Raudten

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Raudten

Staat: Deutsches Reich
Gau: Niederschlesien
Landkreis: Lüben
Provinz: Niederschlesien
Einwohner (1939): 1.716
Bevölkerungsdichte: 136 Ew. p. km²
Fläche: 12,6 km²
Höhe: 141 m ü. NN
Koordinaten: 51° 31′ N, 16° 16′ O
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Raudten befindet sich seit 1945 unter Fremdherrschaft. Das Gebiet ist von Polen vorübergehend besetzt, die einheimische Bevölkerung wurde vertrieben oder ermordet und deren Eigentum gestohlen.

Raudten ist eine deutsche Kleinstadt in Niederschlesien im Kreis Lüben. Im Jahre 1939 wurden gezählt: 1.716 ständige Bewohner, eine Wohnbevölkerung (mit Soldaten, Arbeitsmännern und -maiden) von 1.900[1] sowie 506 Haushalte. [2]

Der Marktplatz (Ring) von Raudten auf einer alten Postkarte. Die Geschäfte sind (von links): Schnittwaren Markus Jakob, Hotel Goldener Löwe, Möbelhaus Paul Fiebig, Bäckermeister Max Laufer, Apotheke Karl Grundmann, Damenhüte Paul Hühner, Haushaltwaren C. Wagner. Im Hintergrund die Evangelische Kirche.

Geographie

Raudten liegt auf dem Schlesischen Landrücken, im flachhügeligen Gelände der Dalkauer Berge, rund 70 km nordwestlich von Breslau und 35 km nördlich von Liegnitz.

„Die Stadt Raudten wurde in einem Tale angelegt, das im Norden und Süden von einer breiten Hügelkette umschlossen wird. Zwei Bäche fließen durch die Niederung, von denen der eine von Eisemost, Pilgramsdorf und Polach kommt und der andere von Koslitz und Jauschwitz. Unterhalb der Stadt Raudten vereinigen sich beide Bäche und nehmen das Alt-Raudtener Wasser auf. Kurz vor der Vereinigung der beiden Bäche erhebt sich ein Plateau, auf dem die neue Stadt erbaut wurde. Nach drei Seiten zu war die Stadt durch Sumpfniederungen gegen feindliche Angriffe geschützt, an der vierten Seite wurde das Schloß Burglehn erbaut, so daß die Stadt ringsum gesichert war. Das Schloß wurde überdies mit einem breiten Wallgraben umgeben.

In der Mitte des für die Stadt bereit gestellten Geländes wurde der rechteckige Markt abgesteckt. Von den Marktecken gingen zunächst je zwei Straßen nach dem Süde- und Nordtor, zwei weitere Straßen führten nach Osten und eine nach Westen. Die Stadt dehnte sich aber bald weiter aus. Es wurden außerhalb der Schutzgräben Wohnhäuser erbaut, wodurch die Vorstädte entstanden, die man Glogauer, Steinauer und Polkwitzer Vorstadt nannte.“

- Heimatkalender Lüben, 1942.[3]

Reichsbahn-Knotenpunkt

Bekannt ist Raudten als lokaler Knotenpunkt im Reichsbahnverkehr mit drei Bahnhöfen:

  • Raudten-Queißen (auch: Raudten Bhf. oder Hauptbahnhof) ist der wichtigste Bahnhof der Stadt, 2,5 km nördlich des Stadtzentrums im Ortsteil Queißen (1939: 375 Einwohner)[4]. Er liegt an der Reichsbahn-Hauptstrecke 144 (Stettin - Breslau) und ist Ausgangspunkt der schlesischen Hauptstrecke 156 (Raudten - Liegnitz - Jauer - Striegau - Kamenz) sowie der Raudten-Polkwitzer Kleinbahn nach Heerwegen (bis 1938 Polkwitz). Die Kleinbahn wird im Volksmund: „Die Polkwitzer“ genannt.
  • Raudten-Stadt (auch Raudten-Süd) ist der eigentliche Stadtbahnhof. Damit hier die Züge in Richtung Breslau halten können, wurde die Hauptstrecke 144 nachträglich in ihrem Verlauf verschwenkt. Die aufgelassene Trasse ist noch auf der topographischen Karte von 1938 ersichtlich.[5]
  • Dritter Bahnhof ist der Haltepunkt Raudten der Kleinbahn an der Georg-Primker-Straße/Ecke Köbener Chaussee in Raudten.

