Schirach, Baldur von

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Reichsstatthalter Baldur von Schirach

Baldur Benedikt von Schirach (Lebensrune.png 9. Mai 1907 in Berlin; Todesrune.png 8. August 1974 in Kröv an der Mosel, Rheinland-Pfalz) war ein deutscher Politiker der NSDAP während der Zeit des Nationalsozialismus und Mitglied des Reichstages sowie Reichsjugendführer, Reichsleiter, Gauleiter, Reichsstatthalter, Leutnant des Heeres und SA-Obergruppenführer. Von Schirach gehörte zu den vor dem Nürnberger Tribunal angeklagten Personen und wurde am 1. Oktober 1946 zu 20 Jahren Haft verurteilt.

Leben

Unterschrift Schirach, Baldur von.png

Familiärer Hintergrund

Von Schirach inmitten der Hitlerjugend
Scholtz-Klink, Himmler, Heß (SA-Gruß), von Schirach und Artur Axmann mit Deutschem Gruß auf der Großkundgebung des HJ-Landdienstes im Berliner Sportpalast am 13. Februar 1939

Reichsleiter Baldur von Schirach entstammte einer ursprünglich aus der Oberlausitz stammenden Familie, die sich bis auf den Bauern George Schierag um 1430 in Schiedel bei Kamenz in Sachsen zurückverfolgen läßt. Gottlob Schirach, Professor für Geschichte und Politik an der Universität Helmstedt, brachte 1776 den erbländisch-österreichischen Adel an die Familie. Des Reichsjugendführers Vater war der Oberleutnant und Schwadronschef im Garde-Kürassier-Regiment (Garde-Korps der Preußischen Armee) und spätere Rittmeister sowie großherzoglich sächsische Kammerherr Carl Baily Norris von Schirach (1873–1949), 1909 bis 1918 Intendant des Nationaltheaters Weimar, 1935 bis 1943 Intendant des Staatstheaters Wiesbaden. Der Großvater hatte es bis zum Major in der United States Army gebracht. Die angelsächsische Mutter Emma Lynah Tillou Bailey Middleton von Schirach (1872–1944) aus den VSA, Bombenopfer in Wiesbaden 1944, und die Großmutter väterlicherseits waren Nordamerikanerinnen. Baldur von Schirach stammte von zwei Familien ab, deren Angehörige am 4. Juli 1776 die Unabhängigkeitserklärung der 13 Kolonien von Großbritannien unterschrieben hatten.

Weimarer Republik

Baldur von Schirach im Rang eines Leutnants des Heeres (1940)

Von Schirach wuchs in einem konservativ-kaisertreuen Umfeld auf. Sein sieben Jahre älterer Bruder Karl (Lebensrune.png 1900) erschoß sich 1919 in Roßleben aus Gram über die Abdankung des Kaisers und den Abschluß des sogenannten Versailler Vertrages. Als 17jähriger begegnete von Schirach im Jahre 1925 Adolf Hitler und wurde zu dessen begeistertem Anhänger. Mit Erreichen der Volljährigkeit trat er in die NSDAP ein. 1928 wurde er Führer des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes. Am 30. Oktober 1931 wurde er zum Reichsjugendführer der NSDAP ernannt und erhielt den Rang eines Gruppenführers in der SA.

Von Schirachs Einstellung und Emotionen zu den Verhältnissen der Weimarer Zeit finden auch im folgenden, von ihm verfaßten Gedicht ihren Ausdruck:

„Die einen sind vom Fressen fett
Und ernten fremde Saaten
Und haben Haus und Hof und Bett –
Die andern sind Soldaten.
Die einen wurden riesenreich,
Die andern ruhn in Flandern.
Sind sie vor Gottes Sonne gleich,
Die einen und die andern?“

Drittes Reich

Einweihung der Potsdamer Reichsführerinnenschule des BDM durch von Schirach

Der Text des Hitlerjugendliedes Vorwärts! Vorwärts! schmettern die hellen Fanfaren stammt von Baldur von Schirach; es wurde in dem 1933 uraufgeführten Tonfilm „Hitlerjunge Quex“ erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Zudem war von Schirach in dem Film „Der Marsch zum Führer“ von 1940 zu sehen.

