Paulus, Friedrich

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Friedrich Paulus (1942)

Friedrich „Fritz“ Wilhelm Ernst Paulus (Lebensrune.png 23. September 1890 in Guxhagen,[1] Nordhessen; Todesrune.png 1. Februar 1957 in Dresden) war ein deutscher Offizier der Preußischen Armee, des Deutschen Heeres, der Freikorps, der Reichswehr und der Wehrmacht, zuletzt Generalfeldmarschall, Oberbefehlshaber der 6. Armee während der Schlacht um Stalingrad und Eichenlaubträger im Zweiten Weltkrieg. Zehn Jahre, bis 1953, war er in sowjetischer Kriegsgefangenschaft und lebte dann bis zu seinem Tod in der DDR.

Leben

Friedrich Wilhelm Ernst Paulus II.jpg
Wilhelm Keitel (rechts), Adolf Hitler und Walther von Brauchitsch bei einer Lagebesprechung in Rußland, Oktober 1941. Im Hintergrund an der Wand Friedrich Paulus.

Abstammung

Friedrich Paulus (3. v. links) mit Adolf Hitler und weiteren Generälen bei einer Besprechung
Friedrich Paulus tritt seinen Dienst als Oberbefehlshaber der 6. Armee an der Ostfront an, 20. Januar 1942

Friedrich Paulus wurde am 23. September 1890 im hessischen Guxhagen als Sohn des Rechnungsführers Ernst Paulus und dessen Ehefrau Bertha, geb. Nettelbeck, geboren. Aufgewachsen ist er in bürgerlichen Verhältnissen. Nach dem Umzug seiner Familie nach Kassel schloß Friedrich Paulus seine Schulzeit am dortigen Wilhelmsgymnasium 1909 mit dem Abitur ab.

Studium und Militär

Von links: Sonderführer und Schwiegersohn Achim Baron von Kutzschenbach, Generalmajor Arthur Schmidt, Hermann Barnbeck (Kommandeur des Infanterie-Regiments 211) und Friedrich Paulus vor dem Hauptquartier im Kaufhaus „Univermag“
General der Panzertruppe Paulus (rechts) und Generalmajor Schmidt legen Alexander von Hartmann das Ritterkreuz im Oktober 1942 an.

Seine Bewerbung bei der Kaiserlichen Marine wurde abgelehnt. Im selben Jahr schrieb sich Paulus statt dessen für ein Semester bei der Philipps-Universität Marburg für Rechtswissenschaften ein. 1910 trat Paulus als Fahnenjunker in die Preußische Armee ein, die ihn in Rastatt bei Baden-Baden stationierte. Nach dem Besuch der Kriegsschule für Offiziersanwärter in Engers im Rheinland wurde er am 18. August 1911 zum Leutnant befördert.

Erster Weltkrieg

Beförderungen für Paulus und Heitz, 31. Januar 1943
Kriegsgefangener Paulus am 1. Februar 1943

Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges wurde Friedrich Paulus zum Bataillonsadjutant der Infanterie im Kaiserlichen Heer ernannt. Ab 1915 diente er als Ordonnanzoffizier in diversen Generalstäben. Seine glänzende militärische Karriere während des Krieges beendete er 1918 als Generalstabsoffizier mit Beförderung zum Hauptmann sowie der Auszeichnung des Eisernen Kreuzes Erster Klasse.

Zwischenkriegszeit

Nach dem Krieg war Paulus Angehöriger eines Freikorps beim Grenzschutz Ost und beteiligte sich an den Kämpfen während der Novemberrevolte 1918/19. Ab 1920 diente Friedrich Paulus dem Infanterie-Regiment in Koblenz, bis er 1922 zum Lehrgang für Generalstabsoffiziere nach Berlin ans Reichswehrministerium berufen wurde.

Ab 1923 führte er das Generalstabskommando in Kassel. In Stuttgart war er von 1924 bis 1927 als Generalstabsoffizier eingesetzt und erhielt anschließend als Kompaniechef im 13. Infanterie-Regiment sein erstes Truppenkommando, das er von 1927 bis 1929 ausübte. Danach war Paulus bis 1931 als Taktiklehrer in der Division tätig und machte in dieser Funktion durch seine operative Begabung auf sich aufmerksam. Als glänzender Führer für strategische Kriegsführung wurde Paulus 1931 zum Major befördert und zur Kriegsschule nach Berlin versetzt. Dort wurde er als Lehrgangsleiter für Taktik und Kriegsgeschichte in der Offiziersausbildung eingesetzt.

