Wise, Stephen
Stephen Samuel Wise ( 17. März 1874 in Ofenpest, Österreich-Ungarn; 19. April 1949 in Neuyork, VSA) war ein jüdischer Oberrabbiner von Neu York und führender Zionist.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Stephen Samuel Wise wurde am 17. März 1874 in Ofenpest als Sohn des Rabbiners Aaron Wise und der Sabine Fisher geboren, die noch im gleichen Jahr in die Vereinigten Staaten von Amerika auswanderten. Der anglisierte Name in väterlicher Linie lautete ursprünglich Weiss oder Weisz; der anglisierte Name in mütterlicher Linie lautete ursprünglich Fischer. Stephen Wise hatte fünf Geschwister.
Wise studierte in den Jahren von 1887 bis 1891, wurde im Jahre 1893 Rabbinatsassessor in Neuyork und erhielt 1900 das Rabbinat der Kongregation „Beth Israel“, Portland, Oregon. Im Jahre 1907 gründete er in Neuyork die „Freie Synagoge“ und hatte als Kanzelredner bald solche Erfolge, daß er seine Gottesdienste in der großen Carnegie-Halle abhielt, bis 1929 ein „Wise-Tempel“ für ihn gebaut wurde.[2]
Untypisch für einen Anhänger des Reformjudentums war Wise von Anfang an ein Verfechter der Zionistischen Bewegung. Er gründete die „American Zionist Fédération“ und vertrat sie als Erster Sekretär auf dem zweiten Zionistenkongreß 1898, wo er Theodor Herzl begegnete; ein Jahr später wurde er Mitglied des zionistischen Exekutivrates.
Schon vor dem Ersten Weltkrieg spielte er eine entscheidende Rolle im VS-Judentum.[3] Er saß im Beraterstab des VS-Präsidenten Wilson, erarbeitete zusammen mit Louis Brandeis sowie Felix Frankfurter den Text der prozionistischen Balfour-Deklaration Englands und war 1918/19 Mitglied der zionistischen Delegation in Versailles. In den VSA war er zudem landesweit in leitender Funktion für jüdischen Organisationen tätig: 1918-20 war er Vizepräsident sowie 1936-38 Präsident der Zionist Organization of America, 1921-25 Vizepräsident sowie bis zu seinem Tode Präsident bzw. Ehrenpräsiden des American Jewish Congress, 1922 gründete er das Jewish Institute of Religion in Neuyork (wichtigste Rabbinerschule des Reformjudentums) sowie 1936 den Jüdischen Weltkongress und leitete diesen bis zu seinem Tode als Präsident. 1909 war er außerdem Mitgründer des Nationalverbands zur Förderung farbiger Menschen (National Association for the Advancement of Colored People) sowie 1920 der American Civil Liberties Union (ACLU).
Er rief schon 1933 zum Kampf und Boykott gegen das nationalsozialistische Deutschland auf und drängte seinen Freund Roosevelt erfolgreich zur VS-Kriegsbeteiligung.[3]
Stephen Samuel Wise gilt als „Vater des Zionismus in Amerika“ und wird im „Lexikon des Judentums“ als „einflußreichster amerikanischer Jude seiner Zeit“ charakterisiert. Präsident Franklin Delano Roosevelt nannte ihn, Samuel Rosenman sowie Nahum Goldman „die Weisen von Zion“.[3]
Die Geschichte von der Seife aus Judenfett und andere Lügen
Im September 1942 nutzte Wise das sogenannte Riegner-Telegramm, um einflußreiche Politker wie den Staatssekretär und Freund Präsident Franklin D. Roosevelts Sumner Welles und den britischen Botschafter in Washington Lord Halifax von einer angeblichen Ermordung der Juden durch die Deutschen zu überzeugen.[4]
Im November 1942 kolportierten Dutzende VS-amerikanische Zeitungen die Behauptung Rabbi Stephen Wises, die Deutschen würden in industriellem Maßstab Seife[5] und Dünger aus meist jüdischen Leichen herstellen und hätten sogar bereits beerdigte Leichname wegen ihres Wertes, der bei 50 Reichsmark festgesetzt worden sei, wieder exhumiert. Außerdem, so Wise, würden Dokumente des State Department und andere „vom Department als authentisch bestätigte Quellen“ die „Geschichten und Gerüchte einer Judenvernichtung im von Hitler beherrschten Europa“ bestätigen und ungefähr zwei Millionen Juden seien bereits ermordet worden. Als Tatwaffe nannte er allerdings keineswegs die heute allseits bekannten Gaskammern, sondern erklärte, die „einfachste und billigste Methode“, mit der „Naziärzte mehr als 100 Menschen pro Stunde“ töten könnten, sei das Injizieren von Luftblasen in die Venen der Opfer.[6][7][8]
Am 4. Dezember 1942 veröffentlichte Wise unter der Überschrift „Bericht über Vernichtungen“ im The American Hebrew einen Artikel, der die angeblich vom State Department gestützten Behauptungen über Massenvernichtungen sowie der Seife aus Judenfett wiederholt und sogar die „Existenz eines offiziellen Befehls von Adolf Hilter“ behauptet.[9] Allerdings hatte das State Department selbst Mitte 1943 – mit Ausnahme der Behauptungen einiger Juden wie Wise – keine Informationen bezüglich einer Judenvernichtung.[10]
Familie
Wise war seit 1900 verheiratet mit Louise Waterman ( 1947). Sie hatten zwei Kinder, James ( 1901) und Justine Wise Polier (1903–1987).
Justine war als Richterin tätig – 1932 die erste weibliche Richterin im Staat Neu York – und setzte sich im Sinne politisch linker Ideologien gegen rassische Homogenität und für die Zerstörung weißer Zivilisation ein. Sie heiratete 1937 den jüdischen Juristen Shad Polier (1906–1976), der sich ebenfalls für die Aufhebung der Rassentrennung einsetzte.
Zitate
- „Als Jude will ich, daß Juden alles was sie können, und mehr als sie können, für die Sowjetunion und ihre Völker tun, nicht nur, weil unsere Länder in Bünden eines gemeinsamen Verständnisses und einer gemeinsamen Kameradschaft gebunden sein sollten, sondern auch, weil während andere Nationen – ich nenne sie nicht – über sich selbst als die Feinde des Faschismus sprechen, die Sowjetunion dem Rest der Welt Jahrzehnte und Generationen voraus ist bei der Bekämpfung und Zerschlagung eines der schrecklichsten Zeichen und Symbole des Faschismus – nämlich Antisemitismus.“ – Auf der fünften Jahreskonferenz des Jewish Council im Mai 1946[11]
- „Es gibt 6.000.000 lebende, blutende, leidende Argumente zugunsten des Zionismus.“[12] – am 11. Juni 1900
Siehe auch
- Jüdische Kriegserklärungen
- Sechs Millionen Juden
- Gesamtlösung der Judenfrage
- Protokolle der Weisen von Zion
Fußnoten
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