Am 17. Juni 1933 wurde er von Hitler zum Jugendführer des Deutschen Reiches ernannt. Ab 1936 erklärte er die Mitgliedschaft in der Hitlerjugend (HJ) zur Pflicht, so daß die HJ auf 6 Millionen Mitglieder anwuchs. Seine Bemühungen, die Kontrolle über die gesamte Jugenderziehung zu erlangen, führte zu einem Machtkampf mit Artur Axmann. Am 17. Januar 1937 gründete der Reichsjugendführer von Schirach als Reichsleiter zusammen mit Reichsleiter Robert Ley die Adolf-Hitler-Schulen.

Bei Ausbruch des Krieges 1939 meldete sich von Schirach freiwillig an die Front und nahm am Frankreichfeldzug teil. Arthur Axmann wurde am 1. Mai 1940 zunächst Schirachs Stellvertreter und am 7. August 1940 sein Nachfolger.

Der kommunistische homosexuelle Schriftsteller Hans Siemsen lügt in seinem 1940 in London erschienenen Roman „Hitler Youth“ eine Homosexualität von Schirachs herbei. So schrieb er völlig wahrheitswidrig, von Schirach habe eine Beziehung mit dem Hauptdarsteller des Films „Hitlerjunge Quex“, Jürgen Ohlsen gehabt. Belege dafür blieb der Alkoholiker Siemsen klarerweise schuldig.

Von Schirach behielt seinen Rang als Reichsleiter, wurde zum Beauftragten für die Inspektion der gesamten Hitler-Jugend und organisierte ab September 1940 die erweiterte Kinderlandverschickung, bei der etwa 2,5 Millionen Kinder aus den vom Luftkrieg bedrohten deutschen Städten in weniger gefährdete Teile des Reiches verbracht wurden.

Gauleiter und Reichsstatthalter von Schirach als Förderer der Kunst und Kultur in Wien

Zum 80. Geburtstag von Gerhart Hauptmann mit Richard Strauss

Hauptamtlich wurde von Schirach 1940 Gauleiter und Reichsstatthalter in Wien, obwohl er eigentlich den Posten eines Diplomaten in den VSA anstrebte. Aus einer kunstsinnigen und kunstbegeisterten Familie stammend, glaubte Adolf Hitler, den richtigen Mann für die damalige Kunstmetropole Wien gefunden zu haben. Von Schirach wußte, was er den von kaiserlichem Glanz verwöhnten Wienern schuldig war und gab zu Anlässen Empfänge in der Hofburg ganz im Stil der Kaiserzeit mit Hunderten von Gästen. Diese wurden aus habsburgischen Beständen bewirtet, und während der Diners sangen im Schein Hunderter Kerzen die Wiener Sängerknaben. Er besuchte jede Woche mehrere Konzerte und Theateraufführungen, begleitete die Wiener Philharmoniker auf einer Konzertreise durch die Niederlande und zeigte demonstrativ, daß ihm Kunst und Kultur am Herzen lagen. Von Schirach kümmerte sich auch persönlich um die „Festwochen“ für Mozart, Hebbel und Grillparzer und schaffte es trotz allgemeiner kriegsbedingter Einschränkungen, Gesamtgastspiele von Ensembles des In- und Auslandes zur Aufführung zu bringen.

Von Schirachs Förderung des Wiener Kulturlebens war eminent und stand sogar teilweise im Gegensatz zu den offiziellen Weisungen der NSDAP. So fand im Jahre 1943 – auf Wunsch Baldur von Schirachs – eine Gustav-Klimt-Ausstellung zum 25. Todes- und 80. Geburtstag im damals „Ausstellungshaus Friedrichstraße“ genannten Secessionsgebäude statt, welche 24.096 Besucher hatte.

