als Kommandeur
Inhaltsverzeichnis
Leben
Robert Martinek, Sohn des wohlhabenden Braumeisters Franz Martinek und dessen Gemahlin Mathilde, geb. Schutz, besuchte das Untergymnasium in Mährisch-Neustadt und war ab 1903 an der Wiener Artillerie-Kadettenanstalt. Nach seiner Ausmusterung als Kadettenschüler trat er am 18. August 1907 als Kadett-Offiziersstellvertreter (KadOffzStv) in die k. u. k. Armee ein und kam zum Korps-Artillerie-Regiment Nr. 8. Er gehörte seit dem 1. Mai 1910 dem Feldhaubitz-Regiment „Kaiser“ Nr. 8 (Errichtet 1908 beim VIII. Armeekorps) in Prag an und wurde am 1. Oktober 1910 zum Leutnant befördert.
Erster Weltkrieg
Am 1. August 1914 zum Oberleutnant und Ersten Offizier, später Batteriekommandant beim Feldhaubitz-Regiment „Kaiser“ Nr. 8 befördert (vereinzelte Quellen geben eine Kommandierung zum Feld-Kanonen-Regiment Nr. 24 bei der 8. Feldartillerie-Brigade am 21. August 1914 an, das ebenfalls in Prag stationiert war), zeichnete er sich während des Ersten Weltkrieges auf dem serbischen Kriegsschauplatz sowie an der kaiserlich russischen und an der italienischen Kriegsfront mehrfach aus. Im April 1917 rückte der bewährte und vielfach ausgezeichnete Offizier zum Hauptmann im Feldartillerie-Regiment Nr. 109 vor. Er machte die Offensive des Herbstes 1917 an der Isonzofront und den Vormarsch an den Piave mit; bei Kriegsende 1918 stand Martinek wieder in Serbien.
Zwischenkriegszeit
Nach Kriegsende wurde er im November 1918 in die Deutschösterreichische Volkswehr und 1920 in das Bundesheer übernommen. Nach seiner Beförderung zum Oberstleutnant wurde er am 4. November 1930 Kommandant der Artilleriefachschule und 1934 als Oberst Kommandant der Artillerieschießschule. Am 1. Oktober 1937 erfolgte seine Ernennung zum Artillerie-Inspekteur des österreichischen Bundesheeres. Nach dem Beitritt Österreichs zum Deutschen Reich wurde er am 1. August 1938 zum Artillerie-Kommandeur 35 ernannt.
Zweiter Weltkrieg
Nach dem Polenfeldzug wurde er dann zum Artillerie-Kommandeur 7. In dieser Dienststellung nahm er am Westfeldzug teil. Am 1. Juni 1941 zum Generalmajor befördert, blieb er auch weiter Artillerie-Kommandeur 7. Am 10. November 1941 übernahm er die Führung der 267. Infanterie-Division. Für die Abwehrleistungen seiner Division während der Abwehrkämpfe im Winter 1941/42 wurde er zum 1. Dezember 1941 zum Generalleutnant befördert und am 26. Dezember 1941 mit dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet. Am 31. Dezember 1941 gab er die Führung wieder ab. Ab dem 1. Januar 1942 führte er dafür als Kommandeur die 7. Gebirgs-Division.
Ab dem 7. Juni 1942 wurde er dann kurzzeitig als Harko z. b. V. bei der 11. Armee eingesetzt. In dieser Dienststellung war er für den artilleristischen Einsatz vor der Festung Sewastopol verantwortlich. Im Juli 1942 übernahm er dann wieder als Kommandeur seine 7. Gebirgs-Division. Im September 1942 gab er sein Kommando ab und wurde in die Führerreserve versetzt.
