Zivilverschleppte

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Einrücken zur Zwangsarbeit

Die Verschleppung von rund 900.000 deutschen Zivilisten ganz überwiegend aus den Vertreibungsgebieten in die Sowjetunion durch die Heeresgruppen der Roten Armee erfolgte 1945 während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Bei dem Menschenraub zum Zwecke der Zwangsarbeit handelte es sich um einen Akt neuzeitlicher Versklavung. Er geschah mit zunächst faktischer und schließlich – im Ergebnis der Konferenz von Jalta (4. bis 11. Februar 1945) – mit ausdrücklicher Zustimmung der USA und Großbritanniens. Verschleppungen gab es auch nach Frankreich und England.

Völkerrechtlich sind Deportationen aus der Zivilbevölkerung, insbesondere nach Ende eines Krieges, verboten.

Erläuterung

Am Anfang stand der sowjetische Befehl 0016 vom 11. Januar 1945 „Über die Maßnahmen zur Säuberung des Hinterlandes der Fronten der kämpfenden Roten Armee von feindlichen Elementen“. Alle zur physischen Arbeit tauglichen Personen im Alter von 17–50 Jahren hatten sich unter Strafandrohung (Militärtribunal) zu melden. Die Sowjets holten aktiv ganz gewöhnliche Deutsche aus ihren Häusern oder willkürlich von der Straße, der Anschein der Arbeitstauglichkeit genügte. Die Hauptaktion in Ostdeutschland lief bis Ende April 1945. Die Fahrten zu den Arbeitslagern in Rußland dauerten im Allgemeinen drei bis sechs Wochen. Die Wachmannschaften vergingen sich dabei an vielen Frauen (vgl. → Ilja Ehrenburg), die Deportierten waren auf dem Weg immer wieder Opfer von Quälereien und Folterungen, die erst bei Eintreffen im sowjetischen Arbeitslager aufhörten.

Die größten Sklavengruppen bildeten die „Reparationsverschleppten“ und die „Repatriierten“: 500.000 Deutsche aus Ostdeutschland und Osteuropa nannte man Reparationsverschleppte, weil Moskau ihre Zwangsarbeit als eine Form der Reparation ausgab. 300.000 Deutsche stammten aus dem erweiterten Gebiet der Sowjetunion und wurden nach dem Krieg gegen ihren Willen repatriiert. Von der ersten Gruppe kamen 215.000 aus Ostdeutschland (in den Grenzen von 1937); von den letzteren 270.000 aus sowjetischen Gebieten (Grenzen 1938). Daneben wurden auch noch 26.000 „Spezialisten“ aus der Sowjetischen Besatzungszone verschleppt.

Lagerappell

Die Verschleppten wurden nicht, wie in Jalta festgelegt, zum „Wiederaufbau der von den Deutschen zerstörten Gebiete der Sowjetunion“ eingesetzt, sondern fanden sich in Sibirien, in Bergwerken des Ural oder beim Eisenbahnbau im hohen Norden der UdSSR wieder, wo gar kein Krieg gewesen war.[1]

Die ersten Arbeitsunfähigen und Kranken wurden bereits im September 1945 in die Ruinen Deutschlands entlassen. So vermied man, daß sie in sowjetischem Gewahrsam verstarben. Von den Reparationsverschleppten überlebten 45 Prozent ihr Sklavendasein nicht, von den Zwangsrepatriierten 37 Prozent.[2] Die letzten Zwangsarbeiter kehrten 1949 nach Hause zurück.

Die GUS bzw. die Russische Föderation in Nachfolge der UdSSR wartete das Aussterben der Überlebenden ab, leistete keine Entschädigung und konnte sich nicht einmal zu einer Entschuldigung aufraffen.

Sonderfall Rumäniendeutsche

Eine besondere Deportation spielte sich 1951 in Rumänien ab. Die dort herrschenden Bolschewisten verschleppten etwa 40.000 Rumäniendeutsche unter Anwendung von Terror aus den fruchtbaren Landschaften des Banats in die ostrumänische Baragan-Steppe. Der BRD-Bundestag sah sich am 17. Oktober 1951 zu einem Protest veranlaßt.

Überlieferung des Geschehens

Das Thema und Schicksal der deutschen Kriegsverschleppten wird in der BRD, erst recht im Ausland, ausgeblendet und öffentlich und medial systematisch vermieden. So gibt es im BRD-Buchhandel kein lieferbares Buch über Kriegs- oder Zivilverschleppte. Das letzte gedruckte Großlexikon in deutscher Sprache, die „Brockhaus Enzyklopädie“ in 24 Bänden, enthält kein entsprechendes Stichwort. Auch unter dem dortigen Stichwort „Vertreibung“ wird das historische Geschehen nicht erwähnt. Gunnar Heinsohn, der zu Völkermord geforscht hat,[3] weiß nur in anderen Zusammenhängen von „Vernichtung durch Arbeit“ zu berichten und übergeht den Gegenstand mit Schweigen. Wie nicht anders zu erwarten, unterschlägt auch die digitale Textsammlung Wikipedia die Tatsachen.

