Belgard an der Persante

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Belgard an der Persante

Wappen
Staat: Deutsches Reich
Gau: Pommern
Landkreis: Belgard
Provinz: Pommern
Einwohner (1939): 16.500
Bevölkerungsdichte: 634 Ew. p. km²
Fläche: 26 km²
Koordinaten: 54° 0′ N, 15° 59′ O
Flucht.jpg
Belgard an der Persante befindet sich seit 1945 unter Fremdherrschaft. Das Gebiet ist von Polen vorübergehend besetzt, die einheimische Bevölkerung wurde vertrieben oder ermordet und deren Eigentum gestohlen.

Belgard an der Persante ist eine deutsche Kreisstadt in Pommern. Bis 1937 erschien in Belgard „Der Leibhusar. Nachrichtenblatt des Leibhusaren-Bundes“ unter der Schriftleitung von August von Mackensen.

Lage

Belgard liegt am Ufer des Flusses Persante in Hinterpommern. Zu den benachbarten Kreisstädten, im Nordwesten Kolberg und im Nordosten Köslin, sind es jeweils 25 Kilometer, Stettin ist etwa 150 Kilometer entfernt.

Einwohnerentwicklung

Jahr Einwohner
1880 7.000
1933 13.543[1]
1939 16.500
1950 12.700
2015 24.570

Geschichte

Marktplatz von Belgard an der Persante

Ältere Zeit

Ein undatierter deutscher Notgeldschein (Vorder- und Rückseite) aus Belgard im Wert von 50 Pfennig
Denkmal für die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges des Lnadkreies Belgard-Schivelbein, aufgestellt am 19. September 1954 durch den Landkreis Celle in Celle.

Im 10. Jahrhundert befand sich an der Stelle der Stadt eine Burg, die ein wichtiges Handelszentrum an der Kreuzung der Handelsrouten zwischen PosenKolberg und StettinDanzig war. Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte aber erst 1105 durch Gallus Anonymus, der die weiße Burg erwähnte, die auf dem Feldzug zur Angliederung Pommerns an Polen entdeckt wurde.

Erstes Anzeichen einer Besiedlung im Raum des späteren Belgard ist eine Wehrburg auf dem Burgberg, die etwa im 6. Jahrhundert errichtet wurde. In unmittelbarer Nähe entstanden erste unbefestigte Siedlungen. Zweihundert Jahre später siedelten hier die Pomoranen. Die Wehrburg war jetzt Sitz des lokalen Stammesoberhauptes und wurde schon mit dem Namen Belgard, die weiße Burg, wegen ihres Schutzwalls aus weißer Birke, versehen.

Herzog Miseko I. (um 960–992) hatte Stämme der Polanen im Raum von Warthe und mittlerer Weichsel unter seiner Oberhoheit vereint, die er etwas später auch auf den zweiten Kernraum der Polanen in der Region Krakau ausdehnte. Er und sein Sohn Boleslaw I. (992–1025) brachten später auch Teile Pommerns, Schlesiens und Mährens durch Eroberung vorübergehend in ihre Abhängigkeit. Im Zuge dieser Eroberungszüge erstürmten Polanen auch die alte pomoranische Burgwallanlage Belgard.

Doch Polanen siedelten niemals hier – ebenso wenig nach ihren abermaligen Einfällen in den Jahren 1102 und 1107/8, denn ihnen kam es auf Unterwerfung und Beute und nicht auf dauerhaften Siedlungsbesitz an. So ist die wiederholte Einverleibung Belgards sowie anderer Burgen der Pomoranen (Wenden) durch polnische Herrscher um 1000 und 1100 eine kurze Episode in der langen Territorialgeschichte Pommerns geblieben.

