Montecuccoli, Raimund von

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Reichsgraf von Montecuccoli mit Marschallstab

Raimund Graf von Montecuccoli, seit dem 25. Mai 1651 Fürst von Montecuccoli sowie seit 1679 Herzog von Melfi (Lebensrune.png 21. Februar 1609 auf dem Schloß Montecuccolo bei Modena; Todesrune.png 16. Oktober 1680 in Linz) war ein deutscher Offizier aus der reichsgräflichen Familie Montecuccoli-Polignano (Kuckucksberg), österreichischer Feldherr, Generallieutenant (Generalissimus) der Kaiserlichen Armee, Diplomat, Militärtheoretiker sowie kaiserlicher Kämmerer und Geheimer Rat. Er war General-Artilleriedirektor, Gouverneur von Raab, Hofkriegsratspräsident, Inhaber eines Kürassier-Regiments, Präsident der Leopoldinischen Akademie der Naturforscher und Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies. Als Heerführer und Begründer der neueren Kriegskunst sowie als Staatsmann und Verfasser mehrerer militärwissenschaftlicher Werke, hat er eine hervorragende Stelle in den Blättern der Geschichte errungen.

Feldmarschall Raimund Reichsgraf von Montecuccoli bei der St. Gotthard-Schlacht, Gemälde von Karl von Blaas (1815-1894).

Leben

Der Sohn eines in spanischen Diensten stehenden Feldzeugmeisters trat 1625 mit 16 Jahren als Musketier dem Kaiserlichen Heer des römisch-deutschen Kaisers im Erzherzogtum Österreich bei. Im Dreißigjährigen Krieg kämpfte Montecuccoli im Kürassier-Regiment des Grafen Pappenheim 1631 in der Schlacht bei Breitenfeld. Nach den Schlachten von Lützen und Nördlingen fiel er als Oberst (seit 1635) 1639 bei Prag in schwedische Hände.

Kaiserlicher Feldmarschall Raimund Reichsgraf von Montecuccoli.jpg
„Raimondo Montecuccoli wurde auf Montecuccolo, dem Stammschloß der Familie im Apennin, am 21.2.1609 geboren. Sein Vater war Galeotto (1570-1619), ein Mann des Krieges. Er bekämpfte für den Kaiser die Türken und zeichnete sich auch an den Fronten in Flandern und Venezien aus. 1604 heiratete er das ferraresische Edelfräulein Anna Bisi, Hofdame der Herzogin von Este in Modena. Nach dem gewaltsamen Tode seines Vaters 1619 wurde Raimund vom Bruder des Herzogs Caesar von Modena, Kardinal Alessandro d´Este (gest. 1624), erzogen. Nach dem Tod des Kardinals trat der junge Raimund 1625 in kaiserliche Kriegsdienste. Raimunds Onkel, Graf Ernesto Montecuccoli, bildete ihn im Militärwesen aus. Er nahm gemeinsam mit seinem Onkel an Kämpfen gegen die Schweden und an der Schlacht von Leipzig 1631 teil. In den folgenden Jahren kämpfte Raimund an verschiedenen Kriegsschauplätzen (darunter Lützen 1632 und Nördlingen 1634), avancierte bald zum Rittmeister, dann zum Oberst (Obrist) und geriet zweimal in Kriegsgefangenschaft. In der schwedischen Gefangenschaft in Stettin 1639-1642 verfasste Raimund im Alter von 40 Jahren seine bekannte Schrift ‚Delle Battaglie‘ (Über den Krieg) und andere wissenschaftliche Arbeiten. 1644 ernannte Kaiser Ferdinand III. Raimund zum Kämmerer, zum Feldmarschall-Leutnant und zum Hofkriegsrat. In den folgenden Jahren erhielt er den Oberbefehl in den Kämpfen gegen die Franzosen (General Turenne), Sachsen, Bayern, Ungarn und Schweden (General Torstenson), wobei er sich besonders in den Schwedenkriegen als Taktiker ersten Ranges erwies. In diese Jahre fällt die Erbschaft der Herrschaft Hohenegg. Bald begann er die Festung nach eigenen Vorstellungen auszubauen. Die Hauptburg wurde durch eine Vorburg mit einem monumentalen Einfahrtstor versehen. Auch das Innere des Schlosses wurde in den folgenden Jahren bis 1659 prächtig ausgestattet, 1668 vergrößerte Raimund seinen Besitz durch den Erwerb der Herrschaft Osterburg. In den folgenden Jahren wurden die Gerichts- und Herrschaftsbezirke Hohenegg und Osterburg vereinigt, auch der Gerichtsbereich von Pielachhaag gehörte zum Herrschaftsbereich der Montecuccoli.“

