Daluege, Kurt
Kurt Max Franz Daluege ( 15. September 1897 in Kreuzburg (Oberschlesien); 23. Oktober 1946 in Prag) war ein deutscher Unteroffizier des Deutschen Heeres, Freikorpskämpfer, Diplom-Ingenieur, Preußischer Staatsrat, Mitglied des Reichstages, stellvertretender Reichsprotektor und SS-Oberst-Gruppenführer sowie bis 1943 Chef des Hauptamtes „Ordnungspolizei“ (OrPo) im nationalsozialistischen Deutschen Reich.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Jugend
Kurt Daluege stammte aus Oberschlesien, wo er am 17. September 1897 geboren wurde. Er war der Sohn eines mittleren Beamten, Mitglied der Jugendbewegung „Wandervogel“.
Erster Weltkrieg
Nach dem Abitur trat er 1916 im Ersten Weltkrieg ins Heer ein, kam zu einem Sturmbataillon, stand mit ihr vor Verdun, an der Somme, vor Reims und an der Rigaer Front. Inzwischen zum Zugführer in einer Maschinengewehr-Kompagnie ernannt, wurde er an der Westfront im Frühjahr 1918 schwer verwundet. Zwölfmal mußte er operiert werden, viele Monate lag er todwund im Lazarett, von den Ärzten fast aufgegeben. Seine eiserne Natur und sein Lebenswille rangen sich durch.
Chronologie
- Januar 1916 Notabitur
- Januar 1916 bis April 1918 Kriegsfreiwilliger
- 2. Garde-Infanterie-Regiment zu Fuß, 3. Ersatz-MG-Kompanie des Garde-Korps
- 2. MG-Kompanie des 7. Garde-Infanterie-Regiments (Ost- und Westfront, Verdun)
- 15. Oktober 1917 bis 14. Februar 1918 Offizierskursus in Döberitz
- April 1918 schwer verwundet
- April bis Oktober 1918 im Lazarett (Frankfurt/O.)
- 1918 Beförderung zum Vizefeldwebel und Offizier-Anwärter
Weimarer Republik
Im Dezember 1918 wurde Kurt Daluege als genesen als Vizefeldwebel und Offiziersanwärter aus dem Dienst des Kaiserlichen Heeres entlassen. Von Dezember 1918 bis Oktober 1922 war er Angehöriger des Selbstschutz Oberschlesien unter Generalmajor Karl Hoefer.
Er trat 1919/1920 in eine Maschinenbauanstalt zur Absolvierung eines praktischen Jahres ein, studierte von 1921 bis 1924 an der Technischen Hochschule Charlottenburg im Fach Bauingenieurwesen und schloß sich schon als Student der NSDAP an, nachdem er vorher auch mit der Großdeutschen Arbeiterpartei und Gerhard Rossbach Verbindungen aufgenommen hatte. Er fungierte ab Oktober 1922 bis 1923 als Abteilungs-Kommandeur im Freikorps „Roßbach“. Sein Studium schloß er 1924 mit dem Staatsexamen zum Diplom-Ingenieur für Hoch-und Tiefbau ab.
Werdegang in der NSDAP
Daluege unterstützte Adolf Hitler bei dessen Marsch auf die Feldherrnhalle in München (9. November 1923) als Verbindungsmann in Berlin, was Hitler ihm zeitlebens hoch anrechnete. Nach dem gescheiterten Putschversuch und dem Verbot der NSDAP bemühte sich Daluege, in Berlin die Parteibasis zusammenzuhalten und gründete 1924 als Ersatz für die verbotene SA den Frontbann. Er war einer der ersten, die sich dem Frontbann zur Verfügung stellten und in ihm führend Dienst taten.
Nach Wiedergründung der NSDAP und der Umwandlung des Frontbanns in die SA wurde Kurt Daluege zum Gausturmführer Berlin und damit zum ersten SA-Führer Berlins ernannt. Er hatte die NSDAP-Mitgliedsnummer 31.981. Als Dr. Goebbels 1926 die Führung des Gaues Berlin übernahm, konnte Kurt Daluege ihm eine kleine, aber schlagkräftige SA zur Verfügung stellen, mit der schon etwas anzufangen war.