Durch die Wiederaufrüstung der deutschen Wehrmacht wurde Paulus 1935 zum Oberst befördert und im September als Nachfolger von Heinz Guderian zum Chef des Generalstabes für Kraftfahrttruppen ernannt. Hier war er maßgeblich am Aufbau und an der Entwicklung der deutschen Panzerwaffe beteiligt. Anfang 1939 wurde er zum Generalsstabschef des XVI. Armeekorps ernannt und gleichzeitig zum Generalmajor befördert.

Zweiter Weltkrieg

Paulus in Gefangenschaft, unter anderem mit den zugeschickten (bzw. nach anderen Quellen vom Roten Kreuz übergebenen) Schulterstücken und Kragenspiegeln eines Generalfeldmarschalls, auch sein Eichenlaub zum Ritterkreuz soll er auf diesem Weg bekommen haben.
Paulus in der Nachkriegszeit

Im Zuge der immer größer werdenden polnischen Aggressionen gegenüber Deutschland und der polnischen Generalmobilmachung am 30. August 1939 übernahm Friedrich Paulus den Befehl der 10. Armee in Leipzig, die nach dem erfolgreichen Polenfeldzug in 6. Armee umbenannt wurde. Paulus nahm am Polenfeldzug und am Westfeldzug teil.

Am 3. September 1940 erfolgte seine Ernennung zum Oberquartiermeister beim Generalstab des Heeres. In Zossen erarbeitete er den Präventivschlag gegen die Sowjetunion.

Ab Januar 1942 befahl er die 6. Armee, die zu jenem Zeitpunkt bei Charkow in der Ukraine stand. Das Vorrücken der Roten Armee in der zweiten Offensive gegen Charkow konnte Paulus im Mai aufhalten. Von Juni bis August 1942 rückte Paulus in der Sommeroffensive nach Osten bis zur Donsteppe Richtung Wolga vor.

Im August 1942 erreichte Paulus Stalingrad. Die zurückgedrängte Rote Armee zog sich in der Überzahl in den Stadtkern zurück. Der weitere deutsche Vormarsch im September hatte die Umlagerung der Stadt zum Ziel. Im November reagierte die Rote Armee mit dem Angriff an den ungesicherten Flanken der Stadt. Diese Gegenoffensive drohte, die zu weit vorgerückten Truppen einzuschließen. Dem Bitten Paulus’, sich wieder zurückzuziehen um den Nachschub zu sichern, kam Hitler wegen einer weitgehend unbeachteten Meldung des Generalstabes des Heeres nicht nach, die besagte, daß die Russen an der Ostfront keine operativen Reserven von Belang mehr besäßen. Wegen Betriebsstoffmangels hätten schwere Waffen und Fahrzeuge zurückgelassen werden müssen, die sicheren und schutzbietenden Häuserruinen hätten verlassen und einem Feindangriff auf offener Steppe ohne schwere Waffen begegnet werden müssen. Hitler wollte nicht Trümmer retten, sondern eine operationsfähige Armee. Außerdem versicherte Hermann Göring Hitler, die Nachschubversorgung aus der Luft zu garantieren.

Am 29. November 1942 wurde die 6. Armee mit über 220.000 Mann eingeschlossen. Der Nachschub aus der Luft brach kurz darauf durch die russische Flugabwehr zusammen. Eine Kapitulationsaufforderung lehnte Paulus am 8. Januar ab. Am 30. Januar ernannte Hitler Friedrich Paulus zum Generalfeldmarschall. Kurz darauf wurde die Wehrmacht im Kessel nochmals voneinander in den Süd- und Nordkessel geteilt. Die Mehrzahl der Soldaten starb nun an Hunger und Kälte. Mit 90.000 Mann verkündete Paulus am 31. Januar 1943 die Kapitulation im Südteil der Stadt. Die Kapitulation des Nord-Kessels folgte wenige Tage später.

Die Reste der 6. Armee gingen in sowjetische Kriegsgefangenschaft, wo nochmals unter grausamen Bedingungen ihre Zahl dramatisch dezimiert wurde.

Nachkriegszeit

Ab 1946 trat Paulus beim Nürnberger Tribunal als Zeuge der Anklage auf. Im Anschluß blieb Friedrich Paulus bis 1953 in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Später ließ er sich in Dresden nieder, wo er sich an der Initiative von „Gesamtdeutschen Offizierstreffen“ beteiligte.

