Heidentum

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Pfeil 1 start metapedia.png Für die dem Heidentum zugerechnete Person siehe Heide, weitere Bedeutungen sind unter Heiden (Auswahlseite) aufgeführt.
Gemälde mit einer Waldszene[1]

Der Ausdruck Heidentum – auch Paganismus genannt – wird in verschiedenen kultur- und religionsgeschichtlichen Zusammenhängen verwendet. Ursprünglich wurde er, in der Regel abwertend, für Menschen verwendet, die einem polytheistischen oder einem anderen monotheistischen Glauben angehören.

Eigenbezeichnung und Fremdbezeichnung

Heute wird er als Fremdbezeichnung gleichfalls verwendet; gebräuchlicher ist allerdings die Abgrenzung von historischem Heidentum und modernem Neuheidentum. In Selbstbezeichnung sind moderne Heiden bzw. Neuheiden erklärte Nicht-Monotheisten, insbesondere Anhänger des Polytheismus oder Anhänger von indigenen Religionen (Naturreligionen).

Der neuheidnische Autor Isaac Bonewits unterscheidet „Paläopaganismus“ (Paleopaganism) als Bezeichnung für das historische, vorchristliche Heidentum, „Mesopaganismus“ (Mesopaganism) für überlebende indigene Religionen, die teilweise Synkretismen aus monotheistischen Religionen aufnahmen (wie Voodoo oder Sibirischer Schamanismus), und „Neopaganismus“ (Neopaganism) für die im Kontext von Romantik und New Age entstandende Neuheidnische Bewegung.

Arten des Heidentums

Germanisches Heidentum

Wodan heilt Balders Pferd; Gemälde der Germanischen Mythologie von Emil Doepler, 1905

Das alte germanische Heidentum war kein theologisch fixiertes Glaubenssystem, das auf einen Religionsstifter zurückgeht, sondern eine aus der menschlichen Gemeinschaft entstandene religiöse Sammlung von Lehrsprüchen, Liedern und Mythen zur Theogonie. Die Auffassung der Forschung, daß sich die religiösen und brauchtumsmäßigen Anschauungen aus den ererbten Grundzügen der indogermanischen Frühzeit ergaben und in lokalen Sonderentwicklungen fortgesetzt haben, ist heute allgemein verbreitet. Ebenso die Auffassung, daß diese Sonderentwicklungen in den jeweiligen Ländern zu eigenständigen kulturellen Ausprägungen führten.

Kulturelle und wirtschaftliche Beeinflussungen hat es durch Kontakte zwischen Germanen, Kelten und Finnen schon vor der Zeit der beginnenden Auseinandersetzungen mit Rom gegeben.

Thor und Freyr entwickelten sich selbständig bei Norwegern und Schweden aus urgermanischen Göttergestalten, aus Donar und Tiuz. Wodan aber wanderte als Fremdling aus Deutschland in den Norden, worauf die Überlieferung selber hinweist. Wodan wird zu Odin – das „W“ fällt aufgrund der alliterierenden Stabreimtradition weg. Das südgermanische „Nerthus“ (= sprachlich Neutrum, bei Tacitus als „Terra Mater“ = Mutter Erde) umschrieben, wird in Skandinavien zum männlichen „Njörd“. Aus diesen Überlieferungen mündlicher Tradition entstanden durch schriftliche Fixierung in Island im Hochmittelalter die Sagas und die Sammlung der Lieder-Edda (von einem unbekannten Kompilator) sowie die Prosa-Edda.

Die Eddalieder stellen neben den Aufzeichnungen der antiken Historiker heute im wesentlichen die Quellen dar, die über das germanische Heidentum berichten. Indirekt spielen hier allerdings auch christliche Quellen eine Rolle, wie die kirchlichen Indiculen (Verbots- und Bußschriften wie etwa das „superstitionum et. paganiarum“), Rechtsfragmente wie z. B. die Lex Salica, das Wessobrunner Gebet oder etwa der christliche Heliand, der unverkennbar heidnische Züge enthält. Auch finden sich kurze Versfragmente (Merseburger Zaubersprüche, Sächsisches Taufgelöbnis und archäologische Funde wie etwa die Runenfibel [spange] von Nordendorf) und weitere Votivgaben, bei denen allerdings oft nur einzelne Götternamen in kurzen Zusammenhängen genannt werden. Die Arbeiten von Jacob Grimm zur deutschen Mythologie weisen nach, daß es sich bei Märchengestalten wie Gnomen, Feen und Klabautermännern oftmals um versimpelte, verkürzte, verharmloste oder abgewertete Göttinnen und Götter der polytheistischen Glaubenswelt des vorchristlichen Europas handelt.

