Manstein, Erich von
Fritz Erich Georg Eduard von Lewinski genannt von Manstein ( 24. November 1887 in Berlin; 10. Juni 1973 in Irschenhausen/Isartal) war ein deutscher Offizier des Deutschen Heeres, der Reichswehr und der Wehrmacht, zuletzt Generalfeldmarschall, Armee- und Heeresgruppenoberbefehlshaber im Zweiten Weltkrieg.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Abstammung
Fritz Erich Georg Eduard von Lewinski wurde als zehntes Kind des Obersten und späteren Generals der Artillerie Eduard Julius Ludwig August von Lewinski und seiner zweiten Frau Helene Pauline, geb. von Sperling in eine alte preußische Soldatenfamilie hineingeboren. Er hatte vier Geschwister und fünf Halbgeschwister aus der ersten Ehe des Vaters. Alfred von Lewinski war sein Onkel, zu seinen vielen Vettern gehörten auch Alfred Eduard August Hermann von Lewinski und Eberhard Julius Rudolf Paul von Lewinski.
Schon bei der Taufe wurde er seinem Onkel, dem Major und späteren Generalleutnant Georg Albrecht Ernst von Manstein und dessen Frau Hedwig anvertraut, deren Ehe selbst kinderlos geblieben war. Dies war ein üblicher Vorgang in Adelsfamilien, um das Erbe vor fremden Zugriff zu sichern. Seine Tante und Adoptivmutter war die jüngere Schwester seiner Mutter. Er wuchs zusammen mit seiner ebenfalls adoptierten Schwester Martha auf. 16 direkte Vorfahren der eigenen Lewinski-Linie und der von Mansteins waren Generäle in preußisch-deutschen oder kaiserlich russischen Diensten. Er hatte somit zwei Familien, in deren Schoß er wohlbehütet und gefördert aufwuchs.
Militärwerdegang
Von Manstein besuchte von 1894 bis 1899 in Straßburg das Lyceum, ein katholisches Gymnasium. Vom 13. bis zum 19. Lebensjahr besuchte er zuerst die Kadettenanstalt Plön und später die Preußische Hauptkadettenanstalt in Berlin-Lichterfelde. Im Juni 1905 war von Manstein persönlicher Page anläßlich der Vermählung von Kronprinz Wilhelm mit Cecilie von Mecklenburg-Schwerin.
Im Jahr 1906 trat Manstein als Fähnrich in das 3. Garde-Regiment zu Fuß im Garde-Korps der Koniglich Preußischen Armee ein und wurde dort 1907 zum Leutnant befördert. In den Jahren 1913/14 besuchte er die Kriegsakademie in Berlin.
Erster Weltkrieg
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 war von Manstein als Oberleutnant und Adjutant im Garde-Reserve-Regiments 2 eingesetzt. Nach schwerer Verwundung am 17. November und Rückkehr in den Dienst wurde Manstein 1915 Hauptmann und als Ordonnanz- sowie Generalstabsoffizier in der Armeeabteilung Gallwitz eingesetzt. Anschließend fand er Verwendung bei der 1. Armee und ab Herbst 1917 war er Erster Generalstabsoffizier (Ia) der 4. Kavallerie-Division, die an der Ostfront in Estland eingesetzt war. Ab Mai 1918 wurde er als Erster Generalstabsoffizier zur 213. Infanterie-Division an die Westfront versetzt.
Weimarer Republik
Von Manstein wurde nach dem Krieg in die Reichswehr übernommen und war zunächst beim Grenzschutz-Oberkommando Süd und danach im Stab des Gruppenkommandos II mit Sitz in Kassel eingesetzt.
Am 1. Oktober 1921 wurde er Kompaniechef im Infanterie-Regiment 5 in Angermünde. Ab dem 1. Oktober 1923 folgte wiederum eine Verwendung als Stabsoffizier, zunächst beim Wehrkreiskommando II und anschließend beim Wehrkreiskommando IV. Dort war seine Aufgabe die Führergehilfenausbildung.
Ab dem Herbst 1927 war von Manstein Generalstabsoffizier beim Infanterieführer IV in Magdeburg. In dieser Stellung wurde er zum Major ernannt.
Ende September 1929 avancierte Manstein zum Leiter der Gruppe I in der Operationsabteilung im Truppenamt, wo er am 1. April 1931 zum Oberstleutnant befördert und anschließend zum Kommandeur des Jägerbataillons des 4. (Preußischen) Infanterie-Regiments in Kolberg ernannt wurde.