Chronologie

Grabstätte (Baden-Baden)
  • 1909 Abitur am Wilhelms-Gymnasium in Kassel
  • Oktober 1909 bis Februar 1910 ein Semester Rechts- und Staatswissenschaften, Universität Marburg
  • 18.2.1910 als Fahnenjunker im 3. Badischen Infanterie-Regiment „Markgraf Ludwig Wilhelm“ Nr. 111, Rastatt
  • 1910 bis 1911 Kriegsschule Engers
  • 1911 in die 7. Kompanie des Infanterie-Regiments Nr. 111 versetzt
  • 1.10.1913 Adjutant des III. Bataillons des Infanterie-Regiments Nr. 111
  • 6.8.1914 ins Feld nach Verdun
  • 8.10.1914 erkrankt, Lazarett
  • 7.4.1915 mit der Führung eines Rekruten-Depots beauftragt
  • 2.8.1915 Ordonnanz-Offizier beim Stab des Preußischen Jäger-Regiments zu Pferde Nr. 2
  • 18.12.1915 Bataillons-Adjutant im Infanterie-Regiment 111
  • November 1915 mit seiner Einheit in Serbien
  • Februar 1916 mit seiner Einheit in Mazedonien
    • Auf dem Balkan erkrankte Paulus an der Ruhr, unter den Folgen litt er lebenslang
  • 1916 Führer eines MG-Bataillons in der Champagne an der Westfront
  • 6.5.1916 Regimentsadjutant des Jäger-Regiments Nr. 2
  • bis 8.1916 bei Verdun, bis 09.1916 in den Argonnen, dann in Siebenbürgen zur Unterstützung der k. u. k. Armee gegen Rumänien bis Mai 1917
  • 4.5.1917 Ic im Generalstab des Deutschen Alpenkorps
  • Mai/Juli 1917 Kurzeinsatz in den Vogesen und erneut bis September 1917 in Siebenbürgen
  • Ab September 1917 an der Isonzofront in Italien
  • Frühjahr 1918 mit seinem Regiment nach Flandern verlegt, anschließend wegen chronischer Nebenhöhlen-Probleme nur noch in Stäben
  • 11.5.1918 in den Generalstab der 48. Reserve-Division versetzt
    • Seine Einheit kommt nicht mehr zum Fronteinsatz, weshalb er nicht mehr an den Kämpfen in Flandern teilnahm
  • 18.12.1918 in das Infanterie-Regiment 111 zurückversetzt
  • 1.4.1919 Brigade-Adjutant im Grenzschutz Ost
    • in der Organisation des Freiwilligeneinsatzes sowie der Werbung und Rekrutierung eingesetzt, nahm aber selbst nicht an den Kämpfen teil. Keine Bestätigung für eine Verwendung als Kompanieführer im Infanterie-Regiment 27
  • 1.10.1919 in das Reichswehr-Schützen-Regiment 113 der Reichswehr-Brigade 13, Stuttgart, der Vorläufigen Reichswehr versetzt
  • 28.3.1920 Regimentsadjutant [unter Johannes Blaskowitz] des 14. (Badischen) Infanterie-Regiments, Konstanz
  • 1.6.1922 zum Stab des Gruppenkommandos 2, Kassel, versetzt
  • 1.10.1923 zum „R“-Lehrgang für Führerstabsoffiziere (Generalstab) in das Reichswehrministerium kommandiert
  • 1.10.1923 zur Heeresabteilung (T 1) in das Reichswehrministerium versetzt
  • 6.12.1923 Vermessungskurs an der TH Berlin-Charlottenburg
  • 1.4.1925 zum Stab des Infanterieführers V, Stuttgart versetzt
  • 1.10.1926 zum Stab des Artillerieführers V, Stuttgart, versetzt; Lehrer an einem Stabslehrgang
  • 1.10.1927 Chef der 2. Kompanie des 13. (Württ.) Infanterie-Regiments, Stuttgart
    • hier lernte er Erwin Rommel kennen, den Chef der MG-Kompanie]
  • 1.10.1930 zum Stab der 5. Division, Stuttgart, versetzt; dort Taktiklehrer
  • 1.10.1931 wegen seiner operativen Begabung in die Heeres-Ausbildungsabteilung (T 4) des Reichswehrministeriums versetzt
    • Lehrgangsleiter für Taktik und Kriegsgeschichte bei der Führergehilfen-Ausbildung
  • 1.4.1934 Kommandeur der 3. (Preuß.) Kraftfahr-Abteilung, Berlin
  • 1.10.1934 Kommandeur der Kraftfahr-Abteilung Wünsdorf
  • 15.10.1935 Chef des Generalstabs des Kommandos der Panzertruppen
  • 4.2.1938 Chef des Generalstabs (Ia) des XVI. Armeekorps (mot.)
  • 1.5.1939 Chef des Generalstabs des Heeresgruppenkommandos IV unter Walter von Reichenau in Leipzig