Zentrum des Mühlenbaus

„Wir gehen durch den Mühlenbaubetrieb von Gerhard Rauch in Raudten, der den Namen seiner Stadt in ganz Deutschland bekannt gemacht hat, als er im Jahr 1936 auf dem Ausstellungsgelände am Berliner Funkturm eine große Windmühle errichtete. [...]

Etwa die Hälfte aller in der Müllerei üblichen Maschinen werden im Betrieb von Rauch selbst gebaut, die anderen Maschinen, wie z. B. die Walzenstühle und die Plansichter werden fertig bezogen. In dem handwerklichen Mühlenbaubetrieb werden die Mühlen - und zwar Wind-, Wasser- und Motormühlen - betriebsfertig zusammengebaut. Daher sind neben gelernten Mühlenbauern auch Tischler, Schlosser und Lackierer beschäftigt, zumal eine Anzahl Maschinen aus einer Kombination von Eisen und Holz bestehen. Das Mühlenbaugewerbe in Schlesien ist in einer Innung zusammengeschlossen. Das Amt des Obermeisters liegt in den Händen von Gerhard Rauch. In den vier Regierungsbezirken Liegnitz, Breslau, Oppeln und Kattowitz sind etwa 50 Mühlenbauer tätig.“

- Heimatkalender Lüben, 1942.[6]

RAD-Arbeitslager

Im ehemaligen Schloß Burglehn in Raudten befand sich das RAD-Lager 3/102 für die weibliche Jugend. Es war eines von sechs RAD-Lagern im Landkreis Lüben.

Vertreibung der Deutschen

Die deutsche, in der Mehrzahl bäuerliche Bevölkerung wurde 1945 gewaltsam und völkerrechtswidrig vertrieben. Als sich an einem Abend die Nachricht verbreitete, die Russen hätten bei Steinau die Oder überquert, begannen die Bauern in den Dörfern, in Eile das Nötigste zusammenzupacken. Einem Zeitzeugen zufolge traten sogleich der Ortsbauernführer und der Gemeindevorsteher vors Volk mit dem Befehl: "Morgen früh um 10 Uhr steht alles abmarschbereit auf der Dorfstraße." Besonders schwer fiel den Bauern der Abschied von ihrem Vieh, das sie nicht auf die Flucht mitnehmen konnten. Bewohnern, die über kein Pferdefuhrwerk verfügten, wurden von reichen Bauern Pferde und Fuhrwerke gestellt, die sonst in die Hände der Russen gefallen wären. Für Betagte und Gebrechliche seien die Strapazen der Flucht bei eisiger Kälte mitten im Winter oftmals tödlich gewesen. Niemand habe sich um die Flüchtlingstrecks gekümmert, denn in den Orten, die man passierte, seien ebenfalls alle Bewohner beim Zusammenpacken ihrer Sachen gewesen. Die größte Sorge war, ob die Pferde die Fahrt durchhielten, denn unterwegs sah man überall liegengebliebene Wagen, die zurückgelassen werden mußten.[7]

Ausbeutung deutscher Rohstoffe nach 1945

Nachdem sich die polnischen Besatzer zunächst nicht für das Gebiet interessierten - Raudten verlor 1945 seine Stadtrechte - kam es im benachbarten Heerwegen 1967 zur zufälligen Entdeckung einer reichen Kupfer- und Silbererz-Lagerstätte in der Zechstein-Schicht, die unter dem eiszeitlichen Moränenschutt liegt. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde auch Gold im Weißliegenden (Sandstein) unterhalb der Kupferschiefer-Zone aufgefunden.[8] In bemerkenswerter Eile wurden daraufhin staatliche Kombinate zur Ausbeutung dieser deutschen Rohstoffe errichtet, die bereits 1969 ihren Betrieb aufnahmen.