Unterbringung

Forschungsprojekt „Deportierte deutsche Zivilisten in der Sowjetunion, 1945 bis 1955”

Im Vergleich zur Geschichte von Flucht, Vertreibung und Kriegsgefangenschaft ist das Schicksal von Zivilisten, die nach dem Zweiten Weltkrieg in sowjetische Lager kamen, kaum erforscht. Die Soziologin und Politikwissenschaftlerin Ute Schmidt, Projektleiterin des Forschungsverbundes SED-Staat an der FU Berlin, versucht eine zeithistorische Lücke zu schließen. Gemeinsam mit russischen Wissenschaftlern arbeitet sie am Forschungsprojekt „Deportierte deutsche Zivilisten in der Sowjetunion, 1945 bis 1955”. Das Projekt war auf drei Jahre angelegt und sollte die erste große Gesamtdokumentation zu diesem Thema werden.

Nach Erhebungen des Suchdienstes des Deutschen Roten Kreuzes dürfte die Anzahl der in die Sowjetunion als „Reparationsverschleppte“ sowie „Vertragsumsiedler“ verbrachten Deutschen aus den Gebieten östlich von Oder und Neiße mehr als 500.000 Menschen betragen haben, wovon nur ca. 55 % überlebten. Demnach wären in den Lagern der Sowjetunion und auf den Transporten fast 250.000 verstorben. Die Schätzung des Deutschen Roten Kreuzes findes im Berichtsmaterial dadurch eine Bestätigung, daß es in Berichten einzelner Gemeinden heißt, die gesamte arbeitsfähige Bevölkerung im Alter von 18 bis 50 oder sogar bis 60 Jahren sei nach Rußland verschleppt worden. Auch ist in einzelnen Berichten überliefert, daß sogar weniger als 50 % der gemeinsam mit den Berichtenden Verschleppten die Deportationen überlebt haben.

Die Verschleppungsaktionen begannen Ende 1944 in Südosteuropa in den Gebieten der deutschen Minderheiten im späteren Jugoslawien, in der Tschechoslowakei, in Ungarn und Rumänien.

„Dort hatte man schon im Herbst begonnen, Listen fertig zu stellen, auf denen die deutsche Bevölkerung registriert war, und auch die Altersgruppen, so dass man die arbeitsfähige Bevölkerung schon im Visier hatte. Die dritte Gruppe waren Flüchtlinge, die auf der Flucht von der Roten Armee überrollt worden sind.“ – Ute Schmidt

Lager bestanden in Tscheljabinsk, Karabasch, Kopejsk, Korkino, Platino, Potanino, Krivoy Rog, Yenakievo, Makeyevka, Gorki, Konstantinowka, Petrovka, Almasnjia, Kadijewka, Antrazit, Proletarsk und Kraznodon.

„Wenn man die Schätzzahlen nimmt, aus der frühen Nachkriegszeit, vom Deutschen Roten Kreuz und von der Bundesregierung, dann waren damals 130.000 in diesen Lagern nur in der Ukraine.“ – Ute Schmidt

In der Regel wurden die verschleppten Zwangsarbeiter in Arbeitsbataillone von 750 bis 1.200 Menschen eingeteilt. Einsatzort waren Bergwerke, die Schwerindustrie, Baustellen, Kolchosen und die Forstwirtschaft. Viele Transporte gingen in die Ukraine, ins Donezkgebiet, mit großen Lagerbezirken wie Dnjepropetrowsk oder Stalino. Allein dort hat es über 150 Lager gegeben. Die Gefangenen aus den deutschen Ostprovinzen wurden meist über Moskau in den Ural verfrachtet, in große Lagerbezirke wie Tscheljabinsk oder Swerdlowsk. Nach einer ersten Schätzung befanden sich in diesen Gebieten rund 160.000 Deutsche.

Jahrelanges Lorenschieben

Aus heute zugänglichen Statistiken des russischen Geheimdienstes NKWD vom März 1946 geht hervor, daß ein Drittel der Gefangenen Frauen waren. Das Arbeitspapier des Forschungsverbundes SED-Staat an der FU Berlin um Ute Schmidt resümiert die Erfahrungsberichte von 134 betroffenen Frauen:

„Da gibt es auch russische Zahlen, die belegen, daß in manchen Lagern die Hälfte weggestorben ist. Das hat sich dann später etwas gebessert, so daß der spätere Mittelwert 30 Prozent rauskommt. Wir hoffen auf Statistiken aus russischen Archiven, so daß wir auf präzisere Angaben kommen können.“