Drittes Reich
Am 1. Oktober 1933 wurde von Manstein Oberst und am 1. Februar 1934 zum Chef des Stabes des Wehrkreises II ernannt. Am 1. Juli 1935 wurde er dann Chef der Operationsabteilung im Generalstab des Heeres. Am 1. Oktober 1936 wurde er unter gleichzeitiger Ernennung zum Generalmajor Oberquartiermeister I. In der Dienststellung des Oberquartiermeister I war er Vertreter von Generalstabschef Beck und traditionell als Nachfolger vorgesehen.
Im Verlauf der Blomberg-Fritsch-Krise versetzte man von Manstein am 4. Februar 1938 jedoch überraschend auf den Posten des Kommandeurs der 18. Infanterie-Division in Liegnitz (Schlesien). Im März war er noch im Auftrag des Oberkommandos der Wehrmacht an der Vorbereitung des Einmarsches deutscher Truppen in Österreich und der Eingliederung des österreichischen Heeres in die Wehrmacht beteiligt. Infolge des Münchener Abkommens führte Manstein die 18. Infanterie-Division in das Sudetenland.
Zweiter Weltkrieg
1939 wurde von Manstein als Generalleutnant und Chef des Generalstabes der Heeresgruppe Süd im Rahmen des Polenfeldzuges eingesetzt. Für den Westfeldzug erarbeitete er den sogenannten Sichelschnittplan. Am 27. Januar 1940 erhielt von Manstein das Kommando über das XXXVIII. Armeekorps (vier Divisionen), mit dem er erfolgreich am Frankreichfeldzug teilnahm. Nach diesem wurde er zum General der Infanterie befördert und erhielt das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes.
Im Februar 1941 wurde ihm das Kommando über das LVI. Armeekorps (mot) übertragen. Am 22. Juni 1941 um 3 Uhr trat das LVI. AK zum Angriff auf die Sowjetunion an, das innerhalb von fünf Tagen 240 Kilometer zurücklegte und am 27. Juni Dünaburg eroberte. Am 12. September übernahm er erstmals einen militärischen Großverband als Oberbefehlshaber der 11. Armee, deren Oberbefehlshaber Generaloberst Ritter von Schobert am selben Tag gefallen war. Am Südflügel der Heeresgruppe Süd stehend war das Ziel die Eroberung der Halbinsel Krim. Ein erster Angriff scheiterte jedoch.
1942 unternahm von Manstein einen zweiten, diesmal erfolgreichen Anlauf zur Eroberung der Krim und der Festung Sewastopol, danach erfolgte die Ernennung zum Generalfeldmarschall am 1. Juli. Im Spätsommer bereitete sich die 11. Armee auf die Eroberung Leningrads vor und begann mit der Verlegung dorthin. Am 29. Oktober fiel von Mansteins ältester Sohn Gero im Alter von 19 Jahren als Leutnant an der Ostfront. Im Zuge der Einkesselung der 6. Armee in Stalingrad wurde von Manstein jedoch am 21. November zum Oberbefehlshaber der neuen Heeresgruppe Don (Süd) ernannt. Zur Heeresgruppe gehörte gerade die 6. Armee sowie die 4. Panzer-Armee. Letztere sollte sich mit zunächst nur zwei Panzerdivisionen unter Generaloberst Hoth aus südwestlicher Richtung bis etwa 30 km vor den Kessel kämpfen (Unternehmen „Wintergewitter“) und sich dort mit ausgebrochenen Teilen der 6. Armee (Unternehmen „Donnerschlag“) vereinigen, womit ein Korridor hergestellt gewesen wäre.
Am 23. Dezember gab von Manstein den Befehl, den Entsatzangriff zu stoppen. Hoths Truppen waren zu diesem Zeitpunkt bereits bis auf 48 Kilometer zum Kessel vorgestoßen. Die Entsatzarmee war fest entschlossen, am folgenden Tag, dem 24. Dezember 1942, weitere 30 Kilometer vorzurücken, um die Verbindung zu den eingeschlossenen Kameraden herzustellen. Aber von Manstein untersagte ein Weiterführen des Entsatzangriffes und zog die Entsatzarmee in den kommenden Tagen ab. Damit war das Schicksal der 6. Armee besiegelt. Jahre später wird von Manstein die Schuld für den erfolglosen Befreiungsversuch Adolf Hitler und Friedrich Paulus zuschreiben.
