Litzmann, Karl
Karl Ludwig Wilhelm Hermann Litzmann ( 22. Januar 1850 in Neu Globsow, Kreis Ruppin, Provinz Brandenburg; 28. Mai 1936 ebenda) war ein deutscher Offizier der Preußischen Armee und des Deutschen Heeres, zuletzt General der Infanterie und Oberbefehlshaber der Armeegruppe „Litzmann“ im Ersten Weltkrieg sowie Ritter des höchsten preußischen Ordens „Pour le Mérite“ mit Eichenlaub. Als Mitglied der NSDAP war er als MdR letzter Alterspräsident des noch pluralistischen Reichstages der Weimarer Republik. Ihm zu Ehren wurde nach dem erfolgreichen Polenfeldzug Lodsch 1940 in Litzmannstadt umbenannt.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Abstammung
Litzmanns Vater hatte einen Glashütten- und Waldgutsbesitz in Neu Globsow am Stechlin-See (80 km nördlich von Berlin). Theodor Fontane erfuhr von ihm (dem Vater) die Sage um den Stechlin-See, die ihn zu seinem Alterswerk Der Stechlin inspirierte. Die Familie Litzmann ist in Neuruppin und Umgebung seit Mitte des 16. Jahrhunderts nachweisbar und gehörte zu den dortigen Ratsgeschlechtern. Aus ihr gingen auch die Berliner Bürgermeister Caspar (Bürgermeister ab 1695) und Johann Joachim Litzmann (Bürgermeister 1709-1712) hervor.
Karl Litzmann wurde am 22. Januar 1850 zu Neu Globsow im Kreis Ruppin geboren. Seine Mutter war die Tochter eines Offiziers, der in den deutschen Befreiungskriegen gekämpft hatte und aus den Erzählungen der Mutter hatte er schließlich die heiße Vaterlandsliebe gewonnen, die ihn sein ganzes Leben lang beseelte.
Militär
Er trat er nach dem Abitur als Fahnenjunker in das Garde-Pionier-Bataillon im Garde-Korps ein und in der Schule des alten preußischen Soldaten hatte er sich die Grundlagen und die Richtschnur für sein ganzes späteres Leben geholt: Pflichterfüllung und heiße Gerechtigkeitsliebe, die zusammen mit seiner Liebe zu Volk und Vaterland die Grundzüge seines Wesens wurden. 1867 besuchte er die Kriegsschule, 1868 wurde er Offizier, machte als 20jähriger den Krieg 70/71 im Brückentrain mit, verdiente sich vor Paris das EK II. und durchlief dann eine seinen Fähigkeiten entsprechende Karriere.
Karl Litzmann wurde 1895 zum Oberst ernannt. 1898 zum Generalmajor befördert, war er von 1902 bis 1905 Direktor der Königlich Preußischen Kriegsakademie.
1905 als Mitglied der Ober-Militär-Studien-Kommission wegen einer Meinungsverschiedenheit mit dem Großen Generalstab und dem Kaiser bezüglich einer Reformierung der Generalstabausbildung zur Disposition (z. D.) gestellt, wurde er zu Beginn des Ersten Weltkrieges reaktiviert.
Erster Weltkrieg
1914 stand er sofort zur Verfügung, ihm wurde das Kommando der 3. Garde-Infanterie-Division im Garde-Korps übertragen, mit der er nach der Schlacht bei Lodsch in der Durchbruchsschlacht vom 22. bis 25. November 1914 gegen einen weit an Zahl und Material überlegenen Feind bei Brzeziny eine Armeeabteilung befreite, die bereits völlig von der Kaiserlich Russischen Armee umklammert war.
Dafür erhielt er das Eichenlaub zum Pour le Mérite, den vom Kaiser angebotenen Adelstitel schlug er aus und wurde zum General der Infanterie befördert sowie mit der Führung des 40. Reserve-Korps betraut.
Dieses Korps bildete den rechten Flügel der Zange, die in der Masurischen Winterschlacht die 10. kaiserlich russischen Armee vernichtete. Im Sommer 1915 stürmte er Kowno, im Herbst zog er in Wilna ein. 1916 wurde er zur österreichisch-ungarischen Armee abkommandiert und überall da eingesetzt, wo es brenzlig wurde. In Wolhynien, in den Karpathen, in Ostgalizien, in der Bukuwina, überall erwarb Litzmann neuen Kriegsruhm. Nach der russischen Revolution ging Litzmann als Armeegruppenführer zum Westen. Seitdem führte er den Ehrentitel „Der Löwe von Brzeziny“.
