Deutsche Luft Hansa AG
Die Deutsche Luft Hansa Aktiengesellschaft (AG) war ein deutsches Flugunternehmen, das am 6. Januar 1926 gegründet wurde. Ab 1933 wurde in der Firmenbezeichnung das Wort „Lufthansa“ (Deutsche Lufthansa; DLH) zusammen geschrieben. Nach der Kapitulation der Wehrmacht 1945 und der damit einhergehenden Zerstörung der bis dahin weltweit führenden deutschen Flugzeugindustrie wurden in den deutschen Teilstaaten der SBZ und Trizone in den Jahren 1954 und 1955 gleichnamige Unternehmen etabliert.
Inhaltsverzeichnis
Deutsche Lufthansa
Luftfahrtgeschichte der Nachkriegszeit
Die Geschichte der Zivilluftfahrt in Deutschland begann bereits am 13. Dezember 1917, als die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft die Deutsche Luftreederei gründete. Am 5. Februar 1919 wurde die erste Fluglinie zwischen Berlin-Joachimsthal und Weimar eröffnet. Im Herbst 1919 wurde aus wirtschaftlichen Gründen aufgrund des verlorenen Ersten Weltkrieges der Flugverkehr unterbrochen, konnte jedoch schon Anfang 1920 erneut aufgenommen werden, nachdem sich das Reichsamt für Luft- und Kraftfahrwesen bereit erklärt hatte, den deutschen Luftverkehr zu unterstützen.
Selbst in der chaotischen Phase nach dem Waffenstillstand vom 18. November 1918 war Deutschland entschlossen, die technische Führungsposition in der nationalen Luftfahrtindustrie beizubehalten. Innerhalb von nur zwei Monaten hatte die deutsche Verkehrsluftfahrt als eine der ersten im Kreis der am Krieg beteiligten Nationen wieder Fuß gefaßt und vier Monate später eröffnete die Deutsche Luft Reederei den weltweit ersten regelmäßigen Passagierverkehr auf der Strecke Berlin-Weimar.
Linienflüge
Kurz darauf kamen Linien nach Leipzig, Swinemünde und Westerland (über Hamburg) sowie Gelsenkirchen (über Hannover) hinzu. Als größter innerdeutscher Konkurrent der Deutschen Luftreederei trat noch die Junkers AG auf. Einen ersten Schritt zu einer Fusion stellte die Gründung der Aero-Union AG am 21. April 1921 dar. Betreiber waren die DLR, die Danziger Luft Reederei und die Deruluft. Diese war eine deutsch-russische Luftverkehrsgesellschaft, die die Strecke Königsberg–Moskau beflog.
Hugo Junkers gründete 1920 zusammen mit anderen Unternehmen die Lloyd-Ostflug GmbH. Sie baute ihr Streckennetz nach Ostdeutschland auf und betrieb zusammen mit der Deutschen Luft-Reederei GmbH die Fluglinie Berlin–Schneidemühl–Königsberg. Damit war Königsberg ab Dezember 1920 an das entstehende Luftnetz des deutschen Reiches angeschlossen. Die Flugleitung auf dieser Route hatte Erhard Milch, der kurz darauf Geschäftsführer der Danziger Luft-Reederei und später Direktor der Deutschen Lufthansa und Generalfeldmarschall der Luftwaffe wurde.
Von Berlin nach West- und Ostpreußen
Ab dem 15. Mai 1921 wurde die Flugstrecke Berlin–Königsberg über Stettin statt über Schneidemühl nach Danzig geführt. Um auch die Freie Stadt Danzig an den Luftpostverkehr anzuschließen, wurde dort am 26. Februar 1921 die Danziger Luft-Reederei gegründet. Sie begann am 1. April den Flugdienst auf der Strecke Danzig–Königsberg–Memel. Diese Strecke wurde am 29. Juli bis Riga und von dort am 20. September bis Reval verlängert.
Gründung und Erstflug
Unter Beteiligung des Reiches wurde dann am 6. Januar 1926 aus den bestehenden Gesellschaften die Deutsche Luft Hansa Aktiengesellschaft im Hotel „Kaiserhof“ gegründet, die alle bedeutenden Städte Deutschlands mit den europäischen Ländern, dem fernen Osten und Nordamerika verbinden sollte. Die deutschen Fluggesellschaften bestritten nun 40 % des gesamten Weltluftverkehrs. Da der Südatlantik nicht ohne Zwischenstop überquert werden konnte, wurde auf der Insel Fernando Noronha vor Brasilien ein Stütz- und Landepunkt errichtet. Auch Katapultflugzeuge im Atlantik wurden stationiert.
