Wernicke, Otto
Otto Karl Robert Wernicke ( 30. September 1893 in Osterode am Harz; 7. November 1965 in München) war ein deutscher Schauspieler.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Stummfilmzeit
Otto Wernicke wurde am 30. September 1893 in Osterode im Harz geboren und wuchs in Bitterfeld und Leipzig auf. Sein Vater war ein Brauereidirektor in Osterode und verstarb früh. Wernicke machte eine Buchhändlerlehre.
Er erbettelte von seiner Mutter die Erlaubnis, dramatischen Unterricht zu nehmen. Wilhelm Walter, ein in jener Zeit sehr geschätzter Charakterspieler des Leipziger Schauspielhauses, wurde als sein Lehrer auserkoren – zunächst für zehn Stunden, da für die Mutter schon diese begrenzte Stundenzahl ein schweres finanzielles Opfer bedeutete und da sich ja auch erst einmal zeigen mußte, ob das Talent des Jungen dieses Opfer rechtfertigte. Als die zehn Stunden absolviert waren, erkundigte sich die Mutter bei dem Lehrer nach den Fortschritten, die ihr Sohn gemacht hatte. Aber die Auskunft, die sie erhielt, war leider alles andere als ermutigend. Wilhelm Walter war mit seinem Schüler gar nicht zufrieden und glaubte es darum auch nicht verantworten zu können, den Unterricht fortzusetzen. Aber Otto Wernicke ließ trotzdem den Kopf nicht hängen. Er war bereits so felsenfest davon überzeugt, daß es diesen und keinen anderen Beruf für ihn gebe, daß er heimlich nach Bad Kösen fuhr, wo, wie man ihm erzählt hatte, ein Agent für verschiedene thüringische Theater Schauspieler suchte. Und siehe da: Der „Gewaltige" fand Gefallen an dem jungen Mimen und verpflichtete ihn an das Erfurter Volkstheater.
Von Erfurt (1909–1913), wo damals als Theaternovize auch Erika Glässner engagiert war, kam Wernicke nach Meißen und Eisenach (1913/14), das ein ausgezeichnetes Theater hatte. Dann unterbrach erst einmal der Ersten Weltkrieg seine Bühnenlaufbahn. Wernicke zog mit den Fünfunddreissigern, deren Garnison Brandenburg an der Havel war, ins Feld, und da bei dem Regiment viele Berliner waren, lernte er auf diese Weise seinen bekannten berlinischen Dialekt.[1]
Nach dem Kriege wurde Wernicke zuerst ans Stadttheater in Bonn und dann an das Münchner Staatstheater verpflichtet. Dort war er nicht weniger als sechzehn Jahre tätig – in der bayrischen Landschaft, an der er sehr hing.
Tonfilm
Seit 1929 hatte er Gastspiele in Berlin, 1934 bekam er eine Anstellung am Deutschen Theater (bis 1941), danach am Staatstheater (1941–1944) unter Gustaf Gründgens. In München begann Wernicke sporadisch in Filmen mitzuwirken; der Durchbruch gelang ihm 1931 in Berlin mit seinem ersten Tonfilm, Fritz Langs „M“: Mit dem Kommissar Lohmann verkörpert er einen neuen Typ von Kriminalkommissar, der seine Fälle nicht, wie der Gentlemandetektiv der Stummfilmzeit, durch Intuition und geniale Einfälle löst, sondern eher mühsam in für das Publikum nachvollziehbarer Weise.
In den den 1930er Jahren trat er wiederholt im Deutschen Theater in Berlin auf, dem er nun als Mitglied angehört. Die Zusammenarbeit mit Heinz Hilpert, dem Leiter des Deutschen Theaters, war für ihn, wie er bekannte, die schönste künstlerische Erfüllung, die er sich wünschen konnte.
In den folgenden Jahren spielte er neben weiteren Kommissaren („Das Testament des Dr. Mabuse“, „Das große Abenteuer“) meist kleinere Beamte, Angestellte, Handwerker, Unteroffiziere und ähnliche Rollen; seine Darstellung hatte immer etwas vertrautes, volksverbundenes: „Wernicke gab, ein echter Volksschauspieler, diese Menschen so, wie der einfache Mann im Zuschauerraum sich haben will und selbst zu sein glaubt.“ (Ihering, 1942).
Nachkriegszeit
Nach Kriegsende war er wieder in München: neben seiner Anstellung am Bayerischen Staatsschauspiel wirkte er an zahlreichen Filmen mit. 1950 entstand seine einzige Regiearbeit, der Kriminalfilm „Wer fuhr den grauen Ford?“. Im April 1951 verunglückte Wernicke bei einem Bühnenunfall so schwer, daß er infolge Lähmungserscheinungen und eines Verlustes des Sprachvermögens seinen Beruf nicht mehr ausüben konnre. Erst ab 1955 trat er wieder in kleineren Filmrollen und Hörspielen auf, dem Theater blieb er als Gastdozent der Falkenbergschule in München verbunden.
