Luftangriffe auf Leipzig

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Leipzig war während des Zweiten Weltkrieges mehrmals Ziel britischer und US-amerikanischer Luftangriffe. Der schwerste wurde in den Morgenstunden des 4. Dezember 1943 von der Royal Air Force ausgeführt und forderte über 1.800 Menschenleben. Durch die Angriffe wurde das Stadtzentrum zu großen Teilen zerstört, während die Industriebetriebe zeitweilige Produktionsausfälle zu verzeichnen hatten und teilweise verlagert oder dezentralisiert werden mussten.

Leipzig hatte bei Kriegsbeginn über 700.000 Einwohner und war damit die sechstgrößte Stadt des „Großdeutschen Reiches“ (dabei ist Wien mit berücksichtigt). Als „Reichsmessestadt“ hatte es zusätzlich eine herausgehobene Bedeutung, und deshalb tauchte es im August 1940 unter dem Codenamen „Haddock“ („Schellfisch“) erstmals in den Akten der Royal Air Force auf [1]. Man versprach sich von einer Bombardierung der Stadt zur Messe-Eröffnung am 25. August 1940 oder unmittelbar danach eine Demonstration der britischen Luftmacht auf die aus ganz Europa angereisten Messegäste.

In der Nacht vom 25. auf den 26. August 1940 starteten tatsächlich Bomber mit dem Ziel Leipzig, fanden die Stadt aber nicht.

Für die Kriegführung unmittelbar bedeutend waren die Erla-Flugzeugwerke, die an drei Standorten in Heiterblick, Abtnaundorf und Mockau Jagdflugzeuge produzierten.

Schließlich war Leipzig auch damals bedeutender Eisenbahnknotenpunkt.

Angriffe

Erste Angriffe

Sachsen galt bis 1942 wegen des langen Anflugweges von Großbritannien aus als relativ sicher vor Luftangriffen. Doch spätestens seit dem Luftangriff auf Kassel am 22. und 23. Oktober 1943 war klar, daß die britischen Bomber eine Reichweite hatten, die es ihnen ermöglichte, bis in den mitteldeutschen Raum vorzudringen.

Am 27. März 1943 wurde durch Notabwürfe eines britischen Flugzeuges in Gohlis ein Großfeuer ausgelöst. In der Nacht vom 31. August auf den 1. September erfolgte ein schwacher Angriff des britischen Bomber Command, der Eutritzsch und Schönefeld traf und bei dem es vier Todesopfer gab [2].

4. Dezember 1943

Vorgeschichte

In der Nacht vom 2. zum 3. Dezember 1943 hatte die Royal Air Force, wie schon oft zuvor, Berlin angegriffen. Die deutsche Nachtjagd hatte sich inzwischen auf solche Angriffe eingestellt und schoß 40 Bomber ab [3]. In der folgenden Nacht war Leipzig das Ziel eines Angriffes, dessen Anflugroute so konzipiert war, daß die deutsche Luftabwehr möglichst lange im Unklaren über das Angriffsziel blieb. Auch wurde der Zeitpunkt des Angriffes in die frühen Morgenstunden gelegt, da man dann auf deutscher Seite kaum noch mit einem Angriff rechnen würde.

Verlauf

Die Route des Bomberverbandes überquerte über der Zuidersee die Küste des Festlandes, führte dann in östlicher Richtung über Norddeutschland auf Berlin zu und bog etwa über der Stadt Brandenburg nach Süden ab. Zwischen 3:50 Uhr und 4:25 Uhr warfen 442 Bomber insgesamt fast 1.400 t Spreng- und Brandbomben ab. Fliegeralarm war um 3:39 Uhr gegeben worden und die Entwarnung erfolgte 5:32 Uhr[4].

In der engbebauten Innenstadt entwickelte sich nach dem Angriff ein Feuersturm. Dessen Intensität überstieg nach Einschätzung des zur Angriffszeit zufällig in Leipzig befindlichen Generalinspekteurs für das Feuerlöschwesen, Hans Rumpf, sogar die des Hamburger Feuersturmes während der „Operation Gomorrha[5]. Die Leipziger Feuerwehr hatte die Hälfte ihrer Kräfte nach Berlin entsenden müssen. Die aus dem Umland herbeigerufenen Feuerwehren konnten Brände häufig nicht bekämpfen, da ihre Schläuche nicht an die speziellen Anschlüsse der Leipziger Hydranten paßten, die nur zu etwa 30 % auf genormte Anschlüsse umgestellt worden waren[6]. Die Wasserversorgung brach zudem rasch zusammen.

Opfer und Schäden

Bei dem Angriff starben über 1.800 Menschen. Diese Zahl ist für solch einen schweren Angriff relativ gering, da sich viele Einwohner nicht an die Anordnung hielten, bis zur Entwarnung in den Kellern zu bleiben, sondern rechtzeitig die Flucht ergriffen oder entstehende Brände bekämpften[7].