Ab 1940 erfolgte die jährliche Verleihung des Franz-Grillparzer-Preis, welcher mit 10.000 Mark dotiert war. Die Verleihung erfolgte ab 1942 am 15. Januar, dem Geburtstag Grillparzers, und wurde von von Schirach persönlich vorgenommen. Die Preisträger waren Max Mell (1940), Ina Seidel (1941), Emil Strauß (1942), Mirko Jelusich, Josef Weinheber, Josef Wenter für sein Lebenswerk (1943) und Erwin Guido Kolbenheyer (1944).

1941 wurde Bruno Brehm zum Präsidenten der Wiener Kulturvereinigung ernannt. Am 6. April 1941 hielt von Schirach eine Rede zum Thema „Das Wiener Kulturprogramm“ im Wiener Burgtheater, in welcher er unter anderem äußerte, es sei keine

„Gefahr für den Staat [...] oder die Kunst oder gar eine Gefahr für die Kriegsführung, wenn sich die Menschen darüber streiten, ob eine Oper gut oder schlecht ist [...] Wir wollen hier keine kulturelle Friedhofsruhe [...] Wenn es immer nach dem Publikum gegangen wäre, gebe es heute [...] weder Kleists ‚Penthesilea‘ noch Wagners ‚Tristan‘. Von der Aufführung des ‚Fidelio‘ in Wien ganz zu schweigen [...] Die Freiheit des künstlerischen Bekenntnisses überall dort zu gewährleisten, wo dieses Bekenntnis nicht gegen das Lebensinteresse der Nation verstößt, sehe ich als eine der vornehmsten Pflichten der verantwortlichen Männer des Staates an.“

Es erfolgten Ehrungen des Nobelpreisträgers Gerhart Hauptmann zu dessen 80. Geburtstag in Form einer Gerhart-Hauptmann-Woche – wieder entgegen Berliner Weisungen – sowie mit einer Festaufführung seines Werkes „Florian Geyer“ im Beisein des großen Tonsetzers Richard Strauss. Von Schirach hätte auch gerne den Dirigenten und Theaterleiter Klemens Krauss in Wien gehabt, dies scheiterte aber an Hitlers persönlicher Intervention. Langfristige Verträge erhielten jedoch Hans Knappertsbusch, Karl Böhm und Wilhelm Furtwängler.

Als die Wiener Philharmonie 1942 unter von Schirachs Ehrenschutz ihr 100jähriges Bestehen feierte, erhielt dieser den Ehrenring des Orchesters und die – im selben Jahr von den Philharmonikern gestiftete – Otto-Nicolai-Medaille. Überbringer des Ehrenringes war der „Alte Kämpfer“, SS-Unterscharführer und Mitglied der Wiener Philharmoniker Helmut Wobisch, welcher aufgrund seines Könnnes auch nach der Katastrophe 1945 seine Karriere fortsetzen konnte. Die Gasse zwischen der Wiener Staatsoper und dem Hotel Sacher erhielt auf von Schirachs Wunsch den Namen Philharmonikerstraße.

1943 ließ von Schirach zwei Verdi-Wochen ausrichten. Eine „Macbeth“-Produktion wurde auf Schallplatte festgehalten und gilt als interpretationsgeschichtliches Dokument. Am Pult stand der Meisterdirigent Karl Böhm, den von Schirach Anfang des Jahres zum Staatsoperndirektor ernannt hatte. Böhm ist auch der Dirigent der ersten Studio-Gesamtaufnahme des „Fidelio“ im Kriegswinter 1944. Auch die legendäre hochqualitative von Böhm dirigierte „Ariadne auf Naxos“ vom 11. Juni 1944 findet sich noch heute in jedem halbwegs sortiertem Musikgeschäft. Der Rundfunk hatte die Festaufführung zum 80. Geburtstag des Ausnahme-Komponisten Richard Strauss damals vor Ort mitgeschnitten. Der 80. Geburtstag des letztgenannten wurde 1944 auch in Wien gefeiert, unter anderem auch im Privathaus der von Schirachs auf der Hohen Warte.

1949 wurde Carl Orffs Oper „Antigonae“, welche eigentlich ein von von Schirach für Wien bestelltes und großzügig vorfinanziertes Auftragswerk war, bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt.

