Seyß-Inquart, Arthur

Arthur Seyß-Inquart ( 22. Juli 1892 in Stannern;
16. Oktober 1946 in Nürnberg, ermordet) war ein deutscher Jurist aus Österreich. Im Deutschen Reich hatte er von 1938 bis 1945 hohe Stellungen inne, unter anderem war er 1938/39 Leiter der österreichischen Landesregierung mit dem Titel Reichsstatthalter.
Nach der bedingungslosen Kapitulation am Ende des 1939 von England entfesselten europäischen Krieges, der durch den Eintritt der VSA zum Weltkrieg wurde und an dessen Entstehung das organisierte Weltjudentum beteiligt war (→ Jüdische Kriegserklärungen an Deutschland), töteten die Kriegssieger weitere Millionen Deutsche (→ „Höllensturm – Die Vernichtung Deutschlands, 1944–1947“). Eine Zielgruppe bildeten politische Führungspersonen, die überlebt hatten.
Die Feindmächte kleideten ihr Vorgehen teilweise in Formen des Rechts. So wurde Arthur Seyß-Inquart 1946 einer von 24 Angeklagten in einem illegalen Schauprozeß in Nürnberg.[1] Am 1. Oktober 1946 ließen sie von ihren in Roben gekleideten Helfern gegen ihn einen Todesspruch fällen, der in der Nacht vom 15. auf den 16. Oktober 1946 im Wege eines Justizmordes durch Strangulierung ausgeführt wurde.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Arthur Seyß-Inquart kam als Sohn des Pädagogen Emíl Seyß-Inquart ( 29. November 1841 Jaroslau, Lehrer am k. k. Staats-Gymnasium in Villach, 1882–88 Professor am Gymnasium in Iglau, danach Direktor des k.k. Deutschen Staats-Gymnasiums in Olmütz;
17. Oktober 1920 Wien) und dessen Frau Auguste, geb. Hyrenbach, in Südmähren als jüngstes von sechs Geschwistern zur Welt. 1907 übersiedelte die Familie nach Wien. 1911 lernte Seyß-Inquart Gertrud Maschka kennen, die er im Dezember 1916 heiratete. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Ingeborg Caroline Auguste (
1917), Richard (
1921) und Dorothea (
1928).
Während des Ersten Weltkrieges diente er in der kaiserlichen und königlichen Armee und erreichte dort den Rang eines Oberleutnants der Reserve. Er promovierte 1917 während eines Fronturlaubes in Wien zum Dr. jur. und war nach dem Krieg zunächst als Rechtsanwalt tätig.
Seit 1931 engagierte er sich in österreichischen Organisationen, die der NSDAP nahestanden. 1938 trat er der NSDAP bei. Auf Betreiben Adolf Hitlers wurde er Anfang 1938 Österreichischer Innenminister. Darüber hinaus war er vom 11. bis 13. März 1938 österreichischer Bundeskanzler bis zum Beitritt Österreichs an das Deutsche Reich. Seine Unterschrift gab dem Anschlußgesetz Rechtskraft; da damit der Versailler Kunststaat Österreich zu bestehen aufhörte, endete mit dieser Unterschrift auch seine Funktion als „Staatsoberhaupt“.
Am 15. März 1938 wurde Bundeskanzler Dr. Seyß-Inquart von Adolf Hitler zum Reichsstatthalter in Österreich ernannt; er übertrug ihm in diesem Zusammenhang die Führung der zur „Österreichischen Landesregierung“ umgewandelten Bundesregierung. Diese Funktion hatte Seyß-Inquart bis zum 30. April 1939 inne. Im Jahre 1939 wurde er Stellvertreter des Generalgouverneurs Hans Frank in den vorübergehend besetzten polnischen Gebieten. Am 29. Mai 1940 wurde er Reichskommissar für die vorübergehend besetzten Niederlande. Adolf Hitler ernannte Seyß-Inquart in seinem Testament zum deutschen Außenminister.