Am 1. Dezember 1942 wurde er mit der Führung des XXXIX. Panzerkorps beauftragt. Am 1. Januar 1943 wurde er zum General der Artillerie befördert. Damit wurde er jetzt zum Kommandierenden General vom XXXIX. Panzerkorps ernannt. Am 21. März 1943 wurde ihm das Deutsche Kreuz in Gold verliehen. Am 24 Oktober 1943 wurde er namentlich im Wehrmachtbericht genannt:
- „An den Abwehrerfolgen im mittleren Frontabschnitt haben das XXXIX. Panzerkorps unter Führung des Generals der Artillerie Martinek und die rheinisch-westfälische 253. Infanteriedivision unter Führung des Generalleutnant Becker besonderen Anteil.“
Am 10. Februar 1944 wurde er mit dem Eichenlaub zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet. Am 3. April 1944 wurde er erneut namentlich im Wehrmachtbericht genannt:
- „Zwischen dem Dnjepr und Tichauffy haben die unter dem Befehl des Generals der Infanterie von Tippelskirch und des Generals der Artillerie Martinek stehenden Truppen in siebentägigen schweren Kämpfen Durchbruchsversuche von 17 feindlichen Schützendivisionen, einer motorisierten und zweier Panzerbrigaden vereitelt und damit einen hervorragenden Abwehrerfolg errungen.“[2]
Chronologischer Militärwerdegang
- 1914/18 Isonzo-Front, Rußland, Serbien
- 12.11.1918 im Feldartillerie-Regiment 3 der Deutschösterreichischen Volkswehr
- 22.1.1919 in der Depotwache Kaiserebersdorf (im äußersten Südosten der Stadt Wien)
- Oktober 1919 im Grenzschutz Steiermark
- 1.9.1920 als Batteriekommandant im selbständigen Artillerie-Regiment „Kaiser Maximilian I.“, Wien, ins erste österreichische Bundesheer übernommen
- 1.1.1929 Lehrer an der Artilleriefachschule Wien
- 1.9.1932 Kommandant der Artilleriefachschule Wien
- 1.10.1934 Kommandant der Artillerieschießschule; Lehrer am Höheren Artillerie-Kurs und an der Theresianischen Militärakademie
- 1.10.1937 Artillerie-Inspekteur des österreichischen Bundesheeres
- 13.3.1938 von der Wehrmacht übernommen, z. V. OKH
- 10.6.1938 kommandiert zur Inspektion der Artillerie
- 1.7.1938 kommandiert zur Artillerieschule Jüterbog, Offizier z. V. des Oberbefehlshabers des Heeres; Lehrer
- 1.8.1938 Artillerie-Kommandeur 35 (Arko 35), Karlsruhe
- 10.11.1938 Artillerie-Kommandeur 18 (Arko 18), Liegnitz
- 26.8.1940 Artillerie-Kommandeur 7 (Arko 7)
- 11.11.1941 mit der Führung der 267. Infanterie-Division beauftragt
- 1.1.1942 Kommandeur der 7. Gebirgs-Division
- Oberst August Krakau vom 1. Mai bis 22. Juli 1942 mit der stellvertretenden Führung beauftragt
- 7.6.1942 Höherer Artillerie-Kommandeur zur besonderen Verwendung („Harko z. b. V.“) beim XXX. AK
- Sewastopol; war für die Artillerie des XXX. AK an der Südfront zuständig (mit Sondergeschütz „Dora“ und das Karl-Gerät, der sogenannte Mörser „Karl“)
- 22. Juli 1942 Rückkehr als Kommandeur der 7. Gebirgs-Division
- 10.9.1942 kommandiert zum Stab des AOK 11 (11. Armee), Führerreserve
- 1.12.1942 mit der Führung des XXXIX. Panzerkorps beauftragt
- 1.1.1943 Kommandierender General des XXXIX. Panzerkorps
- wegen Abwesenheit (ggf. wegen Krankheit) vom 13. November 1943 bis 18. April 1944 von Carl Püchler vertreten, der mit der stellvertretenden Führung vom XXXIX. Panzerkorps beauftragt wurde
- 28.6.1944 durch Bombensplitter in die Stirn gefallen
- Generalleutnant Otto Schünemann übernahm die Führung, fiel aber selbst Stunden später. Am 29. Juni 1944 übernahm Generalleutnant Dietrich von Saucken
- 30.6.1944 Beisetzung auf dem Soldatenfriedhof von Tscherwen
Tod
Generalleutnant der Artillerie Robert Martinek fiel am späten Nachmittag des 28. Juni 1944 auf der Fahrt zu seinem neuen Hauptquartier bei einem russischen Luftangriff (Schlachtflieger der Roten Luftwaffe mit Typ „Iljuschin Il-2“) auf die Rollbahn (Autobahn) der Heeresgruppe Mitte am östlichen Ufer der Beresina beim Rückzug der deutschen 4. Armee von Witebsk. Dabei wurde er durch einen Bombensplitter in den Kopf auf der Stelle getötet. Den Kessel von Witebsk entkommen, mußte auch der feste Platz Mogilew kapitulieren. Laut Kurt von Tippelskirch, dem Oberbefehlshaber der 4. Armee, gelang es nur der Hälfte seiner Soldaten, sich über den Fluß Dnepr zurückzuziehen. Versprengte deutsche Soldaten leisteten noch über mehrere Wochen Widerstand und kämpften sich teilweise zu den deutschen Linien zurück.