In Summe kann gesagt werden, daß damals die Elite der Kunstschaffenden in Wien tätig war und ein bis heute unerreichtes Niveau bot. Der Gegensatz zur Erbärmlichkeit der heutigen zersetzenden After- und Gossen„kunst“ ist evident.

Das Ende im Jahr 1945

Baldur von Schirach in den Händen der Feindmächte
Hermann Göring, Alfred Rosenberg, Baldur von Schirach (verdeckt) und Karl Dönitz, Nürnberger Tribunal 1946
Baldur von Schirach (links) bei seiner Entlassung aus der Spandauer Internierung im Oktober 1966
Grabstein Baldur von Schirachs:
Ich war einer von Euch

Der Beginn des Jahres 1945 brachte auch für den Gau Groß-Wien keine Entspannung. Die Lebensmittel und das Heizmaterial waren rationiert, doch dank von Schirachs in seiner Funktion als Reichsstatthalter und Gauleiter, Oberbürgermeister Hanns Blaschke und den Stadträten und Ratsherren waren die Versorgung und Verwaltung der Stadt weitestgehend intakt. Gegen Abend wurde wegen der Terrorangriffe der Feindmächte totale Verdunkelung von 17.00 bis 7.00 Uhr befohlen, um den Bomberverbänden die Orientierung zu erschweren. Gegen kriminelle Elemente, die versuchten, den Volksnotstand auszunutzen, wurde schärfstens vorgegangen, um die Sicherheit der Bevölkerung so weit wie möglich zu garantieren. Sabotage an der inneren Front des Volkes, Kriegswirtschaftsverbrechen und Höchstpreisüberschreitungen wurden nicht geduldet. Auch kommunistische Zellen, die sich bei den Wiener Straßenbahnern einschlichen und ob der herannahenden Front glaubten, „Morgenluft zu wittern“, wurden von der Gestapo ausgehoben. Die Volksgemeinschaft funktionierte, und so reichte man sich auch in diesen harten Zeiten die Hand zum Bunde und half sich wo es ging, wenn die Wasserversorgung wegen der eisigen Temperaturen wieder eingefroren war oder die Gasversorgung unterbrochen wurde.

Am 13. Februar 1945 erfolgte der bisher schwerste Terrorangriff auf Wien. Vorgebliches Angriffsziel der 837 Bomber waren Verkehrsziele, Reparaturwerkstätten und Ölraffinerien. In der Stadt kam es trotz massiver Flak- und Jagdabwehr zu schweren Schäden. Alle Bahngebäude Wiens wurden zerstört oder schwer beschädigt. Doch diese Luftangriffe trafen selbstverständlich nicht nur Fabriken und Verkehrseinrichtungen, sondern absichtlich auch Wohnviertel und Kulturstätten.

Gegen die Reichsgrenze bei Preßburg bzw. Wien rückte bereits die Rote Armee mit slowakischen Partisanen vor. Doch in harten, opferreichen Kämpfen verteidigte die Wehrmacht das Reich und ihre Bündnispartner.

Von Schirach rief zum Volksopfer unter dem Motto „Gib alles, was du entbehren kannst“ auf und besuchte Einheiten des Volkssturmes, um sich von den befriedigenden Leistungen der Volkssturmsoldaten in der durch das deutsche Heer betreuten Ausbildung zu überzeugen. Auch der stellvertretende Gauleiter Karl Scharizer und Gauamtsleiter Karl Schneeberger nahmen sich der Sorgen der Wiener Bevölkerung an und versuchten zu helfen. Wegen des Totalen-Kriegs-Einsatzes wurden die Bühnen der Kulturmetropole Wien gesperrt.