Als sich zum Ende des zehnten Jahrhunderts Handwerk und Handel entwickelt hatten, begann der Fluß Persante, an dessen Ufer der Ort lag, an Bedeutung zu gewinnen. Er war der Transportweg für das Salz, das in dem im Norden gelegene Kolberg gewonnen wurde. Belgard wurde zum Umschlagplatz und Verarbeitungsort des wichtigen Minerals. Im elften Jahrhundert wurde Belgard gemeinsam mit Kolberg Residenz des pommerschen Greifengeschlechtes. So rühmten sich die Polen bei ihren Einfällen in den Jahren 1102 und 1107/8, mit Belgard eine reiche und mächtige Stadt eingenommen zu haben. Als Bischof Otto von Bamberg seine Missionsreise durch Pommern unternahm, gehörte 1124 auch Belgard zu seinen Stationen. Als sich 1181 Pommern unter die Lehnshoheit des Kaisers Friedrich I. Barbarossa begab, begann Belgards Geschichte als deutsche Stadt. Pommerns Herzöge warben verstärkt deutsche Siedler an, die sich auch in Belgard niederließen und Handwerk und Handel weiter aufblühen ließen. 1299 wurde Belgard das lübische Stadtrecht verliehen, und 1307 erhielt die Stadt das Stapelrecht, mit dem die Voraussetzung geschaffen wurde, dass durchziehende Händler ihre Waren in der Stadt anbieten mussten. Ab 1315 wurde Belgard erneut Residenzstadt, als sich Pommernherzog Wartislaw IV. dort niederließ. In diese Zeit fallen der Baubeginn der Marienkirche und die Errichtung der Stadtmauer.

1469 kam es zwischen den Belgardern und Schivelbeinern zu einem Gefecht in der Langener Heide, dessen Ursache eine Kuh aus Nemmin gewesen sein soll. Ein anfangs privater Streit zwischen einem Bauern aus dem Belgarder Land und einem Nachbarn aus dem Schivelbeiner Land entwickelte sich zu einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen den Städten Belgard und Schivelbein. Sie wurde zugunsten der Schivelbeiner entschieden, wobei die Belgarder mehr als 300 Mann verloren haben sollen. Dieses Ereignis wird seit 1969 als Volksfest gefeiert.

Jüngere Zeit

Mit der Einführung der Reformation in Pommern 1534 und der Annahme des evangelischen Bekenntnisses durch seine Herzöge und dessen gleichzeitiger Übertragung auf ihre Untertanen wurden auch die Bürger Belgards evangelisch. Sie waren inzwischen so wohlhabend geworden, dass der Stadtrat eine Verordnung gegen Völlerei erlassen musste. Den guten Zeiten setzte der Dreißigjährige Krieg ein vorläufiges Ende. Kaiserliche wie schwedische Truppen besetzten abwechselnd die Stadt und zerstörten sie erheblich.

Eine Pestepidemie tat ihr Übriges, die Zahl der Einwohner um die Hälfte zu dezimieren. Nach dem Westfälischen Frieden 1648 wurde Belgard brandenburgisch und 1714 zur preußischen Garnisonsstadt. Zu dieser Zeit hatte die Stadt etwa 1.200 Einwohner. Im Siebenjährigen Krieg war Belgard 1760 von den russischen Truppen besetzt. Schweren Schaden richtete 1765 ein Großbrand an, dem die Mehrzahl der Häuser zum Opfer viel. Aus der Zeit der Napoleonischen Kriege werden hingegen keine Zerstörungen erwähnt. Nach dem Wiener Kongress wurde Belgard eine Stadt in der preußischen Provinz Pommern und 1818 Kreisstadt des gleichnamigen Landkreises. In der Mitte des 19. Jahrhunderts setzte durch die Industrialisierung ein neuer Aufschwung ein.

Es entstanden neue Betriebe, wie Brauereien, Webereien und Bleichereien. Die Einwohnerzahl erhöhte sich auf knapp 4.000, die sich bis zum Ende des Jahrhunderts noch einmal auf 7.000 steigerte, als bedingt durch den Eisenbahnanschluss sich weitere Industriebetriebe der Holz- und Metallverarbeitung ansiedelten. 1898 erhielt die Stadt ein Gaswerk und 1911 nahm eine elektrische Überlandzentrale ihren Betrieb auf. Für ein Artillerieregiment wurde eine Kaserne errichtet.

Der Erste Weltkrieg stoppte die Weiterentwicklung in Belgard, wenngleich nach Kriegsende bereits 11.000 Menschen dort wohnten. Die Wirren der ersten Jahre der Weimarer Republik machten sich 1920 durch die Teilnahme der dort ansässigen Großbauern am Kapp-Aufstand bemerkbar. Positiv wirkte sich hingegen die Erweiterung der Stadt durch neue Siedlungsgebiete in den zwanziger Jahren aus. Die rechtskonservative Prägung der Stadt wurde bei den Reichstagswahlen 1924 deutlich, als die Deutschnationale Volkspartei hier ihr drittbestes Ergebnis deutschlandweit erzielte. 1933 erhielten die Nationalsozialisten in Belgard 61,8 % der Stimmen.

