Baur, Hans
Johann „Hans“ Peter Baur ( 19. Juni 1897 in Ampfing; 17. Februar 1993 in Herrsching)[1] war ein deutscher Jagdflieger der Fliegertruppe des Kaisers, Vizefeldwebel der Bayerischen Armee, Freikorpskämpfer (Freikorps „von Epp“), Flugkapitän der Lufthansa, SS-Gruppenführer, Adolf Hitlers Chefpilot bzw. Flugkapitän, SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS und der Polizei sowie Führer der Flugstaffel „Reichsregierung“ (Leiter der Deutschen Regierungsflugstaffel).
Inhaltsverzeichnis
Leben
Schule und Lehre
Hans Baur wurde am 19. Juni 1897 im oberbayerischen Ampfing geboren, sein Vater war Postsekretär. Nach fünf Jahren Volksschule und drei Jahren Realschule machte er die Mittlere Reife und absolvierte danach eine kaufmännische Lehre – anschließend meldete er sich freiwillig zur Bayerischen Armee im Deutschen Heer.
Erster Weltkrieg
Während des Ersten Weltkrieges, von Ende November 1915 bis Januar 1916, ging er zur Fliegertruppe, erhielt eine Ausbildung in der Flieger-Ersatzabteilung Schleißheim und wurde im Anschluß bis März 1916 bei der Feld-Fliegerabteilungen 1 b eingesetzt. Dann war Baur bis Kriegsende als Flugzeugführer und Artillerieflieger bei der Fliegerabteilung (Artillerie) 295 b an der Westfront. Hier gelangen dem Flieger-As neun Luftsiege gegen französische Flieger, sein Beobachter war Georg Ritter von Hengl. Später erinnerte er sich in seinem Buch:
- „An einen Luftkampf erinnere ich mich noch besonders deutlich. Am 17. Juli 1918 wurden wir im Frontabschnitt vor Reims und Epernay beim Einschießen plötzlich von fünfzehn Feindmaschinen überfallen. Dieser ungleiche Kampf schien uns aber doch zu gewagt, und wir suchten zunächst das Weite, indem wir durch die Wolken flogen. Die Maschinen drehten dann auch wieder ab, und wir setzten unser Einschießen fort. Kurze Zeit darauf tauchten sechs Spads, das waren französische Jagdmaschinen, auf. Wir wurden in heftige Luftkämpfe verwickelt. Die MGs bellten, es war ein Mordsspektakel. Vier Maschinen konnten mein Beobachter und ich zum Absturz bringen. Das war ein Erfolg, wie er sonst praktisch nicht vorgekommen ist. Die restlichen zwei Jäger ergriffen die Flucht, weil sie glauben mochten, es mit dem Teufel zu tun zu haben.“
Auszeichnungen
Vizefeldwebel Baur wurde u. a. mit dem EK II und I, dem Bayerischen Verdienstkreuz mit Krone und Schwertern und der Bayerischen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet.
Lufthansa und Chefpilot des Führers
Nach dem Krieg, seinem Dienst bei der Fliegerabteilung des Freikorps „von Epp“ ab Mai 1919 und seinem endgültigen Ausscheiden aus der Reichswehr am 15. April 1922 (am 26. Oktober 1921 hatte er seinen zivilen Flugzeugführerschein mit der Zulassungs-Nr. 454 erworben) wurde er Flugzeugführer der ersten deutschen Luftpostlinie, die eine Verbindung zwischen München und Weimar herstellte, 1922 beflog er die Strecke München-Konstanz, wurde 1923 Junkersflieger und gehörte von 1926 an der Deutschen Lufthansa an, die ihn nach 500.000 Flugkilometern zum Flugkapitän ernannte. Im Dienste der Deutschen Lufthansa beflog er jahrelang die Strecke München–Mailand–Rom.