Am 24. Februar 1945 flog von Schirach zu Adolf Hitler in die Reichskanzlei und bekam den Befehl, als Reichsverteidigungskommissar die Stadt Wien bis zum letzten zu verteidigen. Am 2. April 1945 wurde Wien zum Verteidigungsbereich erklärt. Nunmehr galt das Kriegsrecht. Die Zeitungen veröffentlichten einen Aufruf von Schirachs unter dem Titel „Die Stunde Wiens gekommen!“:

„Wiener und Wienerinnen! Die Zeit der Bewährung ist gekommen. Der Russe, schon der traditionelle Feind des alten Österreich, nähert sich unserer Stadt. Jeder von uns wird seine Pflicht bis zum Äußersten tun. Aber auch jeder Helfer ist uns willkommen. Heute habe ich die Ehre, meinen alten Freund, den Oberst-Gruppenführer Generaloberst der Waffen-SS Sepp Dietrich, bei Ihnen einzuführen, dessen kampferprobte SS-Männer bei uns eingesetzt werden. Er ist Ihnen und allen deutschen Volksgenossen als Führer der SS-Leibstandarte Adolf Hitlers seit langem ein klarer Begriff geworden. Ich bitte Sie, lieber Kamerad Sepp Dietrich, das Wort zu ergreifen.“

Dazu der alte Soldat SS-Obergruppenführer Generaloberst der Waffen-SS Sepp Dietrich:

„Wiener und Wienerinnen! Ich bin kein Mann der großen Worte und der geschliffenen Rede. Überdies zählen heute Taten viel, Worte wenig. Wenn ich mit meinen Männern mich der Verteidigung dieser schönen alten Stadt zugeselle, so geschieht dies mit dem festen und unverbrüchlichen Vorsatz, alles nur menschenmögliche zu tun, dieses Bollwerk des deutschen Südostens unserem deutschen Vaterland zu erhalten. Mehr zu versprechen, wäre verwegen. Der Kampf wird hart, der Erfolg schwer. Sie, meine Wiener und Wienerinnen, kennen den Feind aus früheren Generationen Ihrer Geschichte. Sie kennen aber auch die europäische Aufgabe, der sich Wien niemals entzogen hat. Halten wir zusammen, kämpfen wir zusammen. Es geht nicht um uns, es geht nicht um die Partei, es geht um unser Land. Heil unserem Führer!“

Sogenannte „österreichische Freiheitskämpfer“ – in Wahrheit ausgemachte Hoch- und Landesverräter –, die als Soldaten und Offiziere im Wehrkreiskommando XVII tätig waren, nahmen Kontakt mit der Roten Armee auf, um die Stadt Wien kampflos zu übergeben. Doch der Kampf um Wien wurde aufgenommen, von einer kampflosen Übergabe konnte keine Rede sein.

Der 1940 errichtete Gaugefechtsstand Wien am Gallitzinberg in Ottakring mußte am 4. April 1945 geräumt werden, weil die Bolschewiken bereits Hütteldorf eroberten. Da es Verräter geschafft hatten, Strom- und Telefonleitungen im Bunker des Familienhauses der von Schirachs auf der Hohen Warte zu kappen, wich der Reichsverteidigungskommissar am 6. April 1945 in die Hofburg aus. Der Kampfraum verengte sich jedoch dermaßen, und von Schirach drohte in die Hände der Bolschewiken zu fallen, die mit deutschen Staats- und Parteifunktionären kurzen Prozeß machten. Am Nachmittag des 9. April 1945 verlegte er in das Hauptquartier des 2. SS-Panzerkorps. Jenes befand sich in Flandorf in der Nähe des Bisamberges, damals noch zum 21. Bezirk gehörend, wo er bis zum 14. April verblieb.

Unterdessen mischten sich in der hart umkämpften Stadt Wien marxistische und kommunistische Aufrührer unters Volk und streuten Gerüchte, um den Widerstandswillen des Volkes und der kämpfenden Truppe zu untergraben. Der Wehrmachtbericht verzeichnete: „Ein Teil der Wiener Bevölkerung hat seine Haltung verloren.“ Die KPÖ hatte brisanterweise als erste Partei eine aktive Führung in Wien.

Von Schirach selbst hielt eine Rede an die Soldaten des II. SS-Panzerkorps, in welcher er ihre Kampfleistung lobte und sie zum Kampf bis zum letzten Mann ermutigte. In seiner Funktion als Reichsleiter und Reichsverteidigungskommissar konnte er nichts mehr ausrichten; die Wehrmacht hatte zu entscheiden.