  • 26.8.1939 Chef des Generalstabs der 10. Armee
  • 10.10.1939 durch Umbenennung Chef des Generalstabs der 6. Armee
  • 3.9.1940 Oberquartiermeister I im Generalstab des Heeres, zugleich Stellvertreter des Chefs des Generalstabs des Heeres, Generaloberst Franz Halder
  • 18.12.1940 Hitlers Weisung Nr. 21, Fall Barbarossa; unter der Leitung von Paulus wird die detaillierte Ausarbeitung des operativen Vorgehens in Weisungen umgesetzt
  • 25.4.1941 bis 8.5.1941 Inspektion der Afrikafront
    • Die Offensive Rommels ist nicht von dauerhaftem Erfolg gekrönt und bindet für den Angriff auf die Sowjetunion benötigte Ressourcen. Ein verzögerter Angriffstermin auf die Sowjetunion aber würde es unmöglich machen, die Kampfhandlungen vor Beginn der herbstlichen Schlammperiode siegreich zu Ende zu führen. In Nordafrika nahm Paulus am 30.4./1.5.1941 am erfolglosen Angriff auf die Festung Tobruk teil. * 8.5.1941 Flug nach Rom zu einem Treffen mit Mussolini
  • 10.5.1941 Rückkehr nach Berlin
  • August 1941 Besuch der 6. Armee und ihren Oberbefehlshaber Walter von Reichenau, erkrankte wieder an Ruhr
    • im Herbst 1942 kam es in Stalingrad zu einem neuerlichen Rückfall
  • 5.1.1942 Oberbefehlshaber der 6. Armee mit Wirkung vom 1.1.1942
  • 20.1.1942 Befehlsübernahme
  • 12.9.1942 Unterredung mit Hitler im Führerhauptquartier „Werwolf“
    • Paulus machte ihn auf die Gefahr aufmerksam, daß die Rote Armee deutschen Linien nördlich und südlich Stalingrads durchbrechen und einen Kessel um die Stadt bilden könnten
  • 31.1.1943 in Stalingrad im Kaufhaus „Univermag“ in sowjetische Gefangenschaft
    • Kurz nach dem Eingang des Funkspruchs mit seiner Beförderung zum Generalfeldmarschall wurden Paulus, sein Stabschef Generalleutnant Arthur Schmidt und sein Adjutant Oberst Wilhelm Adam von einem sowjetischen General mit zwei Autos und einem Lkw abgeholt
  • 20.2.1943 mit seinem Stab das Kriegsgefangenenlager Nr. 27 Krasnogorsk bei Moskau verlegt
  • 25.2.1943 aus Krasnogorsk bat er mit Erlaubnis der Sowjets brieflich den deutschen Militärattaché in der Türkei, Generalleutnant Hans Rohde, um Übersendung von sechs Paar Ranginsignien eines deutschen Generalfeldmarschalls, die er in der Folgezeit in Gefangenschaft trug
  • Anfang April 1943 Verlegung mit Adam und Schmidt ins Kloster Susdal (Lager Nr. 160) bei Moskau
  • Juli 1943 Verlegung in das Kriegsgefangenenlager 5110/48 Woikowo bei Iwanowo
    • Bei einem Besuch von Wilhelm Pieck, später der erste und einzige Präsident der DDR, der Werbung für das neu zu begründende Nationalkomitee „Freies Deutschland“ machen wollte, zeigte sich Paulus bereits – anders als der größte Teil der Offiziere, die Pieck lediglich Verachtung entgegenbringen – gesprächsbereit und gestand seine Enttäuschung über Hitler ein. Dennoch beharrte er darauf, daß er als Soldat unter allen Umständen zu gehorchen habe und somit müsse er sich entschieden weigern, an der Gründung des Nationalkomitee „Freies Deutschland“ (NKFD) mitzuwirken. Dennoch musste Paulus in Woikowo als Ranghöchster bei Streitigkeiten zwischen der Gruppe der zur Mitarbeit beim NKFD bereiten Soldaten und den übrigen Lagerinsassen schlichten. General der Artillerie von Seydlitz-Kurzbach bedrängte ihn gar, an der Gründung des NKFD teilzunehmen, da von der Teilnahme eines so hochdekorierten Soldaten Signalwirkung erwartet würde. Aber Paulus verweigerte sich erneut unter dem Hinweis, daß er als Kriegsgefangener nicht gegen seine politische Führung Stellung beziehen dürfe. Eine Erklärung, die die Offiziere des „Bundes Deutscher Offiziere“ (BDO) des Landesverrats bezichtigt, unterzeichnete er;