Keltisches Heidentum

Über den alten keltischen Glauben sind nur wenige Fragmente in antiken Schriften von Tacitus, Strabo und Plutarch vorhanden, die zu Beginn der Zeitrechnung oder kurz danach aufgeschrieben wurden. Danach sind Druiden Bestandteil und Ritualleiter der Priesterkaste. In der mündlichen Überlieferung spiegeln sich Mythen hauptsächlich in alten christlichen Schriften in Deutschland, Irland und Wales wider. In Deutschland sind als Götter der Kelten hauptsächlich Herecuna, Cissionios und Rosmerta aus Inschriften bekannt. Im Zuge des Neopaganismus lebte die keltische Religion seit etwa 1960 wieder auf (siehe Wicca), und es werden neben den historischen Gottheiten auch jene walisischer oder iroschottischer Abstammung (wie etwa Lug) verehrt. Die heutigen religiösen Gemeinschaften sind meist in Form einer heidnischen Ordensgemeinschaft organisiert.

Wiederaufnahme heidnischer Traditionen

Völkisches Neuheidentum

Zur Selbst- und Fremdbezeichnung wurde der Begriff im 19. Jahrhundert, am Beginn und nochmals am Ende des 20. Jahrhunderts, als im Zuge einer allgemeinen Neubewertung der Natur das „Heidentum“ als Orientierungsmetapher entdeckt wurde. Brauchtumspflege rückte stärker in den Vordergrund. Das Heidentum jener Zeit nahm verschiedene okkulte Strömungen auf, wie die Theosophie, oder bildete sie neu, wie die daraus entstandene Ariosophie.

Germanisches Neuheidentum

Die neuheidnische Bezeichnung Asatru, das „den Asen treu“ oder „auf die Götter vertrauend“ bedeutet, wurde erst im 20. Jahrhundert als eigenständige Religionsauffassung durch Sveinbjörn Beinteinsson (1924–1993) neu geprägt und versteht sich als Nachfolgerin des germanischen Heidentums. Er begründete 1972 die Asatrufelagid, die in Island 1973 offiziell anerkannte heidnische Religionsgemeinschaft:

„Hier in Island ist das Heidentum eine ganz normale Sache. Ich habe mehr Angst zuzugeben, daß ich rauche, als daß ich Heide bin.“

Seit Sveinbjörn hat sich der Begriff Asatru in zahlreichen Vereinsgründungen als neuheidnische Bezeichnung in (Nordwest-)Europa und in den VSA eingeprägt und wird im allgemeinen als die naturreligiöse Anschauung mit germanischem Hintergrund verstanden. Die Rekonstruktion des alten Polytheismus kann aus verschiedenen Gründen keine exakte sein, sondern versteht sich als eine an wissenschaftlichen Quellen orientierte spirituelle Rückbindung (im vorchristlichen Sinne religio[2] von relegere = wiederauflesen/-sammeln). Die Götter, die Naturgeister des Landes und die nahen wie entfernten Ahnen werden kultisch in Anrufungen nach dem „do-ut-des“-Prinzip geehrt. Betrachtet man die Götter oder auch den Begriff des Schicksals als numinose Wirkungen, stellt sich Asatru mehr als Naturphilosophie denn als Glauben im theistischen Sinne dar.