Mit einem Autokoffer schaffte er es, Besitztümer seiner Mutter (ein Gemälde von Rubens, eines von Renoir, Wiegendrucke und einige Original-Briefe von Goethe an seinen Sohn August) vor den Roten zu retten. Von Schirachs Weg lief über Altmelon im Bezirk Zwettl, wo er bis Ende April Station machte, um abzuwarten, ob er noch in einer staatlichen Funktion benötigt würde. Als dies nicht eintraf, schlug er den Weg über Oberdonau nach Schwaz in Tirol-Vorarlberg ein, wo er zwecks Eigenschutzes unter dem Pseudonym Richard Falk untertauchte. Um den weiteren Verlauf abzuwarten, übersetzte von Schirach alias Richard Falk bei den Amerikanern. Sein Adjutant Höpke plazierte den Autokoffer währenddessen bei einem Bauern im Pinzgau. Auf das Stichwort „Dr. Faust“ sollte dieser den Koffer aushändigen.

Nach einiger Zeit hörte von Schirach, wie von den Siegern mit früheren HJ-Führern umgesprungen wurde, und er stellte sich freiwillig den Amerikanern, um sich schützend vor „seine“ Jugend zu stellen. Es muß für Baldur von Schirach ein hartes innerliches Ringen gewesen sein, sich entweder für die HJ – und somit die Ungerechtigkeit der Sieger – oder für seine Familie zu entscheiden.

Seine Frau Henriette von Schirach war tief enttäuscht, wollte sie doch mit ihm und den Kindern ins Ausland flüchten, was aufgrund der ausgezeichnet gefälschten Papiere zweifellos gelungen wäre. So kam es am 21. Juni 1945 zum ersten Wiedersehen mit seiner Frau und den Kindern im VS-amerikanischen Internierungslager Rum bei Innsbruck.

Nachkriegszeit

Nach dem Untergang des Dritten Reiches wurde er 1946 in den Nürnberger Prozessen, verteidigt von Dr. Robvert Servatius, zu 20 Jahren Haft verurteilt. Die Haftstrafe hat er im sogenannten Spandauer Kriegsverbrechergefängnis in Berlin verbracht.

Schlußwort

Das vollständige Schlußwort vor dem Nürnberger Tribunal:[1]