kurz darauf wurde er, ohne seine Begleitung, nach Saretschje bei Lunjowo/Moskau verlegt. Nachdem am 11./12.9.1943 in Lunowo der BDO ohne Paulus gegründet werden mußte, verstärkten die Bolschewisten den Druck auf den Feldmarschall. Er darf nun nur noch mit Angehörigen des BDO Kontakt haben, die ihn stets zum Beitritt drängten.

  • Im Herbst 1943 bis zum Attentat vom 20.7.1944 war er wieder im Lager in Woikowo; nun aber befürchtete er, daß der Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei zu einer Invasion der Alliierten auf dem Balkan führen könnte und damit der Krieg für Deutschland endgültig verloren wäre. Am 8. August 1944 unterschrieb er einen Appell an das deutsche Volk, in dem er es aufrief, sich von Hitler loszusagen.
  • 8.8.1944 Beitritt zum Nationalkomitee “Freies Deutschland“ (NKFD)
    • Seine Unentschlossenheit und sein langes Zögern hatten Paulus so unglaubwürdig gemacht, daß die Verräter des BDO ihm eine leitende Funktion verweigerten. Auch im Ausland stieß sein Schritt auf Befremden, da doch gerade er es war, der Hitlers Befehle bedingungslos und bis in die letzte Konsequenz befolgt hatte.
  • 10.8.1944 erklärt im „Aufruf der 50 Generäle“ Bereitschaft zum Kampf gegen Hitler. Daraufhin fiel seine Familie der Sippenhaft anheim: Odyssee über Karlsbad, Buchenwald, Dachau und Tiroler Berge
    • seine Frau kam für kurze Zeit ins KZ Dachau und sein Sohn Ernst Alexander nach Immenstadt in Festungshaft; beide weigerten sich, sich öffentlich vom Ehemann bzw. Vater loszusagen.
  • 8.12.1944 Mitunterzeichner des Aufrufs „An Volk und Wehrmacht“ des „Bundes Deutscher Offiziere im Nationalkomitee Freies Deutschland“
  • 30.10.1944 Paulus bat Stalin um ein Gespräch zur Frage der Aufstellung deutscher Freiwilligenverbände nach dem Vorbild der Russische Russischen Befreiungsarmee unter Andrej Wlassow auf deutscher Seite
    • Das Ersuchen blieb ohne Reaktion durch den Massenmörder, da sich mittlerweile längst abgezeichnet hatte, daß das NKFD und der BDO unter den deutschen Kriegsgefangenen als auch bei der kämpfenden Truppe bedeutungslos geblieben waren und bei weitem nicht den erhofften Erfolg erzielt hatten.
  • Januar 1946 Paulus fertigte im Auftrag der Sowjets eine Studie zum „Fall Barbarossa“ an
  • 11.2.1946 Paulus wurde überraschend von den Sowjets beim Hauptkriegsverbrecherprozeß in Nürnberg als Zeuge der Anklage gegen Wilhelm Keitel, Alfred Jodl und Hermann Göring befragt
    • Unter dem Decknamen „Satrap“ war Paulus Anfang 1946 nach Deutschland geflogen worden. Er schilderte seine eigene Rolle bei der Vorbereitung des Unternehmens „Barbarossa“. Seine schuldzuweisende Aussage erfüllt in vollem Umfang die Erwartungen seiner sowjetischen Betreuer. Ein Wiedersehen mit seiner schwerkranken Frau blieb ihm dennoch mangels „Zweckdienlichkeit“ verwehrt. Bei den Soldaten und Offizieren in russischer Gefangenschaft bedingte der Auftritt des Feldmarschalls ein eindeutiges Ergebnis: Die meisten fanden seine Tat würdelos.
