Invalidenfriedhof
Der Invalidenfriedhof ist ein historischer Friedhof und eine Gedenkstätte im Ortsteil Mitte des Berliner Bezirkes Mitte.
Inhaltsverzeichnis
Erläuterung
Er liegt zwischen Scharnhorststraße und Berlin-Spandauer Schiffahrtskanal, nördlich des Bundeswirtschaftsministeriums. Die Anlage gehört zu den ältesten Friedhöfen in Berlin und wird als Zeugnis der preußischen und deutschen Militärgeschichte wie als Erinnerungsstätte an die deutschen Befreiungskriege der Jahre 1813 bis 1815 angesehen.
Zerstörungen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs und in der DDR-Zeit, als durch den Friedhof ein Teil der Berliner Mauer lief, haben dazu geführt, daß auf dem 2,54 Hektar großen Gelände nur etwa 230 Gräber erhalten sind. Ein Förderverein des Friedhofs bemüht sich seit 1992 um Bewahrung und Restaurierung der Anlage und Grabstätten. Wegen der historischen und kulturellen Bedeutung der Gesamtanlage und einzelner Grabdenkmale ist der Invalidenfriedhof als Gartendenkmal gelistet.
Geschichte
König Friedrich II. von Preußen ließ 1746 in der Nähe der Charité, in einem noch weitgehend unbewohnten und öden Gebiet nordöstlich des von der Berliner Zollmauer umgebenen Stadtgebietes, ein Invalidenhaus einrichten. In ihm wurden seit der Eröffnung am 15. November 1748 „lahme Kriegsleut“, also Kriegsversehrte, untergebracht. Sie sollten sich so weit wie möglich durch Landwirtschaft selbst versorgen, dadurch aber auch mithelfen, die im Volksmund als „Sahara“ bekannte Gegend zu kultivieren. Pläne für eine Wohnanlage für invalide Soldaten hatte es schon unter den Königen Friedrich I. und Friedrich Wilhelm I. gegeben. Aber erst die hohen Versehrtenzahlen der ersten beiden Schlesischen Kriege 1740–1742 und 1744/1745 veranlaßten Friedrich den Großen, diese Pläne umzusetzen.
Zum königlichen Legat gehörte umfangreicher Landbesitz von 134 Hektar. Direkt nördlich vom Invalidenhaus, an einer zur Gesamtanlage gehörenden Windmühle an der Kirschallee (ab 1860: Scharnhorststraße), lag der Begräbnisplatz. Bei der ersten Beerdigung auf dem neuen Friedhof wurde am 20. Dezember 1748 der katholische Unteroffizier Hans Michael Neumann aus Bamberg beigesetzt; das Grab existiert nicht mehr.
Ursprünglich umfaßte der „Kirchhof der Invalidengemeinde“ nur das heutige Grabfeld A im Nordosten des Areals, in dem später auch die Kommandanten des Invalidenhauses beigesetzt wurden („Kommandantengräber“). Es liegt nahe jetzigem Wirtschaftshof und Lapidarium. 1769 wurde westlich angrenzend ein zweiter Friedhofsteil erschlossen, das heutige Grabfeld B. Der Rest des heutigen Friedhofbereichs wurde im 18. Jahrhundert noch landwirtschaftlich genutzt; im Gebiet bis zum östlich gelegenen Schönhauser Landwehrgraben (heute Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal) lagen Wiesen.
Der ursprüngliche Friedhof war vermutlich eingezäunt, wies aber sonst wohl keinen Schmuck und keine Wegemarkierungen aus. Eine umfassende Gestaltung von Friedhöfen mit Ausbildung einer eigenen Friedhofskultur und parkähnlichen Anlagen setzte in Preußen erst 1794 ein. In diesem Jahr trat das „Allgemeine Landrecht der Preußischen Staaten“ in Kraft, das Bestattungen in Kirchen und bewohnten Stadtgegenden untersagte.
