Yorck von Wartenburg, Ludwig
Johann „Hans“ David Ludwig von Yorck, ab 1814 Graf Yorck von Wartenburg ( 26. September 1759 in Potsdam; 4. Oktober 1830 auf Gut Klein-Öls, Landkreis Ohlau, Niederschlesien) war ein deutscher Offizier der Preußischen Armee, zuletzt Generalfeldmarschall. Er zeichnete sich während der Koalitionskriege und insbesondere als General der Infanterie während der Befreiungskriege aus.
Er war ebenfalls Hauptmann der Niederlande und des Königreichs Frankreich sowie Generalleutnant des ersten französischen Kaiserreiches.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Kurzchronologie
- Eintritt ins preußische Regiment „von Luck“, 1772
- Leutnant, 1777
- Teilnahme am Feldzug 1778
- 1779 wegen Insubordination entlassen
- Einjähriger Festungsstrafe in Königsberg
- Eintritt in holländische Dienste als Kapitän, 1781
- Kompaniechef beim Schweizerregiment „Meuron“ in Ostindien, 1783–84
- Eintritt als Kapitän in das neuerrichtete preußische Füsilier-Bataillon „Plüskow“, 1787
- Major, 1792
- Teilnahme am Feldzug in Polen, 1794
- Kommandeur eines Füsilier-Bataillons in Johannisburg, 1797
- Kommandeur eines Fußjäger-Regiments, 1799
- Oberstleutnant, 1800
- Oberst, 1803
- Brigadekommandeur, 1805
- Generalmajor, 1807
- Generalleutnant, 1812
- General der Infanterie, 1814 (nach anderen Quellen schon Ende 1813)
- Generalfeldmarschall, 1821
Aufstieg
Mit 13 Jahren war Johann „Hans“ David Ludwig von Yorck bereits selbst Gefreiten-Korporal (Junker) in einem Infanterieregiment. 1777 wurde er Secondeleutnant (Leutnant). Während eines Feldzuges 1778/79 (noch in der Regierungszeit Friedrich des Großen) erhob Yorck schwere Verdächtigungen (der Bereicherung) gegen einen vorgesetzten Hauptmann, die mit einem Jahr Festungshaft gegen ihn selbst (wegen Insubordination) geahndet wurden. Nach der Haftentlassung fand er keine Wiedereinstellung in die preußischen Armee.
- 1783/84 nahm er an einem Ostindien-Feldzug teil.
- 1786 wurde eine weitere Bewerbung für den preußischen Armeedienst abgelehnt, aber 1787, nach dem Tod Friedrich der Große, wurde Yorck dann doch wieder als Kapitän eingestellt.
- 1792 wurde er zum Major und 1794 nach einem Polenfeldzug zum Bataillonskommandeur ernannt, 1799 dann zum Kommandeur des Feldjägerregimentes (Preußische Jäger).
- 1800 Beförderung zum Oberstleutnant.
- 1803 machte man ihn zum Oberst, nachdem er sich große Verdienste um die Modernisierung des Schützendienstes für die zeitgenössische Kriegführung erworben hatte.
- 1806 im Krieg gegen Napoleon Bonaparte war er Anführer der Vorhut des Herzogs von Weimar und mußte sich dann mit der eintreffenden Kunde von der Katastrophe der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt durch den Harz zurückziehen, um sich mit dem Korps Blüchers zu vereinigen. In der Deckung des Abzuges Blüchers nach Norden über die Elbe gelang Yorck dann 1806 das erfolgreiche Gefecht von Altenzaun (26. Oktober) gegen die Franzosen. In der Folgezeit deckte er die Nachhut Blüchers, u. a. in Gefechten bei Waren und Silz-Nossentin am 1. November 1806. In Lübeck wurde er dann jedoch in Straßenkämpfe verwickelt, verwundet und gefangen gesetzt.
- 1807 erst nach der Schlacht bei Friedland wieder in Freiheit, wurde Yorck in Königsberg zum Generalmajor ernannt und erhielt bei der Neuorganisation des preußischen Heeres die westpreußische Brigade,
- 1810 Yorck erhielt die Generalinspektion über sämtliche leichte Truppen, deren Ausbildung für den Felddienst er mit Erfolg leitete.
- 1811 wurde er Generalgouverneur von Ost- und Westpreußen mit weitreichenden Vollmachten.
- 8. August 1812 Übernahme des preußischen Hilfscorps beim Rußlandfeldzug Napoleons unter Julius von Grawert, als dieser erkrankte
Yorck – Rebellion eines preußischen Generals
Am 30. Dezember 1812 schreiben sechs Offiziere Weltgeschichte. Ort des Geschehens ist eine Wassermühle in der Nähe des ostpreußischen Städtchens Tauroggen. Ihr gemeinsamer Entschluß läutet den europaweiten Befreiungskrieg gegen Napoleon ein.
