Mark (Grenzgebiet)
Eine Mark (mhd. marc, march „[Grenz]zeichen, Grenzland“ ; ahd. marcha „Grenze“[2]) bezeichnete im mittelalterlichen Europa ein Grenzgebiet eines (germanischen) Reiches, namentlich im karolingischen Fränkischen Reich und im ersten Deutschen Reich während der ottonischen Herrschaft; daher findet man auch häufig die pleonastische Bezeichnung Grenzmark. Daneben findet sich die latinisierte Form Marchia. Die letzten Markgründungen gehen auf Heinrich III. zurück. Kennzeichnend für sie war, daß ihre Grenzen mit der römisch-deutschen Reichsgrenze zusammenfielen und diese an besonders gefährdeten Abschnitten sichern sollten. Hierzu zählten die Mark Cham und Nabburg und die böhmische Mark (marchia Bohemica). Diese Marken verschwanden im 11. Jahrhundert ebenso wie die gegen Ungarn eingerichtete Neumark (zwischen Fischa, Leitha und March).
Inhaltsverzeichnis
Etymologie
Der Begriff der Mark als Grenzregion findet sich in vielen indogermanischen Sprachen. Das Wort ist etymologisch hergeleitet aus der indogermanischen Wurzel mereg, woraus, neben dem persischen und armenischen mars, zunächst das lateinische margo folgte; davon abgeleitet ist in den romanischen Sprachen das italienische und portugiesische marca, sowie das französische und italienische marche.
Aus lat. margo entwickelte sich zunächst das gemeingermanische marko; daraus das fränkische marka, das angelsächsische mearc, das altnordische merki und mörk sowie im Keltischen das altirische mruig, in den slawischen Sprachen das polnische marchia und das russische марка.
Bei den Germanen bezeichnete Mark im ursprünglichen Sinne nicht zunächst eine Ländergrenze, sondern die Art, wie eine Gemeinde- oder Dorfgemeinschaft oder ihre Ältesten den in Besitz genommenen Grund und Boden (also ihr Land) gegen anstoßende Nachbarn kenntlich machten: durch angestrichene Pfähle, gebrannte und daher teilweise geschwärzte Bäume und dergleichen.[3]
Fränkisches und römisch-deutsches Reich
Marken als sicherheitspolitisch besonders wichtige Verwaltungsbezirke in gefährdeten Grenzregionen gewannen insbesondere im Fränkischen Reich wesentliche Bedeutung, als Kaiser Karl der Große um die Wende vom 8. zum 9. Jahrhundert das System der Marken einführte, um die Grenzen des in zum Teil langen Kriegen erweiterten Reiches zu sichern. Das karolingische Markensystem wurde von den nachfolgenden Königen und Kaisern des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation beibehalten und fortentwickelt.
Die Markgrafen hielten die Marken als ihnen vom König bzw. Kaiser direkt verliehene Lehen und hatten, im Vergleich zu anderen Grafen, besondere Befugnisse: Sie konnten Befestigungen anordnen, erhielten eine größere Zahl an fränkischen Vasallen zur Unterstützung zugewiesen und konnten den Heerbann in ihrem Territorium selbst aufbieten. Mit der Konsolidierung des Reichs ab dem 12. Jahrhundert wurden die meisten der verbliebenen Markgrafschaften zu Reichsfürstentümern, und die Markgrafen, wie die ihnen gleichgestellten Landgrafen, gehörten damit zu den höchsten weltlichen Würdenträgern des Reiches.
Spätere Markgrafschaften
Nicht jede Markgrafschaft entstand aus einer Mark. Die Markgrafschaft Baden (und die 1535 aus ihr hervorgegangenen Markgrafschaften Baden-Baden und Baden-Durlach) gehen auf Hermann I. zurück, der von seinem Vater Berthold I. von Zähringen die Markgrafschaft Verona erbte und den Markgrafentitel in der Folge auch auf seine Grafschaftsrechte am Oberrhein anwandte. Ebenso erwarben die Markgrafen von Ansbach und die von Bayreuth ihre Titel nicht als Regenten einer eigentlichen Mark, sondern erbten sie als Mitglieder des Geschlechts der hohenzollernschen Markgrafen von Brandenburg.
Die ehemalige Grafschaft Mark schließlich war benannt nach der Burg Mark in Hamm, dem Stammsitz ihrer Begründer.
Historische Marken
Reich der Franken
Der König der germanischen Franken Karl der Große errichtete folgende Marken:
- Spanische Mark um Barcelona im heutigen Katalonien, zur Verteidigung gegen die Araber im restlichen Spanien
- Dänische Mark zwischen Eider und Schlei zur Verteidigung gegen die Dänen. Davon leitete sich später der Name Dänemark ab.
- Sächsische Mark zwischen Eider und Elbe im heutigen Holstein, zur Verteidigung gegen die slawischen Abotriten
- Thüringische Mark im Bereich der Saale zur Verteidigung gegen die Sorben. Hier wurde der Limes Sorabicus gebaut.