Schauprozeß und Tod
Am 1. Oktober 1946 wurde Arthur Seyß-Inquart durch einen Spruch alliierter Beauftragter, die als Richter auftraten, der Liquidierung überantwortet. Er war während des IMT-Verfahrens von Dr. Steinbauer verteidigt worden. Mit neun weiteren Verurteilten wurde er am 16. Oktober durch Erhängen in Nürnberg umgebracht. Seine Asche wurde von den VS-amerikanischen Besatzern in den Wenzbach gestreut.
Schlußwort
Arthur Seyß-Inquart vor dem Nürnberger Tribunal, Auszug aus dem Schlußwort Seyß-Inquarts. Die Stellungnahme in Auszügen:[2]
- „[...] Zur Frage Österreich habe ich wenig zu sagen. Den Anschluß, losgelöst von den späteren Ereignissen, sehe ich als eine ausschließlich innerdeutsche Angelegenheit an. Für jeden Österreicher war der Anschluß Selbstzweck und niemals im entferntesten ein Vorbereitungsschritt zu einem Angriffskrieg. Dafür war die Anschlußidee ein viel zu wichtiges, nämlich das vornehmste Ziel des deutschen Volkes. ‚Ich erstatte vor dem deutschen Volke die größte Vollzugsmeldung meines Lebens.‘ Ich habe diesen Worten des Führers am 15. März 1938 in der Hofburg zu Wien geglaubt. Sie waren auch richtig. [...] Ich war für den Zusammenschluß aller Deutschen, gleichgültig welche Regierungsform Deutschland hatte. [...] Solange der Donauraum in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie geordnet war, entwickelte er sich zum Wohl aller, und das deutsche Element entfaltete keine imperiale, sondern eine kulturell und wirtschaftlich fördernde und ausgleichende Tätigkeit. [...] Der Forderung nach bedingungsloser Kapitulation konnte ich nur ein bedingungsloses Nein und meinen bedingungslosen Einsatz entgegenhalten. Ich glaube an Rathenaus Worte: Mutvolle Völker lassen sich brechen, aber nicht beugen! [...] Ich erklärte bereits, daß ich gegen die Evakuierung der Juden ernste menschliche und rechtliche Bedenken hatte. Heute muß ich mir sagen, daß es für die Evakuierungen größeren Ausmaßes und auf die Dauer doch grundsätzlich eine Berechtigung zu geben scheint, denn solche treffen heute mehr als zehn Millionen Deutsche, die in ihren bisherigen Wohnsitzen viele Jahrhunderte lang gesiedelt haben. [...] Wenn die Deutschen Österreichs den Wunsch haben, ihre Schicksalsgemeinschaft mit den Deutschen im Reich nach innen und außen Wirklichkeit werden zu lassen, dann dürfen diesem Wunsch nicht autoritäre Hemmungen entgegengesetzt oder einer Einmischung außerdeutscher Kräfte in dieser Entscheidung ein Platz eingeräumt werden. [...] Nun bin ich wohl auch noch eine Erklärung über meine Stellung zu Adolf Hitler schuldig. Erwies er sich als unzulänglich, da er das Maß aller Dinge nur in sich selbst sah, eine entscheidende Aufgabe für das deutsche Volk, ja für Europa zu erfüllen, oder hat er sich noch einmal, aber vergeblich und bis zu unfaßbaren Exzessen gegen den Ablauf eines unerbittlichen Schicksals gewehrt? Für mich bleibt er der Mann, der Großdeutschland als eine Tatsache in die deutsche Geschichte gestellt hat. Diesem Manne habe ich gedient. Was dann kam? Ich vermag nicht heute ‚Kreuziget ihn!‘ zu rufen, da ich gestern »Hosianna« gerufen habe. [...]