Seit 1921 Mitglied der NSDAP, wurde Baur im März 1932 Chefpilot („Ständiger Flugkapitän und Chefpilot des Führers“) Adolf Hitlers, den er früher schon mehrfach mit der „Führer-Ju“ („Immelmann II“) bei Wahlreisen geflogen hatte. 1933 wurde er „Luftmillionär“ der Deutschen Lufthansa. Nach dem 30. Januar 1933 wurde Flugkapitän Baur von der Deutschen Lufthansa Hitler zur persönlichen Dienstleistung zur Verfügung gestellt.
Regierungsflugdienst
Im Februar 1933 beauftragte Adolf Hitler Baur, einen „Regierungsflugdienst“ in Tempelhof mit vorerst zwei Ju 52/3m einzurichten, 1934 waren es schon vier Ju 52 (offiziell als Flugbereitschaft „RLM“ bezeichnet, umgangssprachlich jedoch schon jetzt als „Regierungsstaffel“ bekannt), daraus wurde dann später die Bezeichnung Flugstaffel „Reichsregierung“.
Bis 31. Dezember 1936 verfügte die Regierungsstaffel über 13 Ju 52, zwei für den Führer, drei zur Verfügung von Hermann Göring und das Reichsluftfahrtministerium, die restlichen sieben waren für Rudolf Heß, Heinrich Himmler (mit Flugkapitän Karl Schnäbele), Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop und weitere Reichsminister. Der Regierungsflugdienst der Lufthansa legte 1938 erstmals mehr als 1 Mio. km zurück.
Die Regierungsstaffel unterstand von 1933 bis 1945 der Reichskanzlei und nicht der Luftwaffe, das fliegende Personal und höhere Führer stammten von der Lufthansa, trugen die Uniform der SS und erhielten einen SS-Ehrenrang, später auch einen Dienstgrad der Schutzpolizei.
Schon 1934, noch bevor er dem Stab des Reichsführers-SS unterstellt wurde, wurde Baur ebenfalls Major der Schutzpolizei, er war ebenfalls Mitglied von Lebensborn e. V.
Fliegerstaffel des Führers (F.d.F.)
Spätestens bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hatte die Führermaschine („Immelmann III“; D-2600), die nun eine auf Vorschlag von Baur im September 1939 eingeführte Fw 200 V3 war, Jagdschutz und wurde jeweils von zwei bis sechs Jagdflugzeuge begleitet. Nun war er offiziell „Chefpilot im Führerhauptquartier und im Stab des Reichsführers-SS“ und Chef der „Fliegerstaffel des Führers“ (FdF).
Zweiter Weltkrieg
Am 31. Januar 1944 wurde Baur SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei, am 24. Februar 1945 SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS. Beim Ausbruch aus der Reichskanzlei 1945 geriet er, der inzwischen den Rang eines Generalleutnants bekleidete, schwer verwundet in sowjetische Gefangenschaft. Einige Wochen später wurde ihm in russischer Gefangenschaft ein Unterschenkel amputiert.
Nachkriegszeit
Im Jahre 1946 wurde er von Rußland für eine Woche nach Berlin gebracht, um über Hitlers Tod auszusagen. In Moskau wurde er zu 25 Jahren Zwangsarbeit „verurteilt“. So kehrte er erst nach 10 Jahren und 5 Monaten in Kriegsgefangenschaft im Oktober 1955 im Zuge der allgemeinen Entlassungsaktion in die West-BRD zurück.
Nach seiner Rückkehr trat er als Vortragsredner auf und brachte 1956 seine Erinnerungen „Ich flog Mächtige der Erde“ heraus. Das starke Interesse, das man ihm entgegenbrachte, galt vor allem der Tatsache, daß man in ihm einen Kronzeugen für den Tod Hitlers zu finden glaubte.