Schwer geschlagen zogen sich im Dezember 1812 die Trümmer von Napoleons „Grande Armée“ aus dem Russischen Kaiserreich zurück. Dieser Katastrophe des Rußlandfeldzuges entgingen nur zwei Formationen:
- 30.000 Mann deutsch-österreichische Alliierte in Galizien sowie das
- X. Armeekorps unter dem französischen Marschall Etienne Macdonald, das im Norden Litauen besetzt hielt.
Zu Macdonalds Korps gehörte neben Franzosen und Polen auch viele Deutsche, darunter Bayern, Westfalen und die knapp 20.000 Mann zählende 27. preußische Division.
Unter ihrem Kommandeur, dem 53jährigen Generalleutnant Hans David von Yorck, marschierten die Preußen Ende Juni 1812 auf Riga zu. Da Litauen und Lettland von russischen Truppen nahezu entblößt waren, kam es zu keinen nennenswerten Gefechten; vielmehr bezogen die Preußen „eine müßige Stellung“, wie Augenzeugen berichten.
Die Zwangsallianz mit Frankreich wurde in Preußen von vielen mißbilligt. General Yorck von Wartenburg hingegen, der „Verschlingungen der Politik“ haßte, war ein überzeugter Konservativer und stand den Militärreformern um Gerhard von Scharnhorst und August Neidhardt von Gneisenau skeptisch gegenüber.
Das war wohl der Grund, warum König Friedrich Wilhelm III. ihm das Oberkommando über die Invasionstruppe anvertraute und nicht dem Reformer und Franzosenfeind Gerhard von Scharnhorst.
Allerdings übersah der Monarch ein wichtiges Detail in Yorck von Wartenburgs Biographie. Er wurde als junger Leutnant 1779 aus der preußischen Armee gestoßen, weil er den Befehl eines Vorgesetzten verweigerte, der ihm unrechtmäßig schien.
Nach holländischem Kolonialdienst nahm man ihn 1786 wieder in die Reihen der Preußen auf. Yorck von Wartenburg gehörte also keineswegs zu den bequemen Ja-Sagern. Als Napoleons totale Niederlage in dessen Rußlandfeldzug nicht mehr zu übersehen war, befahl Marschall Macdonald ab 20. Dezember 1812 den Rückzug seines Korps hinter den Memel-Fluß. Hier konnte er die Flanken des russischen Vormarsches bedrohen. Um dieser Gefahr zu begegnen, hatten Generale des Zaren mehrfach versucht, mit Yorck von Wartenburg in Kontakt zu treten.
Der Preuße berief sich dabei stets auf seine klaren Befehle aus Berlin, mit den Franzosen unbedingt zu kooperieren. Doch Ende Dezember kam auch Yorck von Wartenburg ins Schwanken. Der erst 27jährige russische Generalmajor Hans Karl von Diebitsch-Sabalkanski vereinbarte ein Treffen mit Yorck von Wartenburg. Es fand am 30. Dezember 1812 in der Wassermühle des Dorfes Poscherun bei Tauroggen im Niemandsland statt. Hier verhandelten nominell Russen mit Preußen. Tatsächlich waren alle sechs Beteiligten preußischstämmige Deutsche.
Dem Potsdamer Yorck saß der Schlesier Diebitsch gegenüber, der seit 1801 in der Kaiserlich Russischen Armee diente, wo sein Vater Karriere gemacht hatte. Seine Begleiter waren Oberstleutnant Carl von Clausewitz, ein Brandenburger und später weltberühmter Militärphilosoph, sowie der ostpreußische Major Friedrich Graf zu Dohna-Schlobitten.
Clausewitz und Dohna waren Anfang 1812 aus Protest gegen die Allianz mit Frankreich in die Russisch-Deutsche Legion eingetreten. Yorck von Wartenburgs Begleitung bildeten sein Stabschef Friedrich von Röder und Major Anton von Seydlitz.
Die Verhandlungen zielten darauf ab, daß Yorck von Wartenburg seine Division zurückzog und für neutral erklärte. Das verstieß eindeutig gegen seine Befehle. Es ging für den General um die entscheidende Frage, ob er aus Gewissensgründen ein Bündnis seines Landes brechen dürfe. Von Yorck, von dem ein Militärkamerad urteilte, er sei „ein großes Talent, aber ein schroffer, schwer zu behandelnder Charakter“, hat wohl sehr mit sich gerungen, ehe er den entscheidenden Satz aussprach: „Ihr habt mich!“
Die sechs Offiziere einigten sich auf eine Konvention von sieben Artikeln, die auf Deutsch niedergeschrieben wurde. Demnach verpflichteten die Preußen sich zur zweimonatigen Neutralität, falls keine anders lautender Befehl aus Berlin eintraf. Den empörten französischen Marschall MacDonald unterrichtete Yorck von Wartenburg mit den Worten:
- „Indem ich Ihnen, gnädiger Herr, dies erkläre, entledige ich mich aller Verpflichtungen Ihnen gegenüber."