Die Beweise wurden bald geliefert: die berühmten Pharus-Säle im Berliner Norden, in der sich trotz einer zwanzigfachen kommunistischen Übermacht die NSDAP am Berliner Wedding den Durchbruch erkämpfte, die Schlacht mit Rotfront auf dem Bahnhof Lichterfelde-Ost, Spandau, der 1. Märkertag.
Nach mehrjähriger Tätigkeit als Bauleiter im Hoch- und Tiefbau und als Hilfsarbeiter im preußischen Landwirtschaftsministerium trat Kurt Daluege 1927 als Abteilungsleiter einer städtischen Gesellschaft in den Berliner Kommunaldienst.
Nachdem er sich als SS-Oberführer der SS angeschlossen hatte (Mitglieds-Nr. 1.119), wurde er schließlich 1931 mit der Führung der Berliner SS betraut, bald darauf zum SS-Gruppenführer befördert und zum Führer der SS-Gruppe „Ost“ ernannt, die er bis zum Sommer 1933 leitete.
Drittes Reich
Im April 1932 wurde er Mitglied des Preußischen Landtages und am 12. November 1933 in den Reichstag gewählt. Am 9. Februar 1933 berief ihn der Reichsminister Göring, Reichskommissar für das Preußische Innenministerium, als Kommissar in sein Ministerium und betraute ihn dort mit besonderen Polizeiaufgaben. Im Mai 1933 wurde Kurt Daluege zum Ministerialdirektor, Polizeigeneral und Befehlshaber der Polizei Preußens ernannt.
Bei der Neugründung der Preußischen Staatsrates berief ihn der preußische Ministerpräsident Hermann Göring auch in den Preußischen Staatsrat. Am Jahrestag seiner Ernennung, dem 11. Mai 1934, wurde er Ministerialdirektor und Leiter der Polizeiabteilung im Reichsministerium und damit Leiter der deutschen Polizei.
Als solcher erlitt er im März 1936 seinen ersten Herzinfarkt. Das verhinderte nicht seine im Juni 1936 erfolgende Ernennung zum (bis 31. August 1943 amtierenden) Stellvertreter Himmlers als „Chef der Deutschen Polizei“ im Innenministerium und gleichzeitig zum (bis Mai 1945 amtierenden) „Chef der Deutschen Ordnungspolizei“. Damit unterstand Daluege die gesamte uniformierte Polizei des Deutschen Reiches einschließlich aller Hilfskräfte und Feuerwehren („Feuerschutzpolizei“).
Zweiter Weltkrieg
Gleichwohl wurde Daluege in den folgenden Jahren bis 1939 durch den Reichsführer-SS Himmler und dessen Stellvertreter Heydrich zurückgedrängt und somit weitestgehend entmachtet, blieb jedoch aufgrund guter Kontakte zu Hitler weiter im Amt.
Während der Kriegsjahre war er besonders für den persönlichen Schutz Hitlers sowie anderer hoher Parteiführer verantwortlich. Im Jahre 1942 wurde er – als einer von nur vier SS-Führern – in den höchst erreichbaren Rang der SS-Generalität, nämlich als SS-Oberst-Gruppenführer und gleichzeitig als Generaloberst der Polizei, eingestuft.
Nach dem Attentat tschechischer Partisanen auf Dalueges Konkurrenten Heydrich, der seit 1941 als stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren fungiert hatte, ernannte Hitler Daluege im Juni 1942 zu dessen Nachfolger in Prag.
Seiner Doppelrolle als Chef der Ordnungspolizei in Berlin und faktischem Reichsprotektor in Prag – der eigentliche offizielle Reichsprotektor Konstantin von Neurath war seit 1941 dauerhaft beurlaubt, auch wenn dieser erst 1943 entlassen wurde – zeigte sich Daluege nach einem Jahr aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gewachsen. Im Juni 1943 wurde er von Hitler vom Amt des stellv. Reichsprotektors entbunden, und nachdem er im selben Monat einen zweiten Herzinfarkt erlitten hatte, beantragte er aufgrund der gesundheitlichen Vorfälle am 17. August 1943 seine Beurlaubung als Chef der Ordnungspolizei. Daluege zog sich nach der Beendigung seiner Dienstgeschäfte auf sein Gut zurück, welches er vom Führer einstmals geschenkt bekommen hatte.