Baur bestätigte zwar den Tod Hitlers, konnte ihn jedoch nicht als Augenzeuge bekunden. Hitler habe sich von ihm verabschiedet mit der Erklärung, daß er sich nunmehr das Leben nehmen wolle, nachdem die Lage hoffnungslos geworden sei. Hitlers letzter Auftrag an ihn sei gewesen, den Reichsleiter Martin Bormann per Flugzeug in Sicherheit zu bringen.[2]
- „Ich bin der festen Überzeugung, daß die Russen die Leiche Adolf Hitlers und der Eva Braun konserviert und irgendwo aufgehoben haben.“ — Hans Baur in einer Versammlung der Würzburger Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS im Frühjahr 1959
Baur pflegte bis zuletzt eine enge Freundschaft zu seinen alten Weggefährten, darunter Johanna Wolf, Gerda Christian-Dranowski ( 14. April 1997 in Düsseldorf), Christa Schroeder, Gertrud „Traudl“ Junge und Otto Günsche.
Tod
Generalleutnant a. D. Hans Baur verstarb 1993 und ruht mit allen drei Ehefrauen in einem Familiengrab auf dem Westfriedhof in München.
Familie
Hans Baur war dreimal verheiratet: Er ehelichte Elfriede „Frieda“ 1923 (Tochter Ingeborg). Elfriede ( 1901) starb 1935 an Krebs. Späterer heiratete er mit Adolf Hitler als Trauzeuge Maria ( 1907, zwei Töchter), die jedoch 1953 als er in sowjetischer Kriegsgefangenschaft war verstarb. Seine dritte und letzte Frau war Cresentia „Centa“ ( 1907), die ihn überleben sollte.
Mitgliedschaften
- NSDAP
- 1921 bis zum Verbot nach dem Marsch auf die Feldherrnhalle
- erneut am 4. Dezember 1926 eingetreten; NSDAP-Nr. 48.113
- SA 1932
- Deutscher Luftsportverband (DLV) im April 1933 als DLV-Fliegerkapitän mit der Dienststellung als „Fliegerstaffelführer“
- SS ab 14. Oktober 1933 bei der Adolf-Hitler-Standarte (umbenannt in Leibstandarte „Adolf Hitler“ am 9.11.1933 und in Leibstandarte-SS „Adolf Hitler“ am 12.4.1934)
- seit 27. März 1935 beim Stab Reichsführer-SS (Kriminalkommando, Kommando z. b. V. und Reichssicherheitsdienst) bis 2. Mai 1945
- Lebensborn seit dem 1. Dezember 1937
Beförderungen
- 1916 Gefreiter
- Juni 1918 Vizefeldwebel
- 20. Juli 1928 Flugkapitän der Lufthansa (mit Wirkung vom 1. Juli 1928)
- 1933 DLV-Fliegerkapitän
- 5. April 1934 SS-Standartenführer (mit Wirkung vom 14. Oktober 1933)
- 1934 Major der Schutzpolizei
- 9. September 1934 SS-Oberführer
- 30. Januar 1944 SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei
- 24. Februar 1945 SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS und der Polizei
- 29. April 1945 Generalleutnant der Luftwaffe (strittig)
- nach dem Krieg und der langen Kriegsgefangenschaft berichtete Baur, daß Hitler ihn kurz vor dem Freitod zum Generalleutnant der Luftwaffe befördert hatte, auch um ihn zu schützen, wohlwissend, daß SS-Dienstränge bei den heranrückenden Bolschewisten gefährdet sein würden. Für eine solche Beförderung gibt es jedoch keine Bestätigung, weder durch Protokoll- noch Soldbucheintrag.