Trotz dieses munteren Tones war Yorck klar, daß ihn seine Eigenmächtigkeit das Leben kosten konnte.
Noch am Abend des 30. Dezember schrieb er an König Friedrich Wilhelm III.:
- „Euer Majestät lege ich willig meinen Kopf zu Füßen, wenn ich gefehlt haben sollte; ich würde mit der freudigen Beruhigung sterben, wenigstens als treuer Untertan und wahrer Preuße gefehlt zu haben.“
Der König reagierte zwar mit den Worten „Da möchte einen ja der Schlag rühren!“, als er von Yorcks Tat hörte, ließ ihn dann aber wissen, er möge gemäß den Umständen handeln.
Am 17. März 1813 ritt von Yorck an der Spitze seines Korps, unbeweglich starr nach vorn blickend und ohne vom frenetischen Jubel der Bevölkerung Kenntnis zu nehmen, in Berlin ein.
Freiheitskrieg gegen Napoleon
Im dann beginnenden Freiheitskrieg gegen Frankreich kämpfte von Yorck im Verbund zu Sayn-Wittgenstein in den Schlachten von Großgörschen und Bautzen. Der Schlesischen Armee unter von Blücher zugeteilt, entschied er die Schlacht an der Katzbach und erkämpfte am 3. Oktober 1813 gegen Bertrand in der Schlacht bei Wartenburg den strategisch entscheidenden Elbübergang von Blüchers. Ebenso blieb Yorck siegreich bei Möckern in der anschließenden Völkerschlacht bei Leipzig. Nach der Schlacht drängte er die Franzosen am 20. Oktober über die Unstrut. Am 1. Januar 1814 ging Yorck als General der Infanterie bei Kaub über den Rhein und konnte am 11. Februar ein russisches Korps bei Montmirail vor dem Untergang retten. Bei Laon führte am 9. März sein Angriff zum Sieg. Seine letzte Schlacht war die um Paris am 30. März. Am 31. März erhielt er das Großkreuz des Eisernen Kreuzes. Auf Einladung des preußischen Königs reiste er mit ihm nun nach England, das Yorck'sche I. preußische Armee-Korps übernahm Generalmajor Otto von Pirch.
Abschied
Am 3. Juni 1814 (nach anderen Quellen im März 1814) wurde Yorck in den Grafenstand erhoben und vom König von Preußen als Yorck von Wartenburg zum Oberbefehlshaber von Schlesien und somit der Schlesischen Armee ernannt. Nach der Flucht Napoleons von Elba 1815 und dem Beschluß zum Krieg durch die Siebte Koalition erhielt Graf Yorck das Kommando über das V. Korps, das sich als Reserve an der Elbe sammeln sollte. Da Graf Yorck dies als Zurücksetzung ansah, bat er um seinen Abschied, der ihm erst nach dem Zweiten Frieden von Paris und nach mehrmaliger Wiederholung 1815 gewährt wurde. Am 5. Mai 1821 wurde er zum Generalfeldmarschall ernannt.
Tod
Am 10. April 1830 starb Generalfeldmarschall Johann „Hans“ David Ludwig Graf Yorck von Wartenburg auf seinem vom König verliehenen Gut Klein-Öls bei Breslau.
Charakter
Yorck wird als strenger und unzugänglicher Charakter geschildert, der seine Ziele mit großer Hartnäckigkeit verfolgte. Bei der Mannschaft war er wegen seines Bemühens um das Wohl der Truppe beliebt. Zeitgenossen nannten ihn „einen Mann aus gehacktem Eisen“ oder den „alten Isegrimm“. Er galt als überaus eigenwilliger Truppenführer und schwieriger Befehlsempfänger. Schon als Sekondelieutenant (Unterleutnant) hatte er sich während des Bayerischen Erbfolgekrieges (1778/79) durch „Insubordination“ (Kritik an den Requirierungsmethoden eines Vorgesetzten) ein Jahr Festungshaft eingehandelt.
Familie
Major Graf Yorck von Wartenburg heiratete am 6. Juli 1792 in Namslau seine Verlobte Johanna Henriette Seidel (1768–1827) aus Namslau, aus der Ehe sind drei Kinder entsprossen.