Besonders im Stadtzentrum fielen dem Angriff viele historische Gebäude zum Opfer, so das Alte und Neue Theater, die Neue Handelsbörse, das Schiff der Johanniskirche, die Alte Waage, die Matthäikirche, das Museum der bildenden Künste und das Augusteum, das Hauptgebäude der Universität. Der Dachstuhl des Alten Rathauses brannte aus; eine bei einer Sanierung Anfang des 20. Jahrhunderts eingezogene Betondecke verhinderte ein Ausbrennen auch der darunter liegenden Geschosse [8]. Als weitere Folge des Angriffes verzeichnete man unter anderem die Zerstörung von 1.067 Geschäftshäusern, 472 Fabrikgebäuden, 56 Schulen, 29 Messehäusern und 9 Kirchen [9]. Von 92 Instituten der Universität Leipzig wurden 58 getroffen und teilweise zerstört [10].

Im Mai 1944 wurden über 15.000 betroffene Gebäude gezählt, davon über 4.000 völlig zerstörte, über 1.000 schwer und über 10.000 leicht beschädigte. Laut vorläufigem amtlichen Abschlußbericht vom 30. Dezember 1943 waren hauptsächlich der Stadtkern innerhalb des Ringes, die sich unmittelbar im Westen, Norden und Osten anschließenden Gebiete sowie die gesamte Südvorstadt schwer betroffen. Die daran im Norden und Osten anschließenden Gebiete wurden leicht betroffen, während im äußeren Westen, Südwesten und Nordwesten keine Schäden entstanden waren. Etwa 140000 Menschen waren obdachlos geworden[11].

20. Februar 1944

Während der sogenannten Big Week war Leipzig eines der ersten Ziele, die von britischen und VS-amerikanischen Bombern angegriffen wurden. Am 20. Februar 1944 wurden zwischen 3:15 Uhr und 4:20 Uhr Wohngebiete im Süden (Connewitz) sowie Wohn- und Industriegebiete im Südwesten Leipzigs (Schleußig und Großzschocher) getroffen. Bei diesem britischen Nachtangriff wurden über 700 Bomber eingesetzt, die knapp 2.300 t Bomben abwarfen. Am Nachmittag desselben Tages griffen über 200 Bomber der 8. US-Luftflotte Industrieanlagen im Nordosten der Stadt unter Einsatz von insgesamt etwa 700 t Bomben an. Durch die Angriffe wurde u. a. das (zweite) Gewandhaus weitgehend zerstört[12].

Insgesamt kamen etwa 970 Menschen ums Leben, die meisten durch den britischen Nachtangriff. Infolge des Tagesangriffs wurden die betroffenen Betriebe zum Teil schwer beschädigt, z. B. das Erla-Werk in Heiterblick zu 65 %. Die Produktion des Werkes war im Mai 1944 immer noch nicht wieder in vollem Umfang angelaufen, während die anderen betroffenen Betriebe bis dahin wieder arbeiteten[13].

März bis Dezember 1944

Von der 8. US-Luftflotte wurden im Frühjahr und Sommer 1944 weitere Angriffe auf Leipziger Industrie- und Verkehrsanlagen geflogen, so am 29. Mai, 29. Juni und am 7. Juli. Bei dem Angriff am 7. Juli waren neben dem Hauptbahnhof weitere Verkehrsanlagen das Ziel. Ein direkter Treffer brachte das Dach des Querbahnsteiges des Hauptbahnhofes zum Einsturz[14]. Insgesamt fielen diesen Angriffen etwa 470 Menschen zum Opfer. Am 6. Dezember 1944 wurden erstmals Leutzsch im äußersten Westen der Stadt sowie der angrenzende Vorort Böhlitz-Ehrenberg angegriffen.

Im Rahmen von Angriffen auf Ziele in der Umgebung Leipzigs, vor allem die Hydrierwerke in Leuna und Schkopau oder Betriebe in Merseburg, kam es vereinzelt zu Bombenabwürfen auf Leipzig als Ausweich- oder Notziel.

Januar 1945 bis Kriegsende

Am 27. Februar 1945 flog die 8. US-Luftflotte, die bisher meist Punktziele angegriffen hatte, von 12:50 Uhr bis 14:15 Uhr einen Flächenangriff auf das gesamte Stadtgebiet, dem über 1.000 Menschen zum Opfer fielen. Am 6. April griff der Verband erneut Leipzig an, und in der Nacht vom 10. auf den 11. April erfolgte nochmals ein britischer Doppelangriff. In den letzten zehn Tagen des am 15. April 1945 offiziell eingestellten westalliierten Bombenkrieges gegen Deutschland starben dadurch nochmals über 700 Menschen[15].

Am 18. April, eine reichliche Woche nach dem letzten Großangriff, marschierten VS-Truppen in Leipzig ein.

Folgen

Während des Krieges sind durch Luftangriffe auf Leipzig etwa 6.000 Menschen umgekommen[16].

