George, Heinrich

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Heinrich George, bürgerlich Georg August Friedrich Hermann Schulz (Lebensrune.png 9. Oktober 1893 in Stettin; Todesrune.png 25. September 1946 im sowjetischen KZ Sachsenhausen), war ein deutscher Schauspieler. Er war mit der Schauspielerin Berta Drews verheiratet. Dieser Ehe entstammen die Söhne Jan und Götz George.

Heinrich George (1893–1946)

Leben

Unterschrift
Geburtseintrag aus Stettin von Oktober 1893 mit dem Vermerk der Namensänderung (der Künstlername „Heinrich George“ wurde nun amtlich) von 1932

Übersiedelung nach Berlin

Georg August Friedrich Hermann Schulz, seit 1932 auch mit bürgerlichem Namen Heinrich George, wurde am 9. Oktober 1893 in Stettin als Sohn des ehemaligen Deckoffiziers August Friedrich Schulz und dessen Ehefrau Anna Auguste Wilhelmine, geborene Glander, geboren. Seine Familie stammte aus dem Pyritzer Weizacker. Seine Mutter kam aus einem alteingesessenen Bauerngeschlecht, sein Vater war Kapitän.

Gleich nach dem Abitur wollte George sich der Schauspielkunst widmen. Der Vater war zunächst dagegen. So mußte er als Beamtenanwärter beim Magistrat von Stettin eintreten. Heimlich aber nahm er Stunden bei dem Schauspieler Bernhard Majewski. Nach einer gewissen Zeit gab der Vater dem Wunsch des Sohnes nach. George durfte mit seiner Erlaubnis die Bühnenlaufbahn einschlagen. Sein erstes Engagement fand er 1912 an der Sommerbühne des Ostseebades Kolberg. Seine erste Rolle war ein Schiffer in Paul Heyses „Kolberg“.[1] Doch die Spielzeit war bald zu Ende.

Kurz entschlossen stellte er sich im feierlichen Gehrock, der ihm eigentlich die Wege seiner Beamtenlaufbahn ebnen sollte, dem Direktor einer Wanderbühne vor, die die kleinen Orte Pommerns bereiste. Die schneidige Erscheinung des jungen Mannes im schwarzen Rock und Zylinder bewegte den Leiter dieses Kunstinstitutes, ihn für alle „jugendlichen Liebhaber“ zu verpflichten. Nur wenige Monate war George bei dieser Wanderbühne, bereits im Herbst erhielt er eine Verpflichtung an das Stadttheater zu Bromberg,[2] dann ans Hoftheater nach Neustrelitz. Der Krieg unterbrach 1914 seine Laufbahn. Er kämpfte bei den fliegenden pommerschen Divisionen vor Ypern, an der Marne, in den Karpathen und den Rokitno-Sümpfen. Im Winter 1915 wurde er dabei schwer verwundet und 1917 entlassen. Danach war er am Theater in Dresden (1917/18) und Frankfurt am Main (1918–1921). 1920 hatte er erste Gastspiele in Berlin, wohin er 1922 endgültig übersiedelte.

Weimarer Republik

1921 war sein Debüt als Filmschauspieler, als er wegen eines Kontraktbruches Auftrittsverbot am Theater hatte. 1923 gründete er u. a. mit Alexander Granach und Elisabeth Bergner das Schauspielertheater, ein Versuch prominenter Schauspieler, sich vom kommerziellen Theaterbetrieb unabhängig zu machen. Von 1925 bis 1928 war er an der Volksbühne bei Erwin Piscator. Neben seinen Berliner Engagements trat er in den Jahren 1926 bis 1938 regelmäßig bei den Heidelberger Festspielen auf. Seit 1927 inszenierte George auch selbst.

Im Film der Weimarer Republik wurde George vor allem durch die Darstellung von Charakteren bekannt, die ihr sensibles Wesen durch brutales Verhalten zu überspielen suchen („Das Meer“, „Manolescu“, Franz Biberkopf in „Berlin Alexanderplatz“). Seine „wuchtige Erscheinung“, seine „Urkraft“ blieb in fast keiner zeitgenössischen Kritik unerwähnt.

George, der seine Schauspieltechnik einmal als „kontrollierte Trance“ bezeichnete (Berliner illustrierte Nachtausgabe, 8. Oktober 1943), hatte seine besten Szenen immer dann, wenn er ganze Passagen in einem Stück spielen konnte (Verteidigungsrede in „Affäre Dreyfus“, „Tanzsequenz“ in „Der Postmeister“), das eher filmtypische, bruchstückhafte Spielen lag ihm weniger. Der Erfolg seiner ersten Tonfilme führte ihn im Januar 1931 nach Hollywood, wo er an zwei deutschsprachigen Filmen der Metro-Goldwyn-Mayer mitwirkte. Nach seiner Rückkehr heiratete er Berta Drews.