Aus der Frühzeit des Friedhofs existieren einige wertvolle Grabmale, die sowohl die Geschichte des Ortes wie auch die Entwicklung der Sepulkralkultur in Preußen bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts widerspiegeln.
Nachkriegszeit
Daß es nach dem Zweiten Weltkrieg auch auf dem Invalidenfriedhof zu einer „Entnazifizierung“ kam, kann nicht verwundern. Ein Alliierter Kontrollratsbeschluß vom 17. Mai 1946 verlangte die Entfernung von allen „militaristischen und nationalsozialistischen Denkmälern“, auch auf Begräbnisplätzen. Insgesamt hielt man sich jedoch noch mit der Vernichtung zurück. Bis in die sechziger Jahre fanden auch noch Beerdigungen statt. Am 1. Juni 1950 begann mit einer Verfügung zur „Rekonstruktion“ die erste Abräumaktion. Erste Grabstellen wurden eingeebnet und Rasenflächen angelegt. Aber noch war der Friedhof als ganzes erhalten.
Die eigentliche Zerstörungswelle begann mit dem Mauerbau 1961. Verschlimmernd wirkt dabei die Tatsache, daß die Abtragung der Grabmäler nirgends dokumentiert wurde. Die meisten gußeisernen Grabmale werden in volkseigenen Hochöfen gelandet sein. War ein freies Beobachtungs- und Schußfeld das Hauptziel der Zerstörungen auf dem Friedhof, kann man den Kommunisten wohl auch reines Zweckdenken unterstellen. Beispielsweise wurde das niedrige, wertvolle Eisengußgitter mit Familienwappen der Familie Schlieffen entfernt, obwohl es der freien Sicht nicht im Wege stand. 1967 war etwa ein Drittel des Friedhofes eingeebnet. Das nördliche Feld I wurde Ende der sechziger Jahre zum Parkplatz umfunktioniert, und mit dem stufenweisen Ausbau des "antifaschistischen Schutzwalls" nahm auch die Zerstörung des Invalidenfriedhofes ihren Lauf. Einzig die Gräber der Militärreformer Scharnhorst und Boyen, denen sich die DDR mit ihrer „Volksarmee“ verpflichtet fühlte, verhinderten die Gesamtzerstörung. Die wohl einzige Umbettung, die in der Nachkriegszeit stattfand, war die des berühmten Jagdfliegers Manfred von Richthofen 1976 auf den Heldenfriedhof von Wiesbaden.
So mancher gute Geist hat im Stillen zur Erhaltung beigetragen, beispielsweise durch die Umsetzung des Grabmals des Generals Hoffmann vom abgeräumten Feld E in das Feld D, durch den ehemaligen Wachtmeister bei den 1. Garde-Dragonern, Fritz Schadomski, verstorben 1967, womit es vor der Zerstörung bewahrt wurde.
Auch der Eingangsbereich wurde verändert. Zwei wachhausähnliche Pfeiler, links und rechts des Tores sowie das alte Wärterhäuschen existieren heute nicht mehr. Ein häßliches Stahltor verhinderte den Einblick. Das heutige Tor wurde dem Original nachempfunden.
Um auf den Friedhof zu gelangen, mußte man sich an die Besuchszeiten halten, die ab 1965 zweimal zwei Stunden pro Woche vorsahen. Zeitweise war sogar eine Anmeldung bei der örtlichen Polizeiwache erforderlich. Ebenso mußte man mit der Feststellung der Personalien rechnen. Das Betreten der Felder B und C, die ja direktes Grenzgebiet waren, gelang nur, wenn ein pflichtvergessener Grenzsoldat es tolerierte. Vom nahen Wachturm aus beobachtet, war aber auch dieser Besuch meist kurz. Aus verschiedenen Grabsteinen hatten sich Grenzsoldaten auf dem Feld A einen Unterstand für Schlechtwetter gebaut.
Mit der Maueröffnung und der Wiedervereinigung rückte auch der Invalidenfriedhof wieder ins Licht der Öffentlichkeit. Leider zog er auch Kriminelle an, die in den wenigen Resten noch Lohnenswertes fanden.
