Amerikanisch-Jüdisches Komitee
Das Amerikanisch-Jüdische Komitee (engl.: American Jewish Committee [AJC]) ist eine US-amerikanische, pro-jüdische Organisation, die ihre Aufgabe darin sieht,
- „... Beschützer des Wohls und der Sicherheit der Juden in den USA, in Israel und der ganzen Welt zu sein; die Prinzipien des Pluralismus als beste Verteidigung gegen Anti-Semitismus und andere Engstirningkeit weltweit zu stärken und die Qualität jüdischen Lebens in Amerika durch Sicherung des jüdischen Fortbestehens und Vertiefung der Bindungen zwischen amerikanischen und israelischen Juden zu verbessern.“ (Motto)
Die Organisation wurde 1906 in Neuyork unter Beteiligung des Reformrabbiners Judah Leon Magnes (1877–1948), der bis kurz vor seinem Tod ihr Leiter war, gegründet.
Sie unterhält ein nationales Büro in Neuyork und 33 weitere lokale Büros in den USA. Weitere Büros unterhält sie in Berlin, Genf, Warschau und Jerusalem. 2004 gründete das AJC mit dem Transatlantic Institute ein Lobbyistenbüro in Brüssel.
Die Bedeutung der Organisation unterstrich die Feier zum hundertsten Jahrestag am 4. Mai 2006, auf der George W. Bush, Kofi Annan und, mit Angela Merkel, erstmals ein deutscher Kanzler als Redner auftraten. Zum Jubiläum sammelte die Vereinigung für ihre Ziele in fünf Jahren 105 Millionen Dollar von 1.600 Spendern. Ehrenpräsident ist Alfred H. Moses.
Inhaltsverzeichnis
Aktivitäten
Das AJC betreibt, neben UN Watch (1993), seit 1981 das Dorothy und Julius Koppelman Institut zur Intensivierung der Beziehungen jüdischer Gemeinden der VSA und Israels. Das Projekt Interchange finanziert Bildungsreisen politischer, ethischer und religiöser Führer der Welt nach Israel. AJC führte Befragungen zum Wissen über den Holocaust und das Verständnis des Judentums in Osteuropa, Skandinavien und unter in die VSA eingewanderten russischen Juden durch.
Seit 2005 fährt das AJC eine Kampagne zur Reform der Vereinten Nationen mit dem Ziel, die von ihr reklamierte Ungleichbehandlung Israels im Zusammenhang mit Menschenrechtsfragen in den Palästinensischen Autonomiegebieten zu beenden. Dabei fordert es, den Modus der Dringlichkeitssitzungen der UN-Generalversammlung, bei denen Israel häufig verurteilt wird, zu verändern sowie verschiedenen UN-Abteilungen die finanziellen Mittel zu entziehen (Abteilung für Palästinenserrechte, Komitee für unveräußerliche Rechte des palästinensischen Volkes, Sonderkomitee zur Untersuchung israelischer Praktiken in den besetzten Gebieten.). Auch der Umbau der UN-Menschenrechtskommission[1] war ein wesentliches Ziel des AJC.
Seit 2004 vergibt das AJC den Jan Karski Award.
Das AJC war bis zum Dezember 2006 Trägerinstitution des neokonservativen Meinungsmagazins „Commentary“[2]
Die Organisation ist nicht zu verwechseln mit dem American Jewish Congress oder dem American Jewish Council. Seit 2009 ist das AJC eine vom österreichischen Innenministerium anerkannte Gedenkdienst-Einsatzstelle des Vereins Österreichischer Auslandsdienst.