  • Nach seiner Rückkehr erhielt er eine Residenz, eine Datscha, in Tomilino bei Moskau.
    • Hier sind noch die Generäle Vincenz Müller und Arno von Lenski untergebracht, Paulus’ ehemaliger Adjutant, Oberst Wilhelm Adam, war ebenfalls oft anwesend.
  • Nach Feststellung einer ruhenden Tuberkulose wurde von Stalin eine Kur über zwei Monate Dauer in Jalta genehmigt
  • Juni 1948 Paulus bat Stalin um Verwendung in der deutschen Ostzone und (erneut vergeblich) um eine Audienz
    • Mittlerweile waren die deutschen Offiziere in seiner Umgebung entlassen worden, ihm verbleiben nur zwei deutsche Kriegsgefangene als Koch und Ordonnanz.
  • Im Juni 1948 bat er um Repatriierung in die Ostzone, um den Vasallenstaat mit aufzubauen. Dieser Vorschlag blieb gleichwohl unbeantwortet. Für die Sowjets war er nun nicht mehr von Nutzen. Theaterbesuche in Moskau waren nicht mehr gestattet, Funktionäre besuchten ihn nicht mehr, und man hatte ihm unter einem Vorwand das Radio weggenommen.
  • Der Tod seiner Frau am 9.11.1949 wurde ihm vier Wochen lang verheimlicht: Es sollte vermieden werden, daß Paulus seine Zusage, in die DDR überzusiedeln, zurückzieht, es blieb ihm nur der seit Nürnberg mögliche Briefkontakt mit Sohn und Tochter im Westen. Aus diesem Grund wurde einem erneuten Gesuch zur Repatriierung im Mai 1950 lediglich prinzipiell zugestimmt, die konkrete Erlaubnis bleib aber aus: In einem Bericht von 1953 heißt es dazu: „Im weiteren wurde die Repatriierung von Paulus bis auf besondere Anordnung verschoben, danach wurde die Frage nicht mehr geprüft.“
  • August 1953 Repatriierungsgesuch nach Stalins Tod wird stattgegeben
  • September 1953 Treffen mit Walter Ulbricht, bei dem die Rückkehr von Paulus besprochen wird
    • Seinerzeit war der spätere Staatsratsvorsitzende der DDR noch Erster Sekretär des ZK der SED
  • 24.10.1953 Ausreise mit seinen beiden Bediensteten nach Frankfurt/Oder
    • Kurz vorher schrieb er voller Dankbarkeit noch eine weitere Ergebenheitsadresse an die Sowjetunion, womit er sich in den Augen der deutschen Öffentlichkeit endgültig zum Verräter und Wendehals abstempelt: „Einst kam ich als Feind und scheide als Freund.“
  • 26.10.1953 Eintreffen in Frankfurt/Oder, Grenzbahnhof. Empfang mit kleiner Delegation des Ministeriums für Nationale Verteidigung der DDR mit Innenminister Stoph
    • Willi Stoph, seinerzeit Minister des Innern der DDR, avancierte später zum Minister für Nationale Verteidigung und Armeegeneral (1959), dann ab 1973 Vorsitzender des Staatsrats der DDR. Heinz Hoffmann, seinerzeit Chef der Kasernierten Volkspolizei, avancierte 1958 zum Chef des Hauptstabes, 1960 bis zu seinem Tode Minister für Nationale Verteidigung der DDR, 1961 Armeegeneral.