In Gefangenschaft in Stettin las er in der Bibliothek der Herzöge von Pommern die Klassiker Caesar, Machiavelli und Tacitus als Vorarbeit zu seinem Buch Abhandlung über den Krieg (Trattato della guerra). 1642 kam er im Austausch gegen einen schwedischen Oberst frei. Das Ende des Dreißigjährigen Krieges erlebte Montecuccoli als Feldmarschall-Leutnant (1644), Mitglied des Hofkriegsrates (1645) und General der Kavallerie (1647).

In den Westfälischen Frieden war der Sprachenkenner der Bevollmächtigte des Kaisers für die Verhandlungen mit den Schweden. Neben den Verhandlungen konnte er noch die Festungsbauten in Holland studieren. Weiter trat er diplomatisch als Begleiter der schwedischen Königin Christine nach Rom oder als Verhandlungspartner des Lordprotektors Oliver Cromwell hervor. Nach den Frieden ließ der Kaiser nach seinen Ideen zehn verkleinerte Kavallerie-Regimenter unter Waffen. Das anheuern durch Werbeherren wurde abgeschafft und die Verbeamtung des Offizierskorps begonnen. Besoldung, Quartier, Übungen und eine Kadettenanstalt für den Offiziersnachwuchs wurden durchgesetzt.

Im Zweiten Nordischen Krieg standen Montecuccolis Truppen in Holstein, eroberten in Pommern Anklam, Damgarten, Demmin und Ueckermünde. Nach dem Frieden von 1660 zog er nach Oberungarn gegen die Türken. Für den Sieg bei St. Gotthard 1664 wurde er eine Woche später kaiserlicher Generalleutnant (Stellvertreter des Kaisers im Felde), 1668 Präsident des Hofkriegsrates und oberster Direktor der Artillerie. Gegen die Franzosen im Französisch-Holländischen-Krieg/Holländischen Krieg eroberte Montecuccoli 1673 Bonn.

1675 zog er sich auf seine Güter zurück. Er besaß unter anderem die Herrschaft Hafnerbach bei St. Pölten und in Wien ein Palais in der Schenkenstraße sowie einen Lustgarten in der Leopoldstadt.

Raimund Reichsfürst von Montecuccoli, Herzog von Melfi, aus der gräflichen Familie Montecuccoli-Polignano.jpg

Kurzchronologie

  • 1625 Eintritt in den kaiserlichen Kriegsdienst
  • 1629 Rittmeister
  • 1632 Oberstleutnant
  • 1635 Oberst
  • 1642 Generalfeldwachtmeister (ab ca. 1770 in Generalmajor umbenannt)
    • im Winter 1642 bis 1643 wurde er vom Erzherzog Leopold zum Herzoge von Modena entsandt, dessen Truppen Graf von Montecuccoli als modenesischer General der Kavallerie während der Kriegshändel bezüglich des Herzogtums Castro klug und wirksam lenkte, wofür er durch die Erhebung zum modenesischen Feldmarschall ausgezeichnet wurde.
  • 1644 Feldmarschall-Leutnant
  • 1647 General der Kavallerie (die Beförderung wurde von dem römisch-deutschen Kaiser erst 1648 veröffentlicht)
  • 1651 kaiserliche Standeserhebung vom 25.5.1651 als Fürst, ohne allerdings Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat des Reichstages zu erhalten.
  • 1653 stellvertretender Hofkriegsratspräsident
  • 1658 Feldmarschall als Nachfolger für den verstorbenen Oberbefehlshaber Melchior von Hatzfeldt
    • 1657-1659 Kämpfe gegen die Schweden; Unter Montecuccolis Führung vertrieben die kaiserlichen Truppen gemeinsam mit jenen des Kurfürsten von Brandenburg in der Zeit von 1658 bis 1660 die Schweden aus Deutschland, Holstein, Jütland, eroberten Alsen, bemächtigten sich ferner nach einer kühnen, von Fürst Montecuccoli wohlberechneten Demonstration gegen Stettin, der Insel Fünen und schließlich auch Pommerns.
  • 1660 Geheimer Rat und Gouverneur von Raab
  • 1664 Generallieutenant (Generalissimus) – eine Woche nach dem Sieg bei St. Gotthard
    • 1668-1680 Präsident des Hofkriegsrats
    • 1673-1676 Kämpfe gegen Frankreich
  • 1668 Goldenes Vlies
  • 1678 spanischer Fürstenstand
  • 1679 Herzog von Melfi