Befindlichkeiten und Aktionen
- Als langjähriger Kritikerin der israelischen Vertreibungs- und Apartheidpolitik wurde Felicia Langer im Juli 2009 das Bundesverdienstkreuz verliehen. Die Verleihung stieß auf scharfe Kritik bei jüdischen Organisationen. So protestierte der Vorsitzende des American Jewish Committee, David Harris, in einem Brief an Bundespräsident Köhler gegen die Verleihung.[3] Israels Regierung[4] sowie der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, kritisierten die Auszeichnung.[5][6]
- Der Weltnetz-Buchhändler „Amazon“ soll nach Deidre Berger in Deutschland „rechtsextreme“ Bücher verkauft haben. „Amazon“ habe „volksverhetzende, strafbare Schriften“ mit rechtsextremen und antisemitischen Inhalten auf seinen Netzseiten vertrieben, so die Behauptung des American Jewish Committee, das deshalb gegen „Amazon“ im Juli 2009 Strafanzeige stellte. Unter den Schriften sei auch „Das Rudolf Gutachten“ von Germar Rudolf. „Dieser behauptet darin, dass im Konzentrationslager Auschwitz niemals Gefangene mit Gas getötet worden seien.“[7][8][9]
- Der Gottesmord: „Mein Blut komme über Euch und Eure Kinder.“ Dieser Satz aus dem Matthäusevangelium führte 1990 zu Differenzen zwischen der jüdischen Gemeinde und den Verantwortlichen des Oberammergauer Passionsspiels. Im Jahr 2000 wurde er aus dem Theatertext gestrichen. 2009 wurden dann „Koschere"[10] Passionsspiele mit den beiden weltweit größten jüdischen Organisationen abgestimmt. „Dem American Jewish Committee und der Anti-Defamation League sei es vor allem darum gegangen, dass die jüdischen Elemente der Handlung korrekt wiedergegeben würden.“[11]
- Der rumänischen Spielfilm „Portrait of the Fighter as a Young Man“ interessiert sich nicht für die Vor- und Nachgeschichte des Helden. Mit diesem Hinweis hat die Berlinale 2010 den Film gegen Kritik verteidigt. Das rumänische Elie-Wiesel-Institut zur Aufarbeitung des Holocaust hatte gegen die Vorstellungen protestiert. Der Film thematisiere das Leben eines Wiederstandskämpfers gegen die kommunistische Diktatur, ohne dessen Zugehörigkeit zu den Faschisten klarzustellen, hieß es. Das amerikanische Jewish Committee forderte eine öffentliche Diskussionsrunde. Der Leiter der Berlinale-Sektion Forum, Christoph Terhechte, wies die Kritik zurück. Im Katalog gebe es ausführliches Material zur Einordnung. Der Beitrag sei zudem kein Dokumentarfilm, sondern Fiktion.[12]
- 2010 kritisierte Oliver Stone u. a. die „jüdische Dominanz in den Medien“. Weltnetznutzer griffen Stones Aussagen auf und verbreiteten sie, bis das „American Jewish Committee“ reagierte. Direktor David Harris distanzierte sich von Stones Aussagen, die „groteske, giftige Stereotypen“ bemühten. Stone habe sich als Antisemit geoutet, sagte Harris. Stone ist selbst jüdischer Abstammung. Um seine Aussagen zu klären, publizierte er kurz darauf selber eine Stellungnahme und entschuldigte sich: „Die Juden kontrollieren ganz offensichtlich weder die Medien, noch sonst irgend eine Industrie“.[13]
- 3. September 2013: Roger Waters' „The Wall“ im Olympiastadion in Berlin. Das American Jewish Committee (AJC) forderte den Berliner Senat auf, das Schwein mit Davidstern zu verbieten. „Wenn ein gehörntes Schwein mit Davidstern, Hammer, Sichel und Dollarzeichen dargestellt wird, dann bedient dies vielfältige und uralte antisemitische Stereotype“, so AJC-Direktorin Deidre Berger. In der Hausordnung des Olympiastadions seien politische Propaganda und rassistische Parolen verboten. „Der Senat ist Eigentümer des Olympiastadions. Wir fordern ihn auf, die Hausordnung konsequent durchzusetzen“, so Berger.[14]
Mitglieder
- David A. Harris, Vorsitzender [15]
- Morris B. Abram †, war von 1964 bis 1968 Präsident des AJC.