und dem Chef der KVP, Hoffmann ; auch jetzt in Diensten der DDR stehende Offiziere und Generale der ehemaligen Stalingrad-Armee wie Lattmann, Dr. Korfes, von Lenski, Wulz und Wilhelm Adam sind dabei.

  • Anschließend Fahrt zu einem offiziellen Empfang durch die Staats- und Parteiführung der DDR nach Ost-Berlin
    • Der Aufenthalt wurde von Stoph persönlich organisiert, der dem Feldmarschall als Dienstsitz eine repräsentative Villa im Dresdner Stadtteil Weißer Hirsch, Preußstraße 10, zuwieß. Dienstwagen: Opel Kapitän. Dienstwaffe: Pistole Walther PP. Zuweisung eines Persönlichen Adjutanten, Hauptmann Heinz Beutel. Wachgestellung durch Kasernierte Volkspolizei. Die alte Haushälterin der Familie Paulus in Berlin wurde ausfindig gemacht und zur Betreuung ihm verpflichtet. Das Staatssekretariat für Staatssicherheit überwachte ihn von Anfang an, operativer Vorgang „Terrasse“: „Ehemaliger General der faschistischen Wehrmacht. Eine Kontrolle ist daher erforderlich!“ Alle seine Bediensteten waren Zuträger des Geheimdienstes, seine Post wurde kontrolliert, das Telefon und die Wohnung abgehört.
  • Weihnachten 1953: die ganze Familie war in Dresden versammelt, er sah erstmals seine Enkel
  • August 1954 Paulus’ offizielle Funktion wurde „Leiter des Kriegsgeschichtlichen Forschungsrates“ an der Hochschule der Kasernierten Volkspolizei in Dresden (→ Paulus und der Hackengruß)
    • die Stelle wurde extra für ihn geschaffen worden, als Angestellter der KVP erhielt er monatlich 3.000 Ost-Mark Vergütung. Er wurde einer der Hauptautoren der Dienstvorschrift der Nationalen Volksarmee der DDR. Paulus beschäftigte sich auch schriftlich und in gelegentlichen Vorträgen mit der Schlacht um Stalingrad.
  • 2.7.1954 Teilnahme an der Pressekonferenz des „Ausschusses für deutsche Einheit“ in Ost-Berlin
    • Gegen die Westintegration der Bundesrepublik. Vor Schülern der Offiziershochschule Dresden (Leiter sein ehemaliger Adjutant und jetzige KVP-Oberst Wilhelm Adam) zwei Vorträge, einmal über Stalingrad, einmal über den Schlieffen-Plan. Dennoch konnte die DDR ihn auf Dauer nicht für ihre Zwecke instrumentalisieren, zumal die politische Entwicklung über seine Vorstellung hinweg geht.
  • 29.1.1955 bis 30.1.1955 und 25.6.55 bis 26.5.1955 Gastgeber von zwei „Gesamtdeutschen Offizierstreffen“
    • Von dieser Initiative erhielt er auch den Auftrag, sich um die Freilassung der letzten Kriegsgefangenen zu bemühen. Er wandte sich deswegen an die DDR-Führung und erhielt am 4.5.1955 Antwort von Otto Grotewohl, seinerzeit Ministerpräsident der DDR: „Die Angehörigen der nazistischen Wehrmacht sind Personen, die wegen krimineller Delikte und Kriegsverbrechen verurteilt sind und die ihnen zuerkannten Strafen verbüßen.“ Das Schreiben ist dennoch der UdSSR weiter geleitet worden.
  • In Ostberlin nahm er an einer Veranstaltung mit dem Wahlspruch „Für ein friedlich geeintes unabhängiges Vaterland“ teil.
    • er hielt das Referat „Soldaten zweier Weltkriege rufen das deutsche Volk zu Frieden und Freiheit“. Paulus wollte ein bündnisfreies vereintes Deutschland ohne Besatzungstruppen, eigene Truppen lediglich zur Grenzsicherung. Diesbezüglich wurde von westdeutscher Seite Mißbrauch der gesamtdeutschen Idee für den Kommunismus im Sinne der sogenannten Volksdemokratie Deutschland befürchtete. Im zweiten Treffen der Initiative rief er zum „nationalen Widerstand gegen die Politik der dauernden Spaltung Deutschlands“ auf. Diese Töne und die Beteiligung von Waffen-SS-Offizieren führten zur Beendigung der Treffen durch die DDR, zumal ja die Ost- bzw. Westintegration längst vollzogen war. Paulus war mittlerweile in beiden deutschen Staaten ein Fremdkörper geworden.
  • Frühjahr 1956 Paulus wies zunehmender Muskelschwund an rechter Hand und rechtem Arm auf, vorübergehend beherrschte er nur noch eine kloßige Sprache. Diagnosestellung in der Staatlichen Rheumaforschungsanstalt im Staatsbad Bad Elster: „Amyotrophe Lateralsklerose mit Bulbärparalyse“, eine unheilbare neurologische Erkrankung, wobei Nervenreize von den Muskeln nicht mehr befolgt werden. Das führt zu extremer Schwäche, Muskelschwund und hochgradiger Atemnot.
  • Im Jahr 1960 wurde unter dem Titel: „Ich stehe hier auf Befehl“ sein dokumentarischer Nachlaß veröffentlicht.