Verhaftung
Im Mai 1945 verhaftete die britische Militärpolizei Daluege in Lübeck. Aufgrund eines Auslieferungsersuchens der tschechoslowakischen Regierung wurde er im Mai 1946 nach Prag überstellt, vom Prager Volksgericht angeklagt und am 23. Oktober 1946 zum Tode durch den Strang verurteilt.
Tod
Das Urteil wurde noch am gleichen Tag im Gefängnis Prag-Pankrác vollstreckt, nachdem SS-Oberst-Gruppenführer und Generaloberst der Polizei Daluege zuvor noch einen Suizidversuch unternommen haben soll.
Familie
Am 16. Oktober 1926 heiratete Kurt Daluege seine Verlobte Käthe Schwarz. Aus der Ehe sind drei Kinder entsprossen.
Beförderungen und Dienststellen (Auswahl)
- 1926: SA-Gruppenführer
- 22.3.1926 Gründer der SA für Berlin und Norddeutschland
- bis 1.11.1926 Führer der SA-Gruppen Berlin-Nord und Ostmark
- 1926 Führer des Sportverbandes (Tarnorganisation der SA) von Groß-Berlin
- 1. November 1926 offizieller Eintritt in die SA
- 1. November 1926 bis 21. Juni 1930 Führer der SA-Gruppe Berlin-Brandenburg, zugleich SA-Gausturmführer im Gau Berlin-Brandenburg,
- 1. November 1926 bis 1. November 1928 Stellvertretender Gauleiter des Gaus Berlin-Brandenburg
- Jan. 1929 bis Aug. 1930 Führer der SS in Berlin und Norddeutschland
- Juli 1929 Berufung in die Reichsführung der SA als Führer z. b. V.
- Juli 1930 Austritt aus der SA
- 25. Juli 1930: Eintritt in die SS (SS-Nr.: 1.119) als SS-Oberführer
- 8. Oktober 1930 bis 1. März 1931 SS-Oberführer Ost (mit Wirkung vom 1. August 1930)
- 1. Juli 1932: SS-Gruppenführer und Führer der SS-Gruppe Ost (Berlin)
- 6. Februar bis 5. Mai 1933 ehrenamtlicher Kommissar z. b. V. und Leiter der „Sonderabteilung Daluege“ im Preußischen Ministerium des Innern
- 5. Mai 1933 Ministerialdirektor und Berufung in das Beamtenverhältnis
- 11. Mai 1933 Chef der Preußischen Polizei
- Juni 1933 Stellvertretender Bevollmächtigter Preußens zum Reichsrat
- 11. Juli 1933 Preußischer Staatsrat
- 14 September 1933: Eintritt in und Generalmajor der Landespolizei; Befehlshaber der Landespolizei in Preußen
- 1. Oktober 1933 bis 1.4.1936 SS-Führer z. b. V. des RFSS
- 9. September 1934: SS-Obergruppenführer
- 20. April 1935: Generalleutnant der Landespolizei
- 17. Juni 1936: General der Polizei (gleichzusetzen mit dem General der Waffengattung des Heeres)
- bis 31. August 1943 Vertreter (bei Abwesenheit) des Chefs der Deutschen Polizei
- 26. Juni 1936 bis 1945 Chef der Deutschen Ordnungspolizei (ab 30.7.1943 krankheitshalber nach Herzinfarkt beurlaubt), zugleich Chef des Hauptamtes Ordnungspolizei
- 1936 bis 1944 Mitglied des Ausschusses für Polizeirecht der Akademie für Deutsches Recht
- 20. April 1942: SS-Oberst-Gruppenführer und Generaloberst der Polizei
- 30. Mai 1942 „beauftragt mit der Vertretung des SS-Obergruppenführers und Generals der Polizei Heydrich in der Führung der Geschäfte des Reichsprotektors in Böhmen und Mähren, solange SS-Obergruppenführer Heydrich durch die Folgen des Attentats vom 27. Mai 1942 verhindert ist, die Geschäfte selbst zu führen.“
- 4. Juni 1942 bis 20. August 1943 geschäftsführender Stellvertretender Reichsprotektor in Böhmen und Mähren (ab Juni 1943 nach zweitem Herzinfarkt krankheitshalber beurlaubt)
