Geheime Staatspolizei

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Hermann Göring ernennt Heinrich Himmler (links) zum Inspekteur und stellvertretenden Chef der Preußischen Geheimen Staatspolizei; Himmler hatte den Machtkampf gegen Göring gewonnen und ließ den ersten Gestapo-Chef, Göring-Protegé Dr. Rudolf Diels, absetzen. Neuer Chef wurde Reinhard Heydrich (ab 1936 SiPo-Chef, ab 1939 Chef der Sicherheitspolizei und des SD), bedeutende Führungspersönlichkeiten der Gestapo als Teil des Reichssicherheitshauptamtes waren Werner Best und Heinrich Müller, Operationschef 1936–1939, dann Chef des Amtes IV (Geheime Staatspolizei) 1939–1945.

Die Geheime Staatspolizei (abgek. Gestapo)[1] war die politische Polizei im nationalsozialistischen Deutschen Reich, die am 26. April 1933 als „Geheimes Staatspolizeiamt“ (Gestapa) gegründet wurde, dem preußischen Minister des Innern, Hermann Göring, direkt unterstellt war und die Stellung einer Landespolizeibehörde innehatte.

Verwaltungsgeschichte

Reichsführer-SS Heinrich Himmler (links im Vordergrund), Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern

Nach der nationalsozialistischen Revolution am 30. Januar 1933 wurde Hermann Göring von Reichskanzler Adolf Hitler zum Reichskommissar für das preußische Innenministerium berufen. Noch am selben Tage bestimmte dieser den Leiter der politischen Polizei (auch Preußische Geheimpolizei genannt) des preußischen Innenministeriums (3 Referate der Abteilung II), Rudolf Diels, zum Leiter der Abteilung I A. Sodann hob eine preußische Ministerialverordnung vom 3. März 1933 bis dahin geltende Kompetenzbeschränkungen der Polizei auf. Am 11. April desselben Jahres wurde Göring auch preußischer Ministerpräsident.

Mit seinem Erlaß vom 26. April 1933 wurde die Preußische Geheimpolizei aus der bisherigen Polizeiverwaltung ausgegliedert und als Geheimes Staatspolizeiamt (Gestapa) neugebildet; diese Behörde war dem preußischen Minister des Inneren, Hermann Göring, direkt unterstellt und hatte den Rang einer Landespolizeibehörde.

Über die Wandlung der Bezeichnung Gestapa zu Gestapo soll Diels gesagt haben, es sei eine selbständige Erfindung der Reichspost gewesen, die den langen Namen der Dienststelle eigenmächtig abgekürzt und die verwendeten Laufstempel damit versehen habe. Mit dem zweiten Gestapo-Gesetz vom 30. November 1933 wurde die Gestapo ein völlig selbständiger Zweig der inneren Verwaltung, welche weiterhin direkt dem Ministerpräsidenten (Göring) unterstellt war.

Mit Erlaß vom 9. März 1934 übertrug Göring die oberste Leitung der Landespolizei vom Amt des preußischen Innenministers auf das Amt des preußischen Ministerpräsidenten, bevor mit 1. Mai 1934 Wilhelm Frick auch preußischer Innenminister wurde.

Am 1. April 1934 wurde Diels als preußischer Gestapo-Chef entlassen und am 20. April 1934 wurde Heinrich Himmler der neue, zunächst stellvertretende Chef der preußischen Gestapo. Die direkte Leitung wurde an Reinhard Heydrich, zuvor Chef der Bayrischen politischen Polizei und dort Himmler unterstellt, übergeben. Die Gestapo, welche auch mit der SS kooperierte, wurde stark von Heydrichs Stellvertreter Werner Best geprägt.