Durch die Luftangriffe lag ein großer Teil der Bausubstanz der eng bebauten Innenstadt in Trümmern. Die meisten der Gebäude am Augustusplatz waren schwer beschädigt, einzig die Universitätskirche war nur gering betroffen. Dagegen waren das Areal zwischen Richard-Wagner-Straße und Brühl sowie das von Katharinenstraße, Salzgäßchen, Schuhmachergäßchen und Reichsstraße begrenzte Gebiet weitgehend zerstört. Dadurch änderte sich das Erscheinungsbild der Innenstadt erheblich. Insgesamt waren 40 % der Wohnungen und 80 % der Messebauten zerstört oder schwer beschädigt worden[17].

Viele der zerstörten historischen Gebäude wurden nicht wieder aufgebaut, darunter die Johanniskirche, deren Turm erst Anfang der 1960er Jahre gesprengt wurde. Zwischen Katharinen- und Reichsstraße sowie Brühl und Böttchergäßchen wurden die Reste der Bebauung abgetragen und der Sachsenplatz angelegt. Dieser wich in den letzten Jahren dem neuen Museum der bildenden Künste.

Am Augustusplatz, der bald nach dem Krieg in Karl-Marx-Platz umbenannt wurde, wurde im Mai 1968 auf Anordnung von Walter Ulbricht die unbeschädigte Leipziger Universitätskirche gesprengt, um angeblich Platz für den Neubau eines Hauptgebäudes für die Universität zu schaffen. An der Stelle des Neuen Theaters entstand die Oper und gegenüber das Neue Gewandhaus.

Siehe auch

Literatur

  • Claus Nordbruch: Bombenterror: todsichere Methode des Ethnic cleansing, in: ders.: Der deutsche Aderlaß – Alliierte Kriegspolitik gegen Deutschland nach 1945. Veröffentlichungen des Instituts für Deutsche Nachkriegsgeschichte, Bd. 28, 3. Aufl., Grabert-Verlag, Tübingen 2012, S. 106–121
  • Günter Zemella: Warum mußten Deutschlands Städte sterben?: Eine chronologische Dokumentation des Luftkrieges gegen Deutschland 1940–1945, Kloster-Buchhandlung und Klosterhaus-Versand, 2014, ISBN 978-3941730106 [704 S.]
  • Thomas Goodrich: Höllensturm – Die Vernichtung Deutschlands, 1944–1947, Createspace Independent Publishing, 2015, ISBN 978-1517540241 [475 S.]
  • Jan von Flocken: Verbrechen an Deutschen – Vertreibung, Bombenterror, Massenvergewaltigungen. Compact Geschichte Nr. 8, 2019 [82 S.], Bezugsnachweis
  • A. C. Grayling: Die toten Städte. Waren die alliierten Bombenangriffe Kriegsverbrechen? Aus dem Englischen von Thorsten Schmidt. C. Bertelsmann, München 2007[18] – Der Autor ist ein britischer Philosoph (geb. 1949)
  • Pit Pietersen: Kriegsverbrechen der alliierten Siegermächte: Terroristische Bombenangriffe auf Deutschland und Europa 1939–1945, Norderstedt (BoD) 2006 (eingeschränkte Voransicht auf Google-Bücher)
  • Karsten Kriwat: Alliierter Luftterror von Dresden bis Bagdad (Klappentext)
  • Hans-Joachim von Leesen: Bombenterror. Der Luftkrieg über Deutschland (Klappentext)
  • Sven Felix Kellerhoff: So zerstörten Bomben deutsche Städte – eine Bilanz. welt.de, 10. Mai 2015
  • Christine Kluge: Die geplante Vernichtung. Entwicklung 1648–1948 und danach, und „Rechtfertigung des Bombenkrieges“ aus englischer Sicht (Klappentext)
  • Maximilian Czesany: Allierter Bombenterror, Druffel-Verlag, 1986

Fußnoten

  1. Groehler, S. 178
  2. Lehmstedt, S. 26 u. Bergander, S. 404
  3. Groehler, S. 178
  4. Groehler, S. 178 und S. 211
  5. Lehmstedt, S. 263 u. Groehler, S. 211
  6. Groehler, S. 211
  7. Groehler, S. 211
  8. Lehmstedt, S. 35
  9. Autorengemeinschaft: Verwundungen-50 Jahre nach der Zerstörung Leipzigs. Verlag Kunst und Touristik, Leipzig 1993, S. 31-35
  10. Rathmann L (Hrsg.): ALMA MATER LIPSIENSIS Geschichte der Karl-Marx-Universität Leipzig. Edition Leipzig, Leipzig 1984, 268
  11. Horn, S. 201ff.
  12. Horn, S. 56
  13. Groehler, S. 214
  14. Horn, S. 57
  15. Groehler, S. 214 u. Bergander, S. 409
  16. Lehmstedt, S. 264
  17. Groehler, S. 214
  18. Bert Hoppe: War die alliierte Bombardierung deutscher Städte ein Kriegsverbrechen?, Berliner Zeitung, 20. März 2007 – Rezension