- Mein letztes Wort ist der Grundsatz, nach dem ich immer gehandelt habe und an den ich bis zum letzten Atemzug festhalten werde: Ich glaube an Deutschland!“
Die letzten Worte dieses aufrechten deutschen Ostmärkers vor seiner Ermordung waren:
- „Ich hoffe, daß diese Hinrichtung der letzte Akt der Tragödie des Zweiten Weltkrieges und eine Lehre sein wird, so daß Frieden und Verständnis zwischen den Völkern herrschen werden ...“
- „Ich glaube an Deutschland!“
Schriften (Auswahl)
PDF Idee und Gestalt des Reiches
- Vier Jahre in den Niederlanden. Gesammelte Reden, Volk und Reich, Amsterdam 1944
Auszeichnungen (Auszug)

- k. u. k. Verwundetenmedaille
- Verwundetenabzeichen (1918) in Schwarz (läßt sich nicht einwandfrei belegen)
- Ehrenkreuz des Weltkrieges
- Goldenes Parteiabzeichen der NSDAP
- Ehrenwinkel der Alten Kämpfer
- Medaille zur Erinnerung an den 13. März 1938
- Danziger Kreuz, II. Klasse
- Kriegsverdienstkreuz (1939), II. und I. Klasse
- I. Klasse am 21. September 1940
- Ring der Wiener Philharmoniker, 1942
- Deutsches Reichssportabzeichen DRL für Versehrte am 30. November 1942 als SS-Obergruppenführer und Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete
- überreicht von Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten
- Medaille „Winterschlacht im Osten 1941/42“
- Ehrendegen „Reichsführer-SS“
- Totenkopfring der SS
Siehe auch
- Nicht schuldig in Nürnberg: Arthur Seyß-Inquart
- Schlußwort im Nürnberger Prozeß: Arthur Seyß-Inquart
Literatur
- Hendricus Johannes Neuman: Arthur Seyß-Inquart, Graz 1970
- Wolfgang Rosar: Deutsche Gemeinschaft. Seyß-Inquart und der Anschluß, Europa-Verlag, Wien 1971, ISBN 3-203-50384-0
- Das Urteil von Nürnberg. dtv-Dokumente Nr. 8. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1961
Verweise
Fußnoten
Karl Renner (1918–1920) • Michael Mayr (1920–1921) • Johann Schober (1921–1922) • Walter Breisky (1922) • Johann Schober (1922) • Ignaz Seipel (1922–1924) • Rudolf Ramek (1924–1926) • Ignaz Seipel (1926–1929) • Ernst Streeruwitz (1929) • Johann Schober (1929–1930) • Carl Vaugoin (1930–1931) • Otto Ender (1930–1931) • Karl Buresch (1931–1932) • Engelbert Dollfuß (1932–1934) • Kurt Schuschnigg (1934–1938) • Arthur Seyß-Inquart (1938) • Karl Renner (1945) • Leopold Figl (1945–1953) • Julius Raab (1953–1961) • Alfons Gorbach (1961–1964) • Josef Klaus (1964–1970) • Bruno Kreisky (1970–1983) • Fred Sinowatz (1983–1986) • Franz Vranitzky (1986–1997) • Viktor Klima (1997–2000) • Wolfgang Schüssel (2003–2007) • Alfred Gusenbauer (2007–2008) • Werner Faymann (2008–2016) • Christian Kern (2016–2017) • Sebastian Kurz (2017–2019) • Hartwig Löger (2019) • Brigitte Bierlein (2019–2020) • Sebastian Kurz (seit 2020)
- Geboren 1892
- Gestorben 1946
- Deutscher Verwaltungsjurist
- Deutscher Politiker
- Deutscher Rechtsanwalt
- NSDAP-Mitglied
- Rechtsanwalt (Deutsches Reich)
- Deutscher SS-Obergruppenführer
- Reichsminister (Deutsches Reich 1933-1945)
- Reichstagsabgeordneter (Deutsches Reich 1933–1945)
- Person im Ersten Weltkrieg (Österreich-Ungarn)
- Träger des Goldenen Parteiabzeichens der NSDAP
- Träger des SS-Ehrendegens
- Träger des Danziger Kreuzes