Militärische Chronologie
- 1.4.1867 Garde-Pionier-Bataillon in Berlin (Fahnenjunker)
- 9.11.1867 Portepée-Fähnrich
- 9.8.1868 Sekonde-Lieutenant (Patent: 9. August 1867)
- 9.8.1868 1. Ingenieur-Inspektion
- 7. Juli 1870 Garde-Pionier-Bataillon in Berlin
- 19. Juli 1870 Deutsch-Französischer Krieg von 1870–1871
- 20. Juni 1871 Infanterie-Regiment „von Lützow” (1. Rheinisches) Nr. 25 in Aachen
- 16. April 1874 Anhaltisches Infanterie-Regiment Nr. 93 in Dessau
- 1. Oktober 1872 Preußische Kriegsakademie in Berlin
- 21. Juli 1875 Anhaltisches Infanterie-Regiment Nr. 93 in Dessau
- 14. Dezember 1875 Premier-Lieutenant (Patent: 14. September 1874)
- 18. Mai 1876 Großer Generalstab in Berlin (vom IR 93 freigestellt)
- 2. Mai 1878 Anhaltisches Infanterie-Regiment Nr. 93 in Dessau
- 13. März 1880 24. Infanterie-Brigade in Neiße (Adjutant)
- 10. Juli 1880 Hauptmann
- 22.3.1881 3. Oberschlesisches Infanterie-Regiment Nr. 62 in Cosel (Kompaniechef)
- 23.8.1883 Kriegsschule in Metz (Ausbilder/Dozent)
- 28.10.1886 Großer Generalstab in Berlin
- 22.3.1887 Major
- 22.10.1887 3. Infanterie-Division (II. Armeekorps) in Stettin (Ia von Edgar Rudolf von Oppeln-Bronikowski)
- 2.4.1889 V. Armeekorps in Posen (Ia von Franz Freiherr von Hilger)
- 14.2.1891 3. Oberschlesisches Infanterie-Regiment Nr. 62 in Cosel (Bataillonskommandeur)
- 18.6.1892 Oberst-Lieutenant
- 18.6.1892 Infanterie-Regiment „Prinz Friedrich der Niederlande” (2. Westfälisches) Nr. 15 in Minden (Adjutant)
- 27.1.1894 Preußische Kriegsakademie in Berlin (Verwaltungschef unter Direktor Bernhard von Brauchitsch)
- 13. Mai 1895 Oberst
- 12.9.1896 6. Pommersches Infanterie-Regiment Nr. 49 in Gnesen (Kommandeur)
- 10.9.1898 Generalmajor
- 10.9.1898 74. Infanterie-Brigade in Marienberg (m. d. W. d. G. b.)
- 25.11.1898 74. Infanterie-Brigade in Marienberg (Kommandeur)
- 15. Juni 1899 Landwehr-Inspektion in Berlin (Generalinspekteur als Nachfolger von Becher, der seit 1895 Kommandeur war)
- 1. April 1886 als 3. Landwehr-Inspektion provisorisch errichtet. 1.4.1887 etatmäßig. 1.4.1890 in Landwehr-Inspektion Berlin umbenannt. Aus den Bezirks-Kommandos I, II, III, IV Berlin bestehend.
- 16. Juni 1901 39. Infanterie-Division in Colmar (m. d. W. d. G. b.)
- 7. Juli 1901 Generalleutnant
- 7. Juli 1901 39. Infanterie-Division in Colmar (Kommandeur als Nachfolger von Maximilian von Sommer)
- 12. September 1902 Preußische Kriegsakademie in Berlin (Direktor als Nachfolger von Georg von Rechenberg)
- in dieser Dienststellung war er auch Präses der Studienkommission
- 1. April 1905 zur Disposition gestellt
Erster Weltkrieg
- 2. August 1914 Etappen-Inspektion 3. Armeeoberkommando in Dresden (Generalinspekteur, Nachrichtenverbindung 3. AOK)
- 17. Oktober 1914 3. Garde-Infanterie-Division (Kommandeur als Nachfolger von Henning von Bonin)
- er führte die Division siegreich aus der Kesselschlacht bei Lodsz und hat damit den Vormarsch der Kaiserlich-Russischen Armee auf Breslau und Berlin aufgehalten
- 24. Dezember 1914 General der Infanterie
- 24. Dezember 1914 XXXX. Reserve-Korps (Kommandierender General)
- das Korps „Litzmann“ nahm 1915 die für uneinnehmbar gehaltene Festung Kowno ein, im Februar 1916 erfolgte die Winterschlacht in Masuren
- vom 28. Juli 1916 bis 28.1.1918 befehligte er als Oberbefehlshaber gleichzeitig die nach ihm benannte Armee-Gruppe „Litzmann“
- 6. August 1918 à la suite: Garde-Füsilier-Regiment/Garde-Korps
- 6. August 1918 zur Disposition gestellt
Weimarer Republik
In den Jahren 1926 und 1928 schrieb er seine zweibändigen Lebenserinnerungen. Als 80-Jähriger begann Karl Litzmann aktiv die NSDAP zu unterstützen. Seit 1930 war er NSDAP-Mitglied und wurde 1932 Reichstagsabgeordneter (später auch Alterspräsident) bis zu seinem Tode.