Der Zweite Weltkrieg machte sich ab 1940 unmittelbar bemerkbar. Die Stadt musste Evakuierte aus dem Rheinland, vornehmlich aus Bochum, aufnehmen, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene kamen hinzu. Ab Herbst 1944 erreichten die ersten Flüchtlinge aus Ostpreußen und dem Memelland die Stadt, deren Einwohnerzahl dadurch von 14.900 im Jahre 1939 auf gut 20.000 gegen Kriegsende anwuchs. Am 4. und 5. März 1945 wurde Belgard von der Roten Armee eingenommen. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die meisten Einwohner noch in der Stadt, da der Räumungsbefehl erst am Abend des 3. März gegeben worden war, als die sowjetischen Truppen bereits vor Belgard standen.

Nachdem die deutsche Bevölkerung fast vollständig in Belgard verblieben und die Häuser von der Roten Armee und bald auch von nachrückenden Polen geplündert worden waren, wurde wenige Wochen nach Kriegsende die Verwaltung der Stadt an polnische Behörden übergeben. Deutscher Besitz wurde einschließlich der Häuser und Wohnungen beschlagnahmt.

Unter polnischer Annexion

Es begann die Zuwanderung von Polen aus Gebieten östlich der Curzon-Linie, die an ihren Heimatorten im allgemeinen von der zuständigen Sowjetkommandantur vor die Wahl gestellt worden waren, entweder eine andere Staatsangehörigkeit zu akzeptieren oder auswandern zu müssen. Später kamen Polen aus Zentralpolen und Großpolen hinzu. Aufgrund der Bierut-Dekrete wurde die deutsche Bevölkerung zwischen Ende 1945 und Anfang 1946 von der polnischen Miliz aus Belgard vertrieben.

Lediglich einige Deutsche, die für die Versorgung der Stadt unentbehrlich waren, wurden noch einige Zeit festgehalten, ebenso die auf den von der Roten Armee beschlagnahmten Gütern beschäftigten Deutschen, welche die Versorgung des Militärs sicherzustellen hatten. Nach 1947 wurden hier auch Ukrainer aus dem Südosten der Volksrepublik Polen zwangsangesiedelt im Rahmen der Aktion Weichsel. 1950 lebten in der Stadt nur noch 12.700 Einwohner.

Das an die südliche Stadt angrenzende Dorf Vorwerk wurde nach 1945 in das Stadtgebiet integriert.

Sehenswürdigkeiten

  • Stadtpfarrkirche St. Marien
  • Georgenkirche
  • Hohes Tor
  • Rathaus

Bekannte, in Belgard an der Persante geborene Personen

Landkreis Belgard (Persante)

Der Landkreis Belgard (Persante), bis 1939 Kreis Belgard, war bis 1945 ein preußischer Landkreis in Hinterpommern. Der Kreis Belgard gliederte sich in Städte, in Landgemeinden und – bis zu deren vollständiger Auflösung im Jahre 1929 – in selbständige Gutsbezirke. Mit der Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 gab es ab dem 1. Januar 1934 eine einheitliche Kommunalverfassung für alle preußischen Gemeinden. Zum 1. April 1935 trat mit der Einführung der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 im Deutschen Reich eine einheitliche Kommunalverfassung in Kraft, wonach die bisherigen Landgemeinden nun als Gemeinden bezeichnet wurden. Diese waren in Amtsbezirken zusammengefaßt. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881. Bei der Gebietsreform von 1932 wurde der Kreis deutlich vergrößert. Der Landrat von 1935 bis 1945 war Erich Mehliß (1899–1972). Der berühmte Arzt und Politiker Rudolf Virchow wurde am 13. Oktober 1821 in Schivelbein geboren, seine Mutter stammte aus Belgard.

Einwohnerentwicklung

Siegel des Kreises
Jahr Einwohner Quelle
1797 16.682
1816 18.808
1846 33.528
1871 44.102
1890 44.547
1900 47.097
1910 48.504
1925 53.918
1933 76.894
1939 77.062

Verweise

Fußnoten

  1. Meyers Lexikon, Band 1, Bibliographisches Institut AG., Leipzig, 8. Auflage 1936