- Fränkische Mark im heutigen Oberfranken zur Verteidigung gegen die Tschechen
- Awarenmark zwischen Enns und Wienerwald zum Schutz vor den Awaren, später Marcha Orientalis, im heutigen Niederösterreich
- Mark Karantanien (später Herzogtum Kärnten)
- Mark Friaul
Heiliges Römisches Reich
Spätere Könige und Kaiser, insbesondere Otto der Große, behielten dieses System bei und richteten neue Marken ein:
- Mark der Billunger entlang der Ostseeküste von Stettin bis Schleswig
- Sächsische Ostmark, aus der später die Nordmark, die Mark Merseburg, die Mark Zeitz, die Mark Meißen, die Mark Landsberg, die Mark Lausitz und das Osterland hervorgingen
- Nordmark, aus der später die Mark Brandenburg hervorging, mit den Teilgebieten Altmark, Mittelmark (darin die Uckermark) und Neumark; (Kurmark bezeichnet die Mark Brandenburg in den Grenzen von 1535)
- Mark Meißen, aus der Sächsischen Ostmark entstanden, wurde später die Keimzelle des Königreiches Sachsen und des Freistaates Sachsen
- Mark Zeitz, ebenfalls aus der Sächsischen Mark entstanden, genauso wie die
- Mark Merseburg und die
- Milzener Mark um Bautzen (damals Budissin)
- Marcha orientalis im Gebiet des heutigen Niederösterreich
- Böhmische Mark, 1039 gegr., zwischen Thaya und Leiser Bergen (Niederösterreich), kurzlebig
- Ungarische Mark, Neumark, 1043 gegr., zwischen Leiser Bergen, March und Leitha (Niederösterreich), kurzlebig
- Karantanermark, in der heutigen Steiermark
- Mark Pitten (Gebiet bei Wiener Neustadt, damals Steiermark)
- Mark an der Drau (um Marburg und Pettau)
- Mark an der Sann (um Cilli)
- Mark Krain südlich des Herzogtums Kärnten, heute zu Slowenien gehörig
- Windische Mark, südlich der Save, nach 1036 zu Krain
Karolingische Marken
Unter den Karolingern wurden gefährdete Grenzgebiete (neu erobertes und noch zu befriedendes Land) militärisch, agrarisch und verwaltungstechnisch besonders ausgestattet und einem Markgrafen unterstellt, dessen Macht die der anderen Grafen übertraf und seine Stellung der eines Herzogs annäherte. Marken wurden durch Burgen und Wehrsiedlungen gesichert und durch forcierten Landesausbau erschlossen. Die Karolinger errichteten folgende Marken:
- die Nordspanische (im heutigen Katalonien, gegen die Mauren; eingerichtet 795), die Bretonische Mark (umfaßte die heutige östliche Bretagne, gegen Britannier; eingerichtet 786–790; sie wurde bekannt durch Graf Hruotland/Roland)
- die Sorbische Mark (zwischen Saale und Elbe; gegen die slaw. Sorabi; eingerichtet 806)
- die Dänische Mark (zwischen Eider und Schlei, zum Schutz Nordalbingiens gegen Dänemark; eingerichtet 808–810)
- die Böhmische Mark (an der Ostgrenze Bayerns, gegen die Ungarn)
- die Awarische Mark oder Ostmark (marca orientalis, „Mark an der Donau“, zwischen Enns und Wienerwald, das spätere Österreich, gegen die Awaren, eingerichtet 803)
- die Mark Karantanien (etwa das heutige Kärnten und Teile Sloweniens umfassend, eingerichtet 788)
- die Mark Friaul (marca Foroiulensis, um Isonzo und Tagliamento zwischen den südlichen Alpen und der Adria, einschließlich Istrien; gegen Awaren und Byzantiner eingerichtet 776)
Unter den Ottonen (vormals Liudolfinger) wurden bestehende Marken beibehalten und durch neue, kleinräumigere ergänzt. Diese lagen auf erobertem Gebiet, dienten zu dessen Kolonisierung und Sicherung und zum Schutz der dahinterliegenden Reichsgrenze. Otto I. errichtete auf slawischem Siedlungsgebiet jenseits von Elbe und Saale Marken, die er bedeutenden Persönlichkeiten anvertraute:
- Hermann Billung bekam die Mark auf obotritischem Gebiet an der Ostseeküste zwischen Stettin und Schleswig (Billunger Mark),
- Gero die Mark östl. von Sachsen. Gero unterwarf um 940 die Slawen bis hin zur Oder und schuf die Voraussetzung für die Gründung der Bistümer Brandenburg und Havelberg. Nach Geros Tod wurde seine Mark in kleinere Einheiten aufgeteilt: die Nordmark (zwischen Peene, Lausitz und Oder), die Mark Lausitz und eine Mark an der Saalemündung.
Zur Sicherung der Grenze gegen Italien richtete Otto der Große die Mark Verona ein.