Auszug aus der Reisebeschreibung des Erstfluges vom Meteorologen Dr. Ernst Thorst:
- „Kein Bordfunk, kein Peilfunk, keine automatische Kurssteuerung, folglich kein Flug in, durch oder über die Wolken. Also nur Wetterberatung, ob ein Flug durchführbar ist oder nicht. Bei ‚nicht‘, werden die Passagiere ‚ausgelüftet‘ und zweiter Klasse per Bahn weiterverfrachtet. Das kam öfters vor, weil zwischen Erfurt und Stuttgart der Thüringer Wald liegt, dem bei Winden aus Nord wie auch Süd am wohlsten unter einer dicken Wolkendecke ist. Zum Blindflug durch diese Decke reichte der schlichte Wendezeiger aber nicht aus. Also mußte auch in Erfurt ein Wetterfrosch eingesetzt werden. Nun die Herren Flugzeugführer von damals waren nicht zimperlich, zum Teil Alte Adler aus dem I. Weltkrieg. Gab’s damals doch mitunter bei Flaschenwetter eine Möglichkeit, Gefahrenzonen auszuweichen und wolkenumhüllte Höhen, Gewitter oder Nebelfelder zu umfliegen. So gingen sie auf der Strecke Erfurt-Stuttgart gern das Wagnis ein, sich über das Werratal bei Eisenach zwischen den Bergen hindurchzuwinden. Den damals ‚möglichen‘ Fahrgästen mochte in der engen Kabine dann nicht ganz wohl zumute gewesen sein. So wenig wie mir, der ich an einem Waschküchentag damals, von Beruf wegen ausnahmsweise, als fünfter Passagier auf den noch einzig freien Platz neben dem Piloten zu sitzen kam, fahrtwindumsäuselt und das Gedröhn des Motors im Ohr. Man war ja nur nach vorne gegen Öl- und Gaseruptionen gedeckt, wo sich der Auspuff befand, seitlich hingegen hatte man freien Ausblick.“
Es gab auch schon Regeln für Luftfahrzeugführer und Passagiere:
- Die Passagiere mußten aus den „Anordnungen für Luftpassagiere“ z. B. noch folgende Warnungen beachten: Nicht „den Kopf oder den Arm plötzlich über Bord strecken; man könnte durch den Luftdruck überrascht und verletzt werden ... Hochflieger sollten vorher Wasser abschlagen und keine Speisen wie Erbsen, Bohnen oder Schwarzbrot zu sich nehmen ...“
- So heißt es in der ersten Flugkapitän-Anweisung der jungen Lufthansa: „Der Genuß berauschender Getränke oder irgendwelcher Rauschgifte vor dem Fluge und während des Fluges sowie das Rauchen im Führersitz ist streng verboten. Auf Streckenflügen ist das Abweichen vom Kurs, etwa um landschaftlich schöne Punkte den Fluggästen zu zeigen, oder das Umkurven solcher Punkte verboten.“
Am 3. Februar 1934 wurde durch Initiative von Carl August Freiherr von Gablenz der erste planmäßige Flug zwischen Deutschland und Südamerika unternommen. Am 28. September 1934 konnte die Lufthansa ihren einmillionsten Passagier begrüßen.