Von Stauffenberg wollte von Manstein dazu überreden, seine Soldaten zur Befehlsverweigerung aufzurufen, was dieser ablehnte:
- „Preußische Feldmarschälle meutern nicht.“
Im März 1943 gelang es ihm, im Rahmen einer Gegenoffensive Charkow und Belgorod zurückzuerobern. Er erhielt dafür das Eichenlaub zum Ritterkreuz. Im Sommer 1943 beteiligte sich von Manstein als Führer der Heeresgruppe Süd gemeinsam mit Generalfeldmarschall von Kluge, dem Führer der Heeresgruppe Mitte, an der Großoffensive im Frontbogen bei Kursk (→ Unternehmen „Zitadelle“). Bis zum Frühjahr 1944 führte er als Befehlshaber der Heeresgruppe Süd weitere Abwehrkämpfe im Osten. In den letzten Monaten seiner Dienstzeit kam es zwischen von Manstein und dem Oberkommando der Wehrmacht immer wieder zu unterschiedlichen Auffassungen, da von Manstein oft eigenmächtig handelte und seine Truppen flexibler einsetzen, teilweise auch zurückziehen wollte. Am 30. März 1944 wurde von Manstein vom OKW „beurlaubt“ und erhielt gleichzeitig die Schwerter zum Eichenlaub des Ritterkreuzes. Eine weitere Verwendung des Feldmarschalls erfolgte nicht mehr.
Nachkriegszeit
Von Manstein wurde 1945 von britischen Truppen gefangengenommen und interniert. Bei den militärischen Gegnern Deutschlands im Zweiten Weltkrieg war von Manstein nach dem Krieg hoch angesehen.
Nachdem er als Zeuge im Nürnberger Tribunal ausgesagt hatte, wurde von Manstein als Kriegsgefangener in Wales interniert und 1949, als die Sowjetunion seine Auslieferung forderte, wurde ihm ein Prozeß vor dem britischen Militärtribunal in Hamburg gemacht.
Schauprozeß
Er verteidigte nicht nur sich selbst, sondern verteidigte auch die Ehre der deutschen Armee. Er wurde zu einer 18jährigen Gefängnisstrafe verurteilt, die später durch Anrechnung der Gefangenschaft auf 12 Jahre reduziert wurde. Von Manstein wurde letztlich wegen einer Augenkrankheit nach vier Jahren (1953) aus der Haft entlassen.
Das Urteil war zudem, selbst bei Engländern, stark umstritten, unter anderem wegen schwerwiegender Verfahrensfehler, auch weil die Verteidigung, anders als die Anklage, keine Einsicht in die in den VSA liegenden Akten bekommen hatte.
Autor
Im Jahr 1955 erschien von Mansteins autobiographisches Werk „Verlorene Siege“ über die Zeit von Februar 1938 bis April 1944.
Bundeswehr
Bis 1960 unterstützte von Manstein als einziger Feldmarschall der ehemaligen Wehrmacht die BRD beim Aufbau der Bundeswehr.
Tod
Nach seinem Tod 1973 wurde Generalfeldmarschall von Manstein mit militärischen Ehren und Ehrengeleit in Dorfmark bei Fallingbostel beigesetzt, wobei der Generalinspekteur der Bundeswehr die Abschiedsworte sprach.
Familie
Am 10. Juni 1920 heiratete von Manstein in Lorzendorf (Kreis Namslau) seine Verlobte Jutta-Sibylle Viktoria Elisabeth von Loesch (1900–1966). Aus der Ehe sind drei Kinder entsprossen:
- Gisela (1921–2013) ⚭ Edel-Heinrich Zachariae-Lingenthal
- Gero ( 31. Dezember 1922; ⚔ 29. Oktober 1942)
- Rüdiger ( 19. November 1929; 23. August 2019)
Gero von Manstein
Bataillonsordonnanz Leutnant Gero Erich Sylvester von Manstein, der älteste Sohn des Generalfeldmarschalls, fiel am 29. Oktober 1942 am Gefechtsstand des I. Bataillons/Grendier-Regiment (mot.) 51 am Birnensumpf/Redja und wurde am Südufer des Ilmensees begraben. Sein Name steht zum Gedenken auch auf dem Grabstein der Eltern.