Drittes Reich
Ab 1934 war er ebenfalls Mitglied in dem von Adolf Hitler berufenen Preußischen Staatsrat.
Tod
1936 erhielt General der Infanterie a. D. Litzmann, Ehemann von Clara Elise Maria Helene, geb. Ossent, Vater von Karl-Siegmund Litzmann (sowie von Amelie 1881–1961, Elisabeth Clara Friederike Wilhelmine „Minna“ Marie 1883–1974 und Friederike 1887–1972) und der Großvater von Walter Lehweß-Litzmann, ein Staatsbegräbnis in Neuglobsow am Großen Stechlinsee.
Auszeichnungen und Ehrungen (kleiner Auszug)
- Eisernes Kreuz (1870), II. Klasse
- Preußisches Dienstauszeichnungskreuz für Offiziere in Gold
- Roter Adler-Orden, III. Klasse
- Jubiläumsspange 1895 für das Eiserne Kreuz II. Klasse von 1870
- Zentenarmedaille
- Friedrichs-Orden, Komtur II. Klasse
- Schwertorden, Kommandeur II. Klasse
- Stern von Rumänien, Kommandeurkreuz
- Roter Adler-Orden, II. Klasse mit Eichenlaub (Halsorden)
- Wiederholungsspange 1914 zum Eisernes Kreuz II. Klasse von 1870
- Eisernes Kreuz (1914), I. Klasse
- Friedrich-August-Kreuz, II. und I. Klasse
- Pour le Mérite mit Eichenlaub
- Verdienstorden am 29. November 1914
- Eichenlaub zum Pour le Mérite am 18. August 1915
- Roter Adler-Orden, I. Klasse mit Eichenlaub und Bruststern
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer, 1934
Ehrungen
- 1937 wurde in Hamburg-Horn die „Litzmann-Kaserne“ eröffnet.
- Als 1939 nach dem Polenfeldzug die Städte Lodz und Brzeziny in das Wartheland eingegliedert wurden, erhielten diese zu Ehren von Karl Litzmann deutsche Bezeichnungen. Lodz wurde am 11. April 1940 in „Litzmannstadt“ umbenannt, während Brzeziny den Namen „Löwenstadt“ (Löwe von Brzeziny) erhielt.
- Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die Umbenennungen rückgängig gemacht.
- Karl Litzmann war Ehrenbürger der Stadt Neuruppin.
Schriften
- Ernstes und Heiteres aus den Kriegsjahren 1870/71 (1911)
- Geländeübungen zur Förderung der Wehrkraft (1912)
- Wir von der Kavallerie (1913)
- Das neue deutsche Volksheer (1919)
- Lebenserinnerungen
- Lebenserinnerungen / Bd. 1 (1927)
- Lebenserinnerungen / Bd. 2 (1928)
Literatur
- Theodor Jakobs: Der Löwe von Brzeziny, Hanseatische Verlagsanstalt, 1934
Verweise
- Lehweß-Litzmann: Geschichtsträchtige Familienchronik
- Litzmann in der „Gesetzlosen Gesellschaft“
- Litzmann, Karl, Deutsche Biographie
Fußnoten
- Geboren 1850
- Gestorben 1936
- Deutscher General der Infanterie
- Deutscher Politiker
- NSDAP-Mitglied
- Befehlshaber im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Reichstagsabgeordneter (Weimarer Republik)
- Reichstagsabgeordneter (Deutsches Reich 1933–1945)
- Landtagsabgeordneter (Preußen)
- Person im Deutsch-Französischen Krieg
- Träger des Eisernen Kreuzes II. Klasse (1870)
- Träger des Eisernen Kreuzes I. Klasse (1914)
- Träger des Pour le Mérite (Militärorden)
- Träger des Roten Adlerordens 1. Klasse
- Träger des Friedrichs-Ordens (Komtur)
- Träger des Schwertordens (Kommandeur)
- Träger des Sterns von Rumänien (Komtur)
- Ehrenbürger von Frankfurt (Oder)
- Person (Stechlin)