- 31. August 1943 „im Auftrag des Führers bis zur Wiederherstellung Ihrer Gesundheit von der Führung Ihrer Amtsgeschäfte als Chef der Ordnungspolizei“ entbunden und Rückzug auf sein Gut Doberschisch
- seit 24. Mai 1944 Besitzer des Rittergutes Ilsenau im Reichsgau Wartheland
- Mai 1945 Gefangennahme in Lübeck, danach Internierung in Mondorf (Luxemburg) und Nürnberg
Auszeichnungen (Auszug)
- Eisernes Kreuz (1914) II. Klasse
- Verwundetenabzeichen (1918) in Schwarz
- Nürnberger Parteitagsabzeichen 1929
- Abzeichen des SA-Treffens Braunschweig 1931
- Frontbann-Abzeichen, 1932
- SS-Totenkopfring am 24.12.1933
- Goldenes Parteiabzeichen der NSDAP am 1.2.1934
- Medaille zur Erinnerung an den 9. November 1923 (Blutorden)
- Ehrendegen des Reichsführers-SS am 15.9.1935
- SS-Zivilabzeichen (Nr. 1119)
- Ehrenwinkel der Alten Kämpfer
- SS-Ehrendolch
- Julleuchter der SS am 16.12.1935
- Goldenes Gau-Ehrenzeichen des Gaues Groß-Berlin der NSDAP, 1936
- Deutsches Olympia-Ehrenzeichen I. Klasse (Halsorden) am 29.10.1936
- Großoffizierkreuz des Königl. Ordens der Krone von Italien am 20.4.1937
- Großoffizierkreuz des Königl. Ordens des „Heiligen Mauritius und Lazarus“ von Italien
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer im August 1937
- Feuerwehr Ehrenzeichen II. Stufe
- Ehrenzeichen des Deutschen Roten Kreuzes I. Klasse am 30.1.1938
- Polizei-Dienstauszeichnung in Gold (III. Stufe)
- Orden der Krone von Italien, Großkreuz am 18.10.1938
- Medaille zur Erinnerung an den 13. März 1938 am 21.11.1938
- Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938 mit Spange „Prager Burg“
- Medaille am 4.5.1939
- Spange am 26.10.1939
- Medaille zur Erinnerung an die Heimkehr des Memellandes am 21. November 1939
- Danziger Kreuz II. Klasse am 31. August 1939
- Dienstauszeichnung der NSDAP in Bronze und Silber
- Bronze am 30. Januar 1940
- Silber 1942
- SS-Dienstauszeichnung II. Stufe
- Kriegsverdienstkreuz (1939) II. und I. Klasse mit Schwertern
- II. Klasse am 30. Januar 1941
- I. Klasse am 20. April 1941
- Großoffizierkreuz des Königl. Rumän. Orden des Sterns mit Schwertern am 22.6.1942
- Deutsches Kreuz in Silber am 10. September 1942 als SS-Obergruppenführer und General der Polizei
- Slowakisches Kriegssiegerkreuz I. Klasse am 28. Juli 1943
- Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes mit Schwertern am 6./7. September 1943 als SS-Oberst-Gruppenführer, Generaloberst der Polizei und Reichsprotektor Böhmen und Mähren
Werke
- Nationalsozialistischer Kampf gegen das Verbrechertum, 1936
- Tag der deutschen Polizei, 1934
- Stellung und Aufgaben der Polizei im Dritten Reich, Franz Eher Verlag, München 1935 [1.–30. Tsd.]
Verweise
- Daluege, Kurt, ww2awards.com (englischsprachig)
- Geboren 1897
- Gestorben 1946
- Deutscher Generaloberst
- SS- und Polizeiführer
- Deutscher Bauingenieur
- Deutscher Politiker
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- NSDAP-Mitglied
- Landtagsabgeordneter (Preußen)
- Reichstagsabgeordneter (Deutsches Reich 1933–1945)
- SA-Mitglied
- SS-Mitglied
- Freikorps-Mitglied
- Träger des Eisernen Kreuzes II. Klasse (1914)
- Träger des Deutschen Kreuzes in Silber
- Träger des SS-Ehrendegens
- Träger des Goldenen Parteiabzeichens der NSDAP
- Träger des Blutordens
- Träger des Ritterkreuzes des Kriegsverdienstkreuzes
- Träger des Danziger Kreuzes
- Träger des Verdienstordens vom Deutschen Adler