Gedicht

Nicht in kalten Marmorsteinen,
nicht in Tempeln, dumpf und tot:
In den frischen Eichenhainen
webt und rauscht der deutsche Gott.Ludwig Uhland, Schlußvers des Gedichts „Freie Kunst“

Siehe auch

Literatur

  • Werk-Kodex: Ausgabe Nr. 3: Heidentum. Herbst 2019 [107 S.]
  • Bernhard Schaub: Das weisse Heidentum im Gegenangriff – Zustandsbeschreibung und Rückblick. Kritik am Christentum und Apotheose des Heidentums. Werk-Kodex Nr. 3 (Herbst 2019), S. 33–38
  • Michael Frank: Christliche Verfälschung des germanischen Ur-Kults, 2014 [Illustrierte Anregung zur Rückbesinnung auf die naturbezogenen Sitten, Gebräuche und Feste unserer Vorfahren]
  • Klaus Bemmann: Die Religion der Germanen. Die Religion der Deutschen bevor sie Christen wurden. Überarbeitete und erweiterte Neuauflage 1998 mit zahlreichen Farbtafeln, Phaidon Verlag, Essen 1990, ISBN 3-88851-094-5
  • Gisela Graichen: Das Kultplatzbuch. Ein Führer zu den alten Opferplätzen, Heiligtümern und Kultstätten in Deutschland, Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1988, ISBN 3-86047-176-7
  • David M. Wilson (Hg.): Die Geschichte der nordischen Völker. Die Welt der Germanen, Kelten, Wikinger, Slawen, Orbis Verlag, München 2003, ISBN 978-3-572-01462-X [Lizenzausgabe der Beck’schen Verlagsbuchhandlung, München, deutsche Ausgabe erstmals 1980; Originalausgabe: London 1980; zahlreiche großformatige Abbildungen]
  • René L. M. Derolez: Götter und Mythen der Germanen, F. Englisch, Wiesbaden 1976
  • Jan de Vries: Altgermanische Religionsgeschichte Band I + II, de Gruyter, Berlin 1970 (= de Gruyter, Berlin und Leipzig 1935/19371)
  • Felix Genzmer: Die Edda, Hugendubel, 2006, ISBN 3-7205-2759-X (Übersetzung)
  • Wolfgang Golther: Handbuch der germanischen Mythologie, Marixverlag, Wiesbaden 2004, ISBN 3-937715-38-X (überarbeiteter Nachdruck der Ausgabe von S. Hirzel, Leipzig 18951)
  • Walter F. Otto: Mythos und Welt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1963, Kapitel: Das Weltgefühl des klassischen Heidentums (S. 21–35)
  • Jacob Grimm: Deutsche Mythologie. Vollständige Ausgabe, Marix Verlag, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-86539-143-8
  • Hans Christian Meiser (Hg.): Schöpfungsmythen. Ausgewählte Texte, Goldmann-Verlag, München 1988, ISBN 3-442-11034-3
  • Rudolf Simek: Mittelerde – Tolkien und die germanische Mythologie, C.H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52837-6
  • Wielant Hopfner: Heide sein – was ist das?, Artgemeinschaft
  • Steegen, Carl-Friedrich von: Unter dem Donnergott Perkunos. Streifzüge durch Ostpreußens Vorgeschichte, München 1986
  • Jonas Trinkunas: Rasa. Götter und Rituale des baltischen Heidentums, Engerda 2002
  • Robin Lane Fox: Pagans and Christians: In the Mediterranean World from the Second Century AD to the Conversion of Constantine, Penguin Books, New York 1987 (20066), ISBN 978-0141022956
  • Thomas von Aquin: Summe gegen die Heiden (Summa contra gentiles), lateinisch – deutsch; Darmstadt 2001
  • Anders Hultgård: Övergångstidens eskatologiska förestillingar (Die eschatologischen Vorstellungen der Übergangszeit). In: Nordisk Hedendom. Et Symposium, Odense 1991, S. 161–168
  • Mythen, Sagen und Märchen aus dem deutschen Heidenthume, 1855 (PDF-Datei)
Englischsprachig

Verweise

Filmbeiträge

Englischsprachig

Audiobeiträge

Fußnoten

  1. Ein Gemälde des englischen Malers Edmund Blair Leighton (1853–1922)
  2. religio, Wiktionary
  3. Begründer einer Natur- und Diesseitsreligion für Weiße
  4. Zugleich eine höchst kritische Würdigung der Geschichte des Christentums insgesamt, der Christianisierung und der christlichen Ethik als schließliche Zerstörerin der weißen Zivilisation