Luftangriff auf Pforzheim

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Die Innenstadt Pforzheims nach der Bombardierung
Der Pforzheimer Marktplatz nach der Bombardierung

Der Luftangriff auf Pforzheim war nach den Luftangriffen auf Hamburg und Dresden der stärkste Luftangriff im Zweiten Weltkrieg auf eine deutsche Stadt. Er forderte, relativ zur Gesamtbevölkerung, die höchste Opferzahl, die im alliierten Luftkrieg gegen deutsche Städte je erreicht wurde. Insgesamt wurden 31,4 % aller Einwohner getötet.

Am 23. Februar 1945 wurde Pforzheim bei einem Angriff durch 379 britische Bomber fast völlig zerstört. Innerhalb von 22 Minuten fanden annähernd 20.000 Menschen den Tod.[1] Die Bomber und der Feuersturm, der sich in der engbebauten Altstadt entwickelte, zerstörte nach offiziellen Angaben 80 % der städtischen Bebauung, 66 % der bis dahin verfügbaren Wohnungen und 80 % der Industriebauten.[2] Es gab im Februar 1945 keine militärische oder rüstungstechnische Veranlassung oder Notwendigkeit, die Stadt auszulöschen.[3] Die feinmechanische Industrie war bereits längst ausgelagert worden. Pforzheim hörte mit dem Terrorangriff auf zu existieren.

Die Aufräumarbeiten wurden erst 1955 abgeschlossen. Nach Hamburg und Dresden forderte dieser Terrorangriff auch die meisten Opfer. Insgesamt war dieser Angriff der zerstörerischste und todbringendste der Alliierten im Krieg. Wahrscheinlich wurde die verwinkelte, malerische Fachwerkaltstadt wegen idealer Brennbarkeit für die Völkermordaktion gegen deutsche Zivilisten ausgewählt („Moral-Bombing)“. Nach dem Krieg bauten ihre Bürger die Stadt an derselben Stelle neu auf.

Vorgeschichte

Die ersten Angriffe erfolgten von US-amerikanischen Bombern am 1. April 1944. Dabei fanden 95 Menschen den Tod. Die Schäden waren vergleichsweise gering. Weitere Angriffe folgten. Größere Angriffe waren dabei an Heiligabend 1944 und am 21. Januar 1945.

Im November 1944 wurde Pforzheim erstmals auf einer Zielliste der Alliierten geführt, wobei die Stadt als für einen Bombenangriff sehr geeignet bezeichnet wurde, da diese über eine enge, großflächige und deshalb gut brennbare Altstadt verfügte. Pforzheim war berühmt für seine feinmechanische Schmuckindustrie, die während des Krieges zeitweise auch Zünder und Präzisionsinstrumente produzierte. Dabei waren die vielen kleinen Produktionsstätten ziemlich gleichmäßig über die Stadt verteilt. Dem Oberkommandierenden Arthur T. Harris war durchaus bewußt, daß überwiegend zivile Ziele und zudem die Altstadt getroffen werden.

Der Angriff

Am 23. Februar um 19.45 Uhr gaben die Sirenen den Alarm „Akute Luftgefahr“. Fünf Minuten später überflogen vom Westen her die ersten Flugzeuge der RAF die Stadt. Insgesamt 368 Bomber überflogen innerhalb der nächsten 22 Minuten die Stadt und luden dabei Bomben mit dem Gesamtgewicht von 1.575 Tonnen ab. Die ersten Flugzeuge setzten in der Dunkelheit Leuchtkörper aus, um das Zielgebiet zu markieren. Dabei drängte heftiger Nordwestwind die Leuchtkörper etwas ab, so daß ein Teil der Ladung in unbewohntes Gebiet im Südosten (Hagenschieß) niederging und der nordwestlichste Teil der Stadt verschont blieb. In der Innenstadt mit ihren engen Straßen und Gassen wirkte sich das Gemisch aus Spreng- und Brandbomben, Brandkanistern und Luftminen katastrophal aus. Große Flächenbrände vereinigten sich schnell zu einem gewaltigen Feuersturm. Das Angriffskürzel auf die Pforzheimer Bewohner lautete „Code Yellowfin“.

Die Wasserversorgung brach vollständig zusammen. Auf einer Länge von drei Kilometern und einer Breite von eineinhalb Kilometern brannten sämtliche Gebäude aus. Viele Menschen versuchten, sich durch einen Sprung in die Flüsse Nagold und Enz zu retten und ertranken dabei.

Nach dem Angriff

Als Folge des Bombardements raste ein Hitzeorkan mit Temperaturen von bis zu 1700 Grad durch die Innenstadt. Viele wurden im Bombenhagel zerfetzt und erschlagen, die meisten erstickten in Kellern und Bunkern. Manche, die sich ins Freie wagten, verbrannten in der Gluthitze bis zur Unkenntlichkeit. Selbst im 60 Kilometer entfernten Tübingen war der glutrot gefärbte Himmel zu sehen, erinnern sich Zeitzeugen. Die Gewalt des Feuersturms wird auch daran deutlich, daß später Briefpapier eines Pforzheimer Arztes in Stuttgart und angesengte Geschäftspost einer Pforzheimer Bank sogar am Bodensee gefunden wurden. Neun Tage lang brannte die Stadt.[4]

Zwei Drittel der Gesamtfläche der Stadt wurden zerstört. Waren im Innenstadtbereich „Marktplatz“ 1939 noch 4.112 Anwohner registriert, lebte hier nach dem Februar 1945 auf Jahre hin niemand mehr. Zerstört wurden Wohn- und Fabrikgebäude, Kirchen, Schulen, Krankenhäuser, Bäder, andere Einrichtungen und auch viele historische und unersetzliche Kulturgüter.