- Max Horkheimer †, war ab 1943 Direktor des AJC.[16]
- Cyrus Adler †, (1930er Jahre)
- Deidre Berger, jüdische US-amerikanische Journalistin und Direktorin des AJC, Filiale BRD
- Benjamin Schöler
Beirat
Im Januar 2003 wurde der Beirat (Advisory Board) des Berliner AJC-Büros gegründet, der seither jährlich zusammentrifft.
Die aktuellen (2014) Mitglieder des Beirats sind:
- Rita Süssmuth, Vorsitzende, ehemalige Präsidentin des Deutschen Bundestages
- Volker Beck, von Bündnis 90/Die Grünen (seit 2002)
- Berthold Beitz † (seit 2002)
- Dottie Bennett (seit 2002)
- James D. Bindenagel, ehemaliger US-Botschafter (seit 2002)
- Ruth Block (seit 2002)
- W. Michael Blumenthal, ehem. US-Finanzminister, ehem. Direktor des Jüdischen Museums Berlin (seit 2002)
- Michael Brenner, Experte für Jüdische Geschichte und Jüdische Kultur, Universität München (seit 2002)
- Reinhard Bütikofer, Bündnis 90/Die Grünen (seit 2006)
- Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender des deutschen Medienunternehmens Axel Springer SE (seit 2002)
- Eugene DuBow (seit 2002)
- Stuart Eizenstat (seit 2002)[17]
- Peter Frey, ZDF-Chefredakteur (seit 2007)
- Ralf Fücks (seit 2005)
- Werner Hoyer, FDP (seit 2007)
- Wolfgang Ischinger, ehemaliger Diplomat
- Jackson Janes (seit 2007)
- Barbara John (seit 2005)
- Karl Kaiser (seit 2002)
- Craig Kennedy (seit 2007)
- Hans-Ulrich Klose, SPD (seit 2007)
- Charlotte Knobloch, ehem. Präsidentin des ZdJ (seit 2006)
- Salomon Korn, stellvertretender Präsident des ZdJ (seit 2002)
- Alexander Graf Lambsdorff (seit 2005)[18]
- Nicholas Lane (seit 2002)
- Daniel Libeskind, Architekt (seit 2002)
- Petra Lidschreiber, RBB-Fernsehen, „Kontraste“ (seit 2002)
- Beate Lindemann, Mitglied der Atlantikbrücke
- Hildegard Müller, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft
- Walter Nathan
- Michael Naumann, Publizist, Die Zeit (seit 2002)
- Wolfgang Nowak, Jurist und ehemaliger SPD-Politiker
- Arend Oetker
- Cem Özdemir, von Bündnis 90/Die Grünen (seit 2007)
- Bernhard von der Planitz
- Lee Ramer
- Allen Reich, Chair, AJC International Relations Commission
- Reinhold Robbe
- Peter Rosenblatt, ehemaliger US-Botschafter (seit 2002)
- Otto Schily (seit 2006)
- Cornelia Schmalz-Jacobsen
- Christian Schmidt (CSU)
- Walther Stützle
- Harold Tanner
- Sylke Tempel
- Gert Weisskirchen, (seit 2005)
Auszeichnungen
Seit 2008 verleiht das American Jewish Committee den nach Cramer benannten Ernst-Cramer-Preis. Er soll an Personen und Institutionen verliehen werden, die sich „in besonderer Weise um die Verständigung zwischen amerikanischen Juden und Deutschen verdient gemacht haben“. Bisherige Preisträger sind Werner Michael Blumenthal sowie die Konrad-Adenauer-Stiftung.
Zitate
- „Man muß eine Elite schaffen, die ganz auf Amerika eingestellt ist. Diese Elite darf andererseits nicht so beschaffen sein, daß sie im deutschen Volk selber kein Vertrauen mehr genießt und als bestochen gilt.“ — Max Horkheimer✡ 1942[19]
Siehe auch
Literatur
- Johann von Leers: Ein Geheimbericht – über die internationale Gehirnkontrolle durch das American Jewish Committee, in: „Der Weg“, Jg. 1954, Heft 10
Verweise
- Offizielle Weltnetzseite des American Jewish Committee
- The American Jewish Committee, judicial-inc.biz (en.)
Fußnoten
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