Bildergalerie
Zusammenkunft zwischen Yorck und dem deutschstämmigen russischen General Diebitsch am 25. Dezember 1812
General Yorck in Königsberg
am 5. Februar 1813General Yorck bei Wartenburg
am 3. Oktober 1813
Zitat
- „In einer kalten Dezembernacht, kurz vor Ausklang des Jahres 1812, als die von Napoleon zwangsverpflichteten deutschen Truppenverbände in den Schneewüsten Rußlands erfroren und verbluteten, faßte ein preußischer General den einsamen Entschluß, seinem König den Gehorsam zu verweigern, das aufgezwungene Bündnis mit dem Eroberer aus dem Westen zu brechen und sich mit dem russischen General Diebitsch zu einigen. Yorck von Wartenburg wurde der Rebell von Tauroggen. Damit war das Fanal zur Erhebung Preußens und der anschließenden Befreiungskriege von 1813/14 gegen die französischen Zwingherren gegeben. Die deutsche Jugend stand auf, angefeuert durch das Beispiel unserer edelsten Patrioten, die schon lange danach fieberten, das Joch der Fremdherrschaft abzuschütteln. Erinnert sei u. a. an die Reden Johann Gottlieb Fichtes an die Deutsche Nation, an die flammenden Schriften von Moritz Arndt und an die begeisternden Lieder Theodor Körners.“ — Hans Henning Festge
Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)
- Pour le Mérite, 1807 (Halsorden)
- Hoher Stern des Schwarzen Adler-Ordens am 31. August 1813
- Roter Adlerorden, I. Klasse (Halsorden)
- Eisernes Kreuz (1813), II. und I. Klasse
- Kommandeurskreuz des Militär-Maria-Theresien-Ordens (Halsorden)
- Komturkreuz des Russischen Ordens des Heiligen Georgs (Halsorden) mit goldenem Bruststern zur II. Klasse
- Alexander-Newski-Orden
- Kriegsdenkmünze für die Befreiungskriege (Preußen), 1814
- Großkreuz des Eisernen Kreuzes am 31. März 1814 als Königlich Preußischer General der Infanterie (Halsorden)
- Grafenstand am 3.6.1814
- Generalfeldmarschallstab am 5.5.1825
Ehrungen
Nach Ludwig Yorck von Wartenburg benannt sind unter anderem
- die SMS „Yorck“, ein Panzerkreuzer der deutschen Kaiserlichen Marine
- der Yorcksche Marsch und
- die Yorckstraße in Berlin, in seiner Geburtsstadt Potsdam und weiteren Städten
- die Graf-Yorck-Kaserne (Flugabwehr-RaketenGruppe 21) in Prangendorf.
- die Yorck-Kaserne in Stadtoldendorf im Weserbergland (u. a. Panzer-Artillerie-Bataillon 15)
- die Werkgruppe „York“ der Festungsfront Oder-Warthe-Bogen
weitere Ehrungen:
- Ehrendoktor der Humboldt-Universität zu Berlin
- Yorck-Denkmal (Berlin)
- Yorck-Denkmal (Königsberg)
- Yorck-Denkmal (Wartenburg), Sachsen-Anhalt
Verfilmungen
- Yorck (Film), Film von Gustav Ucicky aus dem Jahr 1931
Literatur
- Johann Gustav Droysen: Das Leben des Feldmarschalls Grafen Yorck von Wartenburg
- Charakterköpfe aus dem deutschen Befreiungskriege: Hans David Ludwig von Yorck, Graf von Wartenburg, 1863 (PDF-Datei)
- Jürgen Uhde: Ludwig Yorck von Wartenburg, in: Willy Andreas / Wilhelm von Scholz (Hg.): Die Großen Deutschen. Neue Deutsche Biographie. Propyläen Verlag, Berlin, 4 Bde. 1935–1937, 1 Ergänzungsbd. 1943; Zweiter Band, S. 564–580
- Gerhard von Pelet-Narbonne (Hrsg.): „Erzieher des Preussischen Heeres“, 1905-1907 Band 4: Yorck (PDF-Datei)
- Geboren 1759
- Gestorben 1830
- Deutscher Generalfeldmarschall
- Generalfeldmarschall (Preußen)
- Träger des Schwarzen Adlerordens
- Träger des Pour le Mérite (Militärorden)
- Träger des Roten Adlerordens 1. Klasse
- Träger des Großkreuzes des Eisernen Kreuzes
- Person (Potsdam)
- Graf
- Feldherr der Befreiungshalle
- Ehrendoktor der Humboldt-Universität zu Berlin
- Person in den Koalitionskriegen (Preußen)