Severa GmbH
- Die dritte zivile S 1 wurde im März 1926 fertiggestellt, als Antrieb hatte das Flugzeug von Anfang an einen Mercedes D IV a mit 260 PS (191 kW) Leistung eingebaut. Nach den Abnahmeflügen und mit der Zulassung D-830 ging sie gegen Ende März 1926 an die Severa-Station Norderney. Im Flugbuch von Gerhard Hubrich ist sie dort von April 1926 bis Oktober 1927 nachweisbar. Aus dem Jahr 1926 stammt eine Notlandemeldung der Luftüberwachung Hannover: Am 18.8.1926 befand sich die D-830 auf einem Fotoflug mit Flugzeugführer Hubrich am Steuer, als Begleiter flog Theodor Rowehl mit (der spätere Luftwaffen-Oberst und Kommandeur der Aufklärungsgruppe Ob.d.L). Aus ungenannten Gründen mußte das Flugzeug auf der Unterweser notlanden, konnte aber glatt den Anleger des Wasserflugplatzes Blumenthal (bei Bremen) erreichen. Den Winter 1927/28 hindurch befand sich die S 1 in Überholung und war während dieser Zeit abgemeldet. Im Februar 1928 wurde sie wieder als D-830 zugelassen. Genau ein Jahr später, im Februar 1929, änderte sich der Name des Eigentümers und Halters von Severa GmbH in Deutsche Luft Hansa, Abt. Küstenflug. Dahinter steckte der Versuch, durch Nutzung eines bekannten und unverfänglichen Firmennamens die wahren Aufgaben der Severa zu tarnen und damit den Vorwurf der Alliierten zu entkräften, gegen die Bedingungen des Versailler Friedensvertrags zu verstoßen. Allerdings war die Nutzung des Namens „Luft Hansa“ nicht mit dem eigentlichen Namensinhaber abgestimmt und führte zu heftigen Kontroversen zwischen den beteiligten Parteien und auch dem RWM. Letzten Endes sah man sich im Juli 1929 gezwungen, den Namen „Deutsche Luft Hansa, Abt. Küstenflug“ wieder abzulegen und die neue Firmenbezeichnung „Luftdienst GmbH“ einzuführen.[2]
Zweiter Weltkrieg
Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 3. September 1939 beeinträchtigte die deutsche Zivilluftfahrt stark. Immer mehr Flugzeuge mußten der Militärluftfahrt zugeführt werden, da Deutschland nicht über ausreichend militärische Flugzeuge verfügte. Die letzten protokollierten Flüge führten am 4. Mai 1945 mit einer Focke-Wulf Fw 200 „Condor“ von Oslo nach Flensburg und einer Junkers Ju 52 3/m von Aalborg nach Oslo.
Die endgültige Zerstörung Deutschlands 1945 besiegelte auch den Zusammenbruch der Deutschen Lufthansa, deren weltumspannendes Streckennetz nur sechs Jahre zuvor bei Entfesselung des Zweiten Weltkrieges gegen Deutschland durch Frankreich und England noch von Berlin bis nach Santiago de Chile und Bangkok reichte.
Nachdem Zweiten Weltkrieg
Lufthansa in der West-BRD
Am 6. Januar 1953, auf den Tag 27 Jahre nach der alten Lufthansa, wurde die „Aktiengesellschaft für Luftverkehrsbedarf“ (Luftag) mit einem Grundkapital von anfangs sechs Millionen Mark gegründet. Wie vom VAL geplant, beteiligten sich daran zunächst der Bund, die Bundesbahn und das Land Nordrhein-Westfalen. Im Rahmen einer ersten Kapitalerhöhung auf 25 Millionen Mark kamen im Dezember 1953 weitere 125 Privataktionäre aus Wirtschaftskreisen mit einem Anteil von zusammen zehn Prozent hinzu.
Mit Ratifizierung der Pariser Verträge erlangte die Bundesrepublik Deutschland am 5. Mai 1955 die lang ersehnte Lufthoheit zurück. Bis zu diesem Stichtag mußte die Lufthansa bei dem dafür zuständigen Military Security Board (MSB) Ausnahmegenehmigungen für die zuvor eingetroffenen Flug- und Schulungsgeräte einholen.
Im Einvernehmen mit der Alliierten Hohen Kommission erteilte Bundesverkehrsminister Hans-Christoph Seebohm am 1. März 1955 die Genehmigung zur Aufnahme eines Probeverkehrs in Deutschland. Der kommerzielle Verkehr in Deutschland wurde ab 1. April 1955 gestattet, innerhalb Europas ab 15. Mai 1955 und der Transatlantikverkehr in die VSA ab 1. Juni 1955. Schon 1954 wurde der Name in „Deutsche Lufthansa Aktiengesellschaft“ (kurz: Lufthansa) geändert.