Seit Anfang der 90er Jahre sind russische Quellen – zumindest in Teilen – auch für westliche Forscher zugänglich. Zum Beispiel das Staatsarchiv der Russischen Föderation in Moskau, das dortige Staatliche Militär- und sozialpolitische Archiv sowie Archive aus den Regionen, in denen sich die Lager befanden. Ute Schmidt schätzt besonders die Zusammenarbeit mit dem Historiker Pawel Poljan vom Geographischen Institut der Akademie der Wissenschaften in Moskau und mit der russischen Menschenrechtsorganisation „Memorial“, die die Erforschung der innersowjetischen Deportationen der Stalinzeit vorantreibt und dabei auf die Tatsache gestoßen ist, daß deportierte Sowjetbürger und verschleppte Deutsche – etwa in Kasachstan – im selben Lager saßen. Wertvolle Quellen in Deutschland sind nach wie vor die Suchdienstarchive des Roten Kreuzes und das Politische Archiv des Auswärtigen Amtes. Aus vielen Bausteinen setzt sich nach und nach ein klareres Bild zusammen. Zeitzeugen werden erst heute systematisch von Wissenschaftlern befragt.

„Diese gesamte Deportation war eine lange geplante und zentral gesteuerte Aktion der sowjetischen Führung. Es ging nicht um Bestrafung von Schuldigen, es ging in erster Linie um die Rekrutierung von billigen, disponiblen und rechtlosen Arbeitskräften.“ – Ute Schmidt

Mit dem zwangsweisen Einsatz deutscher Zivilisten verhielten sich die Sowjets völkerrechtswidrig. Gemäß der Haager Landkriegsordnung von 1907 sind Kollektivstrafen verboten:

  • Artikel 50: „Keine Strafe in Geld oder anderer Art darf über eine ganze Bevölkerung wegen der Handlung einzelner verhängt werden.“
  • Artikel 46: „Die Ehre und Rechte der Familie, das Leben der Bürger und das Privateigentum … sollen geachtet werden.“

Siehe auch

Literatur

  • Bundesministerium für Vertriebene: Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa. Gesamtausgabe in acht Bänden, Bonn 1954, ISBN 978-3-423-59072-3; Bd. I 1, S. 79 E ff.
  • Heinz Nawratil: Verschleppung zur Zwangsarbeit, in: ders.: Die deutschen Nachkriegsverluste unter Vertriebenen, Gefangenen und Verschleppten, Ullstein-Verlag 1986, Neuauflage Ares-Verlag, Graz 2008, ISBN 978-3-902475-49-7, S. 55–61
  • Claus Nordbruch: Verschleppung in die Fremde, in: ders.: Der deutsche Aderlaß – Alliierte Kriegspolitik gegen Deutschland nach 1945, Veröffentlichungen des Instituts für Deutsche Nachkriegsgeschichte, Bd. 28, 3. Aufl., Grabert-Verlag, Tübingen 2012, S. 276–282
  • Franz W. Seidler: Die Verschleppung von Zivilpersonen, in: ders.: Deutsche Opfer – Kriegs- und Nachkriegsverbrechen alliierter Täter, Pour le Mérite, 2013, ISBN 978-3932381669, S. 134–137
  • Rolf Kosiek: England verschleppte deutsche Forscher 1945, in: Rolf Kosiek / Olaf Rose (Hgg.): Der Große Wendig, Bd. 3, 3. Aufl., Grabert Verlag, Tübingen 2010, S. 696–698
  • Kurt W. Böhme: Gesucht wird..., die dramatische Arbeit des Suchdienstes. Süddeutsche Verlagsanstalt, München 1965, S. 261 ff., 275
  • Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen (Hg.): Vertreibung und Vertreibungsverbrechen 1945–1948. Bonn 1989
  • Freya Klier: Verschleppt ans Ende der Welt. Schicksale deutscher Frauen in sowjetischen Arbeitslagern. Ullstein 1996
  • Daniela Hendel: Zivildeportationen deutscher Frauen und Mädchen 1944/45 in die Sowjetunion. Berlin 2005
  • Herbert Mitzka: Zur Geschichte der Massendeportationen von Ostdeutschen in die Sowjetunion im Jahre 1945. 1985 (Broschüre)

Erlebnisberichte

  • Eva-Maria Stege: Bald nach Hause - skoro domoi
  • Ursula Seiring: Du sollst nicht sterben
  • Anneliese Bender: Mein weiter Weg nach Sechselbach
  • Hedwig Stieber-Ackermann: Allein die Hoffnung erhielt uns am Leben – über die Verschleppung Zehntausender von Volksdeutschen aus Siebenbürgen und dem Banat ab Herbst 1944
  • Werner Pfeiffer: Mit 15 in die Hölle

Verweise

Fußnoten

  1. Moderne Sklaverei für Deutsche, Junge Freiheit
  2. Nawratil: Die deutschen Nachkriegsverluste unter Vertriebenen, Gefangenen und Verschleppten. Ullstein-Verlag 1986, Neuauflage Ares-Verlag, Graz 2008, S. 60, mit Nachweisen
  3. Lexikon der Völkermorde (1994)