Als Theoretiker

Die Analyse seiner Kriegserfahrungen und eine gesellschaftliche Rahmenziehung gehen durch sein ganzes Schrifttum. Reichsgraf Montecuccoli sucht die Auswüchse des Krieges von Brandschatzung bis Folter durch Planung und Kontrolle in Griff zu bekommen. Taktisch war die umsichtige Führung der Truppenkörper wichtiger als sinnloses Angreifen. Für Montecuccoli war das vor allem ausschlaggebend, weil er ein teures stehendes Heer statt der Anwerbung von Söldnern bevorzugte. In Denkschriften an den Kaiser setzte er sich für Befestigungen und den Aufbau einer Rüstungsindustrie ein.

„Denn der Wert jedes Heeres steigt und fällt mit dem Wert des militärischen Führers.“ — Della guerra col Turco in Ungheria, 1670

Familie

Ausgewaehlte Schriften

Raimund von Montecuccoli war Sproß eines hochangesehenen, seit 1369 geadelten, 1450 in den Grafen-, 1530 in den Reichsgrafenstand mit dem großen Palatinate, 1623 in den niederösterreichischen Herrenstand erhobenen Adelsgeschlechts. Sein Onkel (Oheim; nach anderen Quellen ein entfernter Vetter, wegen des Altersunterschied „Onkel“ genannt) war der Kriegsheld Ernst Graf Montecuccoli[1] (Lebensrune.png 1582), 1619 Kämmerer unter Ferdinand II. und Kommandeur der Regimentes der „Florentinischen Reiter“,[2] der sich 1620 in der Schlacht bei Prag auszeichnete, seinen Neffen (Vetter) förderte und ausbildete und am 17./18. Juni 1633 nach seiner Gefangenahme im Lazarett in Colmar als Feldzeugmeister (seit 1630 Obristfeldwachtmeister, seit 1632 Obristfeldzeugmeister) und Capitän der kaiserlichen Garde nach dem Entsatze von Breisach und nach einem Zweikampf mit dem Rheingraf Otto Ludwig vor der Festung Breisach, deren Verteidigung Montecuccoli leitete, einer siebenfachen Verwundung erlegen war bzw., wie zahlreiche Quellen anführen, Suizid beging.

Ehe

Der Fürst heiratete am 21. Mai 1657 seine Verlobte Maria Margarethe Josepha Gräfin von Dietrichstein zu Nikolsburg (1637–1676). Aus der Ehe sind ein Sohn und drei Töchter entsprossen. Ihre Tochter Ernestine Faustina Barbara Gräfin Montecuccoli (1663–1701) war dreimal verheiratet, in zweiter Ehe mit dem kaiserlichen Kämmerer und Oberstjägermeister Franz Christoph Graf Khevenhüller zu Frankenburg (1634–1684). Aus dieser Ehe ging u. a. der spätere Feldmarschall Ludwig Andreas Khevenhüller Graf von Aichelburg auf Frankenburg hervor. Mit dem Tod seines Sohnes Leopold Philipp Reichsfürst von Montecuccoli erlosch die fürstliche Linie.