Am 30. Juni 1944 wurde General der Artillerie Martinek auf dem Soldatenfriedhof von Tscherwen bei Minsk beigesetzt. Am 3. Juli 1944 wurde er letztmalig namentlich im Wehrmachtbericht genannt:
- „In den schweren Abwehrkämpfen fanden die Kommandierenden Generäle, General der Artillerie Martinek und General der Artillerie Pfeiffer sowie Generalleutnant Schünemann, an der Spitze ihrer Korps kämpfend, getreu ihrem Fahneneid, den Heldentod.“[3]
Letzte Ruhestätte
Nachdem die Rote Armee auch Minsk eingenommen hatte, wurde die deutsche Kriegsgräberstätte, wie so viele zuvor und so viele danach, geschändet und eingeebnet. Robert Martinek wurde noch nicht auf einen vom Verein „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ errichteten Soldatenfriedhof überführt, seine Gebeine blieben bis heute (Stand: 2016) verschollen.
Erfindungen
Zu seinen bedeutendsten Erfindungen gehört das „Kapselschießen“ für Geschütze, womit teure Granatmunition gespart wurde, aber auch das von der Reichswehr übernommene Artillerie-Kleinkaliberschießen. Über die Ostmark hinaus wurde die „Zielspinne“ (Artillerierechenschieber), das Artillerie-Gleichrichter-System „Martinek“ bekannt (zur Ergänzung der Batterierichtkreise wurden Gleichrichter (Anzeigetafeln zur Übermittlung von Schießbefehlen; Schnellvermessen im scharfen Schuß) entwickelt, u. a. der Zubersche M 37 für Meßeinheiten und Kommanden; beim Bundesheer 1937 eingeführt).
Mit der Zielspinne wurde in der Artillerie-Ausbildung der Schußwinkel im zugewiesenen Schußfeld trainiert. Im Nullpunkt unten befindet sich das Geschütz, und entsprechend den anvisierten Zielpunkten wurden die Winkel in Grad angegeben. Mit diesen Angaben wurde die Zieleinrichtung durch den Richtschützen eingestellt. In die Zielspinne kann man dann leicht alle Ziele nach Entfernung und Winkel eintragen (Winkel kann man etwa durch ein optisches Gerät mit Strichplatte messen, Entfernungen werden etwa aufgrund der Karte oder mit sonstigen Mitteln bestimmt). Mit dem Plansektor kann man dann leicht die relativen Winkel zur Grundrichtung sowie die Entfernung ablesen und damit ein Feuerkommando geben. 1939 schrieb der Lehrstab A der Artillerietruppe in Jüterbog:
- „Ein behelfsmäßiger Schießplan wird mit Hilfe eines Gittertnetzes 1:25.000 und einer Karte erstellt. Auf das Gitternetz werden B-Stelle, Grundgeschütz (Arbeitsgeschütz) und Grundrichtung (Grundrichtungslinie) eingetragen. [...] Zusätzlich wird jetzt diese Zielspinne mit dem Nullpunkt auf der Position der B(eobachtungs)stelle aufgeheftet und die 1000 m Entfernungen seitlich (oder entlang der Nullinie) bezeichnet. [...] Auf dem Platz des Grundgeschützes (G.G.) befestigt man einen drehbaren Plansektor, legt die Linealkante auf die Grundrichtung und stellt den 0-Punkt des Sektors durch einen Bleistiftstrich in Verlängerung der Nullmarke fest.“
Familie
Am 28. Juni 1922 heiratete Martinek seine Verlobte Bertha Reisenberger, aus der Ehe ist eine Tochter entsprossen.
Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)
Beförderungen
- 18.8.1907 k.u.k. Kadett-Offiziersstellvertreter (1908 in Fähnrich umbenannt)
- 1.8.1910 k.u.k. Leutnant
- 1.8.1914 k.u.k. Oberleutnant
- 17.4.1917 k.u.k. Hauptmann
- 7.7.1921 Major (mit Wirkung vom 1. Januar 1921; österreichisches Bundesheer)
- 4.11.1930 Oberstleutnant (österreichisches Bundesheer)
- 15.12.1934 Oberst (österreichisches Bundesheer)
- 13.3.1938 Oberst (Wehrmacht)
- 1.6.1941 Generalmajor
- 1.12.1941 Generalleutnant (mit Wirkung vom)
- 1.1.1943 General der Artillerie
- k.u.k. Österr. Militär-Jubiläumskreuz, 1908
- k.u.k. Österreichisches Karl-Truppenkreuz
- k.u.k. Österr. Militärverdienstkreuz, III. Klasse mit der Kriegsdekoration und den Schwertern (2 Mal verliehen Juli 1915 und September 1917)
- k.u.k. Österr. Bronzene Militärverdienstmedaille am Bande des Militärverdienstkreuzes mit Schwertern
- k.u.k. Österr. Silberne Militärverdienstmedaille am Bande des Militärverdienstkreuzes mit Schwertern („Signum Laudis“ dreimal verliehen 1916, 1917 und 1918)
- Österreicherischer kaiserlicher Orden der Eisernen Krone, III. Klasse mit der Kriegsdekoration und den Schwertern, August 1918
- Goldenes Verdienstzeichen der Republik Österreich
- Militärdienstzeichen, II. Klasse für Offiziere der Republik Österreich
- Österr. Weltkriegserinnerungsmedaille mit Schwertern
- Ungarische Weltkriegs-Erinnerungsmedaille mit Schwertern
- Wehrmacht-Dienstauszeichnung, IV. bis I. Klasse
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer
- Eisernes Kreuz (1939) 2. und 1. Klasse
- 2. Klasse am 25. September 1939
- 1. Klasse am 20. Mai 1940
- Krimschild
- Medaille „Winterschlacht im Osten 1941/42“ am 1. September 1942
- Anerkennungsurkunde des Oberbefehlshabers des Heeres (336. Verleihung) am 22. September 1941 als Generalmajor und Artillerie-Kommandeur 7 (Arko 7)
- Königlich Rumänischer Orden der Krone (Ordinul „Coroana României”), Kommandeurkreuz mit Schwertern am Bande für „Militärische Tugend" (Tapferkeitsband)
- dreimalige namentliche Nennung im Wehrmachtbericht am 24. Oktober 1943, 3. April 1944 und 3. Juli 1944
- Deutsches Kreuz in Gold am 21. März 1943 General der Artillerie und Kommandierender General des XXXIX. Panzerkorps
- Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub
- Ritterkreuz am 26. Dezember 1941[4] als Generalmajor und Führer der 267. Infanterie-Division/VII.Armee-Korps/4. Armee/Heeresgruppe Mitte
- Eichenlaub am 10. Februar 1944 (388. Verleihung)[5] als General der Artillerie und Kommandierender General des XXXIX. Panzerkorps/4. Armee/Heeresgruppe Mitte
- Überreichung des Eichenlaub durch Adolf Hitler auf dem Berghof
- Am 28. Juni 1963 erhält die Artillerie-Kaserne des österreichischen Bundesheeres in Baden bei Wien seinen Namen
Literatur
- Erich Dethleffsen: Robert Martinek – General der Artillerie, Lebensbild eines Soldaten, 1975