Für Raudten hatte diese Entwicklung schwere Folgen, denn westlich der Stadt wurde seit den 1970er-Jahren eine Müllhalde für den Bergbau angelegt. Ihre Ausdehnung von 14 km² ist größer als das gesamte Stadtgebiet. Es handelt sich um ein bis zu 45 m tiefes Absetzbecken für Giftschlamm, der infolge der Aufbereitung des Kupfererzes entsteht. Das Becken wäre bis 2023 übergelaufen, hätte man es nicht rechtzeitig vergrößert. Nach einer Erweiterung 2021 verfügt es über ein Fassungsvermögen von 950 Mio. m³, das im Endausbau auf 1,1 Mrd. m³ gesteigert werden kann.[9]

Das Entsorgungsgebiet ist das größte seiner Art in Europa. Es wurde in einer weiten, besiedelten Aue platziert. Dabei wurden drei Nachbarorte von Raudten mutwillig und unwiederbringlich zerstört. Sie sind heute mitsamt ihren Fluren unter einer meterdicken Schicht aus Giftschlamm begraben. Es handelt sich um die folgenden deutschen Dörfer:

  • Barschau, 154 Einwohner, Stiftsgut mit Schloß und Park, 4 Erbhöfe, 15 weitere Anwesen, Gasthof „Grünkretscham“, Dorfschule, Bahnhof.[10]
  • Polach, 136 Einwohner, Dorf und Rittergut, Bahnhof.[11]
  • Pilgramsdorf, 318 Einwohner, 85 Haushalte, Dorf und Rittergut, Quellen in Trinkwasserqualität, Fluren mit altem Baumbestand, Naturschutzgebiete.[12]

Bekannte, in Raudten geborene Personen

  • Walter Hamfler (1907–1940), Politiker (NSDAP)
  • Gerhard Vogt (1919–1945), Oberleutnant und Ritterkreuzträger des Zweiten Weltkrieges

Fußnoten

  1. Deutsches Reich: Amtliches Gemeindeverzeichnis für das Deutsche Reich auf Grund der Volkszählung von 1939, Herausgegeben vom Statistischen Reichsamt, 2. Auflage, Verlag für Sozialpolitik, Wirtschaft und Statistik, Berlin, 1941, S. 90.
  2. Alphabetisches Verzeichnis der Stadt- und Landgemeinden im Gau Niederschlesien mit den dazugehörigen Ortsteilen, Kolonien, Siedlungen usw., Kurt-Gruber-Verlag Wirtschaft Recht, Dresden, 1939.
  3. Heimatkalender Lüben 1942, S. 80.
  4. Alphabetisches Verzeichnis der Stadt- und Landgemeinden im Gau Niederschlesien mit den dazugehörigen Ortsteilen, Kolonien, Siedlungen usw., Kurt-Gruber-Verlag Wirtschaft Recht, Dresden, 1939.
  5. Topographische Karte des Deutschen Reiches, Maßstab 1:25.000; Meßtischblatt 4436 Raudten; herausgegeben vom Reichsamt für Landesaufnahme, Berlin, 1938.
  6. Heimatkalender Lüben 1942.
  7. http://www.lueben-damals.de/erinnerungen/flucht.html
  8. Mineralienatlas-Fossilienatlas, Lexikon, Sieroszowice Mine, Geologie.
  9. Polnische Wikipedia: Entsorgungsteich Eisemost (polnisch)
  10. Gemeinde Barschau. - http://www.lueben-damals.de/kreis/barschau.html
  11. Gemeinde Polach. - http://www.lueben-damals.de/kreis/polach.html
  12. Gemeinde Pilgramsdorf. - http://www.lueben-damals.de/kreis/pilgramsdorf.html