Damit waren nun endgültig alle Hürden für den Start der neuen Lufthansa aus dem Weg geräumt. Zehn Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges und dem damit verbundenen Flugverbot für Deutsche begann das zweite Kapitel des deutschen Luftverkehrs.[3]
Lufthansa in der DDR
Nach Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 7. Oktober 1949 hatte die Zuständigkeit für die Lufthoheit des Teilstaates weiterhin ein sowjetischer Hoher Kommissar namens J. Semjonov. Dieser erklärte seine Genehmigung zur Nutzung des Flughafens Schönefeld/Berlin durch schwedische und schweizerische Fluglinien. Er ordnete den Ministerpräsidenten Grotewohl an, die Maßnahmen zu ergreifen, die für die Eröffnung des zivilen Flugverkehrs notwendig waren.
Die Lufthansa in der DDR ging Ende der 1960er Jahre in der „Interflug“ auf.
Lufthansa in der Groß-BRD
Sitz der heutigen „Deutschen Lufthansa Aktiengesellschaft“ ist Köln. Zur Lufthansa Gruppe gehören die Fluggesellschaften Lufthansa Passage, SWISS, Austrian Airlines, German Wings, Brussels Airlines und JetBlue. Lufthansa ist u. a. „Nationaler Förderer der Stiftung Deutsche Sporthilfe“ und seit vielen Jahren offizieller Unterstützer des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland (NOK).
Personen (Auswahl)
- Flugkapitän Werner Baake
- Flugkapitän Hans Baur
- Flugleiter Hauptmann a. D. Martin Fiebig
- Flugkapitän Alfred Henke
- Am 10. August 1938 flog die Fw 200 V1 „Condor“ (D-ACON), Werk-Nr. 2000, der Lufthansa unter dem Kommando von Flugkapitän Dipl.-Ing. Alfred Henke und mit Hauptmann Rudolf von Moreau (zweiter Flugzeugführer), Paul Dierberg (Oberfunker-Maschinist) und Walter Kober (Oberflugzeugfunker) als erstes landgestütztes Passagierlangstreckenflugzeug ohne Unterbrechung die 6.371,302 Kilometer lange Strecke von Berlin-Staaken zum Floyd Bennett Field in Neu York Stadt in 24 Stunden, 56 Minuten und 12 Sekunden; dies entsprach einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 255,499 km/h.
- Flugkapitän Bernhard Jope
- Hermann Köhl – Ozeanflieger und erster Nachtflugleiter der Lufthansa
- General der Flieger a. D. Kreipe (seit 1955 stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender)
- Flugkapitän Diether Lukesch
- Flugkapitän Harry Rother[4]
- u. a. Rund-Afrika-Flug 1937 mit Rudolf Freiherr von Moreau
- Flugkapitän Joachim von Schröder
- Flugkapitän Peter Spoden
- Peter Supf (lebenslänglicher Freiflugschein als einziger Mensch)
- Flugkapitän Robert Untucht
Bildergalerie
Plakat von Ludwig Hohlwein anläßlich der Olympischen Sommerspiele 1936
Lufthansa-Anzeige mit dem Wahlspruch „Fliegen heißt siegen“
Von links: Franz Preuschoff (Flugzeugmechaniker der Lufthansa und vielfacher Expeditionsteilnehmer), Fischer von Poturzyn (der den Firmennamen „Luft Hansa“ geprägt haben soll) und Rudolf Cramer von Clausbruch (1926 einer der ersten Flugkapitäne der Lufthansa) beim 50jährigen Jubiläum der Deutschen Lufthansa, 1976
„Siegerflieger“ der Lufthansa bei strahlendem Kaiserwetter im sondergenehmigten Tiefflug über Berlin zur Siegesfeier am Brandenburger Tor nach der Fußball-Weltmeisterschaft 2014
Literatur
- Friedrich Andreas Fischer von Poturzyn:
- Luft-Hansa – Luftpolitische Möglichkeiten, Leipzig 1925
- Luftbarrikaden – Die Befreiungspolitik der deutschen Luftfahrt, Hannover 1926
- Luftmacht – Gegenwart und Zukunft im Urteil des Auslandes, Heidelberg 1938
- Großer Luftverkehrs-Atlas von Europa, bearbeitet und herausgegeben unter Mitwirkung der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luftfahrt e. v. (WGL), Berlin, und unter Benutzung des Materials der Deutschen Lufthansa a. g., Berlin (1927)
- Wulf Bley: Deutsche Luft Hansa A.-G., (Band 5 der Reihe „Stätten deutscher Arbeit“), Widder-Verlag, Berlin 1932