„Am 24. Mai habe ich hier eine Erklärung abgegeben, die ich vor Gott und meinem Gewissen verantworte und auch heute, am Ende des Prozesses, voll aufrechterhalte, weil sie meiner innersten ehrlichen Überzeugung entspricht.
Die Englische Anklagevertretung hat in ihrem Schlußwort den Satz gesprochen:
‚Schirach hat Millionen deutscher Kinder verdorben, damit sie zu dem wurden, was sie dann auch wirklich geworden sind: die blinden Instrumente jener Mord- und Herrscherpolitik, die diese Männer durchgeführt haben.‘
Wäre dieser Vorwurf begründet, würde ich kein Wort zu meiner Verteidigung sagen. Er ist aber unbegründet, er ist unwahr. Wer die Ergebnisse der Beweisaufnahme dieses Prozesses auch nur einigermaßen berücksichtigt und ehrlich würdigt, kann nie und nimmer gegen mich den Vorwurf erheben, ich hätte ‚durch meine erzieherische Arbeit die Jugend verdorben‘, ich hätte ‚ihre Seele vergiftet‘.
Die Grundsätze und Ziele, die ich der Jugend gab und die für die Gemeinschaft maßgebend wurden, die unsere Jugend aus eigener Kraft unter meiner Führung aufgebaut hat, waren: opferbereite Vaterlandsliebe, Überwindung von Standesdünkel und Klassenhaß, planmäßige Gesundheitspflege, Ertüchtigung durch Wandern, Spiel und Sport, Förderung der Berufsausbildung und insbesondere: kameradschaftliche Verständigung mit der Jugend anderer Völker.
Diese Grundsätze und Ziele standen mir seit meiner eigenen Jugendzeit als Ideale einer deutschen Nationalerziehung vor Augen. Diese Grundsätze und Ziele sind mir nicht von der Partei und nicht vom Staate vorgeschrieben worden, und wäre Hitler hier anwesend, so wäre das für meine Verteidigung völlig belanglos; denn als Reichsjugendführer berufe ich mich nicht auf ihn, ich berufe mich auf mich selbst.
Diese Erziehungsgrundsätze, die durch alle meine Reden, Schriften und Weisungen tausendfach bewiesen wurden und denen ich als Reichsjugendführer stets treugeblieben bin, sie sind nach meiner festen Überzeugung Grundsätze jeder Jugendführung, die sich ihrer Pflicht gegenüber Volk und Jugend bewußt ist.
Die Leistungen unserer Jugend und ihre sittliche Haltung haben mir recht gegeben und beweisen, daß sie nie verdorben war und auch durch mich nicht verdorben wurde.
Die deutsche Jugend war und ist fleißig, ehrlich, anständig und idealistisch. Sie hat im Frieden redlich an ihrer Fortbildung gearbeitet, und im Kriege bis zum äußersten tapfer ihre Pflicht getan, ihre Pflicht für unser Volk, für unser deutsches Vaterland.
In dieser Stunde, da ich ein letztes Mal zu dem Militärgericht der vier Siegermächte spreche, möchte ich mit reinem Gewissen unserer deutschen Jugend bestätigen, daß sie an den durch diesen Prozeß festgestellten Auswüchsen und Entartungen des Hitler-Regimes vollständig unschuldig ist, daß sie den Krieg niemals gewollt hat und daß sie sich weder im Frieden noch im Kriege an irgendwelchen Verbrechen beteiligt hat.
Als langjähriger Jugendführer des Deutschen Reiches kenne ich die Entwicklung, die Gesinnung, die Haltung unserer jungen Generation. Wer kann sie besser kennen als ich? Ich hatte an dieser Jugend stets meine Freude, in ihrer Mitte war ich immer glücklich, auf sie bin ich allezeit stolz gewesen. Ich weiß, daß in all den Jahren meiner Reichsjugendführung trotz der Millionen umfassenden Mitgliederzahl die Jugend sich grundsätzlich und ausnahmslos ferngehalten hat von allen Handlungen, deren sie sich heute schämen müßte. Sie hat nichts von den zahllosen Greueltaten gewußt, die von Deutschen begangen wurden, und wie sie von keinem Unrecht wußte, so hat sie auch kein Unrecht gewollt.
Es kann und darf nicht übersehen werden, daß selbst in der stärksten Erbitterung der Nachkriegszeit niemand daran denken konnte, die Organisation der deutschen Jugend und ihre Führerschaft als verbrecherisch anzuklagen.
Selbstlose Kameradschaft in einer Jugendbewegung, die gerade den ärmsten Kindern des Volkes die stärkste Liebe entgegenbrachte, Treue zur Heimat, Freude am Sport und ehrliche Verständigung mit der Jugend anderer Völker – das war das Ziel unserer Jugend und der Inhalt ihrer Erziehung vom ersten bis zum letzten Tage meiner Zeit als Reichsjugendführer.
Diese Jugend hat das schwere Schicksal nicht verdient, das über sie hereingebrochen ist!
Mein persönliches Schicksal ist nebensächlich, aber die Jugend ist die Hoffnung unseres Volkes. Und wenn ich im letzten Augenblick eine Bitte ausspreche, so ist es die:
Helfen Sie als Richter mit, das Zerrbild zu beseitigen, das sich vielfach die Welt heute noch von der deutschen Jugend macht und das vor der historischen Prüfung nicht standhalten kann. Sagen Sie der Welt in Ihrem Urteil, daß die von der Anklage benützte Schmähschrift eines Gregor Ziemer nichts enthält, als böswillige Verleumdungen eines Menschen, der seinen Haß gegen alles Deutsche auch auf die Jugend übertragen hat! Helfen auch Sie als Richter, daß die Jugendorganisationen Ihrer Völker die Zusammenarbeit mit der deutschen Jugend da wieder aufnehmen, wo sie 1939 – ohne Schuld der jungen Generation – unterbrochen wurde!
Dankbaren Herzens hat unsere Jugend die Worte des Lord Beveridge gehört, der sich mit Weitblick und Leidenschaft für eine Schuldloserklärung der deutschen Jugend eingesetzt hat. Freudig wird sie die Hand ergreifen, die ihr über Trümmer und Ruinen hinweg gereicht wird.
Tragen Sie, meine Herren Richter, durch Ihr Urteil dazu bei, für die junge Generation eine Atmosphäre gegenseitiger Achtung zu schaffen, eine Atmosphäre, die frei ist von Haß und Rache. Das ist meine letzte Bitte, eine herzliche Bitte für unsere deutsche Jugend.“