Bildergalerie
Baur als Flugzeugführer der Fliegertruppe im Ersten Weltkrieg
Von links: Otto Günsche, Gerda Christian (geb. Daranowski; Hitlers Sekretärin und Ehefrau von Eckhard Christian), Nicolaus von Below, Centa Baur (Hans Baurs Gemahlin), Johanna Wolf (Hitlers Sekretärin), Generalleutnant und Flugkapitän a. D. Hans Baur und Emilie Christine „Christa“ Schroeder (Hitlers Sekretärin)
Auszeichnungen (Auszug)
Kaiserreich
- Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse
- Verwundetenabzeichen (1918) in Schwarz
- Bayerische Tapferkeits-Medaille in Silber
- Bayerisches Militär-Verdienst-Kreuz
- Königlich Bayer. Flugzeugführer-Abzeichen
- Osmanisches Flugzeugführerabzeichen
- Ehrenbecher für den Sieger im Luftkampf
- Flieger-Erinnerungsabzeichen (1914)
Zivile Auszeichnungen
- Lufthansa Flugzeugführerabzeichen
- Silberbronzeadler für den 100. Alpenflug
- Lewald-Preis im März 1932
- Lufthansa goldene Ehrennadel für 1.000.000 Flugkilometer im September 1933
Drittes Reich
- Ehrenkreuz des Weltkrieges 1914–1918 mit Schwertern
- Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938
- Medaille zur Erinnerung an den 13. März 1938
- SA-Sportabzeichen in Bronze
- Julleuchter der SS am 16. Dezember 1935
- Deutsches Olympia-Ehrenzeichen
- Komtur des Ungarischen Verdienstordens im Jahr 1941
- St. Alexander-Orden im Jahr 1941
- Ehrendegen des Kommandostabs RFSS
- Ehrenwinkel der Alten Kämpfer mit Stern
- SS-Ehrendolch
- Ritterkreuz des Ordens der Krone von Italien
- Dienstauszeichnung der NSDAP in Silber und Bronze
- Danziger Kreuz II. Klasse
- Flugzeugführerabzeichen (Wehrmacht)
- Ungarische Komturkreuz des Tapferkeitsorden, 1941
- Bulgarische Königlicher St. Alexander-Orden, 1941
- Orden der Krone von Rumänien im April 1942
- Finnischer Orden der Weißen Rose, Ritterkreuz
- Finnischer Orden des Freiheitskreuzes, II. Klasse mit Schwertern am 4. Juni 1942
- Totenkopfring der SS
- Goldenes Parteiabzeichen der NSDAP im Jahr 1943
- Orden der Krone König Zvonimirs I. Klasse mit Schwertern im Jahr 1943
- SS-Zivilabzeichen
- Dienstauszeichnung der NSDAP in Silber
- Gemeinsames Flugzeugführer- und Beobachterabzeichen in Gold mit Brillanten
Werke
- Ich flog Mächtige der Erde, Pröpster, Kempten 1956
- Mit Mächtigen zwischen Himmel und Erde, 9. Auflage, K.W. Schütz-Verlag, Coburg 1993, ISBN 3-87725-050-5
- Hitler at my side, Autobiographie, englisch, 1986
Siehe auch
Literatur
- C. G. Sweeting: Hitler’s personal pilot. The life and times of Hans Baur, Brassey, Dulles, Va. 2000, ISBN 1-57488-288-0
Verweise
- Literatur von und über Hans Baur im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Fußnoten
- Geboren 1897
- Gestorben 1993
- Deutscher Luftfahrzeugführer
- SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS
- SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei
- Jagdflieger im Ersten Weltkrieg
- Freikorps-Mitglied
- NSDAP-Mitglied
- Person im Zweiten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Träger des Eisernen Kreuzes I. Klasse (1914)
- Träger des Finnischen Ordens der Weißen Rose
- Träger des Ordens der Krone von Italien (Ritter)
- Träger des Finnischen Ordens des Freiheitskreuzes
- Träger des St. Alexander-Ordens
- Träger des Goldenen Parteiabzeichens der NSDAP
- Träger des SS-Ehrendegens
- Ehrenringträger (Deutschland)
- Träger des Danziger Kreuzes
- Träger des Ordens der Krone König Zvonimirs
- Kriegsgefangener