Bildergalerie
Erich Brandenberger (links) und Erich von Manstein im Norden Rußlands am Anfang des Unternehmens „Barbarossa“, Juni/Juli 1941
Generalfeldmarschall von Manstein (links) an der Ostfront mit den beiden rumänischen Generälen Petre Dumitrescu (rechts) und Gheorghe Avramescu, Kommandierender General des rumänischen Gebirgskorps, 1942
Erich von Manstein und Adolf Hitler hier u. a. mit General Theodor Busse und Generalfeldmarschall Ewald von Kleist (die Aufnahme wurde von Walter Frentz am 19. Februar 1943 kurz nach der Niederlage von Stalingrad gemacht)
Erich von Manstein mit Generalmajor Hans Speidel in der Ukraine, September 1943
Walther Wenck, Theodor Busse und Erich von Manstein in der Nachkriegszeit
Auszeichnungen (Auszug)
Beförderungen
- 6. März 1906 Fähnrich
- 27. Januar 1907 Leutnant (mit Patent vom 14. Juni 1905)
- 19. Juni 1914 Oberleutnant
- 24. Juli 1915 Hauptmann
- Februar 1928 Major
- 1. April 1931 Oberstleutnant
- 1. Dezember 1933 Oberst
- 1. Oktober 1936 Generalmajor
- 1. April 1938 Generalleutnant
- 1. Juni 1940 General der Infanterie
- 7. März 1942 Generaloberst
- 1. Juli 1942 Generalfeldmarschall
- Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse
- II. Klasse am 5. Oktober 1914
- I. Klasse am 13. November 1915
- Königlicher Hausorden von Hohenzollern, Ritterkreuz mit Schwertern
- Württembergischer Friedrichs-Orden I. Klasse mit Schwertern
- Kreuz für treue Dienste von Schaumburg-Lippe
- Hanseatenkreuz, Hamburg
- Verwundetenabzeichen (1918) in Schwarz
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer, 1934
- Wehrmacht-Dienstauszeichnung, IV. bis I. Klasse
- Wiederholungsspange (1939) zum Eisernen Kreuz II. und I. Klasse (1914)
- II. Klasse am 16. September 1939
- I. Klasse am 21. September 1939
- Krimschild in Gold
- Rumänischer Militärorden Michael der Tapfere, II. und I. Klasse
- achtmalige Namentliche Nennung im Wehrmachtbericht am 11., 12. und 31. Oktober 1941, 19. und 20. Mai 1942, 2. Juli 1942, 20. März 1943, 4. August 1943
- Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub und Schwertern
- Ritterkreuz am 19. Juli 1940 als General der Infanterie und Kommandierender General des XXXVIII. Armee-Korps
- Eichenlaub am 14. März 1943 als Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber Heeresgruppe Süd
- Schwerter am 30. März 1944 als Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber Heeresgruppe Süd
Werke
- Verlorene Siege. Athenäum, Bonn 1955 (zuletzt in 18. Auflage: Bernard und Graefe, München 2009, ISBN 3-7637-5253-6) (PDF-Datei)
- Aus einem Soldatenleben. 1887–1939. Athenäum, Bonn 1958
- Werner Buxa / Erich von Manstein / Harry Hoppe: Die Deutsche Infanterie 1939–1945, Podzun Verlag (1967)
- Soldat im 20. Jahrhundert. Bernard & Graefe, München 1981 (zuletzt in 5. Auflage, 2002, ISBN 3-7637-5214-5)
Literatur
- Franz Kurowski: Erich von Manstein
- Helden der Wehrmacht. Unsterbliche deutsche Soldaten, Band 1, FZ-Verlag (Bestellmöglichkeit)
Verweise
- Biographie
- von Lewinski, Fritz Erich, genannt von Manstein, Lexikon der Wehrmacht
- Erich von Manstein: Der fähigste Feldherr seiner Zeit (Das Ostpreußenblatt, 7. Juni 2003)
- Mansteins Zeugenaussage vor dem IMT: Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 20, S. 648ff.
- Geboren 1887
- Gestorben 1973
- Deutscher Feldherr
- Deutscher Generalfeldmarschall
- Oberbefehlshaber einer Heeresgruppe (Heer der Wehrmacht)
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Träger des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub und Schwertern
- Träger des Hausordens von Hohenzollern
- Träger des Hanseatenkreuzes (Hamburg)
- Träger des Militärordens „Michael der Tapfere“
- Erwähnung im Wehrmachtbericht
- Kommandeur einer Infanterie-Division (Heer der Wehrmacht)
- Kommandierender General des XXXVIII. Armeekorps (Heer der Wehrmacht)
- Oberbefehlshaber einer Armee (Heer der Wehrmacht)
- Person im Zweiten Weltkrieg (Deutsches Reich)