Nach der gemeinsamen Entlassung mit Albert Speer im Jahre 1966 lebte er in der einem ehemaligen Mitglied der Hitler-Jugend gehörenden Pension Müllen in Kröv (Mosel) und veröffentlichte 1967 unter dem Titel „Ich glaubte an Hitler“ seine Memoiren.

Familie

Baldur von Schirach, der drei Geschwister hatte (Karl, Viktoria und Rosalind), heiratete Henriette Hoffmann, die Tochter des Reichsbildberichterstatters und Führer-Fotografen Heinrich Hoffmann, am 31. März 1932 in München. Adolf Hitler war Ehrengast der Feierlichkeiten. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor:

  • Angelika Benedikta (Lebensrune.png 1933)
  • Klaus (Lebensrune.png 1935)
  • Robert (Lebensrune.png 1938)
  • Richard (Lebensrune.png 1942)

Von Schirachs selbst verfaßte Gedichte (Auswahl )

„Die Jungenschaft. Blätter für Heimabendgestaltung im Deutschen Jungvolk“; mit dem Gedicht „Der Führer“ des Reichsjugendführers.
Der Führer
Das ist an ihm das Größte: daß er nicht
nur unser Führer ist und vieler Held,
sondern er selber: grade, fest und schlicht,
daß in ihm ruhn die Wurzeln unsrer Welt,
und seine Seele an die Sterne strich,
und er doch Mensch blieb, so wie Du und ich...[2]


Dem toten Kameraden
Herr, dunkel sind uns deine Bahnen:
Dies war ein braver Kamerad.
Nun flattert Flor um unsre Fahnen,
er aber steht bei seinen Ahnen,
ein tapfrer Träger großer Tat.
Wir sind dem Toten fest geschworen,
mit ihm ein Wille und ein Sinn.
Und haben wir ihn auch verloren,
dem Vaterland bleibt er geboren
und spricht im Grabe noch: ich bin

Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)

Schriften

  • Die Feier der neuen Front – Gedichte, Deutscher Volksverlag, München 1929
  • Die Pioniere des Dritten Reiches, Essen 1933 (Voransicht englischsprachig)
  • Die Fahne der Verfolgten, 1933 (PDF-Datei)
  • Die Hitlerjugend – Idee und Gestalt, 1934 (PDF-Datei 32 MB)
  • Das Lied der Getreuen, 1938 (PDF-Datei 13 MB)
  • Die Revolution der Erziehung, 1938 (PDF-Datei)
  • Goethe an uns, 1942 (PDF-Datei)
  • Ich glaubte an Hitler, Mosaik-Verlag, Hamburg 1967

Siehe auch

Literatur

  • Jochen von Lang: Der Hitlerjunge – Baldur von Schirach, der Mann, der Deutschlands Jugend erzog, Droemer Knaur, München 1991 (= Knaur; 4045; Sachbuch), ISBN 3-426-04045-X
  • Michael Wortmann: Baldur von Schirach, Hitlers Jugendführer, Böhlau/Köln 1982, ISBN 3-412-05580-8
  • Das Deutsche Führerlexikon, Otto Stollberg G.m.b.H., Berlin 1934

Verweise

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Tondateien

Fußnoten