Drittes Reich

Nach 1933 sympathisierte George, der in der Weimarer Republik als Sympathisant der Linken galt, mit dem Nationalsozialismus. In „Hitlerjunge Quex“, einem der ersten Filme nach der Machtübernahme, spielte er einen zum Nationalsozialismus bekehrten Kommunisten.

Der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler zeichnete am 30. Januar 1937 auf Vorschlag des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda namhafte deutsche Künstler mit der Verleihung eines Titels aus. Unter anderen wurde Heinrich George zum Staatsschauspieler ernannt.[3]

In den folgenden Jahren wurde er zu einem der herausragenden Repräsentanten des Films, wobei er sich als überaus wandlungsfähiger Schauspieler erwies: In historisch-biographischen Filmen, wie „Das unsterbliche Herz“ und „Andreas Schlüter“, verkörperte er Führerpersönlichkeiten. In „Jud Süß“ lieferte er als dekadent-vergnügungssüchtiger Herzog sein Land bedingungslos seinem jüdischen Finanzberater aus. In „Kolberg“ rief er als Bürgermeister der von Napoleons Truppen belagerten Stadt zur Verteidigung um jeden Preis auf.

1938 unternahm George eine Europatournee, die ihn auch in die befreite Ostmark führte. Zu dieser Zeit war er Mitglied des Kunstausschusses der Terra-Filmkunst.[4]

Schon 1937 wurde ihm die Intendanz des Schiller-Theaters übertragen, die er Ende 1938 nach dem Umbau des Hauses antrat. Zu seinem Ensemble gehörten neben bekannten und etablierten Schauspielern (Paul Wegener, Eduard von Winterstein, Ernst Legal) bedeutende Nachwuchskräfte, wie Horst Caspar (Georges Partner in „Friedrich Schiller“) und Will Quadflieg, deren Karriere am Schiller-Theater begann.

Heinrich George inszenierte 1942 im Ungarischen Nationaltheater in Budapest Schillers „Kabale und Liebe“ und las in der Ungarisch-Deutschen Gesellschaft deutsche Gedichte und ungarische Gedichte in deutscher Übersetzung vor.[5] Im Dezember desselben Jahres übernahm er eine eigene Herstellungsgruppe bei der Tobis.

Zitate

Glückwünsche zum 25. Bühnenjubiläum Heinrich Georges im Jahre 1937:

  • „Die Reichshauptstadt beglückwunscht den Staatsschauspieler Heinrich George zu seinem 25jährigen Bühnenjubiläum. Dankbar gedenkt Berlin der großartigen Leistungen, die er in den langen Jahren in unserer Stadt vollbracht hat. Ich verbinde mit diesem Dank den Wunsch, daß die große Schauspielkunst Heinrich Georges der Reichshauptstadt noch lange erhalten bleiben möge.“ — Dr. Julius Lippert, Oberbürgermeister und Stadtpräsident
  • „Als die Reichshauptstadt sich entschlossen hatte, ihr Schiller-Theater in eigene Obhut zu nehmen, war es ein bedeutungsvoller Schritt Heinrich Georges, durch den Einsatz seiner Schaffenskraft am Wiederaufbau des Schiller-Theaters mitzuwirken. Seine Ernennung zum Staatsschauspieler durch den Führer empfinden wir auch als eine Ehrung unserer Stadt, der er seit 15 Jahren künstlerisch verbunden ist.“ — Dr. Hans Meinshausen, Stadtschulrat
  • Kunst und Volk müssen wieder zueinander finden. Einer von den großen Pionieren dieser Kulturarbeit ist Heinrich George. Unser Staat hat ihn hoch geehrt und ihm den Titel eines Staatsschauspielers verliehen. Wir freuen uns dieser hohen Auszeichnung und wir dürfen als Sprecher der deutschen Handarbeiter hinzufügen: Seine Kunst ist unmittelbar. Er wirkt ohne alles Beiwerk. Sein Können ist nicht davon abhängig, ob sein Publikum vorgebildet ist. Heinrich George ist ein echter Volksschauspieler.“ — Hilmar Stock, Reichsamtsleiter der Deutschen Arbeitsfront
  • „Ein viertel Jahrhundert kämpft sich die Kraftnatur Heinrich Georges nun schon auf den Brettern, die die Welt bedeuten, aus. Von seiner Ursprünglichkeit ging nichts verloren. Im Gegenteil! Das wahre Wesen kämpfte sich nur freier, kämpfte sich durch literarische Modeaufgaben hindurch zur Freiheit seiner eigensten Natur. Ich bin dieser gelösten und erlösten Künstlernatur zu tiefstem Dank verpflichtet, denn sie lieh das höchste Gesetz ihrer völligen Begabung der Gestalt Luthers in meinem Drama ‚Propheten‘. Ich glaube, wer im Staatstheater Berlin Heinrich George als Luther sah, wird diesem Darsteller zu seinem Ehrentage nicht nur als Schauspieler gratulieren können, sondern er wird die Hand dieses herrlichen Mannes suchen, um dem deutschen Herzen zu danken, das in dieser überragenden Persönlichkeit schlägt.“Hanns Johst, Präsident der Reichsschrifttumskammer
  • „Die Urkraft von Heinrich George ist einmalig auf der deutschen Bühne. Ich möchte sagen: er ist ein menschliches und künstlerisches Urphänomen. Der überlebensgroße Holofernes von Hebbel, den ich von ihm dargestellt sehen möchte, wird gleichsam durch seine Persönlichkeit gerechtfertigt. Georges Kunst ist mitgeboren und ganz seine Natur. So zeigte es sich in allen Gestalten, die er geschaffen hat: sie sind unvergeßlich!“Gerhart Hauptmann
  • „Heinrich Georges ‚Götz‘ ist längst klar geprägte Form geworden, und das ihr innewohnende Leben hat fortzeugende Kraft. Er schenkte auch meinem ‚Anderen Feldherrn‘ die gültige Verkörperung. Er spielt nicht, er lebt vor. Bei ihm ist alle Kunst der Menschendarstellung zurückgeführt auf die ursprünglichste Quelle: auf ungebrochenes Menschentum, das gemischt ist aus allen Elementen des Diesseits und Jenseits. Dankbar grüßen wir Meister Heinrich George; seine Kunst soll uns weitere Jahrzehnte erschüttern und beglücken.“ — Hanns Gobisch

Nachkriegszeit

Im Mai und Juni 1945 wurde Berlin ausschließlich von den Russen verwaltet. In dieser Zeit wurde Heinrich George mehrmals für kurze Zeit verhaftet. Er wurde mehreren Verhören unterzogen, kam aber immer wieder frei und erhielt sogar die höchste Lebensmittelkarte. Sein Haus am Wannsee war in dieser Zeit bis unters Dach mit Flüchtlingen und Obdachlosen überfüllt. Es herrschten chaotische Zustände. Als der in der Nachbarschaft einquartierte Vorsitzende des Internationalen Roten Kreuzes, Edouard Calic, von Georges Lage erfuhr, informierte er den Stadtkommandanten von Berlin Nikolai Bersarin.[6] Bersarin ließ daraufhin für George einen Schutzbrief ausstellen und gab diesem zugleich den Auftrag, seine Schauspieler zu sammeln und wieder Theater zu spielen. Nikolai Bersarin verunglückte allerdings kurz darauf am 16. Juni 1945 tödlich, und der Schutzbrief war daraufhin wirkungslos.

Denunziation

Kurz bevor der zunächst russisch besetzte Sektor, in dem George lebte, den Amerikanern übergeben wurde, verhaftete man ihn bereits zwei Tage nach Besarins Tod erneut. Die Verhaftung erfolgte laut seiner KGB-Akte (Nr. 13328) am 18. Juni 1945. Als Haftgrund wurde „Rache der Genossen an einem Konvertiten“ vermerkt. Den Russen lag ein von fünf Personen unterschriebenes Denunzierungsschreiben vor:

„Noch 14 Tage bevor uns die Rote Armee vom Nazi-Joch befreite, stellte er sich der NSDAP zur Verfügung und versuchte, die Berliner in Form eines Aufrufs in der Berliner Presse noch zu aktivem Widerstand aufzuwiegeln. Als Zeuge gegen George kann das ganze deutsche Volk antreten. Wenn man George auf irgendeine deutsche Bühne stellte, würde er unserer Meinung nach gelyncht werden.“
Unterschrift; Schmucker, Franke , Strieger ..., ... (zwei weitere Namen sind nicht lesbar)

Eine spätere Denunzierung erfolgte durch den Schauspieler Bob Iller, der aussagte:

„Denn als er betrunken war, und das ist sehr häufig bei ihm vorgekommen, hat er selbst im kleinen Freundeskreis geäußert: ,Wenn der Nationalsozialismus in Deutschland verschwinden sollte, so würde er sicher am höchsten Baum aufgehängt, und das eigentlich mit Recht.‘“[7]