„Im März 1657 heiratete Raimund im Alter von 46 Jahren die zwanzigjährige Hofdame der Kaiserin Eleonore, Margarete Gräfin Dietrichstein (1637-1676), die Tochter des Fürsten Maximilian Dietrichstein und der Fürstin Anna Maria, geb. Prinzessin von Liechtenstein. Raimund trat dadurch mit den einflussreichen Hofkreisen Wiens in familiäre Verbindung. Die Ehe ist, wie Briefe bewiesen, sehr glücklich verlaufen. Vier Kinder [Anm. drei Töchter, ein Sohn] sind aus ihr hervorgegangen. Am 31.3.1657 errichtete Raimund Montecuccoli die Fideikommisstiftung der vereinigten Herrschaften Hohenegg und Osterburg, dazu kamen später die Herrschaften Gleiß bei Kematen an der Ybbs (1678, 1721 wieder abgegeben); Haindorf (1680) und Mitterau (1710), das Wiener Stadtpalais in der Schenkenstraße sowie Haus und Garten „im unteren Werd“ (Wien II., Leopoldstadt). Der Fideikommissbrief enthielt die Bestimmung, dass der Fideikommissinhaber im Reiche leben müsse und verpflichtet wäre, eine deutsche und katholische Frau zu heiraten.“[3]

Leopold Philipp hatte nach dem Tode seines Vaters 1680 als Oberst dessen Kürassier-Regiment übernommen. Er stieg am 3. September 1685 zum Generalfeldwachtmeister und am 6. Oktober 1688 zum Feldmarschall-Leutnant auf. Er wurde Kapitän der kaiserlichen Trabantenleibgarde, Kämmerer, Geheimer Rat und Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies. 1689 wurde er vom deutschen Kaiser in den Reichsfürstenstand erhoben. Da seine Ehe mit der Gräfin Maria Antonia Colloredo kinderlos geblieben war, starb mit seinem Tod 1698 die fürstliche Linie der Montecuccoli aus.

Würdigung

Neben Italien wird das Werk Montecuccolis im Schrifttum und der militärischen Traditionspflege heute im deutschsprachigen Raum in Österreich bewahrt. Das k.u.k. Böhmisches Dragonerregiment „Graf Montecuccoli“ Nr. 8 der Gemeinsamen Armee trägt seit 1888 ihm zu Ehren diesen Namen.

Werke (Auswahl)

  • Besondere und geheime Kriegsnachrichten des Fürsten Raymvndi Montecuculi (1736) (PDF-Datei)
  • Ausgewaehlte Schriften des Raimund Fürsten Montecuccoli, General-Lieutenant und Feldmarschall (1900) (PDF-Dateien: Band 1, Band 2, Band 3, Band 4)

Literatur

  • Biographie in: Biographien K.K. Heerführer und Generale (1888), S. 7ff. (PDF-Datei)
  • Hofer, Christian: Der Türkenbezwinger Raimund Montecuccoli. In: Militär & Geschichte. Heft 63. 2012. S. 18-25.
  • Montecuccoli, Raimondo: Die Schlacht bei St. Gotthard am 1. August 1664. Junker und Dünnhaupt. 1938.
  • Schreiber, Georg: Raimondo Montecuccoli - Feldherr, Schriftsteller und Kavalier. Ein Lebensbild aus dem Barock. 2000.
  • Veltzé, Alois (Hg.): Ausgewählte Schriften des Raimund Fürsten Montecuccoli, General-Lieutenant und Feldmarschall. 4 Bände. 1899/1900.

Verweis

Fußnoten

  1. Sein Vater war Alfonso Montecuccoli, der 1607 als Admiral des Großherzogs von Toskana eine kleine Flotte gegen die Türken geführt hatte. Sein Bruder war Girolamo Montecuccoli, Geheimkämmerer des Großherzogs und Kommandant über dessen deutsche Leibgarde und später Minister Leopolds V. von Tirol in Innsbruck.
  2. Dieses war nach einer Reform 1626 von den schlesischen Ständen als Dragoner-Regiment errichtet, durch Patent von 27. III. 1628 aber in ein Kürassier-Regiment umgewandelt worden. Regiments-Inhaber war von 1626 bis 1633 der Obrist-Feldzeugmeister Ernst Graf Montecuccoli, der das Regiment auch bis 1629 selbst kommandierte haben soll, hierzu gibt es jedoch verschiedene, sich teilweise widersprechende Quellen.
  3. Die Grafen Montecuccoli auf Hohenegg und Mitterau