Otto Wernicke starb am 7. November 1965 in München. Wernicke wurde auf dem Nordfriedhof in München begraben, die Grabstelle ist inzwischen aufgelöst.
Filmbeiträge
V.S.-Produktion: Schauspielerleben: Otto Wernicke (Staffel 8 / Folge 4, 2021)
Filmographie
- 1921: Der Mädchenhändler von Kairo
- 1923: Die Mysterien eines Frisiersalons
- 1923: Die suchende Seele
- 1925: Das Parfüm der Mrs. Worrington
- 1928: Die Hölle von Montmartre
- 1931: Stürme der Leidenschaft
- 1931: M – Eine Stadt sucht einen Mörder
- 1932: Peter Voß, der Millionendieb
- 1932: Die verkaufte Braut
- 1932: Die Zwei vom Südexpreß
- 1932: Die Nacht der Versuchung
- 1933: Die blonde Christl
- 1933: Das Testament des Dr. Mabuse
- 1933: SA-Mann Brand
- 1933: Der Tunnel
- 1934: Der Flüchtling aus Chicago
- 1934: Achtung! Wer kennt diese Frau?
- 1934: Zwischen Himmel und Erde
- 1934: Peer Gynt
- 1934: Liebe dumme Mama
- 1934: Die vertauschte Braut
- 1934: Der Herr der Welt
- 1935: Knock-out. Ein junges Mädchen – ein junger Mann
- 1935: Henker, Frauen und Soldaten
- 1935: Ein ganzer Kerl
- 1935: Die lustigen Weiber
- 1935: Der mutige Seefahrer
- 1936: Arzt aus Leidenschaft
- 1936: Straßenmusik
- 1936: Onkel Bräsig
- 1936: Gleisdreieck
- 1936: Das Schloß in Flandern
- 1937: Wie einst im Mai
- 1937: Wie der Hase läuft
- 1937: Unternehmen Michael
- 1937: Starke Herzen
- 1937: Manege
- 1937: Heimweh
- 1937: Der Katzensteg
- 1937: Das große Abenteuer
- 1937: Autobus „S“. Ein Mann kam nicht nach Hause
- 1938: Rätsel um Beate
- 1938: Nordlicht
- 1938: Liebesbriefe aus dem Engadin
- 1938: Geheimzeichen LB 17
- 1938: Eine Frau kommt in die Tropen
- 1938: Dreizehn Mann und eine Kanone
- 1938: Drei wunderschöne Tage
- 1939: Silvesternacht am Alexanderplatz
- 1939: Salzburg, die Festspielstadt
- 1939: Maria Ilona
- 1939: Johannisfeuer
- 1939: Gold in New Frisco
- 1939: Ein Lied verklingt
- 1939: Der Stammbaum des Dr. Pistorius
- 1939: D III 88
- 1940: Was wird hier gespielt?
- 1941: Friedemann Bach
- 1941: Sein Sohn
- 1941: Ohm Krüger
- 1941: Heimkehr
- 1941: Die Kellnerin Anna
- 1942: Der große König
- 1942: Der Seniorchef
- 1943: Titanic
- 1944: Seinerzeit zu meiner Zeit
- 1944: Der Große Preis
- 1944: Das Leben ruft
- 1945: Kolberg
- 1945: Kamerad Hedwig [unvollendet]
- 1945: Der Fall Molander
- 1947: Zwischen gestern und morgen
- 1948: Lang ist der Weg
- 1948: Der Herr vom andern Stern
- 1949: Du bist nicht allein
- 1949: Amico
- 1950: Wer fuhr den grauen Ford?
- 1950: Vom Teufel gejagt
- 1950: Susanna Jakobäa Krafftin
- 1950: Die fidele Tankstelle
- 1951: Schatten über Neapel
- 1955: Himmel ohne Sterne
- 1956: Studentin Helene Willfüer
- 1956: Die letzte Patrouille?
- 1956: Der Hauptmann von Köpenick
- 1956: Das Sonntagskind
- 1959: Liebe verboten – Heiraten erlaubt
- 1959: Liebe auf krummen Beinen
- 1959: Immer die Mädchen
- 1959: Die feuerrote Baronesse
Theatrographie (Auswahl)
- 1935: Maß für Maß (Deutsches Theater, Berlin)[2]
- 1938: Der Kaiser von Amerika (Deutsches Theater, Berlin)
- 1938: Shakespeares Sturm (Deutsches Theater, Berlin)[3]