Tod

Generalfeldmarschall a. D. Friedrich Paulus verstarb schwer erkrankt am 1. Februar 1957 in Dresden. Er wurde am 6. Februar mit militärischen Ehren und mit Delegationen des Nationalen Rates der Nationalen Front sowie des Ministeriums für Nationale Verteidigung der DDR auf dem Friedhof von Dresden-Tolkewitz beigesetzt. Dortige Nachrufe: „Ein Patriot für das bessere Deutschland.“ Seine Urne wurde später in das Familiengrab auf dem Hauptfriedhof in Baden-Baden umgebettet (Feld 9, Reihe 1, Grab 4/5).

Familie

Fritz Paulus war der Sohn des Kreisverwaltungsinspektors und Strafanstaltsbeamten Ernst Paulus und dessen Gemahlin Berta Elwira, geb. Nettelbeck, die Tochter seines Direktors.

1912 heiratete Leutnant Paulus die rumänische Adelstochter Constance „Coco“ Elena Rosetti-Solescu (Lebensrune.png 25. Januar 1889). Ihre Brüder Effrem und Konstantin dienten im 3. Badischen Infanterie-Regiment „Markgraf Ludwig Wilhelm“ Nr. 111 zur gleichen Zeit wie Paulus. Als Major diente einer der beiden als Verbindungsoffizier der Rumänischen Armee zu Generalfeldmarschall von Manstein. Constance hat ihren Ehemann nie wieder gesehen, Sie verstarb nach schwerer Krankheit am 9. November 1949 in Baden-Baden, wo ihr Sohn Ernst Alexander sich liebevoll um sie gekümmert hat.

Kinder

Aus dieser Beziehung gingen drei Kinder hervor: die Tochter Olga Berta (Lebensrune.png 5. Januar 1914; 15. Juni 2003) und die Zwillinge Friedrich und Ernst Alexander (Lebensrune.png 11. April 1918 in Baden-Baden), die beide Berufsoffiziere waren. Olga war mit dem baltendeutschen Sonderführer (K) Achim Baron von Kutzschenbach (Lebensrune.png 10. Mai 1905 in Bogas) verheiratet, Dolmetscher (u. a. Russisch und Kaukasische Sprachen) in der Lc-Abteilung der 6. Armee. Auch er konnte Stalingrad entkommen, fiel ab am 19. September 1944 bei Kielce während des sogenannten Warschauer Aufstandes. Ihr gemeinsamer Sohn, Achim Ernst Baron von Kutzschenbach, ist seit 2011 Präsident des Lions-Clubs Murnau-Staffelsee. Ihre am 3. Februar 1942 geborene Tochter Alexandra wurde am 22. Juli 1944 mit nur zwei jahren Opfer der feindlichen Terrorflieger. Walter Baron von Kutzschenbach (Lebensrune.png 6. September 1900 in Tiflis) war Achims älterer Bruder. Er hatte schon zum Schluß des Ersten Weltkrieges bei der Georgischen Legion gekämpft, war Ritter des Eisernen Kreuzes (1914) II. Klasse und Inhaber des Tamara-Ordens, nach dem Krieg kaufmännischer Angestellter in Leipzig und im Zweiten Weltkrieg ebenfalls Sonderführer, allerdings im Sonderverband „Bergmann“ und hochdekorierter Dolmetscher für Theodor Oberländer.

Hauptmann Friedrich Paulus fiel am 29. Februar 1944 bei Ponte Rotto bei der Abwehr der Invasion bei Anzio. Er ruht auf der Kriegsgräberstätte in Pomezia; Endgrablage: Block M, Grab 1108. Hauptmann Ernst Alexander wurde im Kessel von Stalingrad schwer verwundet und ausgeflogen. Er hat seinen Vater nie wieder gesehen und war seit dem 26. März 1943 mit Lore Elisabeth, geb. Dinsing verheiratet. 1944 bekamen er und seine Mutter mit der Gestapo Schwierigkeiten, als bekannt wurde, daß Paulus mit den Sowjets kooperierte. Kaufmann Ernst Alexander beging am 19. Juni 1970 in Straelen, Düsseldorf Suizid. Er war 52 Jahre, so alt wie sein Vater, als er in Stalingrad in Gefangenschaft ging.

Auszeichnungen (Auszug)

Beförderungen

Fußnoten

  1. In der Literatur wird oft Breitenau als Geburtsort angegeben, dies ist jedoch keine Ortschaft.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Mittler & Sohn Verlag, Berlin 1930, S. 132.
  3. Veit Scherzer: Die Ritterkreuzträger 1939–1945, Scherzers Militaer-Verlag, Ranis/Jena 2007, S. 585, ISBN 978-3-938845-17-2