Allein bei diesem Angriff starben rund 17.600 Menschen. Insgesamt starben in Pforzheim durch alliierte Luftangriffe rund 20.300 Menschen. (Neben dem Hauptangriff gab es noch mehrere kleinere Angriffe.) Die Volkszählung von 1939 hatte eine Einwohnerzahl von rund 79.000 ergeben. Die ortsanwesende Bevölkerung während des britischen Luftangriffes war jedoch aufgrund der Einziehung eines Großteils der männlichen Bevölkerung geringer. Verschiedene Schätzungen gehen davon aus, daß durch den Luftangriff rund 31,4 % der Bevölkerung ums Leben kamen. Zur Zerstörung von Pforzheim schrieb dieUS-amerikanische Historikerin Ursula Moessner-Heckner in ihrem Buch „Pforzheim - Code Yellowfin“:

„Es starb grundlos und wurde zerstört, weil es noch nicht zerstört war. Zwar seien auch in Pforzheim Zünder und Präzisionsinstrumente produziert worden, doch eine militärische Notwendigkeit habe nicht bestanden.“

Dem Kommandeur des angreifenden britischen Bomberverbandes, „Masterbomber“ Edwin Swales (er wurde auf dem Rückflug von Pforzheim durch ein deutsches Jagdflugzeug vom Typ Messerschmitt Bf 110 abgeschossen), wurde posthum für den besonders erfolgreichen Luftangriff auf Pforzheim vom britischen König Georg VI. die höchste britische Militärauszeichnung, das Victoria-Kreuz, verliehen. In Durban (seiner Heimatstadt im damals englisch annektierten Südafrika), wurden ein Schulgebäude sowie eine Straße ('Edwin Swales VC Drive') nach ihm benannt.

Neuaufbau

Statt Restaurierung stand der Abriß und komplette Neuaufbau. Die Straßen wurden deutlich breiter angelegt. Die 2.000 Jahre alte Geschichte der Stadt wurde völlig ausgelöscht. Der Schutt der Stadt wurde auf einem Berg zusammengetragen. Der Berg überragt heute Pforzheim weithin als sichtbares Mahnmal, er wird heute von den Pforzheimern als Wallberg bezeichnet.

Siehe auch

Dokumentation und Literatur

Code Yellowfin.jpg
  • „Code Yellowfin“ (Film und Buch)
  • Zeitzeugenbericht
  • Britische Kriegsverbrechen in Pforzheim (vierseitige Broschüre als PDF-Datei)
  • Franz W. Seidler: Die Zerstörung Pforzheims am 23. Februar 1945, in ders.: Deutsche Opfer: Kriegs- und Nachkriegsverbrechen alliierter Täter, Pour le Mérite Verlag, 2013, S. 26–29
  • Claus Nordbruch: Bombenterror: todsichere Methode des Ethnic cleansing, in: ders.: Der deutsche Aderlaß – Alliierte Kriegspolitik gegen Deutschland nach 1945. Veröffentlichungen des Instituts für Deutsche Nachkriegsgeschichte, Bd. 28, 3. Aufl., Grabert-Verlag, Tübingen 2012, S. 106–121
  • Günter Zemella: Warum mußten Deutschlands Städte sterben?: Eine chronologische Dokumentation des Luftkrieges gegen Deutschland 1940–1945, Kloster-Buchhandlung und Klosterhaus-Versand, 2014, ISBN 978-3941730106 [704 S.]
  • Thomas Goodrich: Höllensturm – Die Vernichtung Deutschlands, 1944–1947, Createspace Independent Publishing, 2015, ISBN 978-1517540241 [475 S.]
  • A. C. Grayling: Die toten Städte. Waren die alliierten Bombenangriffe Kriegsverbrechen? Aus dem Englischen von Thorsten Schmidt. C. Bertelsmann, München 2007[5] – Der Autor ist ein britischer Philosoph (geb. 1949)
  • Pit Pietersen: Kriegsverbrechen der alliierten Siegermächte: Terroristische Bombenangriffe auf Deutschland und Europa 1939–1945, Norderstedt (BoD) 2006 (eingeschränkte Voransicht auf Google-Bücher)
  • Karsten Kriwat: Alliierter Luftterror von Dresden bis Bagdad (Klappentext)
  • Hans-Joachim von Leesen: Bombenterror. Der Luftkrieg über Deutschland (Klappentext)
  • Sven Felix Kellerhoff: So zerstörten Bomben deutsche Städte – eine Bilanz. welt.de, 10. Mai 2015
  • Christine Kluge: Die geplante Vernichtung. Entwicklung 1648–1948 und danach, und „Rechtfertigung des Bombenkrieges“ aus englischer Sicht (Klappentext)
  • Maximilian Czesany: Allierter Bombenterror, Druffel-Verlag, 1986

Verweise

Fußnoten

  1. Netzpräsenz der Stadt Pforzheim, 23. April 2021. Man erwähnt dort nicht, von wem der Luftangriff ausging.
  2. Offizielle Angaben der Stadt Pforzheim anläßlich des Gedenkens 2021
  3. Offizielle Aussage der Stadt Pforzheim anläßlich des Gedenkens 2021
  4. In nur 17 Minuten ging Pforzheim im Bombenhagel unter, Frankfurter Rundschau (online), 18. Februar 2005
  5. Bert Hoppe: War die alliierte Bombardierung deutscher Städte ein Kriegsverbrechen?, Berliner Zeitung, 20. März 2007 – Rezension