Bekannte Personen, die hier bestattet wurden
Person | Todesjahr /
Umbettung |
Grabfeld
(ursprünglich) |
Grabstätte erhalten /
wieder angelegt |
Restitution Grabstein | Bild der Grabstätte | Profilbild |
Rohdich, Friedrich Wilhelm von
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1796 | A | ja | |||
Pirch, Otto Carl Lorenz von
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1824 | A | ja | |||
Tauentzien, Bogislav Friedrich Emanuel von
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1824 | A | ja | |||
Scharnhorst, Gerhard von
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1813/1826 | C | ja
Ehrengrab Land Berlin |
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Witzleben, Job von
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1837 | C | ja | |||
Pirch, Georg Dubislaw Ludwig von
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1838 | A | ja | |||
Rauch, Gustav von
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1841 | C | ja
Ehrengrab Land Berlin |
|||
Held, Hans von
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1842 | nein | ||||
Friesen, Karl Friedrich
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1814/1843 | C | ja
Ehrengrab Land Berlin |
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Wolzogen, Ludwig von
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1845 | C | nein | |||
Boyen, Hermann von
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1848 | C | ja
Ehrengrab Land Berlin |
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Scharnhorst, Wilhelm von
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1854 | C | ja | |||
Hiller von Gaertringen, August
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1856 | C | ja | |||
Reyher, Karl von
|
1857 | C | ja | |||
Winterfeldt, Hans Karl von
|
1757/1857 | C | ja | |||
Dohna-Schlobitten, Karl Friedrich Emil zu
|
1859 | C | ja | |||
Schmückert, Gottlieb Heinrich
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1862 | C | nein | |||
Raven, Eduard von
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1864 | |||||
Brandt, Heinrich von
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1868 | C | nein | |||
Berneck, Karl Gustav
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1871 | C | nein | |||
Hindersin, Gustav Eduard von
|
1872 | D | nein | |||
Zastrow, Heinrich Adolf von
|
1875 | C | ja | |||
Budritzki, Rudolph Otto von
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1876 | F | nein | |||
Neuhaus, Friedrich
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1876 | B | nein | 1994 | ||
Wöhlert, Johann Friedrich Ludwig
|
1877 | D | nein | |||
Barnim, Therese von, geb. Elßler
|
1878 | C | nein | |||
Witzleben, Gerhard August
|
1880 | C | nein | |||
Groß, Julius von
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1881 | A | nein | |||
Hagen, Gotthilf
|
1884 | C | ja | |||
Ollech, Karl Rudolf von
|
1884 | E | nein | |||
Hülsen, Botho von
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1886 | B | nein | |||
Brandenstein, Karl von
|
1886 | C | nein | |||
Stein, Heinrich Freiherr von
|
1887 | nein | ||||
Rabitz, Karl
|
1891 | E | nein | |||
Credé, Carl Siegmund Franz
|
1892 | nein | ||||
Pape, Alexander von
|
1895 | B | nein | |||
Meerscheidt-Hüllessem, Oskar von
|
1895 | nein | ||||
Wickede, Wilhelm von
|
1895 | B | nein | |||
Kaltenborn-Stachau, Hans Karl Georg von
|
1898 | F | nein | |||
Boehn, Oktavio Philipp von
|
1899 | A | nein | |||
Coler, Alwin Gustav von
|
1901 | F | nein | |||
Schele, Friedrich von
|
1904 | E | nein | 2002 | ||
Werder, Bernhard von
|
1907 | F | nein | 2003 | ||
Hänisch, Karl von
|
1908 | B | ja | 1992 | ||
Hülsen-Haeseler, Dietrich von
|
1908 | B | ja | 1998 | ||
Holstein, Friedrich August von
|
1909 | E | nein | 2009 | ||
Verdy du Vernois, Julius von
|
1910 | F | nein | |||
Liebermann von Sonnenberg, Max
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1911 | I | nein | |||
Schlieffen, Alfred von
|
1913 | C | ja | |||
Frenzel, Karl
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1914 | B | nein | |||
Moltke, Helmuth von, d.J.