Nach dieser letzten Verhaftung wurde George zunächst ins Gefängnis der sowjetischen Geheimpolizei nach Hohenschönhausen und dann in das sowjetische Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt.[8] Gemeinsam mit anderen Inhaftierten führte George in Sachsenhausen noch kleinere Stücke auf, zunächst für die Wachmannschaften, für die er sogar ein wenig russisch gelernt hatte, später auch für die Mitgefangenen. Sein Krankenpfleger war Dr. Arno Busch aus Mecklenburg, der dort in Haft war, weil er von den Sowjets mit dem NSDAP-Parteirichter Dr. Walter Buch verwechselt wurde. Einige seiner früheren Kollegen, darunter Lu Säuberlich, Wolfgang Lukschy, Hubert von Meyerinck, Walter Felsenstein und Ernst Schröder, hatten noch versucht, die Freilassung Georges mit einem Gnadengesuch zu erreichen.

Tod

Der einst von Statur massige Mann starb völlig entkräftet am 25. September 1946 im Alter von 52 Jahren, vermutlich an einem Hungerödem. Die Lagerverwaltung hatte den praktischen Arzt Dr. Schumann gedrängt, als Todesursache „an den Folgen einer Blinddarmoperation“ einzutragen, was dieser als offenkundig falsch jedoch ablehnte.

Seine sterblichen Überreste wurden erst 1994 nach Angaben eines Mithäftlings in einem Waldstück bei Sachsenhausen gefunden und mittels eines DNS-Vergleichs mit seinen Söhnen identifiziert. Sein Grab befindet sich auf dem Städtischen Friedhof Berlin-Zehlendorf.

Gedicht „Was mir verblieb“

In der sowjetischen Gefangenschaft im russischen Konzentrationslager Sachsenhausen schrieb Heinrich George das folgende deutsche Bekenntnis:

Heinrich Georges Grab
Friedhof Zehlendorf, Büste von U. Gerdes (1997)
Was mir verblieb
Wenn ich einmal frei sein werde,
frag’ ich mich, wie wird das sein?
Grabe dann in deine Erde,
HEIMAT, tief die Hände ein.
Gehe einsam durch die Straßen
wie in einem stillen Traum.
Kann die FREIHEIT noch nicht fassen,
lehn den Kopf an einen Baum.
Wenn mich jemand wollte fragen,
wo ich denn gewesen bin,
werde ich verhalten sagen:
WAR IN GOTTES MÜHLEN DRIN.
Sah die Müller Spuren mahlen
in der Menschen Angesicht,
mußte mit dem Herzblut zahlen
wie in meinem Leben nicht.
Wenn ich einmal frei sein werde,
frag’ ich mich, was mir verblieb:
DU – OH DEUTSCHE HEIMATERDE,
DICH HAB ICH VON HERZEN LIEB!

Filmbeiträge

V.S.-Produktion: Schauspielerleben: Heinrich George (Staffel 2 / Folge 10) (2010) (herunterladen)

Auszeichnungen

Filmographie

Darsteller
Regisseur
  • 1933: Schleppzug M 17

Theatrographie (Auswahl) 

Regie
Darsteller

Hörspielsprecher (Auswahl)

  • 1937: Afrikanische Hochzeit (Reichssender Berlin, 2. November 1937)[10]

Siehe auch

Verweise

Weltnetz

Audio

Fußnoten

  1. Filmwelt – Das Film- und Foto-Magazin, Nr. 46, 18. November 1934
  2. Mein Film – Illustrierte Film- und Kinorundschau, Nr. 638, 18. März 1938
  3. Filmwelt – Das Film- und Foto-Magazin, Nr. 1, 3. Januar 1937
  4. Mein Film – Illustrierte Film- und Kinorundschau, Nr. 645, 6. Mai 1938
  5. Filmwelt – Das Film- und Foto-Magazin, Nr. 17/18, 13. Mai 1942
  6. Torsten Körner: Götz George: Mit dem Leben gespielt, Scherz, 2008, S. 53, ISBN 978-3-502-15029-9
  7. „Spielen oder sterben“, Der Spiegel, 4. Dezember 1995
  8. Torsten Körner: Götz George: Mit dem Leben gespielt. Scherz, 2008, ISBN 978-3-502-15029-9
  9. Filmwelt – Das Film- und Foto-Magazin, Nr. 52, 29. Dezember 1935
  10. Filmwelt – Das Film- und Foto-Magazin, Nr. 43, 24. Oktober 1937