Reichseinheitliche Organisation ab 1934

Am 1. November 1934 wurde die Gestapo dem Reichsministerium des Inneren unterstellt und am 17. Juni 1936 wurde Heinrich Himmler auf Grundlage von Hitlers „Erlaß des Führers und Reichskanzlers über die Einsetzung eines Chefs der deutschen Polizei im Reichsministerium des Inneren“[2] in Personalunion zum „Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern“. Damit wurde die Gestapo der Aufsicht durch die Innenministerien der Länder entzogen und fortan reichseinheitlich geführt. Himmler strukturierte die Polizeiverwaltung grundlegend um und unterstand nominell fortan den Weisungen von Innenminister Wilhelm Frick, de facto war er jedoch nur noch Hitler verantwortlich. Seine Berufung in ein Beamtenverhältnis lehnte Himmler ab, er blieb Funktionär der nationalsozialistischen Bewegung. Am 20. August 1943 wurde Himmler zusätzlich Reichsinnenminister. Zwischenzeitlich hatte er die „Ordnungspolizei“ und die „Sicherheitspolizei“ getrennt.[2]

„Die Deutsche Polizei ist unter der Führung des Reichsführers SS zum Schnittpunkt der Bewegung und des Staates geworden.“Werner Best

Eine weitere Änderung des Verwaltungsaufbaus der Gestapo erfolgte 1939. Gestapo und Kriminalpolizei wurden als Teile der Sicherheitspolizei mit dem Sicherheitsdienst (SD) zum Reichssicherheitshauptamt (RSHA) zusammengeführt. Die Gestapo ging sodann in dem bedeutungsvollen Amt IV des RSHA mit der Bezeichnung „Gegnerbekämpfung“ auf; weitere Ämter des RSHA waren „Gegnerforschung“, „Deutsche Lebensgebiete“ und „Auslandsdienst“. All diese Behörden waren aus dem Sicherheitsdienst hervorgegangen. Weitere grundlegende organisatorische Veränderungen erfuhr die Gestapo bis 1945 nicht.

Binnengliederung und Aufgaben

Nach der Gründung der Gestapo gliederte sie sich in zehn Dezernate, von denen eines für Generalia und eines für Sicherungsverwahrung zuständig war. Die übrigen acht Dezernate hatten zur Aufgabe, je eine politische Bewegung zu überwachen. Auch nachdem die Gestapo Himmler und Heydrich unterstellt worden war und sodann aus drei Hauptabteilungen (Verwaltung, Politische Polizei, Abwehrpolizei) bestand, hielt sie an diesem Organisationsgrundprinzip fest. Als die Gestapo 1936 mit der Kriminalpolizei zur Sicherheitspolizei zusammengeführt wurde, entstand ein gemeinsames Verwaltungs- und Personalamt, welches fortan für die Belange beider Polizeieinrichtungen zuständig war. Der Zusammenschluß der Sicherheitspolizei mit dem SD zum RSHA veränderte das Verwaltungsorganigramm dahingehend, daß die Gestapo nun eine Fachabteilung im RSHA bildete.

Die Hauptaufgaben der Gestapo bestanden in der (präventiven) Verfolgung staats- und parteifeindlicher Bestrebungen, Verbrechen und Vergehen. Sie bekämpfte und verfolgte SozialistenKommunisten, politisierende KlerikaleMonarchistenJuden, Bibelforscher (Zeugen Jehovas), Homosexuelle sowie Personen, die „kritische“ Äußerungen tätigten, die geeignet waren, das Wohl des Reiches, das Ansehen der Reichsregierung oder der NSDAP schwer zu schädigen. Schwere Fälle wie Sabotage an der inneren Front des Volkes  (z. B. Wehrkraftzersetzung), Kriegswirtschaftsverbrechen und Höchstpreisüberschreitungen wurden ebenfalls von der Gestapo verfolgt. Fremdarbeiter wurden bei Gefahr der Meuterei ebenfalls unter die Aufsicht der Gestapo gestellt.

Während des Zweiten Weltkrieges wurden die Fachreferate des RSHA ergänzt durch Länderreferate, welche für die besetzten Gebiete zuständig waren. Des weiteren wurde die Abwehrpolizei in das Referat Grenzpolizei umbenannt und hatte die Überwachung der Zoll- und Einreisevorgänge zur Aufgabe.