|
1916 | B | nein | 2007 | ||
Prittwitz und Gaffron, Maximilian von
|
1917 | B | nein | |||
Bissing, Moritz von
|
1917 | B | nein | |||
Buddecke, Hans Joachim
|
1918 | B | ja | |||
Gillhaußen, Guido Pankratius Hermann
|
1918 | B | ja | |||
Eichhorn, Hermann von
|
1918 | C | ja | |||
Below, Fritz von
|
1918 | E | nein | 2001 | ||
Beaulieu-Marconnay, Oliver von
|
1918 | B | ja | |||
Klüber, Robert von
|
1919 | C | ja | |||
Berthold, Rudolf
|
1920 | C | nein | 2003 | ||
Bülow, Karl von
|
1921 | F | ja | |||
Beseler, Hans von
|
1921 | F | ja | |||
Prittwitz und Gaffron, Curt von
|
1922 | C | ja | |||
Hülsen-Haeseler, Georg von
|
1922 | B | ja | 1998 | ||
Troeltsch, Ernst
|
1923 | B | nein | 1991 | ||
Richthofen, Manfred von
|
1918/1925 | F | nein
(1975 umgebettet; Gedenkstein von 2009) |
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Baudissin, Wolf Wilhelm von
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1926 | D | ja | 1997 | ||
Heeringen, Josias von
|
1926 | nein | ||||
Hoffmann, Max
|
1927 | E | ja | |||
Neckel, Ulrich
|
1928 | nein | ||||
Cranach, Hans Lukas von
|
1929 | |||||
Wölfing, Max
|
1930 | nein | ||||
Küster, Ernst
|
1930 | nein | ||||
François, Curt von
|
1931 | nein | ||||
Maikowski, Hans
|
1933 | F | nein | |||
Etzdorf, Marga von
|
1933 | F | ja | |||
Schröder, Ludwig von
|
1933 | B | ja | |||
Solf, Wilhelm Heinrich
|
1936 | B | nein | 2001 | ||
Falkenhausen, Ludwig von
|
1936 | C | ja | |||
Fürstner, Wolfgang
|
1936 | F | nein | 2002 | ||
Seeckt, Hans von
|
1936 | C | ja | |||
Watter, Oskar von
|
1939 | F | nein | |||
Stephani, Franz von
|
1939 | nein | ||||
Fritsch, Werner von
|
1939 | C | ja | |||
Becker, Karl
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1940 | nein | ||||
Stutterheim, Wolff von
|
1940 | F | ja | |||
Saint Paul-Illaire, Walter von
|
1940 | nein | ||||
Arnauld de la Perière, Lothar von
|
1941 | C | ja | |||
Udet, Ernst
|
1941 | F | ja | 1993 | ||
Mölders, Werner
|
1941 | F | ja | 1990 | ||
Reichenau, Walter von
|
1942 | A (F) | ja | |||
Todt, Fritz
|
1942 | C | nein | 2004
(wieder entfernt) |
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Heydrich, Reinhard
|
1942 | C | nein | |||
Haupt, Hans-Joachim
|
1942 | B | nein | 1989 | ||
Gablenz, Carl August von
|
1942 | A | ja | |||
Lieth-Thomsen, Hermann von der
|
1942 | F | nein | 2000 | ||
Kosch, Robert
|
1942 | nein | ||||
Haase, Curt
|
1943 | nein | ||||
Selchow, Bogislav von
|
1943 | nein | ||||
Hube, Hans-Valentin
|
1944 | E | nein | 2000 | ||
Oesau, Walter | 1944 | nein | ||||
Schmundt, Rudolf
|
1944 | B | nein | ja | ||
Staehle, Wilhelm
|
1945 | A | ja | |||
Hoetzsch, Otto
|
1946 | B | ja | ja | ||
Kabisch, Ernst
|
1951 | B | ja | |||
Stoeckel, Walter
|
1961 | A | ja |