Arbeitsabläufe

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Beamte der Gestapo konnten juristisch auf Sonderrechte zurückgreifen. Ob Anzeigen ignoriert oder registriert wurden, ob jemand verwarnt wurde oder ob es zu einer Vernehmung bzw. Verhaftung kam, entschied die Gestapo selbst. (Staats-)polizeiliche Tätigkeiten wie Führung von Karteien, Vorladungen, Hausdurchsuchungen, Observation, Rekrutierung von V-Männern, Feststellung des Aufenthaltsortes, Tätigkeitsberichte, Vernehmung sowie gegebenenfalls verschärfte Vernehmungen zählten – wie heute bei jedem anderen Staatsschutz auch – zu den alltäglichen Routinearbeiten. Die lokalen Leitstellen waren befugt, zeitlich unbeschränkte Schutzhaft (die Einweisung in ein Konzentrationslager (KL), um den Volkskörper vor zersetzenden Einflüssen zu schützen) zu beantragen. Diese mußte allerdings vom RSHA gegengezeichnet werden. Da es auch in den KL zur Bildung von Untergrundbewegungen kommen konnte, war die Gestapo vor Ort in Form der Politischen Abteilungen stationiert.

Exkurs zu den „Verschärften Vernehmungen“

Damit die Verschärfte Vernehmung (Verabreichung von Schlägen während der Vernehmung) nicht in polizeilichem Sadismus endete, wurden diese seitens der Gestapo-Chefs am 12. Juni 1942 reguliert. Grundsätzlich war die Verschärfte Vernehmung nur anzuwenden, wenn aufgrund der ersten Vernehmung der Verdacht bestand, daß der Häftling wichtige Tatsachen, beispielsweise das Vorhandensein einer staatsfeindlichen Untergrundbewegung, geplante Terroranschläge usw., verschwieg. Auszugsweise stand in diesem Befehl zu lesen:

„Die Verschärfte Vernehmung darf unter dieser Voraussetzung nur angewendet werden gegen Kommunisten, Marxisten, Bibelforscher, Saboteure, Terroristen, Angehörige der Widerstandsbewegungen, Fallschirmagenten, Asoziale, polnische oder sowjetrussische Arbeitsverweigerer oder Bummelanten. In allen anderen Fällen bedarf es grundsätzlich meiner vorherigen Genehmigung [...]. Die Verschärfung kann je nach der Sachlage unter anderem bestehen in: einfachste Verpflegung (Wasser und Brot), hartes Lager, Dunkelzelle, Schlafentzug, Ermüdungsübungen, aber auch in der Verabreichung von Stockhieben (bei mehr als 20 Stockhieben muß ein Arzt hinzugezogen werden).“

Angesichts der damaligen Kriegs- und Feindlage sowie der zu bekämpfenden Organisationen, welche in ihrem Vorgehen auch nicht gerade zimperlich zu nennen waren, durfte man selbstverständlich von der Gestapo keine Heilsarmee-Methoden erwarten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Gestapo aufgelöst und vom Nürnberger Militärtribunal 1946 als eine „verbrecherische Organisation“ diffamiert.

Dienstgrade

Feldgraue SS-Uniform für Mannschaften der Gestapo

Die Gestapo verwendete die Dienstgrade der Sicherheitspolizei (SD).

Dienstgradvergleich von Sicherheitspolizei, Ordnungspolizei (Verwaltung, allgemeiner Dienst) und Schutzstaffel (SS)
(Stand: 10. April 1941 bis 8. Mai 1945)
Dienstgrade der Sicherheitspolizei Dienstgrade der Ordnungspolizei
(Verwaltungsdienst)
Dienstgrade der Ordnungspolizei
(Allgemeiner Dienst)
Dienstgrade der Schutzstaffel (SS)
Männer (Mannschaften)
Kriminalassistentenanwärter im Vorbereitungsdienst Anwärter SS-Anwärter
Anwärter (nach sechsmonatiger Dienstzeit) SS-Mann
Unterwachtmeister SS-Sturmmann
Rottwachtmeister SS-Rottenführer
Unterführer (Unteroffiziere)
Kriminalassistentanwärter Amtsgehilfe
Botenmeister
Hausmeister
Wachtmeister SS-Unterscharführer
a.p. Kriminalassistent (außerplanmäßige Stelle) a.p. Polizeiassistent Oberwachtmeister SS-Scharführer
Kriminalassistent Polizeiassistent
Polizeigefängnisoberwachtmeister
Revier-Oberwachtmeister (Schutzpolizei)
Bezirks-Oberwachtmeister (Gendarmerie)
Zugwachtmeister
(kasernierte Polizei-Einheiten)
SS-Oberscharführer
Kriminaloberassistent Polizeigefängnishauptwachtmeister
Polizeioberassistent
Hauptwachtmeister SS-Hauptscharführer
Kriminalsekretär Polizeisekretär Meister SS-Sturmscharführer
Führer (Offiziere)
Kriminalsekretär
Hilfskriminalkommissar
Kriminalkommissar auf Probe / zur Prüfung
Polizeisekretär
Kanzleisekretär
technischer Obersekretär
a.p. Polizeiinspektor
Revier-Leutnant
Leutnant der Polizei
SS-Untersturmführer
Kriminalobersekretär
Kriminalinspektor
a.p. Kriminalkommissar
Polizeiobersekretär
Polizeiinspektor (auch mit Zulage)
Assessor
Ministerialregistrator
Revier-Oberleutnant
Oberleutnant der Polizei
SS-Obersturmführer
Kriminalkommissar
a.p. Kriminalrat
Kriminalassessor
Polizeioberinspektor
a.p. Polizeirat
a.p. Amtmann
Regierungsassessor
Revier-Hauptmann
Hauptmann der Polizei
SS-Hauptsturmführer
Kriminalrat
Kriminal-Direktor
Regierungs- und Kriminalrat
Amtmann
Amtsrat
Polizeirat
Regierungsrat
Major der Polizei SS-Sturmbannführer
Oberregierungs- und Kriminalrat Oberregierungsrat Oberstleutnant der Polizei SS-Obersturmbannführer
Regierungs- und Kriminaldirektor
Regierungsdirektor
Oberst der Polizei SS-Standartenführer
Reichskriminaldirektor Ministerialrat Oberst der Polizei SS-Standartenführer
SS-Oberführer
Höhere SS- u. Polizeiführer (Generäle)
??? Ministerialdirigent Generalmajor der Polizei und SS-Brigadeführer SS-Brigadeführer
??? Ministerialdirektor Generalleutnant der Polizei und SS-Gruppenführer SS-Gruppenführer
??? General der Polizei und SS-Obergruppenführer SS-Obergruppenführer
Generaloberst der Polizei und SS-Oberstgruppenführer SS-Oberstgruppenführer

Anmerkung: Dienstgrade des mittleren Dienstes stehen in Normalschrift, Dienstgrade des gehobenen Dienstes in Fettschrift und Dienstgrade des höheren Dienstes in Kursivschrift.

Siehe auch

Literatur

  • Paul Beneke: Die Rolle der „Gestapo“, in: „Der Weg“, Jg. 1956, Heft 6 (Teil 1); Heft 7/8 (Teil 2)[3]

Englischsprachige Verweise

Fußnoten

  1. Über die Entstehung des Kurzworts Gestapo als geläufige Bezeichnung teilt Rudolf Diels, der ehemalige Gestapo-Chef, mit: „Die Abkürzung ›Gestapo‹ war eine selbständige Erfindung der Reichspost; sie wurde uns eines Tages auf ihrem Laufstempel zu Gemüte geführt.“ (zit. in: Rudolf Diels: Lucifer ante portas. Zwischen Severing und Heydrich, Stuttgart 1950, S. 228)
  2. 2,0 2,1 Alfred Schweder: Politische Polizei, Heymannverlag, Berlin 1937, S. 158
  3. Heinz Roth druckte die Artikelserie in seinem Buch „Widerstand im Dritten Reich“ (1976) nach.